«1« Jahrgang.

Auflage 2600 .

Erscheint täglich mit Ausnahme der Tonn- und Festtag«.

Preis vierteljährlich hl» 1 mit Träger« !»hu 1LV t« veztrlS« und 10 L»-«erkrhr l.LS im übrige» Württemberg 1LS MouatSabonnemeutS »ach «erhält«».

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IsevnfpvecHer Ar. LS.

Mernsprecher Ar. LS.

Anzeigen-Gebühr f. d. ispalt. Zeile a»S gewöhn!. Schrift ober deren Raum bei Imal» Einrückung 10 7t» bei mehrmalig« entfprecheud RabaU.

Mit de« Plauderftübche» und

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Magold, Dienstag den 26. Movemöer

1S07

Amtliches.

Den Ortspolizeibehörden

werden mit heutiger Post die zur Durchführung der Ver­fügung des K. Ministeriums des Innern betr. den Rad­fahrverkehr, v. 29. April 1907, Reg.-Bl. S. 195, erforder­lichen Formulare

1. Titel- und Einlagebogen zu den fortlaufenden Ber- zeichniffen über die ansgestellten Radfahrkarten,

2. Radfahrkarten zugesandt.

Ein etwaiger späterer Bedarf ist dem Oberamt an­zuzeigen.

Nagold, den 25. Nov. 1907. K. Oberamt.

_I. V. Mayer, Reg.-Asf.

Der Leutnant KraiS (Wilhelm) im Infanterie-Regiment Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 12S wird auf sein Gesuch zu den Reserveoffizieren des Regiments ütergesührt.

Dec Leutnant Freiherr v. Gült! in gen der Reserve de» Dragoner-RegimentS König Nr. 26 (Stuttgart), wurde zum Ober­leutnant befördert.

Komische HleSerficht.

Das wiirttembergische Finanzministerium hat

eine Verfügung erlassen, nach welcher den Baugenossen­schaften, in denen wiirttembergische Staatsbeamte und Staatsarbeiter die Mehrheit bilden, staatliche Darlehen unter Garantieleistungen gewährt werden sollen, um gesunde zweckmäßig eingerichtete Wohnungen für minderbemittelte Familien zu bauen. Für die Bewilligung ist das Finanz­ministerium zuständig.

Die badische« Nationalliberalen haben ihre An­fichten über die Stellungnahme zur Sozialdemokratie in SachenGroßblock" einer Wandlung unterzogen. Ihr offizielles Organ, dieBad. Landesztg.", erklärt in einem längeren parteioffiziösen Artikel, bei den Nationalliberalen sei eine prinzipielle Geneigtheit, das Großblockexperiment im Jahr 1909 zu wiederholen, nicht vorhanden. Der Ar­tikel legt entschieden die Forderungen der Linksliberalen ab, eine weitausschauende Politik der Annäherung des Libera­lismus an die Sozialdemokratie zu betonen. Es hat den Anschein, als ob die im Reich geübte Blockpolitik bei dieser veränderten Stellungnahme nicht ganz ohne Einfluß geblieben ist.

Ueber die kommende Polenvorlage macht die Köln. Ztg." bereits eingehende Mitteilungen. Danach werden die zu erwartenden Forderungen über den Betrag von 250 Millionen Mark noch hinausgehen. Die Zahl der jährlich angesetztcn Ansiedler war im letzten Jahr doppelt so groß als unmittelbar nach 1902; dadurch sind die damals bewilligten 250 Millionen schneller aufgebraucht worden als erwartet war. Es kommt hinzu, daß in den letzten zwei Jahren durch Umwandlung des vorhandenen deutschen Bauernbefitzes in Rentengüter neue, große, viele Mittel erfordernde Aufgaben erwuchsen. Die erforderlichen Mittel solle» auch diesmal durch Anleihen gedeckt werden. Da die Anftedelungskommisfion am Ende ihrer Mittel ist,

wird für eine schnelle Verabschiedung der Vorlage Stimmung gemacht.

Mit der Anmatznng der österreichischen Kle­rikale« beschäftigte sich nun auch eine Vollversammlung der deutschfreiheitlichen Parteien. Man nahm eine energi­sche Protestresolution an, die dem Ministerpräsidenten über­reicht wurde. Infolge der entstandenen Erregung macht sich bei den Christlich-Sozialen und besonders auch bei Lueger selbst eine Verschüchterung bemerkbar. Lueger richtete an die Univerfitätsprofessoren einen offenen Brief, nach dem er seine Ausführungen auf die freie Forschung und die voraussetzungslose Wissenschaft gar nicht bezogen haben will. Er habe sich nur gegen die Skandalszenen an die Universitäten gewendet. Die Angelegenheit ist übrigens geeignet, das Bündnis zwischen den Deutschfreiheitlichen und den Christlich-Sozialen zu sprengen. Die Entscheidung hierüber dürfte schon bald fallen.

Anch Portugal hat jetzt ein nettes kleines Bornbenaffärche«. Vor einigen Tagen erfolgte in einem Haus in Lissabon eine Sprengstoff-xplosion, bei der zwei angesehene Aerzte getötet wurden. Im Verlauf der Unter­suchung wurde dann ein Marineoffizier verhaftet. Alle 3 fertigten Bomben an, welche bei einer Demonstration gegen den Thron und die Regierung am 2. Januar gebraucht werden sollten. In dem Haus, wo die Explosion erfolgte, wurde eine große Menge fertiger Bomben im Keller ent­deckt. Eine halboffizielle Note besagt, der Ministerrat sei einberufcn, um über die durch die politische Krisis geschaf­fene Lage, sowie den obigen alarmierenden Vorfall zu be­raten.

Amtliche Meldungen ans Marokko stellen fest daß Abdul Asts dem Kriegsminister befohlen habe, 500 Mann von Tanger nach Mazagan zu senden. Sie sollten in Rabat Halt machen. Dort würden 500 Mann Verstärk­ungen zu ihnen stoßen. Die Truppen sollen die Stadt, die noch in der Macht Mulay Hasids ist, besetzen oder sie nötigenfalls belagern. Dadurch soll Mulay Hafid endgültig außer Verbindung mit der Außenwelt gesetzt werden. Die Häfen haben sich alle wieder für den Sultan erklärt. Der französische Kriegsminister teilt Mit, daß infolge der Besserung der Lage die großen Panzerkreuzer gegen den 1. Januar nächsten Jahres in Marokko durch Schiffe von ge­ringerer Größe ersetzt würden.

Die Bereinigten Staate« von Nordamerika haben als Gegenleistung für die Ueberlassung einer Kohleu- station usw. in den mexikanischen Gewässern den mexikani­schen Kriegsschiffen das Recht eingeräumt, in den amerika­nischen Gewässern nach freiem Belieben Kohlen einzunehmen.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 23. Nov.

Eingegangen sind eine Interpellation über die Lebens­mittel-Teuerung sowie zwei Interpellationen Albrecht und Arendt-Labiau über die hohen Kohlenpreise; Vertrag

mit den Niederlanden betr. Unfall-Versicherung. Der

Vertrag will mit der Maßgabe der Gegenseitigkeit ver­hindern, daß deutsche Arbeiter, die für deutsche Unternehm, ungen vorübergehend in den Niederlanden tätig stud, der Unfall-Versicherung sei es gar nicht, sei es doppelt (dort und in Deutschland) unterliegen.

Janck (natl.) begrüßt die Vorlage.

Stadthagen (Soz.) kritisiert unsere Unfallversicher­ungs-Gesetzgebung. Redner schließt mit dem Anträge aus kommissarische Beratung der Vorlage.

Ministerialdirektor Gaspar bittet, hievon abzusehen im Interesse eines beschleunigten Zustandekommens des Ver­trages. Weiter verteidigt Redner die deutsche Unfallver­sicherungs-Gesetzgebung. Nach weiterer längerer Debatte wird die Vorlage mit großer Mehrheit an die Kommission von 17 Mitgliedern verwiesen.

Majestätsbeleidignngs-Borlage.

Staatssekrekretär Nieberding: Der vorliegende Ent­wurf wolle überleiten zu einem Strafgesetzbuch einer nahen Zukunft, denn er glaube, die Vorarbeiten zu einem Straf­gesetzbuch würden schon im Laufe des nächsten Sommers zum Abschluß kommen. Die verbündeten Regierungen hoff­ten, daß dieser vorläufige Entwurf die Gefahr vermeide» werde, daß viele Majestätsbeleidigungsprozefse und die in ihnen ergehenden Urteile im Widerspruch ständen mit dem Volksempfinden. Dieses Gesetz werde hoffentlich nach zwei Richtungen hin wirken, einmal, indem es die Gerichte von Vorurteilen entlaste, die dem Volksempfinden widerstreben, in dem Volk das Vertrauen zu den Gerichten stärken und zweitens werde es auch beitragen zur Stärkung des inneren Friedens.

Giese (kous.) begrüßt die Vorlage. Doch könne ihn dies nicht verhindern. Bedenken gegen einen Teil der Vor­lage zum Ausdruck zu bringen. Redner beantragte schließ­lich Ueberweisung der Vorlage an eine besondere Kommission.

Träger (frs. Vp.) gibt seiner Freude Ausdruck über die Bemerkung des Staatssekretärs, daß die Vorarbeiten zur allgemeinen Strafrechtsreform schön in nächster Zeit zum Abschluß kommen werden. Was die gegenwärtige Vorlage anlange, so herrsche wohl darüber allgemeine Ueberein- stimmung, daß dem Uebel der Ueberhandnahme der Maje-

Brunstermaun (Rp.): Seine Freunde stimmen der Verweisung der Vorlage an eine Kommission zu.

Osann (natl.) wünscht einige Abänderungen und wendet sich noch gegen die eventuelle Anwendbarkeit deS Abschnittes 14 des Strafrechts.

Kirsch (Ztr.) weist in seinen Aussühruvgen besonders darauf hin, daß ja ein ganz neues Moment durch die jetz­ige Vorlage in die Strafrechtspflege eingeführt werde, wenn man, obwohl für die Majestätsbcleidigungen eine 6- monatliche Verjährungsfrist eingeführt werde, dennoch nach Ablauf der 6 Monate Strafverfolgung auf Grund des Abschnittes 14 etntreten lassen wolle. Immerhin sehe er mit seinen Freunden in der Vorlage eineu Fortschritt.

Heine (Soz.): Wenn der Entwurf nicht erheblich ver­bessert würde, würden seine Freunde ihn ablehnen.

«

Die Muren Kulturträger in Südafrika?

Ein hartes Urteil fällt Prof. Passarge über die Buren iu seiner soeben erschienenen Landes-, Volks- und Wirtschafts- kunde Südafrikas, das wegen seiner Bedeutung für die Zu­kunft des Landes von größtem Interesse ist. Er schreibt:')

Anthropologisch sind die Buren echte und rechte Nach­kommen der ausgewanderten Holländer, Niedcrsachsen und Hugenotten. Es find große, muskelstarke Leute, rechte derbe Bauern mit allen Fehlern und Vorzügen germanischer Bauern behaftet, d. h. schwerfällig, konservativ und eigen­sinnig, am althergebrachten hängend, aber schlau und prak- üsch, kurzsichtig, aber zähe, zielbewußt, von unerschütterlicher Ruhe und Ausdauer. Sie sind so ziemlich in allem und jedem das Gegenteil der südafrikanischen Eingeborenen. In A Natur des Landes haben sie sich aber mit wunderbarem Geschick hineingefunden und ihre Kultur der Natur des Landes angepaßt. Daß diese Nachkommen der alten Ba­taver und Sachsen in dem Kampfe mit den Engländern unterlagen ist wesentlich ihren Charaktereigenschaften als Bauernvolk zuzuschreiben, vor allem aber auch den Ver­änderungen, die cas Burenvolk auf afrikanischem Boden durchgemacht hat.

Der Gesundheitszustand der Buren ist nämlich durch-

') AuS .Passarge» Südafrika, »ine Lande»-, Volks- und Wrrtschastskunde * 367 S. mit 47 Abbildungen und 34 Karten In Originalband 8 ^ Da» Werk dürfte un» die erste »usammrnfas. sende Darstellung Südafrika» bieten

aus nicht glänzend. Bei der großen Höhenlage, der Hitze und Trockenheit der Luft wirkt nämlich das Klima auch ohne Malaria auf den Europäer auf die Dauer ungünstig ein. Man wird schlaff und phlegmatisch, zumal das Herz stark in Anspruch genommen wird. Daher wird man bei schwerer körperlicher Arbeit sehr schnell herzkrank. Das hat der jetzige Krieg in Südwestasrtka zur Genüge gezeigt. Außerdem ist aber die Nervosität eine ganz auffallend große, und diese mag neben dem Klima auch bedingt sein durch die hauptsächliche Fletschnahrung und den unglaublichen Konsum von Kaffee. Das Kaffeetrinken dürfte aber wieder­um damit Zusammenhängen, daß man instinktiv das Bedürf­nis fühlt, die erschlaffende Herztätigkeit anzuregcn.

Aber nicht nur körperlich hat die germanische Raffe in Südafrika gelitten, sondern auch geistig und moralisch. Auf die geistige Entwicklung mag der öde Steppencharakter der Oranjehochebene ungünstig eingewirkt haben infolge der Ein­tönigkeit und Gleichartigkeit der Eindrücke. Viel schlimmer aber ist der demoralisierende Einfluß, den das Zusammen­leben mit den unterworfenen Raffen ausübt. Denn einmal gewöhnt man sich bekanntlich sehr leicht daran, den Herren zu spielen, bei jeder Gelegenheit die schwarzenSchepsels", wie man die farbigen Bedienten nennt, zur Arbeit zu kom­mandieren, auch da, wo es eine Kleinigkeit wäre, selber Hand anzulegen. Dadurch werden schon von Kind auf eine gewisse Faulheit und Hochmut anerzsgeu. Noch viel schlimmer aber ist der Einfluß auf die Heranwachsenden Kinder. ES ist ja eine bekannte Erscheinung, daß den Kindern nur all­mählich und meist unter gelindem Zwang die Tugenden

anerzogen werden, und daß mau vor allem bemüht sei« muß, die Jugend von schlechtem Umgang und bösen Bei­spielen fern zu halten. Wie schnell werden Untugenden an­genommen und wie langsam wieder abgelegt! Die in Süd­westafrika aufwachsenden weißen Kinder werden in der Regel halbwüchsigen, schwarzen Jungen oder Mädchen über­geben, die die Rolle von Kindermädchen spielen, und es ist ganz natürlich, daß die farbigen Dienstboten auf die mora­lische Entwicklung der Kinder einen großen, in den vielen Fällen sogar den größten Einfluß ausüben. So lernen diese die schlechten Eigenschaften jener sehr früh kennen und nehmen sie an, wie z. B. das Lügen, Betrügen, Stehlen, Bestechlichkeit, Faulheit, Uufittlichkeit. Sind dies schon alle» Eigenschaften, die die Schwarzen im Verkehr unter sich zeigen, so hört bei ihnen gewöhnlich jede Moral auf, sobald es sich um einen Weißen handelt, und schwarze Kinder, die in den Dienst von weißen Europäern treten, werden von ihren Eltern geradezu augehalteu zum eigenen Vorteil ihre Herren möglichst zu betrügen und möglichst wenig zu arbeiten.

Wenn es ja auch selbstverständlich zahlreiche Familien gibt, so vor allem in den besser situierten Kreisen, die die aufwachsendeu Kinder, von den eben geschilderten schlechten Einflüssen mit Erfolg fervzuhalten suchen, so läßt es sich doch nicht leugnen, daß bei der großen Masse der Buren die farbigen Dienstboten einen sehr verhängnisvollen Ein­fluß auf die Heranwachsende Jugend ausüben, namentlich bei den Buren auf dem Lande. So läßt es sich denn leicht erklären, daß die Buren moralisch auf so einer tiefen Stufe stehen. Der Krieg mit dm Engländern hat so recht