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Fernsprecher Nr. 29.

85. Jahrgang.

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Beilagen. Plauderstübchen, Illustr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwirt.

83 Samstag, dm 8. April 1S11

snseres MiMrres.

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Ein Familienfest, das dem ganzen Volke gehört, das in Stadt und Land bei Hoch und Nieder mit gleicher herz­licher Teilnahme gefeiert wird, dem jedes gute Schwaben­herz in Freude und Dank entgegenschlägt und das unzählige Hände in den Dienst der Wohltätigkeit gestellt hat, ist die silberne Hochzeit unseres Königspaares. 25 Jahre sind ver­gangen, seit der damalige Prinz Wilhelm seine zweite Ehe mit der Prinzessin Charlotte von Schaumburg-Lippe ge­schlossen hat. Am 8. April wurde in Bückeburg die Ver­mählung gefeiert, nachdem am 10. Jan. 1886 die Verlob­ung vorangegangen war. Am 13. April jenes Jahres hielten die Neuvermählten ihren feierlichen Einzug in Stuttgart.

Dem einfachen Sinn des Königs entspricht es nicht, selbst aus diesem Anlaß mit tönenden Worten der Liebe und Verehrung Ausdruck zu geben, die das württ. Volk heute noch inniger als immerdar in der langen Zeit dem Jubelpaare im Silberkranz entgegenbringt. Ein kurzes Lebens­bild mag darum frei von aller Ueberschwänglichkeit, den Sinn auf den wahren Wert, auf den geschichtlichen Inhalt dieser Feier lenken.

Kurze 5 Jahre nur war es dem jungen Paare be- schieden, frei von den Pflichten und Sorgen der Königs­würde, ungebunden von der Last der Repräsentation, seinen privaten Neigungen zu leben, unter denen die Kunst und der Sport neben den ernsthaften Arbeiten auf militärischem und charitativem Gebiete den breitesten Raum einnahmen. Aber schon zu Anfang der 90er Jahre wurde Prinz Wil­helm durch die wachsende Kränklichkeit seines Oheims, des Königs Karl, immer enger an die Bürde des hohen Be­rufes gekettet, der vom 6. Oktober 1891 ab, als ihn der Tod des Königs aus den Thron berief, seine ganze Lebens­aufgabe bilden sollte und da bewährte es sich so recht, daß der Sohn des Prinzen Friedrich und der Prinzessin Katharina, der Tochter König Wilhelms des Ersten, eine ausgezeichnete Erziehung zur Einfachheit und Gediegenheit erhalten hatte, daß der Fürstensohn in der Armee wie auf der Universität, in der Studierstube, wie auf dem Parkett, in echt schwäb­ischem Geiste gebildet worden war. Fast zwei Jahrzehnte hindurch hat König Wilhelm II. bewiesen, wie ernstes ihm

mit dem Versprechen war, das er bei seiner Thronbesteig­ung gegeben hatte: Die Verfassung des Landes treu zu ivahren, Frömmigkeit und Gottesfurcht zu pflegen, den Armen und Schwachen ein warmer Helfer und Freund, dem Rechte allzeit ein eifriger Hüter zu sein und in uner­schütterlicher Treue zu Kaiser und Reich zu stehen.

Königin Charlotte hat es verstanden, dem Throne den Glanz zu geben, der Anmut und Nächstenliebe in froher Harmonie verbindet mit einer auf seinem Verständnis beruhen­den Pflege aller schönen Künste, besonders der Musik. Es war ihr von einem bitteren Schicksal versagt, dem Gatten den ersehnten Thronerben zu schenken; eine umso treuere Ge­fährtin war sie ihm in Leid und Freud und eine umso treff­lichere Gehilfin in allen Werken der Liebe und Barmherzig­keit. Auch sie hat sich den Spruch aus der Offenbarung zu eigen gemacht, den einst Prinz Wilhelm bei seiner Kon­firmation zum Denkspruch erhielt:Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben."

Was aber das hohe Paar der Volksseele am nächsten gebracht, was ihm schon lange in aller Herzen ein Stand­bild, fester und dauernder als Erz und Marmor, errichtet hat, das ist die einfache Natürlichkeit ihres Wesens, jener wohltuende Verzicht auf das Zurschautragen eines Gottes- gnadentums, das nach unserer freieren Auffassung nur dem Amte, nicht aber den Trägern der Krone selbst vom Schick­sal verliehen ist. Die ungezwungene Art wie das Königs­paar sich überall inmitten des Volkes bewegt, sein treuherz­iges Eingehen auf die Nöte des kleinen Mannes, seine ver­ständnisvolle Förderung aller gemeinnützigen Bestrebungen, das sind die stärksten Bürgschaften für die unvergängliche Dauer des Dichterwortes, daß der schwäbische Landesherr sein Haupt kann kühnlich legen jedem Untertan in Schoß.

Darum Glück, Heil und Segen dem Jubelpaare! Darum aus tiefstem Herzen und mit vollster Ueberzeugung der Wunsch: Möge es König Wilhelm und Königin Char­lotte noch lange Jahre vergönnt sein, den Thron unseres an­gestammten Herrscherhauses zu zieren, zur eigenen Befriedig­ung über die wohlerfüllte Pflicht und zum Nutzen und Frommen unserer geliebten schwäbischen Heimat!

K. Höerarnt Wagst-.

Bekanntmachung.

betr. die Errichtung einer Rosthaarspinnerei.

Karl Wizemann, Roßhaarspinnereidesitzer, beabsichtigt in der Stadtgemeinde Nagold auf Parzelle Nr. 296/1 unter­halb der projektierten Moltkestraße ein Nebengebäude zum Betrieb einer Roßhaarspinnerei zu errichten. Dabei soll der Betrieb von geringem Umfang sein, das Auskochen der Haare im Gebäude geschehen und das Trocknen derselben bei guter Witterung im Freien und sonst in einem beson­derem Trockenraum erfolgen.

Gegen das Gesuch können binnen 14 Tagen Einwend­ungen beim Oberamt erhoben werden; dort sind anch Pläne und Beschreibung zur Einsicht aufgelegt. Nach Ablauf der Frist sind im schwebenden Verfahren Einsprachen ausge­schlossen.

Den 7. April 1911.

Mayer, Amtmann.

Politische Übersicht.

Der Bnndesrat hat einem Antrag Württem­bergs wegen Prägung weiterer Denkmünzen aus Anlaß der Feier der Silberhochzeit des Königs und der Königin von Württemberg die Zustimmung erteilt. Auch den vom Reichstag angenommenen Entwürfen eines Gesetzes betreffend die Feststel­lung des Reichshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1911, eines Gesetzes betreffend die Feststellung des Haushaltsetats für die Schutzgebiete für das Rechnungsjahr 1911 und eines Reichsbcsteuerungsgesetzes wurde die Zustimmung erteilt.

Die badische Regierung hat als erste den Be­weis geliefert, daß sie entschlossen ist, die Universität frei von denen zu halten, die den Antimodernisteneid geleistet haben. Sie lehnte alle Gelehrten ab, die von der katholisch-theolog­ischen Fakultät in Freiburg als Nachfolger des verstorbenen Professors Cornelius Krieg vorgeschlagen waren, weil sie sämtlich den Antimodernisteneid geleistet hatten. Die badische Regierung wird einen Stellvertreter auf den Lehrstuhl setzen.

Die hessische Zweite Kammer hat zur Land­gemeindeordnung einen früher nur mit knapper Majorität gefaßten Beschluß umgeworfen und ist einem Beschluß der Ersten Kammer beigetreten, wonach Geistliche und Bolks- schullehrer von der Wählbarkeit zum Gemeinderat ausge­schlossen bleiben. Das jüngst angenommene neue Wahlge­setz, das die direkte Wahl bringt, ist ein Pluralwahlsystem. Es gewährt allen Wählern über 50 Jahren eine Zusatzstimme.

Wie dieBadische Presse" aus zuverlässiger Quelle erfährt, bereiten die rechtsstehenden Parteien des preußischen Landtags eine Immediateingabe an die Krone vor mit der Bitte, den Preußen beleidigenden Bestimmungen der elsaß-lothringischen Verfassungsvorlage die Bestätigung zu versagen.

In Buenos Aires rperden den Mannschaften

des deutschen Panzerkreuzersvon der Tann" große Fest­lichkeiten bereitet. Der deutsche Gesandte gab ein Bankett, dem der Minister des Aeußern und der Marineminister bei­wohnten. Der Marineklub veranstaltete einen großen Empfang.