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Heuer vom IS. Mai ab täglich zu besichtigen. Herrenchiemsee und Neu- schwanstein verlangt Freitag» 6 an den andern Tagen 3 »ts, Linderhof täglich 3 Eintritt.
Ausland.
— In Turin fand am Sonntag im Nationalpark eine große Volkskundgebung gegen die A f r ik a - P o l i t i k unter den Rufen „Nieder mit der Afrika-Politik!", worin sich auch die Rufe „Nieder Crispi!" mengten, statt. Dann begab sich der 6000 Köpfe zählende Zug vor die Präfektur, wo Abg. Majocchi einen Protest gegen die Kolonialpolitik überreichte. Alsdann fand eine Kundgebung vor dem Garibaldidenkmal statt. Die Marseil. laise, sowie die ital. Königshymne, welche Musikkorps anstimmen wollten, wurden ausgepfiffen.
Hages-Werrigksiten.
Stuttgart, 29. April. Zu dem Unfall unserer Königin wird noch Folgende« berichtet: Die Schutzmauer, welche die scheugewordenen Pferde übersprangen, steht am Rande eines Abgrundes zum Meere hin. Zum Glück brach die Wagendeichsel und der Wagen blieb stehen, während die Pferde in einen Abgrund stürzten. Die Königin hat sich von der durch den Unfall verursachten Aufregung vollkommen erholt; sie wohnte gestern dem feierlichen Tedeum in der russischen Kirche bei. Der deutsche und der russische Consul, sowie die Spitzen der Behörden, beglückwünschten die Majestäten. Der verletzte Lakai ist auf dem Wege der Wiedergenesung.
Stuttgart. Für die Pferdemarktlotterie wurde als zum ersten Preis gehörig ein Landauer neuer Fayon von Otto Nägele und und da» dazu gehörige stlberplattierte Geschirr für Viergespann von Noske angekauft. An Wagen wurde für die Lotterie weiter angekauft: ein Landauer von W. G. Pfeifer, ein Viktoriawagen von Gebr. Wimpsf, Joh. Mast und G. Heimgärtner, ein Coups von Gebr. Elsäßer, ein Dogcart von Wilhelm Wimpff Sohn, eine Charabank von G. Wend- Reutlingen, ein Pritschenwagen von Schmied Haa » hier. — Um den Zirkus herum hat wieder die Hundebörse Platz gesunden. Auch diese ist ziemlich gut beschickt, fast alle Rassen und Größen sind vertreten; sehr zahlreich sind die jungen Hunde zu finden. Originell ist eine Dachshündin, welche zwei junge Füchse säugt und sehr sorgsam die übernommenen mütterlichen Pflichten erfüllt.
Stuttgart. Ein bedauerlicher Unfall hat am Montag eine hiesige Familie in tiefe Trauer versetzt. Die Familie des Sattlers Gäbr hatte mit anderen katholischen Familien den üblichen Erstkommunion- Ausflug nach Hofen gemacht. Dort war das 5'/sjährige muntere Söhnchen dem Neckar wohl zu nahe gekommen und stürzte in denselben. Trotz sofort herbeigerufener Hilfe gelang es weder das Krnd zu retten — noch wenigstens bis gestern abend die Leiche de« Kindes zu finden. Ein schrecklicher Abschluß des vergnügten Ausfluges. Den unglücklichen Vater, welcher wegen Ge- schäftsanhäufung nicht mitgegangen war und den Abend in einer Restauration ein Glas Bier trank, hatte der beim Ausflug mitgewesene Kaplan Mangold vorzubereiten übernommen.
Urach, 26. April. Das 3jährige Kind eines hiesigen Bürgers hatte in unbewachtem Augenblick jüngst das Unglück, in die durch den Schneegang auf der Alb, sowie massenhafte Regensälle jüngster Zeit stark angeschwolüne Erm« zu fallen und eine Strecke weit fortgerissen zu werden. Das Kind, das sich schon in einem halberstarrten Zustande befand, wäre unrettbar ver- loren gewesen, wenn nicht noch rechtzeitig ein hiesiger Mann, Namens Gottlieb Fischer, rasch entschlossen sofort ins Wasser geeilt wäre, das fortgeschwemmte Kind erfaßt und so dem Tode des Ertrinkens entrissen hätte. Der Unfall des Kinder hatte, wie man hört, für dasselbe keine weiteren Folgen.
Ehingen, 28. April. Das 8jährige Töchterchen des Friseur» Hintzpeter wurde heute auf dem Friedhof von einem umstürzenden Grabstein zerdrückt, so daß es augenblicklich tot war. Die Teilnahme an dem schrecklichen Unglücksfall ist eine allgemeine.
Ebingen 29. April. Gestern starb hier ein 17jähriger Jüngling, an dessen Schicksal man allgemein innigen Anteil nimmt. Derselbe, Fr. Schmid, Feinmechaniker, hatte bereit« seine Lehrzeit rühmlichst zum Abschluß gebracht (im technischen Zeichnen war ihm der 1. Preis zugefallen), als er vor einigen Tagen im Geschäft aus Versehen Grünspan an eine unter dem Kinn sich befindliche Eiterbeule brachte, infolge dessen Blutvergiftung eintrat, die trotz mehrfacher Operationen, die er mit erstaunlicher Standhaftigkeit ertrug, fortschritt und seinem hoffnungsvollen Leben ein jähe» Ende bereitete.
Mengen, 28. April. Heute früh starb hier Katharine Jung im 99. Lebensjahre. Geistig frisch bis in die letzten Lebensstunden empfing sie, ihr nahes Ende fühlend, die Sterbsakramente noch kurz vor ihrem Tode. Vor wenigen Jahren ist ihr Bruder im Alter von 94 Jahren gestorben, die Mutter wurde 89 Jahre alt.
Heidenheim, 26. April. Ein durchreisender Pferdehändler, der mit belgischen Pferden handelt, verlor dieser Tage hier zwei wertvolle Tiere. Das eine derselben verendete an Lungenentzündung, da« andere aber war beim Beschlagen vernagelt worden, d. h. ein Nagel war ihm durch die Hufmasse durch ins Fleisch gedrungen, was den Starrkrampf zur Folge hatte, wie ver hiesige Tierarzt und ein von Stuttgart beigezogener Professor konstatierten. Kurz vorher verendeten dem gleichen Händler drei andere Pferde. In unserem Bezirk wird Heuer von den Pferdebesitzern viel über Pferdekrankheiten geklagt. Das vorigen Sommer naß heimgebrachte Futter soll auf den Gesundheitszustand der Pferde sehr nachteilig wirken. — In einer der letzten Nächte holte wieder wie voriges Jahr ein Dieb auf der mitten im Wasser angebrachten Trockenhänge der Jcquarddcckenfabrik zu Mergelstetten mehrere wertvolle Stücke. Da» Trockengehänge kann außer der Fabrik selbst aus nur mit Nachen oder durch Schwimmen erreicht werden.
Hall, 26. April. Von seiten des hiesigen Fischzuchtverein» sind in den letzten Tagen 5000 junge Aale und 7000 Forellen in den Kocher und dessen Nebengewäffer eingesetzt worden.
Künzelsau. 29. April. Gestern abend sprach unser Reichstagsabgeordneter, Oberförster Keller, im Gasthaus zur Glocke über das dem Reichstag vorliegende Alters- und JnvaliditätsverficherungSgesetz. Mit bewundernswerter Klarheit und Gewandtheit behandelte der Redner den schwierigen und vielfach verwickelten Stoff. Am Schluffe entwickelte er seine Bedenken gegen das Gesetz: 1) Daß die hohe Belastung der deutschen Industrie die Konkurrenzfähigkeit derselben dem Auslande gegenüber schädigen würde. Jndeß nimmt er dieses Bedenken nicht zu schwer, da ja bald da» Ausland mit ähnlichen Gesetzen folgen würden. 2) Der kleine Handwerksmeister und Landwirt, der nicht unter da« Gesetz fiele, wäre, falls letzteres ins Leben trete, vielfach schlimmer daran als Lohnarbeiter und Dienstboten. Der Abgeordnete glaubt gerade diesen Punkt, als für den von ihm vertretenen Bezirk zutreffend, betonen zu müssen. 3) Man sollte erst die Erfahrungen ab- warten, die uns über den Erfolg des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes belehren werden. Eine Erweiterung dieses letzteren Gesetzes scheint dem Redner für jetzt genügend zu sein. Uebrigens erkennt Keller den hohen unv schönen sittlichen Zweck des vorliegenven Gesetzentwurfs in vollstem Maßstabe an und will gern den Gründen Gehör schenken, die aus der Mitte seine» Bezirks heraus zu Gunsten der Vorlage geäußert werden und ihn bestimmen könnten, doch für dieselbe zu stimmen. Keller empfängt denn auch von Seiten der Künzelsauer Versammlung eine Reihe von Kundgebungen für das Gesetz.
Ravensburg, 29. April. Der kath. Stadtpfarrer Nuber von Buchau, welcher sich seit 12. l. M. wegen zahlreicher Verbrechen wider die Sittlichkeit, verübt an Schulknaben, beim K. Amtsgericht Riedlingen in Unter«
Healp nickte zustimmend, als ob Mr. Egerton's Worte ihn in einer früher gefaßten Idee bestärkten.
Wollen Sie mir bitte eine Liste Ihrer sämtlichen Diener geben und mir sagen, wann dieselben bei Ihnen eingetrcten sind und was sie von deren Vorleben wissen.
Der Squire that es und Healp notierte sich alles auf ein Blatt Papier.
„So ist also nur eine einzige Dienerin in Ihrem Hause, die Sie nicht schon seit Jahren haben, und das ist Miß Egerton's Kammermädchen?"
„Ja. Sie heißt Warren; mehr weiß ich nicht von ihr, da meine Tochter sie ganz selbstständig annahm.
„Wurde sie heute als Zeugin aufgerufen?"
„Ja, und ihre Aussage lautete dahin, daß sie den Revolver im Besitz ihrer Herrin gesthen habe und glaube, er sei dem vorgezeigten ganz ähnlich. Sie fragte mich, ob es notwendig sei, daß sie als Zeugin erscheinen müsse, und ich bejahte es natürlich."
„Ich möchte sie sehen," versetzte Healp. „Glauben Sie, daß es geschehen könnte, ohne daß sie eine Ahnung von meinem Beruf bekommt?"
„Wir wollen eS versuchen; aber nach dem Wenigen, was ich von ihr gesehen Halle ich sie für ein ungemein schlaues Frauenzimmer, vor der sich nicht so leicht Etwas verbergen läßt."
Der Zufall war ihnen günstig; als sie die Halle des Herrenhauses betraten, befand sich Warren eben daselbst und der Squire redete sie an.
„Ich möchte Ihnen meine Zufriedenheit über Ihre Aussage vom heutigen nachmittag aussprechen, Warren," sagte er. „Sie sind natürlich an der Thatsache unschuldig, daß Ihre Aussage nicht sehr günstig für meine arme Tochter lautete, aber ^ie haben Alles gethan, was Sie konnten, um ihr zu helfen."
„ES hat mir wirklich leid gethan, so viel sagen zu müssen, Herr," antwortete die Frau, in ihrem gedämpften gleichmäßigen Tone, während sie Hugh und dm Detektiv mit einem flüchtigen Blick streifte, „aber ich beantwortete nur die Fragen, die an mich gestellt wurden, und dem konnte ich mich nicht entziehen. Ich glaube, ich
werde jetzt auch nicht von hier fortgehen dürfen, um bei wetteren Vernehmungen anwesend sein zu können."
„Gewiß. Ucberdies hat meine Tochter jede wahre Aussage nicht zu fürchten. Nur die unwahren sind es, welche ihr Schaden bringen können."
Warren machte einen Knix und ging weiter, während sich die Anderen in den Speisesaal begaben, woselbst Mr. Egcrton dem Detektiv Alles mitteilte, was er seincrseüs über den schrecklichen Vorfall wußte.
„Aber das Alles haben Sie ja schon gehört!" rief Hugh ungeduldig aus.
„Jawohl, Sir, aber das war Miß Egerton's Bericht, den ich durch Sie empfing, und ich möchte gern Jemanden anders auch hören, da es immer besser ist, einen Fall von mehreren Seiten beleuchtet zu sehen. Ich hätte einen großen Wunsch: — die Effekten dieser Warren zu durchsuchen. Kann sie nicht für eine Stunde fortgeschickt werden?"
Der Squire war entsetzt über diesen Vorschlag; aber Hugh, schnell entschlossen, schlug vor, sie mit Wäsche für Natalie nach W*** zu schicken, und als sie fort war, begab er sich mü dem Detektiv in Warren's Zimmer, woselbst dieser deren Koffer mit einem Nachschlüssel öffnete und durchsuchte, jedoch ohne den geringsten Erfolg.
Der Koffer enthielt Nichts als wenige Kleidungsstücke, — nicht einmal Briefe; und obgleich Healp sämtliche Kleider auf das Genaueste untersuchte, fand er keine« deffen Stoff zu dem Stückchen Zeug paßte, was er an dem Baumstamm gefunden hatte, als sie das Zimmer verließen, muhte er zugeben, daß er sich getäuscht hatte.
„Nichtsdestoweniger habe ich meine Zeit nicht ganz verloren," erklärte er, „ denn ich habe zwei Entdeckungen bezüglich dieser Frau gemacht, — ersten», daß fi« sehr vorsichtig ist und alle ihre Briefschaften vernichtete, und zweitens, daß sie auf eine Durchsuchung ihres Zimmers völlig vorbereitet war. Es trug die deutlichen Spuren, zu diesem Zweck in Ordnung gebracht worden zu fein. Ich will nun zunächst Miß Egerton sehen."
(Fortsetzung folgt.)