eine der wichtigsten dabei in Betracht kommenden Fragen die Richtlinien im Sinne der Blockpolitik schon jetzt vor- zuzetchnen, weil dadurch sicher und zwar auch in bezug auf die oben erwähnten gesetzgeberischen Aufgaben der Weg in sehr erwünschter Weise geebnet wird.
Diese eine Frage ist die der Branntweinbesteuerung. Der linke Flügel des Blocks legt entscheidendes Gewicht darauf, daß bei der Beschaffung weiterer Deckungsmittel für den Reichsaufwand die Branntweinsteuer in erster Linie in Betracht gezogen und insbesondere vor der sogenannten Liebesgabe nicht Halt gemacht wird. Die agrarische Rechte legt umgekehrt ebenso entschieden Wert darauf, daß bei einer Aenderung der Branntweinbesteuerung die Interessen der Landwirtschaft gewahrt werden, insbesondere die Existenz- fähtgkeit der landwirtschaftlichen Brennereien und des Kartoffelbaues erhalten bleibt. Der Weg, bei voller Wahrung dieser Interessen einen höheren Ertrag aus der Branntweinsteuer zu gewinnen, ist nicht so schwer zu finden, als es auf den ersten Blick scheint. Die Spirituszentrale ist in dieser Hinficht ein guter Wegweiser.
Ist der linke Flügel des Blocks sicher, daß ein angemessener Teil der zur Saniernng der Retchsfinanzen noch erforderlichen Deckungsmittel aus dem Branntwein gewonnen werden soll, der agrarische Flügel ebenso, daß dabei die Lebensinterefsen der Landwirtschaft gebührend berücksichtigt werden, so wird sicher beiden Teilen das Entgegenkommen bei den auf der Tagesordnung stehenden 'gesetzgeberischen Fragen beträchtlich erleichtert. Dies gilt namentlich von dem rechten Flügel, dem weitaus die größten Konzessionen angesonnen werden. Solange über ihm das Damoklesschwert einer schweren Gefährdung der landwirtschaftlichen Interessen bei der Branntweinsteuer schwebt, wird es auch sehr schwer halten, die Agrarier vor der Versuchung eines Zusammengehens mit dem Zentrum zur Abwehr einer solchen zu bewahren.
Vorteilhaft für die Blockpolitik ist ohne Zweifel die Aenderung in der Leitung der Sozialpolitik des Reiches. Die in weiten Kreisen der Arbeitgeber, namentlich auch der Großindustriellen gegen diese Politik herrschende Mißstimmung rührt weniger von dem her, was auf diesem Gebiete geschehen ist, sondern wie dies geschah. Weit davon entfernt, die Arbeitgeber zu fruchtbarer Mitarbeit an der Sozialgesetzgebung heranzuziehen, habe man sie geflissentlich unbeachtet gelaffen und sie und ihre Interessen als garmtit« nsAliAsadls behandelt. Die Folge davon sei, daß öfter bei sozialpolitischen Vorschriften zum Wohle der Arbeiter, die von der großen Mehrzahl der Betriebe zwar ohne allzuschwere Unzuträglichleiten durchgesührt werden konnten, einer Minderzahl und zwar gerade den schwächeren Betrieben aber die größten Schwierigkeiten bereiten, die Zulassung der im Jntereffe dieser Minderzahl erforderlichen Ausnahmen v'rabsäumt wurde. Vor allem aber sei das verbitternde Gefühl hervorgerufen, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht mit gleichem Maß gemessen, die Interessen dieser vielmehr einseitig ohne Rücksicht auf jene berücksichtigt würden. Hier wird der neue Leiter des Reichsamtes des Innern unschwer, ohne die Intensität der sozialresormatorischen Tätigkeit des Reiches zu beeinträchtigen, den Arbeitgebern entgegenkommen können. Die geplante Einführung von Arbeitskammern und des Zehnstnndcntages für Frauenarbeit ! in der Industrie bieten Gelegenheit, die Arbeitgeber zur Mitarbeit heranzuziehen. Eine solche Wendung kann der Blockpolitik nur förderlich sein.
Auch die an sich allein Preußen angehende Frage des preußischen Wahlrechts wird den Reichstag beschäftigen dank der Absicht der Sozialdemokraten, die zwangsweise Einführung des Reichswahlrechts in allen Bundesstaaten zu beantragen. Dieser Vorstoß wird, wie andere solche von dieser Seite, allein von taktischen Rücksichten diktiert. Selbst, wenn der Reichstag sich verleiten ließe, den Sozialdemokraten auf den Leim zu gehen, wäre ein praktischer Erfolg völlig ausgeschloffen. Das wissen die Sozialdemokraten selbst. Sie bezwecken aber entweder die Freifinnigen für ihren Antrag zu gewinnen und so in den schärfsten Gegensatz zur Regierung und dm Konservativen, zu briugm, um so den Block zu sprengen, oder aus einem ablehnenden Votum, wie es seitens der Freisinnigen Volkspartei nach dm Aeußerungm auf ihrem Parteitage sicher zu erwarten
richtete Zollstätten, während bisher der Handel mit den auswärtigen Staaten Regierungsmonopol war, und trat besonders mit Frankreich in diplomatischen Verkehr, sodaß sogar eine marokkanische Gesandtschaft am Hofe Napoleons I erschien.
Trotzdem war die Bevölkerung des Landes unruhig nnd ... war besonders nicht zufrieden mit dem freundlichen Verkehr
!> , gegenüber dm Fremden, so daß sein Nachfolger, Mulei
Abd-er Rahman, der von 1822—1859 regierte, im Anfang einm sehr schweren Stand hatte. Wegen Kaperung eines Schiffes entstand 1828 ein Konflikt mit Oesterreich, welches die beiden Hafenstädte Arfila und Larache bombardierte, am Lande aber nicht festen Fuß fassen konnte. DE wurden Handelsverträge mit Oesterreich, Sardinien, Sizilien und Nordamerika abgeschlossen.
(Fortsetzung folgt).
A«s de» Meggeudorfrr Blätter«. Gewissenhaft. Richter: „Wie kommen ?ie da,u, Ihrem Arbeitskollegen einen Ziegelstein auf den Kopf fallen zu lasten?' Maurer: .Feierabend hat'S grad g'läut', Herr Richter.' Kleiner Irrtum. — .Erna steh nicht soviel vordem Spiegel, putz Dich nicht soviel!' — .Aber. Mama. Du erzähltest neulich doch. Du hättest alS junge» Mädchen einen ganzen Putz-Kursu» durchgemacht' Ahnung. A. (besten strau im Bad« ist) .Ich bin ganz verzweifelt: meine Frau schreibt sonst jeden Tag, aber heute ist kein Briet gekommen!' B : »Nun, rin Unglück wird nicht gleich passiert sein!' A.: »DaS weniger . aber ich fürchte, sie kommt selbst!'
ist, Wirksame Agitationsmittel gegen Freisinn und Zentrum namentlich bei den diesen Parteien folgenden Arbeitern zu erlangen. Nach der Geschäftsordnung des Reichstages kann der sozialdemokratische Antrag schwerlich früher als bei der zweiten Lesung des Etats zur Verhandlung kommen, voraussichtlich also nach der Verhandlung der Wahlrechtsfrage im Abgeordnetmhause. Gelingt es durch sachgemäßes Zusammenwirken der Regierung und der Blockparteien, die bei dieser Verhandlung unsraglich mögliche Gefährdung der Blockpolitik zu verhüten, so wird auch der sozialdemokratische Vorstoß im Reichstag zu einer solchen nicht führen.
Wenn es so nicht allzuschwer ist, zu ergründen, wie bei den verschiedenen Aufgaben der nächsten Reichstagssesston vom Standpunkte der Blockpolitik aus zu verfahren sein wird, so würde es doch verkehrt sein, es darauf ankommen zu lassen, von Fall zu Fall den richtigen Weg zu finden. Denn die Verständigung über die im einzelnen Fall einzuhaltende Linie hängt, wie die vorstehende Darlegung deutlich erkennen läßt, in vielen, ja in den meisten Fällen von der Vereinbarung der Lösung anderer Frage» ab. Ueberwiegend ist es im einzelnen Falle allein an dem einen der beiden Flügel des Blocks, dem andern entgegenzukommen, die Gegenleistung ist auf anderem Gebiete zu suchen und zu gewähren. Bei dieser Lage der Dinge erscheint eS rötlich, wenn nicht gar notwendig, die nächste parlamentarische Kampagne nach einem festen zwischen der Regierung und den Führern der Blockparteien im voraus vereinbarten Feldzugsplane zu führen. Eine solche Vereinbarung ist der Natur der Sache nach eine recht schwierige Aufgabe, aber für einen Staatsmann von so oft bewährten tattischen Geschick wie Fürst Bülow keineswegs unlösbar und zweifellos des Schweißes der Edlen wert.
Wolitische Hleberficht.
Ueber die Beziehungen zwischen Dentschland nnd England veröffentlichen die Leipziger „Grenzboten" einen beachtenswerten Artikel, in dem es u. a. als ein unleugbarer Triumph der englischen Diplomatie bezeichnet wird, daß es gelang, das jahrelange Mißtrauen Rußlands zu überwinden und einen Vertrag mit diesem Land zu schließen. Weshalb sollte es, so folgert der Artikel hieraus, da nicht gelingen, auch einen Vertrag zwischen Großbritannien und Deutschland zustand zu bringen, bei dem nicht entfernt solche Reibungsflächen zu überwinden seien, wie es bei Rußland der Fall war? Allerdings müßte England die einzige Bedingung, die wir dabet stellen, zu erfüllen bereit sein. Diese Bedingung sei der Beitritt der Vereinigten Staaten von Amerika zu allen etwaigen deutsch-englischen Abmachungen. „Es ist klar", heißt es weiter, „daß die Union für unsere ganze politische und wirtschaftliche Zukunft mindestens ebenso wichtig ist wie Großbritannien, das sich, wie man auch immer die Dinge wenden will, seit Jahren mit bewußter Absicht zwischen Deutschland und Amerika gestellt hat. Auch jetzt ist lediglich der drohende amerikanischjapanische Konflikt der Grund für eine Annäherung Großbritanniens an Rußland und Deutschland gewesen. Der Prüfstein für die Echtheit der britischen Freundschaftsgefühle gegen uns ist also die Beteiligung der Vereinigten Staaten von Amerika an allen Vereinbarungen, denn wir dürfen unter keinen Umständen durch etwaige englisch-deutsche Verträge in die Lage versetzt werden, etwas zu tun, was den Vereinigten Staaten unangenehm, Großbritannien aber erwünscht wäre. Deutschland, Amerika und England gehören gemeinsam der germanisch protestantischen Welt an, die in den letzten Jahrhunderten siegreich die romanisch-katholische überwunden und in der Neuzeit völlig in den Schatten gestellt hat. Es ist das eigenste Verdienst unseres Kaisers, der mit dem eisernen Pflichtgefühl der Hohenzollern den Blick des Genius vereint und die Zeichen seiner Zeit zu deuten weiß, die Wichtigkeit nicht nur Amerikas, sondern auch Englands für die Zukunft unseres Vaterlandes erkannt und allen Volksströmungen zum Trotz sich diese Ueber- zeugung bewahrt zu haben.
Eine auf der Insel Formosa in japanischen Diensten stehende Kompanie chinesischer Soldaten hat revoltiert. Die Leute ermordeten 63 Japaner, Poltzeibeamte«
Englisch-deutsche Freundschafts-Schnalzer.
Jess liegen sich German ^nä der John Bull Meder in Armen,
Idat ls vonävrkül!
Oll ^68! Juche! Duliöh! ^88!
Vor ganzer rvorlä sain In lovs sie veraint,
8^ ßvä, uo findet Man bessere krsinä!
Ob 5«8! Juche! Dnliöh! V«8!
äsnrvat!" — so flöten Sie zärtlich all Baid',
Uie Uind sain verflogen Der Strait snä der Naid!
Ob ^88! Juche! Duliöh!
Sie uollen behalten In Zukunft sich lieb —
Oh, uenn es nur uirklich Auch alva^8 so blieb!
Ob ^«8! Juche! Duliöh! ^88!
(Münch. Jugend.)
kluwpucküiLß:.
Md Zivilisten, unter letzteren mehrere Frauen und Kinder. Nach der Tat entflohen sie in eine unbewohnte Gegend.
Eine albanesische Bande hat in zwei griechischen Dörfern mehrere Morde verübt, zahlreiche Gutshöfe geplündert, Viehherden geraubt, fünf Frauen aus Palichori entführt und andere Ausschreitungen begangen. — In einer neuen Zirkularnote an die Mächte wendet sich die Pforte auch gegen die griechischen Banden und bittet um energische Vorstellungen in Athen. Wegen der Untaten bulgarischer Banden beschloß das ökumenische Patriarchat eine Note an die Botschafter, in der v. a. gesagt wird, daß die seitens der Kabinette gegenüber den Bulgaren bisher geübte Nachsicht eine Folge irriger Informationen sei und die bulgarischen Banden kühner gemacht habe.
I« Marokko haben wieder die Waffen zu sprechen begonnen. Am Freitag hat in der Umgebung von Mogador ein Gefecht stattgefunden, in welchem die Streitkräfte der Anflus die Mahalla Mulay Haftds schlugen und ihr starke Verluste an Toten und Verwundeten beibrachten. Die Mannschaften Mulay Hafids flohen unter Hinterlassung ihres Gepäcks, ihrer Toten und ihrer Verwundeten. — Daß es mit der vom französischen Minister Pichon gerühmten Sicherheit seit Landung der französischen Truppen nicht gar weit her ist, beweisen die folgenden beiden Meldungen: Plünderer aus Muldhamino im Gebiet eines unterworfenen Stammes hielten 7 Kilometer von Casablanca eine große Karawane an und beraubten sie. Zwischen Ceuta und Tetuan hat der Brigant El Valiente, ein zweiter Rai- suli, zwei Europäer, einen Franzosen und einen Spanier, gefangen genommen. — Die spanischen Truppen haben begonnen, Casablanca zu räumen. Zunächst ist die Kavallerie nach Spanten zurückgekchrt; Major Ollala ist nach Tanger abgereist.
Gagos-Hleuigkeilen.
Aus Stadt Md Land.
Nagold, 20. November.
* Wie Wird der Winter? Im Jntereffe unserer ärmeren Bevölkerung, die fo schon sehr hart angelegt ist durch hohe Brot-, Milch- und Fleischpreise, bekümmern wir uns mehr als sonst um obige Frage. Wie wir nun aus den meteorologischen Beiträgen verschiedener Zeitschriften als Zusammenfassung sagen können, dürfte die Wahrscheinlichkeit eines milden Winters wesentlich größer als die eines kalten sein; auch dürfte mindestens für die Zeit bis Weihnachten strenge Kälte schwerlich zu erwarten sein. Sicheres läßt sich freilich nicht sagen; aber angesichts der Lebensmittel- und Kohlenteuerung wäre es doppelt erfreulich, wenn für den ganzen Winter dieMahrscheinlichkeitsprognose zuträse.
* Von de« tierische« Schädlingen der Obst-
bä«me tritt jetzt, wie uns gemeldet wird, anch die Blutlaus auf. In Fritz Möhrlins „Jahr des Landwirts" heißt es darüber: Ein Insekt, welches die Apfelbäume belästigt, ist die Blutlaus, die sich in großer Zahl in den Wunden und Riffen derselben ansiedelt, von rötlich brauner Färbung und hinten mit Wollhaaren bedeckt ist. Beim Zerdrücken hinterläßt dieselbe einen roten Fleck. Da sich die Blutläuse allmählich immer weiter ausdehnen und den Baum krank machen, muß ihre Verfolgung eifrig betrieben werden, indem man sie solange sie in Haufen beisammensitzen, mit steifen Bürsten zerdrückt und die betreffende Stelle mit einer starken Lösung von Schmierseife abbürstet, stark befallene Neste ynd Zweige abschueidet und verbrennt. Bei großer Verbreitung ist die Vertilgung schwierig; es ist deshalb keine Zeit zu versäumen, sobald man, wie eben jetzt, ihr Auftreten bemerkt. (Näheren Aufschluß erhält der Baumgutsbesitzer durch das Büchlein „Die Schädlinge des Obst- und Weinbaus" von H. v. Schilling (13 Abb. und 2 Farbentafeln. Preis 1 50. Vorrätig in der G. W.
Zaiser'schen Buchhdlg.)_
Parlamentarische Nachrichte».
r. Stuttgart, 19. Novbr. Die Legitimation s- kom Mission der Zweiten Kammer hat mit 6 gegen 3 Stimmen (Volkspartet) nach einem Antrag v. Kiene weitere Beweiserhebung bezüglich der angefochtenen Landtagswahl von Oberndorf beschlossen, wobei es sich um die Frage handelt, ob in der Gemeinde Lauterbach eine besondere öffentliche Bekanntmachung speziell der Landtagswahltermine im Nebenort Reichenbächle ortsüblich gewesen sei. Die Wahl für den Oberamtsbezirk Geislingen wurde mit 6 gegen 3 Stimmen (Volkspmtei) für giltig erklärt und ferner ein Ersuchen an die Regierung um geeignete Schritte zwecks künftiger Verhütung von unzulässigen Wahlbeeiuflussungen von Geistlichen beschlossen, letzterer Beschluß gegen die 2 Stimmen des Zentrums und die des Abg. Schrewpf.
r. Stuttgart, 18. Nov. Der Poltzeibericht meldet: Gestern abend wurde ein angetrunkener Mann von einem Wirt aus seinem Lokal entfernt und geschlagen Der Mann wurde auf der Straße liegend aufgefunden, von einem Mitglied der freien Sanitätskolonne unterstützt auf die Polizeiwache in der Breitestraße verbracht und von da ins Marienspital übergeführt. — Auf dem Hauptbahnhof fiel gestern abend ein Herr beim Einsteigen in einen Eisenbahnwagen rückwärts vom Trittbrett, erlitt eine Verletzung des Hinterkopfs und mußte ins Katharinenhospital verbracht werden. — Am Samstag abend kam in der Rotenwald- straße ein Dienstmädchen beim Aussteigen aus einem Straßenbahnwagen zu Fall und zog sich eine leichte Gehirnerschütterung zu. — Gestern nacht 10 Uhr wurde ein kranker und angetrunkener Mann in den Anlagen am Diakoniffenplatz von einem Schutzmann aufgefunden und ins Katharinen- Hospital geschafft.