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sandte sofort an Hauptmann Wißmann ein Glückwunschtelegramm und soll ihm auch den Roten Adlerorden 3. Klaffe verliehen haben.
Hamburg, 11. Mai. Mit dem Dampfer „Schwan" kam heute mittag die aus vier Mann und einem Dolmetscher bestehende Gesandtschaft des Sultans der Mandara.Neger an den Kaiser hier an, welche unter Führung des Afrikareisenden Ehlers sich zur Vorstellung nach Berlin begeben wird. Ihr Erscheinen in dem seltsamen Kostüm ihres Landes erregte allgemeines Aufsehen. Noch mehr erstaunten aber die Naturföhne über die hohen Häuser, die Einrichtung der Hotelzimmer rc. Die Gesandtschaft tritt morgen abend die Reise nach Berlin an. Die Mandara-NeMM^ ein Ge- birgsvolk und leben am Kilima-Ndscharo, den Ehlers, Hamburger, erklommen hat. Der Sultan hat seinen an
den Kaiser mitgegeben, darunter einen Elefantenzahn im ÄW^ion 118 Pfund. Ferner führen sie eine reiche ethnologische Sammlung, Waffen, ostafrikanische Produkte rc. mit sich.
Die Arbeiterbewegung im rheinisch-westfälischen Kohlenrevier. Mit der am Montag erfolgten Arbeitseinstellung auf sämtlichen Zechen des Essener Bezirks ist der Kreis der Lohnbewegung geschloffen; denn es liegen jetzt alle oder fast alle Gruben des Oberbergamtsbezirke Dortmund still. Der Ausstand wird allem Anschein nach so lange fortgesetzt werden, als die Ausständigen Mittel zum Unterhalte besitzen oder erlangen, es sei denn, was heute noch ganz unbestimmt ist, daß die Kohlennot oder andere Beweggründe die Zechen veranlassen, von der Forderung der vorherigen Wiederaufnahme der Arbeit abzustehen. Von Unruhen aus dem Streikbezirk^ ist nichts zu melden. Am Sonntag waren freilich in Dortmund die aufregendsten Gerüchte verbreitet, e« seien sowohl in Aplerbeck auf Zeche Margaretha als auch in anderen Bezirken große Ausschreitungen vorgekommen. Es war daran jedoch nichts Wahres; fast scheint es, als versuche man das Publikum mit Gewalt aufzuregen. In Dortmund war in der Nacht zum Sonn- tag auf einem seit Jahren nicht benutzten Zechenschornsteine eine rote Fahne aufgepflanzt worden, die herunterzuholen große Mühe kostete. — Die Folgen des Streiks machen sich immer mehr bemerkbar. In Halle hat der dortige Stationsvorsteher bekanntgegeben, daß vom 15. ds. Mts. ab wegen Kohlenmangel 24 Züge, größtenteils Lokalzüge, eingestellt werden. In industriellen Kreisen Saarbrückens ist man nicht ohne Besorgnis, daß die dortige Eisenindustrie, welche viel lothringer und luxemburger Roheisen verarbeitet, dadurch von dem Bergarbeiter-Streik an der Ruhr berührt werden könnte, daß die Hochöfen im Minettedistrikt wegen Koksmangels ausgeblasen werden müssen. Für zahlreiche Arbeiter könnten daraus schwere Nachteile hervorgehen und würden namentlich auch die Arbeiter des Neunkircher Werkes, welches mehr Roheisen verarbeitet, als produziert, davon betroffen werden. Freiherr v. Stumm hat deshalb von Berlin aus seine Verwaltung telegraphisch angewiesen, für den Fall des Ausbleibens des Luxemburger Roheisens sofort fremdes, französisches oder englisches Roheisen zu jedem Preise zu kaufen und alles aufzubieten, damit nicht ein einziger Neunkirchener Arbeiter auch nur eine einzige Schicht zu feiern braucht. Inzwischen ist am Sonntag abend eine Abordnung von Arbeitern aus Dortmund nach Berlin abgereist, um dort dem Kaiser ihre Wünsche und Beschwerden vorzutragen, nachdem ihnen eine Audienz von Seiten des Staatsoberhauptes zugesagt worden ist. Die Arbeiter können also auf eine gründliche und unparteiische Prüfung ihrer Forderungen rechnen, denen auch schon bisher die Regierungsbehörden des Bezirks eine eingehende Prüfung gewidmet haben.
Essen, 14. Mai. (Dep. d. Frkf. I ) Die „Rhein.-Westf. Ztg." be- richtet: Bis heute vormittag ist die Ruhe und Ordnung nirgendwo gestört worden. In den Dortmunder und Essener Revieren mehrt sich bereits die Zahl der Zechen, auf denen die Belegschaften unter dem Eindruck der von einzelnen Zechenverwaltungen sofort angeordneten Lohnerhöhung entweder ganz oder teilweise die Arbeit wieder ausgenommen haben. Im Mülheimer Revier wird fast ausnahmslos ge
arbeitet. Ueberall wird ein wohlthätiger Einfluß von der heutigen Audienz der Abordnung der Bergarbeiter beim Kaiser erhofft.
Berlin, 14. Mai. (Dep. d. Frkf. I.) Der Kaiser erkürte der Deputation, daß die Bewegung mit einer Gesetzwidrigkeit, einem Kontraktbruch begonnen, versprach aber zugleich mit der Aufforderung, auf gesetzlichen Bahnen zu verbleiben, das Anliegen untersuchen zu wollen.
Ga ges-Werrigkeiten.
Calw, 14. Mai. Die hier noch in gutem Andenken stehende, im Winter 1887 anwesende Theatergesellschaft (Direktor C. Scho rer) wird in nächster Woche wieder hier eintreffen. Derselben ist die Turnhalle zu ihren Aufführungen zugesagt worden und wird die erste voraussichtlich am Sonntag, den 26. ds. stattfinden.
(Amtliches.) Am 10. Mai wurde von der evangelischen Oberschulbehörde die zweite Schulstelle in Rommelshausen, Bez. Cannstatt, dem Schullehrer Reichert in Unterhaugstett, Bez. Calw, übertragen.
(Amtliches.) Infolge der an den Seminaren zu Nagold, Eßlingen und Nürtingen vorgenommenen ersten Dienstprüfung sind nachstehende Kandidaten zur Versetzung von unständigen Lehrstellen an Volksschulen für befähigt erklärt worden: Retter, August, von Gechingen, Theurer, Wilhelm, von Gechingen, Del in, Heinrich, von Stammheim, OA. Calw, z >9- * Altbulach, den 14. Mai. Gestern feierte Herr Schullehrer Gärtner hier das Jubiläum seines 25jährigen Wirkens hier. Trotzdem der Jubilar, in seiner bescheidenen Weise jede größere Veranstaltung vermieden wissen wollte, ließ die hiesige Gemeinde es sich nicht nehmen, diesen Tag feierlich zu begehen. Nachmittags 2 Uhr versammelten sich die bürgerlichen Kollegien mit der übrigen Einwohnerschaft sowie den weiter zur Teilnahme erschienenen Kollegen und sonstigen Freunde, namentlich vom Kirchspiel, vor dem in sehr gelungener Weise dekorierten Schul- und Rathaus; Schultheiß Rupps begrüßte den Jubilar vor der Versammlung und übergab nach warmen und anerkennenden Worten die von der Gemeinde für ihn bestimmte Jubiläumsgabe bestehend in einem Sofa. Hr. Schullehrer Gärtner dankte in gerührten Worten für das ihm zugedachte Geschenk sowie für die ihm veranstaltete Feier. Nachher ließen sich die Anwesenden in dem zu diesem Zwecke eingerichteten Garten des hiesigen Kronenwirts nieder, wo bei gutem Stoff, Rede und Gesang in heiterer Abwechselung der Nachmittag sich zu einer schönen Feier gestaltete.
Nagold, 11. Mai. Unter den Gewittern, der letzten Tage war das gestrige das schwerste. Zwar verlief es auch ohne Hagel, ergoß aber solche Waflermaffen über unser Thal und dessen Umgebung, daß in allen Gräben Bäche rauschten, die Niederungen in einen See verwandelt und die Straßen der Vorstadt so sehr mit Wasser überflutet wurden, daß dasselbe sogar in die Häuser und Läden eindrang und die Feuerwehr alarmiert werden mußte, um größeren Schaden durch rechtzeitige Rettung der bedrohten Gegenstände zu verhüten. Zwischen Mötzingen und Vollmaringen fiel ein Wolkenbruch, der die Felder furchtbar verheerte, 1—2 Fuß tiefe Furchen riß, die gesteckten Kartoffeln aus den Aeckern schwemmte u. dergl. So sehr auch die feuchtwarme Witterung die Vegetation befördert und den Mai zum Wonnemonat gestaltet, so sind die vielen schweren Gewitter mit den heftigen Regengüssen doch auch ein Uebel. Man lebt beständig in Sorge vor einem Hagel oder Wolkenbruch, der die Pracht und Herrlichkeit der Frühlingsnatur wie sie in Feld, Wiese und Wald ausgebreitet ist, mit einem Schlage vernichten könnte. — In hiesiger Stadt beschäftigt man sich gegenwärtig mit Einrichtung einer Wasserleitung. Unter der Bürgerschaft sind die Ansichten geteilt; dagegen haben die bürgerlichen Kollegien die Mittel zur Anfertigung von Plänen und Kostenvoranschlägen verwilligt. Ldztg.
Waiblingen, 10. Mai. Ein heftiges Gewitter mit starkem Regen entlud sich heute abend 5 Uhr über unserer Stadt und dauerte beinahe bis
für diesen Mordversuch verantwortlich ist/' sagte Otto, „die gegen sie vorliegenden Beweise sind fast unwiderlegbar. Glauben Sie nicht, daß wir ihr Zimmer durchsuchen sollten?"
Der Doktor zögerte anfänglich, willigte aber dann in den Vorschlag, und Beide begaben sich hierauf in die Gemächer, die so sorgfältig und geschmackvoll für Sir Nalph's junge Gemahlin hergerichtet worden waren und die schon jetzt, obwohl ihre junge Herrin erst so kurze Zeit abwesend war, ein verödetes und vernachlässigtes Aussehen hatten.
Adrienne hatte nicht die Gewohnheit, ihre Schränke versperrt zu halten, und in den eleganten Kästchen und Kassetten, deren es genug in dem Zimmer gab steckten überall kleine, feingearbeitete Schlüssel. Doktor Seaport untersuchte zuerst diese Kaffeten. Sie enthielten meist kleine Schmuckgegenstände, Flakons mit wohlriechenden Essenzen und Briefe von ehemaligen Schulsreundinnen. In einem Kästchen fand Doktor Seaport ein kleines, dunkelblaues Fläschchen und ein Papierpäckchen, das ein weißes Pulver enthielt. Dieser beiden Gegenstände ansichtig werdend, drückte sich in dem gutmütigen Gesicht des Arztes Widerwillen, ja, Abscheu aus.
„Das sind hinlängliche Beweise für Lady Lynwood's Sckuld," sagte er. „Barmherziger Himmel, wie ist es möglich, daß eine so schöne Hülle eine so schwarze Seele bergen kann?"
Otto lächelte voll Hohn.
„Ich hätte gedacht, daß die Erfahrungen in Ihrem Beruf Sie auf solche Vorkommnisse vorbereiten sollten," bemerkte er.
„Ich fürchte mich wirklich davor, es Sir Ralph zu sagen", fuhr Dr. Seaport fort, „und dennoch kann ihm die Ungewißheit vielleicht mehr schaden, als die volle Gewißheit."
„Meiner Meinung nach sollte er. da kein Zweifel mehr möglich ist, unverweilt von der Wahrheit verständigt werden."
Sir Ralph nahm die Mitteilung sehr ruhig entgegen, so ruhig, daß sowohl der Doktor, als Otto erstaunt waren. Er sagte kein Wort, sondern lehnte sich in seinen Stuhl zurück und starrte verwirrt, wie geistesabwesend zu Boden. Plötzlich
bemerkte Dr. Seaport, der ihn scharf beobachtete, ein eigentümlich krampfhaftes Zucken um seinen Mund. Erschreckt sprang er auf und rief in angstvollem Tone:
„Hauptmann Lynwood, lassen Sie schleunigst Senfumschläge und ein heißes Fußbad mit Senfabsud bereiten! Ihr Onkel ist von einem Schlaganfall bedroht!"
Otto eilte aus dem Zimmer und kehrte bald darauf mit der Haushälterin zurück, welche die von dem Doktor verlangten Mittel brachte. Der Senfumschlag wurde dem Baronet unverweilt auf den Nacken gelegt und seine Füße in das heiße Bad gesteckt. Aber diese Vorsichtsmaßregeln erwiesen sich als wirkungslos und eine Viertelstunde später lief die Schreckenskunde durchs ganze Haus, daß Sir Ralph von einem Schlaganfall getroffen worden war.
Er wurde in sein Schlafzimmer getragen und zu Bette gelegt und den ganzen Tag lag er in einem Zustand dumpfer Bewußtlosigkeit, unfähig zu sprechen, noch sich zu regen, während die Dienerschaft mit verstörten Mienen über das Unglück, das ihren Herrn befallen hatte, lautlos umherging und sich fragte, was die irrende Gattin wohl sagen würde, wenn sie wüßte, welche Folgen ihre Flucht für ihren Gatten gehabt hatte. Schlimme Nachrichten werden rasch bekannt und so hatte es sich bald herumgesprochen, daß Lady Lynwood uitz Lionel Egerton zusammen verschwunden waren.
Otto wachte ebm so unruhig an Sir Ralph's Krankenbett, wie die Uebrigen, aber seine Unruhe hatte einen ganz verschiedenen Grund.
„Wenn er jetzt stürbe, wäre ich gerettet, denn er hat kein Testament gemacht," sagte er sich selbst und dann wandte er sich an den Doktor Seaport und fragte ihn mit kummervoller Mene: „Was halten Sie von dem Zustand meines armen Onkels?"
„Derselbe ist ohne Zweifel sehr bedenklich, aber eine augenblickliche Lebensgefahr ist nicht vorhanden. Der erste Schlaganfall ist, wenn er auf solche Weise auftritt, selten tötlich; aber die Gefahr liegt in einer Wiederholung, die zu befürchten ist," war seine Antwort.
(Fortsetzung folgt.)