Paris, 6. Aug. Im Ministerrat teilte heute Constans das Gesamtergebnis der Generalratswahlen mit. Von den 1438 gewählten Generalräten sind 949 Republikaner, 489 Konservative. Von den gewählten Republikanern sind 689 gemäßigt, 158 radical. 102 Republikaner wurden neu gewählt. Die Konservativen gewannen 29 Sitze.
Paris, 6. Aug. Boulanger erließ einen sehr langen Auf« ruf an das französische Volk, welches er als seinen einzigen Richter aner« kennt. In dem Erlaß bespricht er die Anklagen gegen ihn, welche in den kürzlich veröffentlichen Schriftstücken enthalten sind, und bezeichnet sie in sehr heftiger Sprache als niederträchtige Verleumdungen.
Paris. (Dep. d. Calwer Wochenbl.) Hauptmann Bujac, welcher zum Generalstabe Boulanger's gehörte, wegen Spionage verhaftet.
Sansibar. (Dep. d. Calwer Wochenbl.) Wißmann char« terte Neera.
Hages-WeuigkeiLen.
* Calw. Wir erfahren, daß in nächster Zeit der rühmlichst bekannte Konzertsänger Karl Diezel hieher kommen wird, um in Verbindung mit dem Liederkranz ein Konzert zu geben. Es steht demnach den hiesigen Musikfreunden wieder ein hoher, musikalischer Kunstgenuß bevor und zweifeln wir nicht, daß der Name Diezel seine alte Anziehungskraft bewähren wird, da die Leistungen des SkkstgerS überall mit größtem Beifall ausgenommen wurden.
.-. Vom Enzthal. Der Sängerbund Birkenfeld erläßt ein Rundschreiben an die benachbarten Gesangvereine behufs Gründung eines „Gauverbandes des oberen Enz- und Nagolvgebietes" und zwar mit Rücksicht darauf, daß die Festorte des Schwäbischen Sängerbundes immer ziemlich weit von unfern Bezirken abgelegen und davurch der Besuch derselben besonders den Landvereinen erschwert sei. Auf einem anzuberaumenden Delegtertentag soll diese Angelegenheit des Näheren verhandelt werden.
Wildbad, 5. Aug. Die zur Feier des allerhöchsten Regierungs, jubiläums veranstaltete Enzpromenadenbeleuchtung mit großem Feuerwerk, welche infolge der schlechten Witterung vom 30. Juni bis jetzt verschoben werden mußte, fand am gestrigen Sonntag statt und verlief, begünstigt vom herrlichsten Wetter, in allen Teilen auf schönste. Den Glanzpunkt des nur aus Feuerwerkskörpern größten Kalibers bestehenden, von Pyrotechniker Fischer in Cleebronn verfertigten Feuerwerks bildete ein großes Jubrläumsdekorations- stück mit den Namenszügen der Königlichen Majestäten, der württ. Krone, den Jahreszahlen der Negierung und der Inschrift „Furchtlos und treu." Der Besuch des Festes war auch von auswärts überaus zahlreich; der nach Schluß derselben von der Königl. Generaldirektion veranstaltete Extrozug nach Pforzheim führte mehrere Hundert Personen mit sich.
Bebenhausen, 3. Aug. Auf Befehl Sr. Maj. de» Königs fand sich heute der konsultierende Leibarzt Prof. vr. v. Liebermeister hier ein, um sich von dem gegenwärtigen Befinden Sr. Majestät zu überzeugen und mit dem Leibarzt vr. v. Fetz er über die Maßnahme behuss weiterer Erhaltung der Allerhöchsten Gesundheit in Beratung zu treten. Der gegenwärtige Zustand Seiner Majestät darf als ein durchaus befriedigender bezeichnet werden. Die seit langer Zeit vorhandenen Veränderungen an Lunge und Herz bestehen zwar fort, ohne jedoch das Allgemeinbefinden für jetzt störend zu beeinflussen. Die Sorge für die Erhaltung des zur Zeit günstigen Zustandes, welcher wesentlich der bisher beobachteten Vorsicht und dem wiederholten Aufenthalt im Süden zu verdanken ist, läßt es notwendig erscheinen, daß Seine Majestät neben Vermeidung aller größeren Anstrengungen auch fernerhin den klimatischen Schädlichkeiten möglichst entrückt bleibe.
Bebenhausen, 4. Aug. Ein Teilnehmer am Gartenfeste schreibt dem Staatsanz. über den Verlauf desselben: Die Universität sieht auf einen
Irma gewann ihre Fassung zuerst zurück; sie schlang ihre Arme innig um den Nacken des Gatten und flüsterte:
„Fasse Dich, Treuhold! Er hat uns ein teures Vermächtnis Hinterlossen. Sein Sohn soll auch unser Sohn ferner sein, nicht wahr?"
Der Graf ließ die Hände langsam von den schmerzdurchwühlten Zügen sinken und schaute Irma tief ernst in die Augen.
„Manuel wird der künftige Majoraisherr hier sein; ich werde ihm gern zurückgeben, was Bruno mir wieder meinen Willen aufgedrungen hat," sagte er.
„Die Gräfin zuckte unmerklich zusammen."
„Und Eberhard, — unser Sohn?" hauchte sie kaum hörbar.
Treuhold fuhr mit der bebenden Hand über seine Augen und ein schwerer Atemzug hob seine Brust.
„Er thut mir leid, aber ich kann es nicht ändern. Arm wird er ja dadurch noch immer nicht. Unser Allodialvermögen sichert ihm eine, wenn auch nicht so glänzende, so doch sorgenlose Zukunft. Es wird ihm freilich eine bittere Enttäuschung sein, auf das Majorat verzichten zu müssen. Ich werde ihn ohne Verzug darauf vorbereiten und ich hoffe, daß er, den Verhältnissen gerecht, sich mannhaft fügen wird."
Die Gräfin blickte still vor sich nieder und preßte krampfhaft die Hände in einander. Sie öffnete die blassen Lippen, aber die Worte, die sich endlich nach heftigem innerem Kampfe ihrem Munde entrangen, wurden ihr ersichtlich schwer:
„Halte mich nicht für engherzig, Treuhold, aber ich bitte Dich, lerne Manuel erst genügend kennen, ehe Du ihn mit dem unerwarteten Reichtum überschüttest. Prüfe, ob er sich in unsere deutschen Verhältnisse zu fügen weiß. Spanisches Blut rollt in seinen Adern, und in spanischen Verhältnissen ist er ausgewachsen."
„Du hast Recht, Irma, ich danke Dir. Mein Entschluß soll von dem Eindruck abhängen, den mein Neffe auf mich machen wird," sagte der Graf, die Hand seiner Gemahlin an seine Lippen ziehend.
Noch am selbigen Tage sandte er seine Antwort nach- Mexiko; er forderte
Freuden, und Ehrentag zurück, der allen, die ihn mitfeiern durften, in schönster Erinnerung bleiben wird. Ec war ein neuer Beweis der Königlichen Huld, deren die Universität sich zu erfreuen hat, daß Seine Majestät der König das 25jährige Jubiläum HöchstSeiner Regierung nicht hat vorübergehen lassen, ohne die Angehörigen der Hochschule in der Weffe um sich zu versammeln, wie es einer der schönsten Tage des Festes im Jahre 1877 gesehen hat. Es waren gegen 1000 Einladungen ergangen. Vor 4 Uhr füllten sich die für das Fest bestimmten Räume: Sommer- und Winterrefektorium, Kreuzgänge und Kreuzgarten. Nach 4 Uhr erschien Seine Majestät, begrüßt von lautem Jubel, und begab Sich in das Sommerrefektorium, wo die Lehrer der Hochschule, Beamte de» Staates, der Universität und der Stadt versammelt waren. In der nächsten Umgebung de» König« befanden sich Se. Königl. Hoheit Prrnz Wilhelm, Se. König!. Hoheit Herzog Albrecht, die anwesenden Staatsminister und die ersten und ältesten Mitglieder de» akademischen Senats. Den ersten Trinkspruch brachte Seine Majestät auf die Hochschule aus. Darauf gab der Rektor der Universität, Professor Dr. v. Herzog dem Dank aller Anwesenden Ausdruck und schloß mit einem Hoch auf Seine Majestät, in das die Versammlung mit freudiger Begeisterung einstimmte; die im Kreuzgarten aufgestellte Musik de» Tübinger Bataillons intoniere die Königshymne. Während der Tafel erhob Seine Majestät gegen Staatsminifler Dr. v. Faber da» Glas und sagte: „Ich trinke auf da» Wohl meiner alten Schulgenossen in froher Erinnerung an die mit ihnen verlebten Tage, und ich bitte Sie, dies ihnen allen mitzuteilen." Kurz darauf trat Seine Majestät in Begleitung des Rektors der Universität den Rundgang an. Viele Herren wurden durch persönliche Ansprachen ausgezeichnet; die studentischen Korporationen, welche von Seiner Majestät einzeln begrüßt wurden, brachten nach akademischer Sitte mit donnernden Salamandern ihre Huldigungen dar. Mit Freuden wurde die Frische bemerkt, mit welcher Seine Majestät Sich unter Seinen Gästen bewegte und den sich immer erneuernden Jubel cntgegennahm. Di« akademische Liedertafel sang vor Seiner Majestät unter Leitung von Direktor Dr. Kauffmann das Lied von der Loreley und erfreute sich des Allerhöchsten Beifalls; namentlich sprach Seine Majestät Seine Befriedigung über die gute Besetzung des Tenors au« und gedachte Seiner eigenen akademischen Zeit und der Beziehungen zu Silcher — Als Seine Majestät Sich wieder ins Sommerrefektorium zurückbegab, erscholl, ein Dank für die huldvolle Freundlichkeit, mit welcher der König Seinen Gästen begegnet war, in kräftigem Gesang das Lied vom reichsten Fürsten. Nach einem wiederholten Aufenthalt im Sommerrefektorium zog Seine Majestät sich gegen 5>/g Uhr zurück, begleitet von brausenden Hochrufen. Um 7 Uhr verließen die dankbaren und fröhlichen Gäste die schönen Räume.
Tübingen, 2. Aug. Oberbürgermeister Gös veröffentlicht folgendes Allerhöchste Kabinettsschreiben: „Euer Hochwohlgeboren beehre ich mich Höchstem Befehle gemäß mitzuteilen, daß Seine Königliche Majestät durch den schönen und herzlichen Empfang, welcher HöchstDenselben btt der Ankunft in Tübingen seitens der dortigen Einwohnerschaft bereitet worden ist, aufrichtig erfreut wurden und allen, welche dazu mitgewirkt haben. Einzelnen und den Vereinen, namentlich auch dem Stadtreiterkorps, von welchem Ehrenposten bis hieher in den Schloßhof gestellt worden sind, HöchstJhren gnädigen und wohlwollenden Dank aussprechen zu lassen. Bebenhausen, den 1. Aug. 1889. Der Kabinettschef Griesinger. — Der Universität ist gleichfalls ein Königliche» Kabinettsschreiben mit dem Danke für die durch den herzlichen Empfang bewiesene Aufmerksamkeit und Anhänglichkeit zugegangen.
Eßlingen, 5. Aug. Gestern abend hielt Lehrer Th. Christaller hier über „Land und Leute von Kamerun" einen Vortrag im Württ. Hof, der so zahlreich besucht war, daß der geräumige Saal mit seinen Nebenge- lassen von Zuhörern dicht besetzt war. Der Redner behandelte zuerst die natürlichen Verhältnisse des Landes und ging dann zu den Einwohnern desselben über, indem er das soziale Leben, das Familienleben, die Sprache,
den Neffen auf, ohne Aufschub nach Deutschland zu kommen, wo er eine zweite Heimat finden würde. —
Drei Wochen später rollte die gräfliche Equipage nach der Bahnstation, um den Sohn Bruno's seinen unbekannten Verwandten zuzuführen.
Voll kindlicher Neugier schaute Eddy der Ankunft des so urplötzlich aufgetauchten Vetters entgegen. Ungeduldig eilte sie auf der Rampe, wo die Familie sich zum Empfang des neuen Verwandten versammelt hatte, hin und her und spähend blickten die scharfen Augen der Komtesse den Weg entlang, auf welchem der Wagen mit dem Erwarteten kommen mußte.
Auch die Gräfin sah dem Augenblick der Ankunft des Neffen mit nervöser Unruhe entgegen. Fliegende Röte und Blässe wechselten auf ihrem Antlitz und als der zurückkehrende Wagen endlich auf dem Schloßhof rollte, zuckte ihre Hand unwillkürlich nach dem Herzen, in dem Mutterliebe und Gerechtigkeitssinn in hartem Kampfe rangen.
Jetzt — mit einem Ruck ward der Wagenschlag aufgestoßen und im selben Moment griff die Gräfin, wie nach einem Halt tastend, um sich, während es sich zugleich wie ein Schleier vor ihre Augen legte
Ein schlanker, jugendfrischer Jüngling war aus dem Wagen gesprungen und eilte elastisch die Rampe hinauf, wo Graf Treuhold ihm mit ausgestreckten Händen entgegentrat.
„Willkommen im Schloß Deiner Väter, mein lieber Manuel!" begrüßte er den Angekommenen, ihn innig an seine Brust ziehend und die ihn überwältigende Rührung beim Anblick des Sohnes seines geliebten Bruders gewaltsam niederdrückend. Aber vergeblich suchte er in dem Antlitz des Jünglings nach einer bekannten Spur; seine Züge hatten nicht die mindeste Aehnlichkeit mit denen des Bruders, und eine leise Enttäuschung malte sich auf Treuhold's Gesicht. Die fremde Abstammung der Mutter hob sich für ihn zu scharf hervor in dem Antlitz des Neffen, des Sprossen eines alten, deutschen Grafengeschlechts. Dunkelglänzende Augen schauten Treuhold aus einem stark gebräunten, scharf geschnittenen, schmalen Angesicht entgegen, und blauschwarzes Haar umrahmte die Stirn. (Forts, folgt.)