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Stelle. Dar Pferd warf den Taglöhner ab; dieser wollte sich an den Zügeln halten und zog so den Kopf des Pferdes unter da» Wasser, so daß nach kurzer Zeit beide ertrunken sind.
Kirchheim, 1. Sept. Die Eröffnung des Aussichtsturms auf der Teck ist heute bei schönem Wetter programmmäßig unter Beteiligung von mehreren hundert Festgästen, insbesondere vieler Mitglieder des Albvereins, vor sich gegangen. Es wurden, nachdem das Ziel über Dettingen und Owen nach 12 Uhr erreicht war, zur Einweihung des Turmes mehrere Festreden gehalten; die erste in ein Hoch auf Seine Majestät den König ausklingende hielt der Vorstand des Kirchheimer Verschönerungsvereins, welcher den Bau des Erinnerung«, und Aussichtsturmes in die Hand genommen hat, Major Raisch; später ergriffen Ober-Reallehrer Maurer u. a. Redner das Wort. An Seine Majestät den König war ein Huldigungs. telegramm abgegangen, auf welches noch während des Einweihungs-Aktes eine gnädige Antwort aus dem Kabinet des König« einlief. Alle Anwesenden waren bei der herrlichen Aussicht, und dem prächtigen Wetter in bester Stimm« ung, auch für Speis und Trank war bestens vorgesorgt. Nach 3 Uhr stieg die Gesellschaft, meist den Weg nach Bissingen wählend, vom Berg herab und begab sich hieher nach Kirchheim zurück.
Crailsheim, 1. Sept. Am 21. Sept. wird hier ein landwirt« schaftliches Bezirksfest abgehalten. Außer der Ausstellung von landwirt« schaftlichen Erzeugnissen aller Art wird auch eine Lotterie von 300 Gewinsten Veranstaltet; für das schönste ausgestellte Vieh kommen 27 Preise im Werte von über 500 zur Verteilung, auch findet ein Verkauf von Original« zuchtstieren, die im badischen Oberland angekauft werden, statt.
Ulm, 1. Sept. Ein in vergangener Nacht in einer Straße der Stadt liegender, bis zur Bewußtlosigkeit betrunkener Müllergeselle, Namens Faden« baur aus Langenau, war im Besitz von 79 »ts, über deren Erwerb er ver« Medene Angaben machte. Derselbe wurde vorläufig festgenommen und es ergaben die angestellten Erhebungen, daß derselbe gestern nachmittag von seinem Dienstherrn einen 100-^L-Schein erhalten hatte, um wechseln zu lassen, mit demselben aber verschwunden war.
Riedlingen, 31. Aug. Eine eigentümliche Krankheit hat hier unsere treuen „Wächter des Hauses" — die Hunde — ergriffen; in wenigen Tagen sind ohne äußere Anzeichen deren 12 verendet. Es soll Milzbrand konstatiert worden sein.
Tettnang, 30. Aug. (Hopfen.) Verschiedene Kleinproduzenten werden mit dieser Woche mit der Pflücke fertig und harren auf guten Absatz, doch stehen jetzt schon die Preise so nieder, daß die Bebauungskosten kaum erlöst werden. Zwar gilt Prima-Ware immer noch 60—70 pr. Ztr., dagegen werden geringere bis abwärts 40—30 abgelassen, so daß sich die Preisskala von 3—70 stellt.
Potsdam, 2 Sept. Der Kaiser reiste 5 Uhr 55 Min. zu den Manövern bei Jeßnitz ab.
Gl atz. 31. Aug. Aus der hiesigen Festung wurde vor kurzem ein -französischer Meuterer, der im Jahre 1870 während des deutsch-französischen Krieges auf frischer That beim Schießen aus dem Hinterhalt betroffen worden war, in seine Heimat entlassen, wo man ihn, da er bis dahin kein Lebenszeichen von sich geben durfte, gewiß für tot gehalten haben wird. Herr Bonnet — so ist der Name des Franzosen — hat volle 19 Jahre auf der schlesischen Festung zugebracht.
Bern, 1. Sept. Ein Postdiebstahl ist hier am Montag versucht worden. Ein Beamter des Postamts, welcher sich im Bundesratshaus selbst befindet, war damit beschäftigt, von einem Karren die Geldsendungen in die nur wenige Schritte entfernte Staatskasse zu schaffen. Der Karren stand im Parterre des Bundesratshause. Als der Beamte, der kaum eine halbe Minute weg war, zurückkam, vermißte er zu seinem Schrecken eine 19 Kilo wiegende hölzerne Geldklste, welche 83,000 Franks in Gold und Noten enthielt. Sofort wurde, da man einen Diebstahl vermuten mußte, Polizei re«
quiriert. Ein eifriges Suchen begann, worauf die Kiste in einem unterirdischen Raum des Hauses entdeckt wurde. Offenbar wollte der Thäter dieselbe zu gelegener Zeit abholen. Man glaubt, nur eine mit den Räumen des Bundesratshauses vertraute Persönlichkeit könne das Geld daselbst in diebischer Absicht verborgen haben. Weitere Nachforschungen sind im Gange. Die Sendung kam von der Kreispostdirektion in St. Gallen und war für die eidgenössische Staatskasse bestimmt.
London, 2. Sept. Gestern nachmittag fand im Hydepark eine große Versammlung der streikenden Dockarbeiter statt, welcher 150,000 Personen beiwohnten. Burns und andere Führer der Streikenden hielten Reden, worin sie den festen Beschluß der Dockarbeiter betonten, den Ausstand weiterzuführen, bis die Forderungen bewilligt seien. Beträchtliche Geldsummen wurden unter den Anwesenden zu Gunsten der Streikenden gesammelt. Die Ruhe blieb durchaus ungestört.
— Der Sultan von Sansibar beschloß, eine Gesandtschaft nach Berlin zu senden, um den Kaiser zu seiner Thronbesteigung zu beglück« wünschen. Die Mitglieder der Gesandtschaft, welche nun abreisen sollen» sind: Mohamed Suleiman Mendrie und Sanot Ben Hamed.
WevmiscHLes.
Die Pflaumenkerne. Naschhaftigkeit oder auch pure Unbedachtsamkeit verleitet in der jetzigen Pflaumenzeit die Kinder dazu, die Pflaumenkerne aufzuschlagen und den Inhalt derselben zu essen. Der Genuß der mandelähnlich, nur etwas bitter schmeckenden Kerne ist sehr gesundheitsschäv« sich und sei deshalb dringend davor gewarnt. Ein Arzt in Bonn wurde kürzlich zu einem zweijährigen Mädchen geholt, welches durch plötzlich eingetretene Krämpfe, Erbrechen und Gliederschmerzen die Eltern in Besorgnis setzte. Der Arzt stellte sofort Vergiftungs-Erscheinungen fest und blieb bei dieser Erklärung beharren, als die Angehörigen bestimmt behaupteten, das Kind könnte unmöglich etwas ihm Schädliches genossen haben. Man rief schließlich das ältere Schwesterchen der Kleinen herbei, und nun ergab sich, daß dieses dem Kinde etliche Pflaumenkerne aufgeknackt und den Inhalt zum Essen gegeben hatte. Die Pflaumenkerne enthalten bekanntlich Spuren der so äußerst giftigen Blausäure. Durch schnell eingegebene Gegenmittel wurde die Gefahr beseitigt. Das Kind wäre aber nach der Erklärung des Arztes verloren gewesen, wenn die Hilfe nur eine Stunde später gekommen wäre.
Guter Rat. Die Gastwirte Cincinnatis sind zum Teil die Opfer eines schlauen Schwindlers geworden. Eine in allen Blättern erschienene Anzeige versprach gegen Einsendung von einem Dollar Aufschluß darüber, „auf welche Weise man mehr Bier absetzen könne als bisher" ; statt der erwarteten Unterrichtung empfingen die Geprellten jedoch nur eine Karte mit den niederschmetternden Worten: „Verkauft weniger Schaum!"
Oekonomie. Feldwebel: „Die beiden Bauern von der ersten Kompagnie sind wieder um Urlaub eingekommen. Sollen ihn haben, aber der eine acht Tage länger als der andere. Man kann doch nicht alles auf einmal essen, was die beiden mitbringen."
Litterarisches.
Zwei eigenartige, reizende Novellen: „DaS Gedicht" von A. G. von Suttner und „Unglückselige Theestunden" von Hans Wachenhusen bringt das neueste (24.) Heft (Preis nur 50 Pfg.) der Großfolio-Ausgabe von „AeSer Land und Meer" (Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt). Ebenso unterhaltend w e amüsant geschrieben ist das Pariser Lebensbild: „Ein Talent ohne Frack" von Olga Wolbrück, dem sich eine Reihe von gediegenen Artikeln anschließt, von welchen wir hier nur hervorheben wollen: „Ein Ausflug nach Paris", „Litterarische Plaudereien über französische Litteratur", „Vernichtung der Mameluken im Jahre 1811", die „Nordlandfahrt Kaiser Wilhelms", sowie dessen „Besuch in England", „Athen" von E. de Fodor, „Die Zugspitze, der höchste Gipfel des deutschen Reiches" von Lilly Willigerod. Mit glänzenden, künstlerisch bedeutenden Illustrationen ist das Heft in bekannter Weise aufs reichste ausgestattet und sie gestalten dasselbe in Verbindung mit dem auserlesenen textlichen Inhalt zu einem Ganzen fesselndster Art. Zu beziehen durch die Buchhandl. v. E. Georgii in Calw.
Kamilla inte sich nicht. Einen Augenblick später trat der Gegenstand dieses. Gesprächs auf die kleine Gruppe zu. Sir Prendergast schüttelte ihm freundlich die Hand.
Nachdem einige Hin- und Herfragen ausgetauscht waren, sagte der Baron:
„Mr. Hickmann, Sie werden mir erlauben, daß ich Sie mit meinem Freunde, Mr. Charlton, bekannt mache, einem talentvollen, strebsamen, jungen Künstler, welcher einige Skizzen von ganz bedeutendem Werte soeben vollendet hat, die Sie gewiß bei Ihrem künstlerischen Verständnis zu schätzen wissen werden."
Josiah Hickman beeilte sich, mit einer sichtlich zur Schau getragenen Liebenswürdigkeit, die aber unschwer die Gönnermicne verriet, zu bemerken, daß er sich glücklich schätzen würde, baldigst Gelegenheit zu haben, Mr. Charlton's Gemälde zu beurteilen. „Doch nun," fügte der Fabrikant hinzu, indem er sich zu Miß Doyne wandte, „ich hoffe, daß Sie und Sir Prendergast mir die Ehre erweisen werden, diesen Abend am Bord meiner Jolanthe mit mir zu soupieren. Ich glaube, wir werden eine prächtige Nacht haben. Was sagen Sie zu einer Wasserfahrt bei Mondenschein? Beispielsweise bis zu dem Gehölz von Bisham? Ich bringe Sie vor elf Uhr nach Cookham zurück."
Kamilla warf ihrem Vater einen nicht mißzudeutenden Blick hinter dem Rücken Mr. Hickman's zu. Sir Prendergast jedoch verstand diese Augensprache nicht oder wollte sie nicht verstehen.
„Wir werden Beide mit Freuden Ihre liebenswürdige Einladung annehmen, Mr. Hickman. Wir sind selbst erst diesen Morgen angekommen und deshalb noch nicht mit der Umgebung bekannt. Ich habe gehört, daß einige Punkte sich ganz großartig bei Mondenschein ausnehmen sollen. Kamilla selbst hat eine sehr schöne Sammlung gezeichneter und gemalter Skizzen; sie wird deshalb ganz besonders entzückt sein, sich Ihrer kleinen Expedition anzuschließen."
Kamilla bemerkte, daß ihr Vater beabsichtigte, dem Fabrikanten Freude zu machen, und gewohnt, ihm in kleinen Dingen zu Willen zu sein, zögerte sie nicht, ihre eigene Neigung zum Opfer zu bringen. Deshalb sagte sie einige halbverständliche, höfliche Worte, mit denen ihre Begleitung vollständig zufrieden war. Sie erfaßte sogar nicht ohne gewisses Vergnügen die Idee, eine Fahrt nach dem Gehölz von
Bisham bei Mondenschein zu machen, ein Punkt, dessen romantische Schönheit ihr soeben erst Arthur Charlton entusiastisch geschildert hatte, dessen Gesellschaft sie zwar dem ehrenwetten, aber schwatzhasten Mr. Josiah Hickman unbedingt vorgezogen hätte. Doch da dies unmöglich war, so drückte sie ihre Zufriedenheit mit den getroffenen Arrangements aus, indem sie hinzufügte: „Und wann gedenken Sie abzufahren?
„Je früher, desto besser," bemerkte der gefällige Arrangeur, „das heißt, sobald Sie bereit sind."
Indem sich nun Mr. Hickman zu dem jungen Künstler wandte, sagte er, daß er hoffe, Mr. Charlton würde sich anschließen.
„Ich danke," war die kurze Antwort, „ich muß aber bald nach Marlow zurückkehren, ich habe mein Boot hier."
Arthur hatte keine Lust, an Kamilla's Seite zu sitzen, während ein Anderer sich ihrer Blicke und ihrer Unterhaltung bemächtigte. Er zögerte jedoch, um sie abfahren zu sehen.
Kamilla war währendessen ins Hotel gegangen, um sich etwas wärmer für die kühle Nachtluft anzuziehen. Sie kehrte bald zurück, in einem dunklen, grauen Kleide, auf dem vollen Haar einen kleinen, weichen Filzhut, um den sich ein grauer Gaze-Schleier wand. Das Boot, welches sie an Bord bringen sollte, lag bereits am Landungsplatz.
„Gute Nacht, Mr. Charlton," sagte Kamilla, indem sie ihm zum Abschied die Hand reichte. „Sie müssen morgen ins Hotel kommen, um mir eine wettere Stunde in der Perspektive zu geben. Vergessen sie es nicht!"
Als sie dm Sitz einnahm, den Mr. Hickman für sie bereit gemacht hatte, zeigte Sir Pendergast einm leichten Mißmut über die Verzögerung, die dadurch entstanden war, und Paul Chartton glaubte, und er hatte vielleicht Recht, daß des alten Herrn Händedruck etwas weniger herzlich war als sonst.
Er stand noch einige Zeü, dem abgehenden Boote und dem im Winde wehenden, grauen Gaze-Schleier nachzusehen, bis sie seinen Blicken entschwanden. Und noch dann zögerte er, den Ott, wo sie geweilt hatte, zu verlassen. (Forts, folgt.)