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Der Jugend aber diene dieser Tag zur Nacheiferung. Alle edlen Männer unserer Zeit waren bestrebt das zu thun, was im Kampf für die Ehre unseres Vaterlandes erforderlich war. Möge das jünger« Geschlecht stets die Kraft und den Mut haben die heimatlichen Fluren zu schützen und zu verteidigen bis auf den letzten Mann, bis auf den letzten Blutstropfen. Und käme dem alten Erbfeind wieder das Gelüste, einen blutigen Waffen« gang mit uns zu wagen, so erweiset euch als würdige Söhne eurer Väter, und gelobet mit freudigem Herzen: Der Schwur erschallt, die Woge rinnt, die Fahnen flattern hoch im Wind; am Rhein, am Rhein, am deutschen Rhein, wir alle wollen Hüter sein.

Denn so groß auch der Erfolg gewesen ist, dürfen wir doch nicht ruhen. Wir alle müssen ernstlich trachten und uns mühen, daß das Errungene nicht wieder verloren geht. Wir leben zwar in einer Zeit des Friedens und der Ruhe und nicht als kriegerisches Freudenfest, sondern als ein Fest des Völker« friedens können wir die deutsche Nationalfeier begehen, aber gerade deshalb mahnt uns dieser Tag, auch fernerhin auf der Hut, auf der Wacht zu sein.

Noch hat Deutschland viele Feinde. Nicht nur voa Westen, sondern auch von Osten brütet grenzenloser Neid und Haß verderbliche Pläne gegen uns, die vielleicht bald einen Weltbrand anfachen werden, aber gerüstet und gewappnet können wir mit Gottes Hilfe jedem Feinde trotzen. Wer wollte wohl zittern vor Tod und vor Gefahr? Vor Feigheit und Schande erbleichet unsre Schar. Wir halten es mit dem Ausspruch unseres Reichskanzlers: Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts in der Welt. Drum lassen wir des Schwertes Stahl nicht rosten, wir nehmens auf auch mit dem zweiten Feind. Ob rechts und links des Krieges Stürme tosen, uns führt der Adler Friede- richs des Großen.

An Oesterreich und Italien haben wir mächtige Bundesgenoffen; der Dreibund ist die Friedensburg Europas, bereit aber nuch zur Wahrung des Rechts und der Ehre, wo diefe auf freche Weise angegriffen werden.

Und an der Spitze Deutschlands und des Heeres steht unser allverehr­ter Kaiser. In jugendlichem Alter hat er den Thron seiner Väter bestiegen; mit starker, mächtiger Hand aber umspannt er das Schwert seiner Ahnen. Er scheut keine Mühe und Strapazen, durchzieht Länder und Meere, um seinem Volk den Frieden zu sichern. Wenn auch nicht kriegerische Lorbeer­kränze sein Haupt umwehen, so haben wir doch während seiner Regierungs­zeit so manchen Zug in seinem Bild erblickt, der uns getrost in die Zukunft schauen läßt, der uns den Kaiser als den würdigen Nachfolger seines Groß­vaters zeigt. Durch seine mannhafte Entschlossenheit, durch seine Selbstständ­igkeit im Handeln, durch seine unermüdliche Thätigkeit, durch seine weise Ein­sicht in allen öffentlichen Dingen, durch seine Fürsorge für den Arbeiterstand und durch seinen aufrichtig frommen Sinn hat er sich die Liebe und Hoch­achtung aller gutgesinnten Unterthanen im Sturme erobert. Mit Begeisterung und Jubel hat ihn auch unser württembergisches Volk ausgenommen und wird ihm ebenso vertrauen wie seinen Vorfahren.

Und alle Deutschen, ohne Unterschied des Standes und der Partei, werden sich heute zusammenfinden in dem Wunsche: Gott erhalte, schütze und segne unfern Kaiser!

Hoch, o Banner, sollst du immer wallen,

Kaiserbanner, hoch auch in Gefahren!

Künde unfern Feinden allen, allen Daß vereinigt wir um dich uns scharen!

Kaiserbanner, auf des Reiches Zinnen,

Hort Alldeutschlands, du in Kampf und Sieg!

Der oberste Kriegsherr unsrer Armee, S. Majestät der deutsche Kaiser Wilhelm II., er lebe hoch!

Der Nachmittag verfloß wieder mit allerlei Spielen der Jugend unter Aufsicht ihrer Lehrer und Lehrerinnen, welche sich in dankenswerter Weise derselben annahmen. Bei den Klängen der Calwer Stadtmusik entwickelte sich ein fröhliches Volksfestleben, sowohl um die Familien« und Wirtschafts- lische auf dem Festplatz, als auch in dem prächtigen Garten des bad. Hofs.

Um 6 Uhr abends wurde der Rückmarsch zum Marktplatz angetreten. Die Musik intonierteNun danket alle Gott" in das die Versammelten von Herzen einstimmten. Hierauf hielt Herr Professor Haug noch eine treffliche Ansprache, welche mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf unser deut­sches Vaterland schloß. Mit der Absingung einiger Verse derWacht am Rhein" fand die Feier ihren Abschluß.

^^ Stammheim. Wiederum ist das große deutsche Nationalfest "herbeigekommen; und wiederum habe« sich viele patriotisch gesinnten Bürger mit unseren Vereinen angeschickt, diesen bedeutungsvollen Tag auch würdig zu begehen. Die Feier wurde eingeleitet durch Musik, Trommelwirbel und Böllerschüsse, welch letztere prächtig aber gewaltig rauschend nachhallten an dem Waldrand des BergesNille". Um '/zlO Uhr sammelten sich die Glieder des Veteranenvereins vor dem Rathaus und zogen von da mit Fahne in würdiger Haltung unter dem Geläute der Glocken in das Gotteshaus, wo der OrtSgetstliche in Verbindung mit dem Evangelium eine tiefempfundene und zu Herzen gehende Predigt' hielt. Nachmittags 3 Uhr wurde die Feier fortgesetzt im Gasthaus z. Rößle. Sämtliche Vereine fanden sich hiezu ein. Gut gewählte Mustkvorträge seitens der hiesigen Feuerwehrkapelle, Vorträge des Liederkranzes wechselten mit einander ab. Der Vorstand des Veteranen« verein« Friedrich Kämpf hielt eine begeisterungsvolle Ansprache an die ver­sammelten Bürger. AuchDichter" Kober hatte sich ans den Pegasus ge­setzt und ein poetisches Erzeugnis vorgetragen. Zuletzt sprach noch Lehrer Stark über die Errungenschaften des deutschen Heeres bei Sedan und welche Verpflichtungen hiedurch für das deutsche Volk erwachsen sind.

Deckenpfronn,3. Sept. Außer dem Veteranen- und Gesang­verein versammelten sich gestern abend im Hirsch eine größere Anzahl patriotisch gesinnter Männer zu einer erhebenden Feier unseres großen National­tages. Der Abend verlief durch patriotische Reden und Gesangsvorträge gewürzt in schönster Harmonie.

Neubulach, 3. Sept. Letzten Sonntag beging die hiesige ^Gemeinde den Gedächtnistag der Schlacht von Sedan. Nachmittags bewegte sich der Festzug, Kriegerverein, Feuerwehr, und Schuljugend auf einen vor der Stadt gelegenen freien Platz. Nach Absingen der Wacht am Rhein machte Schullehrer H. in einer Ansprache die Bedeutung des Tages klar, worauf von einigen Schülern paffende Gedichte, z. B. Des deutschen Knaben Tischgebet, Das beste Kreuz, beide von Gerok, vorgetragen wurden. Es folgte sodann Wettlaufen, Turnspiele u. s. w. und wurden hiebei den Kindern von Seiten der Gemeinde kleine Geschenks an Geld verabreicht. Das Ab­brennen eines Freudenfeuers am Abend, bei welcher Gelegenheit Vikar v. W. sich in einer Rede an die Schüler wandte, sie zur Vaterlandsliebe auf­fordernd, schloß die patriotische Feier.

Der weit und breit bekannte Besitzer der Hundezuchtanstalt in Leonberg, C. Essig z. Schweizerhaus, ist am Sonntag unerwartet schnell an einem Hirnschlag verschieden.

Cannstatt, 1. Sept. Vor etwa acht Tagen traten zwei junge Burschen, beide von Eschach, OA. Gaildorf, als Maurer bei einem hiesigen Werkmeister in Arbeit. Da dieselben ohne Geld waren, so sorgte der Meister dafür, daß sie in einer hiesigen Wirtschaft ihre Verköstigung erhielten. 'Nach­dem nun jeder der Burschen daselbst etwa 10 verbraucht hatte, verlangten sie von ihrem Meister, um sich Kleider anzuschaffen, einen Vorschuß von 26 welcher ihnen auch gegeben wurde. Anstatt nun wieder an ihre Arbeit zu gehen, beschlossen sie, Wirt und Meister zu prellen und das Geld zu verjubeln. Ungestraft sollten sie aber hierfür doch nicht bleiben. Von einem jungen Manne, welcher einige Biermarken von den Burschen erhielt und dieselben in der betreffenden Wirtschaft zu verwerten suchte, erfuhr der Wirt ihren Aufenthalt und beantragte deren Verhaftung, welche denn auch gestern nachmittag imStorchen" in Stuttgart erfolgte.

Cannstatt, 1. Sept. Heute vormittag wollte ein lediger Taglöhner das Pferd des früheren Pferdebahndirektors Dinkel in Berg bei dem Wöhr am Wafferhaus in die Schwemme reiten und kam hiebet an eine sehr tiefe

Sie bekannt gemacht habe mit den entzückenden, baumumschatteten Winkeln, wo das Wasser gleich einem goldenen Spiegel jeden Ast und Zweig, jedes Schilf und jede Binse wiederspiegelt, die träge Lilie, sich selbst wiegend, auf der Oberfläche schläft und der blaue, farbenwolkige Himmel zwischen den Blumenbetten sich malt. Sie be­klagen die Eintönigkeit der Farben? Ich sage Ihnen, und ich werde den Beweis liefern, daß das Wasser in früher Morgenstunde bei den ersten Sonnenstrahlen in den herrlichsten, fortwährend sich verändernden Farben strahlt, die dem Purpur, dem Amethyst, dem Sapphir selbst entlehnt sein könnten."

Seine Gefährtin sah ihm lächelnd in sein schönes, ernstes Gesicht, halb zwei­felnd, halb ungläubig.

Sie sind in der That ein Entusiast, Mr. Chartton. Sie beneiden mich ge­wiß darum, daß ich dies Alles zum ersten Mal sehe! Doch wissen Sie, daß ich Sie beneide? Ich glaube bis jetzt, daß nur wirkliche Kinder sich so ungetellter Freude hingeben könnten, und finde nun, daß Sie"

Kamilla!" ertönte jetzt eine Stimme und störte so die Beiden in ihrem leichten, müssigen Geplauder.

Die junge Dame wandte langsam den Kops, als sie ihren Namen rufen hörte, und sah nun ihren Vater, der auf sie zukam, die Zeitung unter dem Arm, die Füße in prächtig gestickten Pantoffeln.

Mein liebes Kind," sagte er, als er in die Nähe seiner Tochter kam,ich habe eben eine Entdeckung gemacht."

Hast Du, Papa?" erwiederte lächelnd Kamilla.Da mußt Du Gewinn heraus ziehen; Entdeckungen sind wertvolle Besitztümer und müssen wenigstens paten­tiert werden."

Unsinn, Kamilla! Sei nur einen Augenblick ernsthaft und höre auf Das, was ich Dir zu sagen habe. Ich glaube, meine Neuigkeit wird Dich interessieren. Ich erinnerte mich nämlich der Neugierde, die Du vor einigen Stunden zeigtest, den Namen des Besitzers der schönen Dacht zu wissen, die unten an der Brücke ankerte. Ich erkundigte mich deshalb bei Jemandem, der schon längere Zeit hier

zu sein scheint, und hörte, daß sie das Eigentum sei von nun rate!" rief Sir Prendergast-Doyne aus, ganz entzückt von der Aussicht, seine Tochter aufs höchste zu überraschen.

Laß sehen! Wer unter meinen Bekannten kann der Schiff- oder Dachtmanie verfallen sein?" Kamilla dachte nach, mehr, um der guten Laune ihres Vaters Freude zu machen, als daß sie der Gegenstand besonders interessiert hätte.Kapitän Lily, der junge Trelaway, der halbtolle, pensionierte Major wie war doch sein Name? Major Mandrake? Nicht? Nun, dann gebe ich es auf! Du weißt, ich war nie stark im Raten!"

Nun, dann will ich Dich nicht länger auf die Folter spannen. Ich bin über­zeugt, Du wirst sehr überrascht sein, wenn ich Dir seinen Namen sage!"

Nun, dann bitte, thue es, aber rasch! Ich leide wahrhafte Tantalusqualen!" lachte Kamilla.

Erinnerst Du Dich des Herrn, dem wir in Hagarts in Cambridgeshire letzten Sommer begegneten, des Millionärs, der Dir beständig folgte?"

Was, des entsetzlichen, gefirnißten Fabrikanten, Josiah Hickman?" fragte Kamilla ganz ruhig, obgleich doch ihr Gesicht für einen Moment aus Verlegenheit errötete.Was kann ihn hierher, geführt haben? Sollte sich bei ihm plötzlich Ge­schmack für Flußgegenden entwickelt haben? Er ist der langwelligste Mensch, den ich mir denken kann?"

Ich glaube, Du bist etwas hart in Deinem Urteil, meine liebe Kamilla! Ich für meine Person mag den Mann ganz gut leiden. Ich bewundere seine Ausdauer und hatte ihn für einen originellen Charakter, der keineswegs den Dutzendmenschen, denen man begegnet, gleicht."

Ich stimme Dir bei in dieser Beziehung, Papa! Doch glaube ich, wir thäten besser, nicht so laut seine Vorzüge und Verdienste zu diskutieren, denn ich zweifle gar nicht daran, daß er Dir vom Hotel aus auf dem Fuße gefolgt ist. Sieh Dich um! Natürlich ist er es, diese kleine, gedrungene Figur in Hellem Ueberzieher, da geht er mit dem großen, brünetten Herrn!"