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Einbrecher nahm seinen Weg durch die Seelbruckstraße. Da er eine große Menge von Brief« und Wechselstempelmarken (mehrere hundert Stück) entwendet hat, so dürfte dieser Umstand vielleicht zur Entdeckung des Thäters führen. — Auch die Räume des Königlichen Oberamts wurden heute nacht zwischen 3—4 Uhr von einem Einbruch heimgesucht. Hier wurden 100 (3 Goldstücke, sonst Silber, darunter ein Fünffrankstück) gestohlen.
Vom Bodensee, 4. Okt. Ein englisches Brüderpaar fuhr in bester Laune bei Jenbach auf Velozipeden spazieren, als der eine zu nahe an das Geländer kam; das Zweirad ging über einen Stein, Mann und Zwei« rad stürzten in den See. Da der Radfahrer ein guter Schwimmer war, konnte er sich bis zu einem hervorragenden Felsblock Hinschleppen und dort festhalten, bis ein Boot kam und ihn rettete. Das Zweirad jedoch liegt in der Tiefe des Sees und wurde mittelst eines an Stricken befestigten Ankers gehoben.
Neapel, 2. Okt. Ein entsetzliches Unglück hat sich auf der Eisen« bahnlinie Foggia. Neapel im Tunnel von Pianerottolo zu« getragen, indem zwei Züge infolge der Nachlässigkeit des Eisenbahnbeamten Arbano heftig zusammenstieben. Der Zusammenstoß fand um 3>/z Uhr nachts statt. Die Lichter erloschen. Man hörte wirres Geschrei und Angst« rufe. Viele Kühe und Ochsen, welche aus dem Viehwagen entkommen waren, rannten brüllend in der Finsternis umher, den Schrecken der verzweifelnden Passagiere noch erhöhend. Viele sprangen aus den Fenstern und suchten, mit den Händen nach vorne tastend, den Ausweg. In den Zügen befanden sich 107 Soldaten und viele Schüler, die ihre Ferien beendigt hatten und nach Hause reisten. Es wurde sofort nach allen Richtungen telegraphiert und rasch war Hilfe zur Stelle. Als die Behörden, Aerzte und Ingenieure u. s. w. anlangten, mit Fackeln den Weg beleuchtend, bot sich ihnen ein haarsträubender Anblick dar. Ein vollständig zerschmetterter Viehwagen versperrte den Weg. Mehr als vierzig totgedrückte, zu einer unförmlichen Masse zerquetschte Rinder bildeten eine Art Barrikade. Mehrere Waggons waren in andere eingedrungen. Der Postwagen war vollständig zusammengedrückt. Bis sitzt zählt man drei Tote. Die Zahl der Verwundeten beträgt 27. Viele Verwandte und Freunde der Toten und Verwundeten langten am Morgen an. Unter den Schwerverwundeten befindet sich ein Weinhändler aus Neapel. Er hatte 6000 Franks bei sich, die verschwunden sind. Es wurde überhaupt stark gestohlen und die abhanden gekommenen Efsiklen der Reisenden be« Ziffern sich auf eine hohe Summe. Ein Reisender eines Juweliergeschäfts ist trostlos wegen des ungeheuren Verlustes, den er erlitten. Alle Reisenden, welche über den schreckliche Zusammenstoß berichten, erzählen einstimmig, daß sie in dem Momente der Katastrophe dachten, der Tunnel wäre eingestürzt und es sei ihr letztes Stündlein gekommen.
Obst- und Weinpreise.
Stuttgart, 7. Okt. Zufuhr 82 Waggons. Wagenweise verkauft zu 1360—1440 im Kleinen ^ 7—7.40 pr. Ztr.
Vaihingen a, E. Weinlese begonnen. Preis 150—163 3 KI.
— Kirchheim a. N. Aurstichweine 165—175 -/IL 3 KI. — Bönnig - heim. Gem. Gewächs 140—150 »^, für schwarzes 160—170 ^ — Sontheim a. N. Käufe zu 190—195 Noch Vorrat.
* Horrheim, OA. Vaihingen. Lese nahezu beendet. Schon ziemlich viel verstellt ohne festen Preis. Einige Käufe zu 142—155 >M pr. 3 KI abgeschloffen. Verkauf geht langsam. Vorrat noch bedeutend, daher Käufer erwünscht.
Hopfen, Kartoffeln und Kraut.
Stuttgart, 7. Ok. Hopfenmarkt. Kauflust flau, Zufuhr 300 Ballen. Prima Ware erzielte 35—45 Mittelware 20—30 >M — Zu letzteren Preisen wurde in Fellbach sämtlicher Vorrat aufgekauft.
Kartoffelmarkt: 800 Ztr. zu 2.50 der Zentner.
Filderkraut: 4000 Stück, das Hundert 12—14.
sein Kummer, alle Enttäuschungen und Bitterkeiten seines jungen Lebens angesichts des Todes hier zu schwinden. Arthur kam gerade zur rechten Zeit. Linda's Lisbes- worte, ihr ganzer Reichtum von Zärtlichkeiten konnten nicht den Todesengel fern halten. Die Stunde war gekommen, die müde Dulderin von der Erde hinweg in jene anderen Gefilde einzuführen. Ein tiefer Seufzer, ein letzter Atyemzug, noch ein hütender, beredter Blick auf Arthur, welchen er allein verstand, — und Mrs. Lucia Travers war tot.
Eine entsetzliche Stille folgte. Linda konnte nicht glauben, daß ihrer Mutter Geist aus dem kalten, leblosen Körper geflohen sei. Doch als sie endlich die traurige Wahrheit erkannte, hob sie ihre Arme mü einem herzzerreißenden Schrei in die Höhe.
„O, meine einzige, teure Mutter! Wie werde ich ohne Dich leben können?"
Arthur, des letzten Blickes der sterbenden Frau gedenkend und voller Mitleid und Zuneigung für das trauernde Mädchen, zog sie sanft vom Bette fort gegen das Fenster. Er legte seine Arme um ihre Schultern, die vor heftigem Schmerz zitterten, und flüsterte ihr zu:
„Weinen Sie nicht, Linda! Auch ich bin einsam! Wir müssen uns gegenseitig trösten. Sie sollen meine liebe, kleine Schwester sein! Denken Sie daran, daß sie wünschte, daß wir uns lieben sollen!"
Linda versuchte unter strömenden Thränen zu lächeln. Die gütigen Worte Arthur's waren für ihr zerrissenes, gebrochenes Herz, was das Brot einem Hungrigen ist... .
Eine Woche später, in früher Abendstunde, trat John Waidegrave m Arthur's Atelier. Er glaubte ihn in dumpfem Hinbrüten zu finden, wie es seit den letzten Tagen seine Gewohnheit geworden war. Der treue Mensch, ein aufrichtiger Be' wunderer von Arthur's Genie und von Herzen ihm zugethan, dachte und hoffte, ihn aus seiner Lethargie herauszureißen, doch wie erstaunte er, als er ihn fleißig an der
Ean^wirMckastliiAes.
Die vom württembergischen Obflbauverein herausgegebene Zeitschrift „Der Obstbau" enthält nachstehenden, eine allgemeinere Verbreitung verdienenden Aufsatz des Hrn. G. W. Gaeder tz, einer bekannten Autorität in der Obstbaumzucht.
Herbst- oder Frühjahrspflanzung?
In gleichem Grabe, wie die Wichtigkeit des Obstbaus und sein Nutzen immer mehr erkannt wird, steigert sich auch das Interesse für denselben, und es ist der Fortschritt im Obstbau nicht zum wenigsten auch solchen Leuten zuzuschreiben, welche nicht von Beruf Baum« oder Obstzüchter sind, sondern ihre Freude und Erholung an ihren Obstbäumen suchen, diese als ihre Freunde behandeln und sich um deren Wohlergehen kümmern. Ein jeder, welcher Freude am Obstbau hat, wird, wenn es ihm möglich ist, Obst« bäume pflanzen, und da ist die erste und naturgemäße Frage: Wann pflanze ich am besten?
Der eine empfiehlt, möglichst bald im Herbst, der andere aber, im Frühjahr zu pflanzen. Beide Ratschläge haben ihre Berechtigung, da e« sehr auf die Umstände ankommt, mit welchen man zu rechnen hat, d. h. darauf, ob der Boden kalt und naß, oder trocken und warm ist; ob der Boden schon so vorbereitet wurde, wie der Baum es zum freudigen Gedeihen gebraucht, oder ob man erst im Winter Zeit findet, den Boden zu bearbeiten. Ausschließlich nur Herbst- oder nur Frühjahrspflanzung zu empfehlen, halte ich für unrichtig; denn je nach den Verhältnissen kann Herbstpflanzung gün« stiger sein als Frühjahrspflanzung und umgekehrt. In den allermeisten Fällen aber ist die Herbstpflanzung da, wo die Umstände es erlauben, am meisten zu empfehlen.
Seit Jahren wird die Herbstpflanzung mit vollem Recht warm empfohlen und haben höchstens solche Leute, welche unter ganz ungünstigen Bedingungen denselben ausführten, Veranlassung zu Klagen gehabt; alle andern aber, bei welchen die Verhältnisse günstig lagen, sind mit dem Erfolg der Herbstpflanzung sehr zufrieden und setzen womöglich immer im Herbst. Viele, welche einen Teil ihrer Pflanzung im Herbst, den andern Teil aber im Frühjahr machten, haben sich überzeugt, daß die im Herbst gepflanzten Bäume ungleich schöner und besser anwachsen und gedeihen, als solche, welche im Frühjahr gepflanzt wurden; daher findet die Herbstpflanzung auch immer mehr Freunde und Verteidiger.
Ein jeder verständige Baumzüchter oder jeder, der sich gut beraten läßt, muß wissen, daß es die Grundbedingung zum Gedeihen eines Baumes ist, daß er einen guten, ihm zusagenden Standort hat, daß er also nicht etwa auf Steine oder Schutthäufen oder in schlechten, nicht gelockerten, unbearbeiteten Boden gepflanzt werden darf. Wird der Fehler gemacht, wie es ja leider noch öfters vorkommt, daß Bäume in gänzlich unbearbeiteten, rohen Boden gepflanzt werden, so wird das Ergebnis immer ein unerfreuliches sein, ganz gleich, ob der Baum im Herbst oder im Frühjahr gepflanzt wurde. Grundbedingung ist also: bevor man einen Baum setzt, muß der Boden gut bearbeitet sein. Dann kommt in zweiter Linie die Frage: wann soll ich pflanzen? und da ist die richtige Antwort: sobald als möglich. In trockenen, inittelfeuchten und warmen Böden ist die Herbstpflanzung immer zu empfehlen. Natürlich wird der Baum erst verpflanzt, wenn er sich in der Ruheperiode befindet, d. h. wenn er seine Blätter fallen gelassen hat. Der Boden wird sich durch die Winterfeuchte gut und satt um die Wurzeln legen, so daß der Baum gleich viel Nutzen von der starken und anhaltenden Feuchtigkeit zieht. Sobald im Frühjahr der Saft sich rührt, kann der Baum sofort neue Wurzeln bilden, welche ihm wieder Nahrung zuführen und ihm soviel als möglich dasjenige ersetzen, was ihm durch das Verpflanzen an feinen Saugwurzeln verloren ging. Bei der Herbstpflanzung also muß der Baum viel leichter anwachsen, als bei der Frühjahrspflanzung. Nicht ausgeschlossen aber ist dadurch, daß die Frühjahrspflanzung auch ihre Berechtigung hat. Ist der Boden kalt, naß und undurchlassend, so wird man gewiß gut thvn, erst im Frühjahr zu pflanzen; denn sonst könnte es Vorkommen, daß das eintreffen würde, was die Freunde der Frühjahrspflanzung gegen
Arbeit fand. Er beobachtete ihn eine Zeit lang, dann ging er denselben Weg, den er gekommen war, zurück, indem er vor sich hinmurmelte:
„Er sieht wieder ganz so wie früher aus, und doch muß er von der Verlobung der Nixe gehört haben. Vielleicht that sie das nur aus Verzweiflung, doch, einerlei, sie ist fort und Marlow wird nicht darunter leiden. Die Dinge arrangieren sich doch immer, wie sie sollen, und die Geschichte wird noch enden, wie es die arme Mrs. Lucia wünschte; doch ich muß mich blind und taub stellen, damit ich ihm nicht die Freude verderbe. Hahaha, wer sollte denken, wenn man ihn jetzt so sieht, daß er vor acht Tagen noch bis über die Ohren verliebt und unglücklich war! Ich bin froh, daß er wieder vernünftig geworden ist. Ein Genie, wie er, darf nicht in dm Fesseln einer Kokette zu Grunde gehen! Ah, dort geht Linda in das Atelier! Gott segne sie, — süßer, reiner Sonnenstrahl!"
8. Kavitel.
Drei Jahre warm verflossen. Auf der Terrasse eines der größtm HStelS von Jlfracombe erwartete eine elegant gekleidete Menge die Ankunft neuer Passagiere, die der Dampfer, der sich eben dem Lande näherte, bringen sollte.
Fröhliches Geplauder, Scherze, kritisierende Worte, Alles tönte durcheinander aus der Gruppe hervor. Einige verabredeten einen Ausflug für den folgenden Tag; Andere bewunderten, oder nahmen die Miene an, als bewunderten sie die herrliche Aussicht nach den gegmüberliegenden Bergen, doch die Meisten sahen mit Neugier oder mü Interesse auf eine Dame, die an einem kleinen Marmortisch ihr verspätetes Frühstück zu sich nahm. Ihre Schönheit, die Eleganz und Kostbarkeit ihres Anzuges, die tiefe Melancholie ihrer prächtigen Augen, die Bewegung ihres königlichen KopfeS. Alles trug dazu bei, sie mü einem geheimnisvollen Zauber zu umgeben.
Ihr gegenüber saß ein ältlicher Herr mü farblosem Gesicht, fast ohne jede Bewegung. (Forts, folgt.)