^oMische Hleberficht.
Der de«tfch-a«erika»ische Ratioualbxud hat
das Anerbieten des ZeitungSbefitzers Hearst, zehn Vertreter des Deutschtums zur Förderung der deutsch-amerikanischen Beziehungen aus seine Kosten nach Deutschland reisen zu lasten, abgelehut. Der Präsident des Bundes gab in einem Schreiben an Hearst als Grund an, daß mehrere Zweige des Zentralbundes gegen das Anerbieten seien, und er daher beschlosten habe, die Ernennung von Mitgliedern der nach Deutschland zu entsendenden Kommission zu verschieben, bis die Gesamtkosten für diese Reise aus der Kaffe des Zeatralbundes bestritten werden könnten.
Der Konflikt Fischer-GchroerS hat eine neue Wendung genommen. Nach der „Köln. Volksztg." hat Kardinal-Fischer den Besuch der Vorlesungen des Professors Schroers in Bonn wieder gestattet. Leider sagt das ultramontane Blatt nicht, was den Umschwung herbeigesührt hat. Man möchte hieraus beinahe schließen, daß Kardinal Fischer nicht ganz freiwillig handelte.
Der russische Höchste Gerichtshof erkannte den früheren Gehilfen des Ministers des Innern, Gurko, für schuldig, dem Staat einen Verlust von mehr als einer halben Million Rubel verursacht zu haben, und verurteilte ihn deshalb zur Amtsentsetzuug und zum Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter für die Dauer von drei Jahren.
Die tschechische Miuisterkrifis, deren Lösung beinahe in einer deutschunfreundlichen Weise erfolgt wäre, ist durch den entschiedenen Einspruch der deutschen Agrarier jetzt in befriedigender Weise beigelegt worden. Die Rekonstruktion des Ministeriums ist folgende: Wohanka übernimmt das Handelsministerium, Ebenhoch das Ackerbauministerium, Geßmann wird Minister ohne Portefeuille mit Anwartschaft auf das zu errichtende Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Peschka wird deutscher, Praschek tschechischer Landsmannminister. — Der Leitungsausschuß der deutschen Parteien hat sich im Prinzip für die Annahme des Ausgleichs erklärt.
Rach Meld«»ge« a«s Marokko find am Meeresstrand östlich von Casablanca feindliche Reiterscharen bemerkt worden. Zivilpersonen ist das Ueberschreiten der Postenketten, die verstärkt worden find, nicht mehr gestattet' — Der spanische Gesandte wurde am Donnerstag in Rabat unter demselben Zeremoniell wie der französische vom Sultan in Audienz empfangen. Er erhielt später den Besuch des französischen Gesandten.
Bei der liaksliberaleu EiNignagsversammlnug
am Sonntag in Frankfurt a. M. sprach, wie schon gemeldet, Reichstagsabg. Kourad Haaßmau» über die Frage:
Wie fördert der de«okr«1ische Freisinn die gesunde Entwicklung unsere- vnterlande-?
Das Regime von gestern sei am Ende seiner Kraft angekommen. Das konfessionelle, das agrarische, das sozialistische Konglomerat diene nicht zum Wohle des Vaterlandes. Die Nackenschläge für eine verfehlte Handelspolitik kommen jetzt schon. Auch entspricht es nicht dem Interesse des Staats, wenn ein einzelner Wille sich rücksichtslos und plötzlich durchsetzen kann. (Lebhaftes sehr richtig!) Auch auf moralischem Gebiete haben uns die letzten Zeiten sehr schwere Nackenschläge gebracht. Die häßliche Erscheinung des Prozesses, den Berlin uns kürzlich dargeboten hat, hätte nicht die vergiftenden Ausstreuungen zeitigen können, wenn nicht die blinde Vorstellung in Deutschland schon vorher immer vorhanden gewesen wäre, daß statt der verantwortlichen Staatsmänner, eine Tafelrunde eine bestrickende Gewalt auf den Inhaber der Gewalt ausübt, der von dieser Macht bald so, bald anders Gebrauch gemacht hat und Gebrauch zu machen bereit sein wird. (Zustimmung.)
Die fteiheitliche Entwicklung hat nicht Schiffbruch gelitten. Fürst Bülow hat mit Geschick das Zentrum abgeschüttelt und den liberalen Wind mehr in die Segel bekommen. Es fragt sich nun, sollen wir auf die Steuerführung nach links Einfluß haben, oder sollen wir den Reichskanzler sich selbst überlassen? Zentrum und Sozialdemokratie haben uns diesen Rat gegeben. Aber was geschieht, wenn die bürgerliche Linke den Rat befolgt? Wir haben noch nie an Personen und Ministern ein Interesse gehabt, mästen uns aber vergegenwärtigen, was der Nachfolger BülowS für eine Politik machen wird. Er wird wieder mit dem Zentrum paktieren und ms wird man nachsagen, daß wir uns selbst bankerott erklärt haben. Wir wollen uns nicht dem Borwurf aussetzen, daß der Linksliberalismus impotent ist, Politik zu machen. Im politischen Leben ist das Nichtstun überhaupt keine Politik, sondern macht nur abhängig von der Politik anderer; und infolge dessen mästen wir eine Politik machen mit Ja, oder mit Nein. (Beifall). Die Möglichkeit, uns zurückzuziehen auf eine Politik, in der auch die äußerste Linke vertreten ist, besteht nach den Erfahrungen aller auf Jahre hinaus nicht. So lange kann mit der Sozialdemokratie keine Politik gemacht werden, als nicht die Arbeiterbevölkerung in höherem Maße es verlernt hat, einseitig die Geschichte, die Menschen und die wirtschaftlichen Dinge anzusehen. (Beifall.) Wir wollen um der Politik entgegentreten, die nns durch Taten bewiesen hat, daß sie versagt. Und da glaube ich:
Gebrannte Minister scheuen da- Zenten«! (Lebhafter Beifall.) Große Erfolge können wir einst erwarten, wenn wir selbst größer geworden find. Es ist nicht wahr, daß die bürgerliche Gesellschaft morsch ist und ver
fault. Auch die oberen Stände find nicht verfault, trotz der Ausschweifungen Einzelner. Es ist pharisäisch, wenn ein Stand immer den andern anklagt, die oberen auf die unteren und die unteren auf die oberen. (Beifall.) Wir Liberalen müssen Freiheit Md Bildung ausbreiten, denn die Erneuerung des politischen Lebens wird nicht von dm Konservativen kommen, deren Name schon, daß sie nur daS Alte aufrechterhalten wollen. Deshalb werden wir im Block der vorwärtstreibende Keil sein müssen, damit der bürgerliche Geist wieder mehr Respekt auf deutschem Boden erweckt. Deshalb wünschen wir auch, daß es mit der liberalen Einigung immer weiter vorwärts geht. Die Freis. Bolkspartei muß da die Führung übernehmen mit der Aufgabe, daß sie uns zusammenführt. (Lebhafter Beifall.) Sie hat die älteste Tradition und hat das Recht daraus, uns znsammeu- zuführen. Wir sind auch dankbar für jeden guten Rat, können aber der Hofmeisterei entraten. Wir hoffen, daß die heutige Tagung auf der linken Sette deS Mains eine gute Wirkung haben wird, und betrachten es als eine gute Vorbedingung, daß wir gerade am 10. Nov. tagm, am Geburtstage Luthers, Schillers und BlumS, auf die die Freiheit in alle Ewigkeit zftolz sein kann. (Stürmischer Beifall.)
Reichstagsabgeordneter Müller-Meiningen von der Freisinnigen Bolkspartei begründete die Notwendigkett, die ganze Unabhängigkeit der Regierung von der gefährlichen Macht der klerikalen Orthodoxie durchzuführen. Der liberale Block verlange keine persönlichen oder materiellen Vorteile, keine Ministerposten, Titel und Würden, sondern allein im Interesse des Reichs die Liberalisierung des Reichsgedankens, den freiheitlichen Ausbau des Reichs, wie er dem Staatsbewußtsein der erdrückenden Mehrheit entspreche. Reichstagsabg. Naumann von der Freisinnigen Bereinigung erinnerte an die Debatte in der Paulskirche. Wir hätten mit unserer Einigung noch ein letztes Stück von der Arbeit jener Tage zu vollenden, die eine Fülle von liberaler Gesinnung barg. Bei den politischen Forderungen beschäftigte sich der Redner namentlich mit der Reform des preußischen Landtagswahlrechts, demgegenüber vor allem das Wort Geltung habe, daß diese Zwingburg niedergerungen werden müsse. In vorgerückter Stunde ergriff ein zweiter Redner der Freisinnig. Volkspartei, Reichstagsabg. Wiemer, das Wort. Er sprach davon, man mäste das Vertrauen hegen und die Ueberzeugung haben, daß daS Band auch stärkeren Belastungsproben gewachsen sei. Zwar können die drei Parteien mit ihren 50 Stimmen die Gesetzgebung nicht diktieren, aber diese seien ausreichend, um auf die Entscheidung einen Einfluß auszuüben. Nach mehr als Mündiger Dauer schloß der Vorfitzende die Versammlung, die einen erhebenden Verlauf genommen hatte.
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Abends war Festmahl im Palmengarten. Nach Begrüßung der auswärtigen Gäste durch Oberlehrer Rier- haus sprach der württemb. Kammerpräsident Payer seine Freude über den glänzenden Verlauf der Versammlung aus, deren Erfolg vorbedeutend für die kommende Arbeit sei. Der Redner toastete auf das deutsche Vaterland. Reichs- tagsabg. Mugdan toastete auf die Fraktionsgemeinschaft der Linken im Reichstag, Landtagsabg. Müusterberg- Danzig auf die Zukunft des Liberalismus. Das elsaßlothringische Landesausschußmitglied Wolf- Straßburg brachte ein Hoch auf Frankfurt aus, endlich der bayerische Landtagsabg. Prof. Günther-München ein Hoch auf die Frauen.
Tages-Meuigkeiten.
Aus Stadt und Land.
Nagold, 1». November.
Wagrreriuuung. Am Sonntag fand in der „Traube" unter Leitung des Herrn Reg.-Affeffor Mayer und in Anwesenheit des Landesvorstands Sigel die konstituierende Versammlung der freien Wagnerinnuug für den Bezirk Nagold statt. Zum Obermeister wurde Wagnermeister Berstecher gewählt. Erfreulich war die rasche Erledigung seitens des Oberamts und der Kreisregieruug.
Zur Viehzählung am S. Dezember 1S07.
Nach Beschluß des Bundesrats wird im Deutschen Reiche am 2. Dezbr. d. I. eine erweiterte Viehzählung und in Verbindung damit ähnlich wie bei der letzten Viehzählung von 1904 eine Zählung der während des letzten Jahres vorgkommenen Schlachtungen, bei denen gemäß den bestehenden Vorschriften die amtliche Fleischbeschau unterblieben ist, stattfinden. Zur Durchführung dieser statistischen Erhebungen in Württemberg find die erforderlichen Anordnungen durch die K. Ministerien des Innern und der Finanzen in der Verfügung vom 2. Nov. d, I., Reg.-Bl. S. 635 getroffen worden.
Die Zählung des Viehs erstreckt sich auf Pferde, Maultiere und Maulesel, Es!el, Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen, Federvieh (Gänse, Enten, Hühner, Truthühner), Bienenstöcke, die Zählung der Schlachtungen auf Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen. Bei der Zählung der Schlachtungen handelt es fich einzig und allein um die Feststellung der während des letzten, der Zählung vorangegangenen Jahres geschlachteten Tiere, deren Fleisch ausschließlich im eigenen Haushalte des Besitzers Verwendung gefunden hat, d. h. der sogen. Hausschlachtungen. Alles übrige geschlachtete Vieh, welches gemäß den gesetzlichen Vorschriften vor oder nach der Schlachtung der amtlichen Untersuchung unterlag, bleibt außer Betracht, weil es bereits auf andere Weise statistisch ermittelt ist.
Die Zählung erfolgt, wie seither, gemeindeweise, jedoch abweichend von dem Verfahren bei den früheren Viehzählungen nicht nach Häusern (Gehöften), sondern nach Haushaltungen. Jeder Haushaltungsvorstand hat die Zahl des in der Haushaltung, sei es im Hause selbst oder in den zugehörigen Nebengebäuden und sonstigen Räumlichketten in der Nacht vom 1. zum 2. Dez. 1907 vorhandenen Viehs, sowie die Zahl der in der Zeit vom 1. Dez. 1906 bis 30. Nov. 1907 in der Haushaltung vorgekommenen Hausschlachtungen in die Haushaltungsliste genau nach den dieser Liste aufgedruckten näheren Vorschriften einzutragen. Die Zahl der Hausschlachtungeu ist auch von allen denjenigen Haushaltungen anzugeben, welche zur Zeit der Zählung kein Vieh mehr besitzen. Nach erfolgter Ausfüllung der Haushaltungsliste hat der Haushaltungsvorstand die Richtigkeit und Vollständigkett der Angaben durch Namensunterschrtft zu bescheinigen und die Liste zur Abholung vom 3. Dez. ab bereit zu halten.
Zur Einrichtung und Leitung des Zählgeschäfts wird in jeder Gemeinde durch den Gemeinderat und aus dessen Mitte eine Zählnngskommission unter dem Vorfitze des Ortsvorstehers gebildet, welcher insbesondere die Einteilung der Gemeinde in Zählbezirke, die Aufstellung von (freiwilligen) Zählern, die Vorbereitung der Zählpapiere, die Prüfung der ausgefüllten Haushattungslisten und die Zusammenstellung derselben in der sogen. Gemeindeliste obliegt. Aufgabe der Zähler ist es, rechtzeitig die Haushaltungslisten auszuteilen und wieder einzusammeln.
Die bevorstehende Viehzählung soll zeigen, welche Entwicklung der Viehstand, der einen wichtigen Zweig der landw. Produttion bildet und einen namhaften Teil des Volksvermögens ausmacht, in den letzten Jahren genommen hat. Zugleich ist die Zählung durch die Ausdehnung aus die Hausschlachtungen dazu bestimmt, in Verbindung mit der fortlaufenden Erhebung über die Zahl der der amtlichen Fleischbeschau unterstellten Tiere darüber Aufschluß zu geben, wie sich die Fleischversorgung und der Fleischkonsum des Deutschen Volkes neuerdings gestaltet hat. Der Nutzen der bevorstehenden Zähluug wird fich darum nicht auf Reich Md Staat beschränken, sondern auch den Gemeinden und deren einzelnen Gliedern zu gute kommen. Es ist daher im eigensten Interesse aller Beteiligten, durch gewissenhafte und vollständige Beantwortung der gestellten Fragen nach Kräften zu dem Gelingen der Zählung beizutragen.
Js-lshanse«, 11. Nov. (Korr.) Heute fand im hiesigen Jagdbezirk wieder ein kleines Scharmützel statt, das von nettem Erfolg war. Diesmal kam auch ein Reh zur Strecke, ebenso wurden im Trieb 1 Dachs und 4 Hasen erlegt, während sich noch ein Dachs, Meister Reinecke und verschiedene Häslein ins Nachbargebiet flüchteten.
Haiterbach, 10. Nov. Hecke mittag 1'/» Uhr fanden endlich die zur Streife ausgesandten Männer die Leiche des seit 2 Tagen vermißten 62jährigen Holzhauers Ehr. Hummel. Der Arme hatte fich im Walde, im sogen. „Hinteren Buch" erhängt.
r. Schöubrorr«, 12. Novbr. Am Sonntag besuchte der Sängerkranz Nagold den Gesangverein Schönbronn. Unter der Leitung des rührigen Dirigenten Herrn Bildhauer Schnepf gestaltete fich das Zusammensein der beiden Vereine zu einem edlen Wettstreit im Gesang. Die Chöre, hauptsächlich diejenigen der Nagolder Sänger, wurden präzis vorgetragen. Auch der Humor kam in ausgiebiger Weise zu seinem Recht; nur zu rasch verflossen die Stunden des Beisammenseins. Mit Vergnügen werden die Schönbronner Sänger des Besuches der Nagolder gedenken.
Die evang. Laudessynode hat am Freitag die Beratung des Kommisstonsantrages betr. die Vermehrung der Pastorationseinrichtungen, insbesondere in den großen Städten und Jndustrieorten, fortgesetzt und diesem Antrag schließlich einhellig zugestimmt. In Verbindung damit wurde auch ein Antrag des Dekans Herzog angenommen, welcher sich für die Vermehrung der selbständigen Religionslehrerstellen an den höheren Schulen ausspricht. Dieser letztere Antrag wurde namentlich durch Oberbürgermeister Dr. Hartenstein-Ludwigsburg, Prof. Dr. Hieber und Oberstudienrat Dr. Egelhaas unterstützt und auch am Tische des Kirchenregiments sympathisch ausgenommen, wobei allerdings darauf verwiesen wurde, daß die Errichtung dieser neuen Religionslehrerstellen wesentlich von dem guten Willen der Gemeinden abhängen werde. Zum Kommisfionsantrag betr. die Vermehrung der PastoratS- einrichtungen erklärte Oberkonflstorialrat Finkh, daß die Oberkirchenbehörde das Bedürfnis für neue, insbesondere ständige Pfarrstellen anerkenne, daß sie aber bei der Neu- aufstellvng des Etats mit ihren Wünschen nicht immer durchdringen könne. Im Zusammenhang damit wurde von Oberkonflstorialrat Dr. Merz noch mitgeteilt, daß sich die Anstellungsverhältnisse der unständigen Geistlichen neuerdings gebessert haben. Der Zugang zum theologischen Studium sei in den letzten Jahren jedoch in Besorgnis erregender Weise zurückgegangen, weshalb es dringend erwünscht wäre, daß fich wieder mehr Abiturienten dem theologischen Studium zuwendeu. Der Kommisfionsantrag zu Gunsten der Vermehrung der Pfarrstellen wurde einstimmig angenommen, ebenso auch der Antrag Herzog betr. Schaffung weiterer selbständiger Religionslehrerstellen an den höheren Schulen. Ohne jede Debatte und einstimmig wurden sodann noch mehrere Gesetzentwürfe in zweiter Lesung angenommen, so das Penfions- und Witwenkaffeugesetz, daS Stcllvertretungsgesetz und das Gesetz über die Wahl zu den Hof- und Militärkircheugemeinderäten. In erster und in zweiter Lesung wurde hierauf auch einstimmig ange-