82. Jahrgang.

Erscheint täglich mit ««»nahm, der Tonn« und Festtage.

Preis vterteljLhrltch hier 1 mit Lräger« !«hn 1.S0 im veztrtt- und 10 Lw Bertehr I.Lb im Sbrigen Württemberg 1.85 MonatSabonnementr »ach Verhältnis

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I-rrrfprecher Av. SV.

Auflage 2600.

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^otArsche HleSerstcht.

Die Begeisterung über die Nord- «ud Ostsee-

Mbko««e« hat sich in der ausländischen Presse noch immer nicht gelegt. Das Wölfische Telegrapheubureau serviert immer neue Stimmen, die die neuenEntenten" in den höchsten Tönen preisen. Auch der französische Minister des Aeußern, Pichon, stimmt in dieses Konzert ein und er­klärt imPetit Paristen":Die Abkommen . . deren Unterzeichnung zweifellos noch vor wenigen Jahren nicht möglich gewesen wäre, «äffen in aller Augen als eine neue Schntzwehr des Friedens erscheinen und als ein zweifelloses Zeugnis für den Wunsch von sieben Mächten, also mehr als der Hälfte Europas, aus ihren Beziehungen jede Ge­fahr eines Zwistes zu entfernen. Frankreich, das vollständig für eine Politik internationaler Abkommen gewonnen ist, mußte diesen hervorragenden Friedenswillen seinen Beistand leihen."

Da- bayrische Ministerium de- Inner» ordnete eine Neufestsetzung der ortsüblichen Tagelöhne an, die mit den außergewöhnlichen Preissteigerungen nnd dem dadurch bedingten Steigen der Löhne begründet wird. Die neue Festsetzung soll schon am 1. Januar 1909 in Kraft treten. Eine gleich hohe Zahl von Arbeitgebern und Arbeitnehmern soll gutachtlich gehört werden, um zu einem möglichst ein­wandfreien Resultat zu kommen.

Di- sächsische WahlrechtSfrage wird noch in dieser Woche um ein Erhebliches gefördert werden. Die WahlrechtSdrputatiou der Zweite» Kammer tritt zusammen, um in namentlicher Abstimmung über die Regierungsvorlage zu entscheiden. ES gilt jetzt also, definitiv Farbe zu be­kennen. Die Finanzdeputalion hat beschlossen, der Kam­mer die Genehmigung zweier Forderungen von 4515000 und 2834000 ^ zur Vermehrung der Personen- und Güterwagen und der Lokomotiven und Tender zu empfehlen. Das sächsische Finanzministerium veröffentlichte eine Ver­ordnung über die Zahlung der Beamtengehälter usw. im Giroverkehr. Die sächsische Regierung ist also die erste in Deutschland, die zur Vermeidung unnötigen Geldumlaufs das Ueberweisurrgssysttm im Verkehr mir ihren Beamten einführt.

Di- -uglifch-japauifch- Fr-«»dschaft scheint in die Brüche gehen zu wollen. Die Londoner Blätter stellen eine zunehmende Verschlechterung in den Beziehungen Eng­lands zu Japan fest, die namentlich in dem Vorgehen Ja­pans in China ihre Ursache hat. Gar zu dicke Freundschaften find bekanntlich nie von großer Haltbarkeit.

Di- Lage i« Britisch-Judie» hat sich bedrohlicher gestaltet, alS eS zu Beginn der Unruhen den Anschein hatte. In dem bereits gemeldeten Gefecht gegen die MohmandS haben die Engländer sämtliche Truppen ausbieten müssen,

Die weiße Nelke.

Kriminalroman von I. Kaulbach.

(Fortsetzung.) (Nachdr. vrrb.)

N-««t-S Kapitel.

Nach lange« Erwägen, wie sie ihren schwierigen Plan am besten zur Ausführung bringen könnte, war Elisabeth zu der Einsicht gelangt, daß ihr Vorhaben doch nicht ohne die Hilfe einer in juristischen Dingen erfahrenen Persönlich­kett möglich sei. Die Umstände schienen ihr darin zn Hilfe zu kommen. Sie erinnerte sich, daß lange Zeit vor der unglückseligen Katastrophe, die so einschneidend für ihr Leben geworden war, eines TageS unter den einlaufendeu Geschäftsbriefen ihres BatrrS der Prospekt eines ErmttteluugS- und AuskanstSbureauS sich befunden hatte. Seydel hatte ihr das Schriftstück damals um deshalb mit Kopfschüttelu und Lächeln gezeigt, weil der Direktor dieses Instituts ein Freund ihres verstorbenen Bruders war; ein origineller Mensch, der beim Emporsteigcn zu seiner juristischen Karriere bereits vor dem .Assessor' abgestürzt war. Er hatte damals ge­schworen, daß keine Macht der Erde ihn wieder in die Hände der Examinatoren liefern sollte, er wollte sich lieber vorher erhängen. Und so hatte er, da ihm die Mittel zu Gebote standen, sich auf eigene Faust eine Existenz gegrün­det. Zu diesem Manne wollte Elisabeth gehen und ihn um seine Hilfe in der Sache bitten, die ihr jetzt einzig am Herzen lag.

ES wm ein schwüler Julttag, als Elisabeth ihren Gang autrat. Voll Wehmut gedachte sie Richards, als sie durch die sonnigen Straßen schritt. Sie wußte, wie sein Küustlerange dieses Helle Sonnenlicht liebte, das über Bäu-

Mittwoch dm 29. April

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die sie au der Nordwestgreuze zm Verfügung hatten. Ihre Verluste find auch nicht unbeträchtlich. ES wurden sieben Mann getötet, vier Offiziere und 28 Mann schwer, 19 Mann leicht verwundet. Die Verluste des Feindes werden auf 400 Manu geschätzt.

Nach Meldungen a«S Marokko geriet eine fran­zösische Abteilung im Gebiet der Medakra währmd einer Rekognoszierung in ein kleines Gefecht, in dem ein Unter­offizier getötet wurde. Aus KaSbah Benahmed meldet Ge­neral d'Amade vom Freitag, daß auf dem Gebiet der Archach Ruhe und Sicherheit hergestellt wurden. Zahlreiche Einge­borene hatten sich in die Berge geflüchtet, deren Abhänge von einer großen Zahl marokkanischer Reiter bedeckt waren. Die Marokkaner wurden zurückgetrieben. Nachmittags be­setzten die französischen Truppen die Anhöhen, worauf der Rückzug des Feindes in offene Flucht ausartete. General d'Amade meldet nur fünf Verwundete.

Der dritte Baud von Bi-«arck-Gedanke« «ud Eriuu-ruug-u".

Köl«, 27. April. Wie dieKöln. Ztg. aus zuver­lässiger Quelle erfährt, beruht die kürzlich von derTribuns" gebrachte sogenannte Enthüllung über den Inhalt des dritten noch unveröffentlichten Teiles der BiSmarckschev Gedanken und Erinnerungen durchweg auf Erfindung. Dies gilt im besonderen von den mitgeteilten Kapitelüberschriften des angeblich in Zürich befindlichen Manuskriptes, die sämt­lich Wort für Wort falsch sind. DmanS schon allein er­hellt, daß es sich nicht um eine Abschrift des echten Manns- lriptes handeln kann. Das Gleiche gilt von dem Einspruch des Kaisers usw. Der dritte Band befindet sich in sicherer Verwahrung. (Wie es s. Zt. hieß, im Depot einer eng­lischen Bank. D. R.) Seine Veröffentlichung kann auf Grund besonderer Vereinbarungen erst in späterer, heute noch unbestimmbarer Zeit erfolgen.

Zur Netch-fiuauzrefor«.

Bayer» wivkt ob.

Müuch-u, 28. April. In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer besprachen verschiedene Redner die Reichsfinanzrcform, worauf Finanzminister v. Pfaff er­widerte, darüber, daß die ReichSfinanzreform ein unabweis­bares Bedürfnis sei, bestehe Uebereinstimmuug. Ungedeckte Matrtkularbeiträge widersprächen jeder gesunden Finanz­politik. RetchSschatzsekretär Sydow habe bei seiner An­wesenheit in München ein förmliches Programm für die Finauzreform nicht mitgebrachl. Ueber die Einzelheiten seiner Unterredung mit dem Reichsschatzsekretär könne er keine Mitteilungen machen. Die in der Presse gebrachten Angaben darüber träfen nicht zu. Einer direkten Reichs­steuer werde Bayern unter keinen Umständen -»stimmen.

men und Büschen schimmerte. Wie mußte gerade er in der beengenden Kerkerhaft nach Freiheit lechzen!

Nach einer halben Stunde hatte sie das Haus erreicht, in dem daS Bureau des Mannes lag, von dem sie Rat und Hilfe erhoffte. Seit mehreren Jahren hatte sie ihn nicht gesehen. Mit einiger Beklommenheit zog sie die Glocke. Doch als ein Diener ihr öffnete, und sie die bevorstehende Unterredung nun unabwendbar vor sich sah, gewann sie ihre Sicherheit wieder und beauftragte den Diener vollkommen fester Stimme, daß er sie bei seine« Herrn melden möge.

Nach kurzer Zeit stand sie dem einstigen Freunde ihres Bruders in dessen Bureau gegenüber. Sie erkannte August Fluth sofort wieder; das war dasselbe farblose Gesicht mit den kleinen, schalkhaften, etwas kurzsichtigen Augen, die sie halb erfreut, halb erstaunt durch die Gläser des Klem­mers aublitzteu. Auch der sarkastische Zug um den Mund war nicht geschwunden, sondern eher etwas verschärft. In der Haltung seiner mittelgroßen, schmächtigen Figur lag etwas Energische-, Selbstbewußtes. Wie er da vor Fräu­lein Seydel stand, schien er auSzudrückeu:Sieh, das bin ich geworden aus mir selbst, ohne «ich um die langweilige Schablone zu kümmern, nach der die Beamten de- Staates gemacht werden."

Elisabeth reichte ihm herzlich die Hand. Der Eindruck, den sie von ihm gewann, war überaus günstig und vertrauen­erweckend.

Die ReichSfinanzreform müsse sich auf den Ausbau der

indirekten Steuern stützen. Wenn weitere Einnahmequellen nötig seien, so sei eine Ausdehnung der Erbschaftssteuer aus DeSzententeu der gangbarste Weg. Gegen die sogenannte Veredelung der Matrikularbeiträge müsse er sich aus prechen, well sie auf iudirecktem Wege einen Eingriff in die Steuer­gesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten bedeuten würde. Zur Zeit lasse sich daS EinkommeustemrergebuiS in den ein­zelnen Bundesstaaten wegen der Verschiedenheit der Steuer­gesetzgebung nicht vergleichen. (Mpst.)

VageL-Hleuigkeiten.

«,« Gtidt »ud Land.

Nagold, den LS. «prtl 1808.

Pustsache. Mit dem 30. April hört die für die UebergangSzeit gewährte Vergünstigung auf, wonach die nach den alten Tarifsätzen frankierten Briefpostsenduugeu des Orts- und Nachbarortsverkehrs nur mit demErgänz- uugSporto uachtaxiert werden. Ab 1. Mai kommt der volle Zuschlag für ungenügend frankierte Briefpostsendungen zur Anwendung.

Nützliche». In vielerlei Gestalt bietet die wieder­erwachte Natur ihre Schätze dar, Md achtlos geht der Mensch oft au ihnen vorüber. Es ist deshalb wohl ange­bracht, auf einige von der Natur in reichem Maße hervor­gebrachte Pflanzen hinzuwelseu, die meist unbeachtet Vor­kommen, für viele Arme und Reiche aber ein willkommenes Gemüse darstellen. ES find dies die jungen Brenneffeln und ferner die Blätter des bekannten Löwenzahns, die beide ganz wie Spinat zubereitet, eine höchst erquickende Mahlzett bilden. Dieser Hinweis dürfte zumal in diesem Jahr sehr wertvoll sein, well infolge der naßkalten Witterung daS Wachstum noch sehr zurück ist und Frühjahrsgemüse noch sehr selten find. Nur ist z« beachten, daß die Blätter des Löwenzahn- genommen werden müssen, bevor die Pflanze blüht, da sie sonst bitter schmecken. Ferner sei darauf htu- gewieseu, daß die Brenueffelu wohl an der Hand bei der Zubereitung brennen, nicht aber, wenn sie gekocht find. Mau benütze vielleicht bei« Abschneiden Md Zubereiten der Nesseln ein Paar abgelegte Handschuhe. Zum Schluß sei darauf aufmerksam gemacht, daß die jungen Blätter der Erdbeer- pflauzen, der Himbeer-, Johannis- und Stachelbeerstandeu in getrocknetem Zustande einen Tee liefern, der dem chinesischen wenig Nachsteht. _

t. Ebhause«, 28. April. Am letzten Sonntag stattete der hiesige Brzirksschwarzwaldvereiu de« Leinacher Verein, der vor 6 Wochen hieher einen Ausflug «achte, einen Gegenbesuch ab. Der Verlauf des Ausflugs war durchaus befriedigend. In einer Stärke von 17 Manu waoderte der Verein über Ebershardt, Wenden, Oberhaugstett, LiebelSberg,

Ehe ich Ihnen den Zweck meines Besuches erkläre," fuhr Elisabeth liebenswürdig fort,müffeu Sie mir ein wmig von Ihrem Leben erzählen; Sie können sich denken, daß ich Anteil daran nehme; ich habe nie vergessen, daß Sie meines lieben Bruders Freund waren."

Danke, danke," fiel August Fluth ihr schnell ins Wort,jeder noch so dünne Faden, der von dem Einst in das Jetzt hineinreicht, ist von Wert für mich. Bon meinem Leben «ollen Sie hören?"

Er schlug mit der Hand durch die Lust.DaS kann ich Ihnen in aller Kürze vorführeu. Also erstens: Flucht vor de« Trümmerhaufen meiner Carriere nach Amerika. Zweitens: dortige Irrfahrten und Abenteuer des August Fluth. Drittens: Rückkehr in solide Verhältnisse und Auf- bau eine» eigenen ZukuuftSstaateS aus den der Vergangen­heit entnommenen Erfahrungen. DaS ist «ein ganzer Ro­man. Verzeihen Sie, daß ich es offen sage, gnädiges Fräu­lein, von allen Ereignissen, die mich tu meiner Laufbahn öfter zu überraschen pflegten, hat mich kein- so in Erstaunen gesetzt, wie Ihr Besuch heute. Haben Sie vielleicht auch vor, durch irgend etwas Außergewöhnliches deS Dasein- Einerlei zu unterbrechen? Mein äußerer und innerer Mensch steht Ihnen in seinem ganzen Umfang zu Diensten."

Ich danke Ihnen herzlich," versicherte Elisabeth warm; ach, die Sache, in der ich Ihre Hilfe beanspruche« möchte, ist schwerer, als Sie denken." (Fortsetzung folgt.)

Wie lange habe ich Sie nicht gesehen!" sagte sie, in­dem sie sich neben ihm auf den Sitz niederließ.

Ja," erwiderte er «tt halbe« Lachen,lange genug, um für die Menschen hier zu Lande zur Vergangenheit ge­worfen zn werden; um so mehr bin ich erstellt, daß Eie sich meiner gütigst erinnern," fügte er schnell und mit einem Versuch von Verbindlichkeit hinzu.

«»»deuMrggrudorfrr-vlätter». Unterschied. Nicht,» (zn ttner Zeugin): .Ledig oder verheiratet?" (Zeugin seufzt.) Nicht« (diktiert): .Ledig!" (Nach ein«» Viertelstunde.) Richter (»u eine« Zeugen): .Ledig oder verheiratet?" (Zeuge seufzt.) Richter (diktiert): .«erheiratet!" Ttoßseufzer. Ehemann (von den Verbesserungen der Luftschtffahrt lesend):>ch Gott! Wie kurz« Zeit nur wird »< noch dauern, daß meine Frau auch ein Luftschiff haben will!"