Sodann schafft eS die Grundlage zu einer besseren Aus­bildung der Offiziere. Endlich vermehrt es die Befugnisse der höheren Truppenführer und ermöglicht diesen, einen entscheidenden Einfluß auf die Ausbildung der ihnen unter­stellten Einheiten auszuüben und unabhängig von der obersten Milttärverwaltungsbehörde handeln.

Z«m Prozeß v. MottkeHarde«

erhält der Lok.-Anz. von dem bekannten Rechtslehrer an der Berliner Universität Geheimen Justizrat Professor Dr. Ritter v. Liszt, den er ersucht hat, seine Ansicht über die augenblickliche strafprozeffualische Sachlage mitzuteilen, fol­gende Zuschrift:

In Uebereinstimmung mit fast allen strafprozeffuali- scheu Schriftstellern (Glaser, v. Kries, Birkmeyer, Bennecke- Beling, Rosenfeld u. a.) halte ich die Ansicht der Staats­anwaltschaft, daß sie durch Uebernahme der Verfolgung das schöffengerichtliche Urteil beseitigen könne, für rechtsirrtüm­lich. Nach § 417 Abs. 2 der St.P.O,kann die Staats­anwaltschaft in jeder Lage der Sache bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils durch eine ausdrückliche Erklä­rung die Verfolgung übernehmen". Daraus ergibt sich, daß fie in die gegebene Prozeßlage einzutreten hat, und daß sie nicht die Möglichkett hat, das ganze Verfahrm von neuem zu beginnen. Die Staatsanwaltschaft befindet sich auch im Irrtum, wenn fie eine konstante Praxis des Reichs­gerichts für sich in Anspruch nimmt. Den» die erste der drei an­gezogenen Entscheidungen (X 237) spricht nur von dem Fall, daß die Staatsanwaltschaft vor der Fällung des schöffengerichtlichen Urteils eingegriffen hat; in der zweiten Entscheidung (XXIX 422) handelte es sich darum, daß die verfolgte Tat, die fich als Körperverletzung im Amte heraus­stellte, überhaupt nicht in das Privatklageverfahren gehörte. Erst in dem Urteil vom 21. November 1902 (XXXVI 6) hat fich der 2. Strafsenat gegenüber dem Landgericht I Berlin auf den jetzt von der Staatsanwaltschaft eingenom­menen Standpunkt gestellt, dabei sei aber hervorgehoben, daß der Oberreichsanwalt diesen Standpunkt nicht geteilt hat. Nach meiner Ansicht hat also nunmehr die Straf­kammer als Berufungsinstanz zu entscheiden und zwar nach § 77 Gerichtsverfaffungsgesetz in der Besetzung «tt fünf Richtern und ohne die Beweisaufnahme nach freiem Ermessen beschränken zu können. In diesem letzten Punkte weiche ich mithin von der Anficht ab, die Geheimrat Kahl einem Vertreter der Presse gegenüber geäußert hat."

In derStrafsache wider Harde«" so heißt die Privatkkage-Sache von Moltke wider Harden jetzt hat die Staatsanwaltschaft das Ermtttelungsversahren ein­geleitet, nachdem das Schöffengericht das Verfahren einge­stellt hat. Davon, daß das Privatklageverfahren einge­stellt sei, wird dem Angeklagten von Amts wegen Kenntnis gegeben. Den anderen möglichen Weg, das Verfahren in der Lage, in der eS fich zur Zeit befindet, aufzunehmen, also Berufung gegen das Schöffengerichtsurteil einzulegen, hat die Staatsanwaltschaft nicht bestritten. Wie der Franks. Gen.-Anz." erfährt, wird fich das von der Staats­anwaltschaft aufgenommene Beleidigungsstrafverfahren gegen Maximilian Harden nicht auf die Beleidigungsklage des Grafen Moltke beschränken, sondern auf die Beleidigung mehrerer höherer Offiziere im preußischen Heere auS- dehueu. DaS staatsauwaltschastliche Ermittlungsverfahren gegen Fürst Eulenburg geht dagegen selbständig seinen Fort­gang.

Tages-Hleuigkeiten.

Aus Stadt und Land.

Nagold, 6 Novembn.

Ratio«alliberale statt De«tsche Partei. In

der Eßlinger Landesversammlung der Deutschen Partei soll, derCaunst. Ztg." zufolge, eine Bertrauensmänner- versammlung fich mit dem Antrag der Namensänderung der Deutschen Partei tu Natioualliberale Partei beschäftigt

und diesen Antrag einstimmig angenommen haben. Dieser Beschluß der Vertrauensmänuerversammluug liegt zurzett den Ortsgruppen im Land zur Begutachtung vor. Bisher hat eine Reihe von Ortsgruppen dieser Namensänderung zugestimmt.

* Konzert Boucher. Das Programm bietet auser- leffene Genüsse auch in Hinficht auf Kompositionen erster Autoritäten für Violine und Klavier. Namen wie Mendels­sohn, Saint-Saens, Rossini-Liszt, Sarasate re. rc. sagen dem Kunstkenner alles. Bei der Virtuosität der ausübenden Künstlerinnen auf Violine und Klavier wird fich dieser Konzertabend seinen Vorgängern würdig anschließen.

Was soll unser Toh« werde«? Zur leichteren Beantwortung dieser Frage haben die württembergischen Handelskammern einen Ratgeber zur Berufswahl heraus­gegeben, der nach einem Hinweis auf die Chancen, die sich einem jungen Menschen im Handwerkerstande heute noch bieten, genaue Auskunft gibt über Lehrzeit, Lehrvertrag, Fortbildungsschule und Gesellenprüfung. Zum Schluffe find dann die einzelnen Handwerke geschildert, mit ihren Anforderungen an Körperkraft und Intelligenz, den hiezu nötigen Geldmitteln, über Lehrzett und Bezahlung und die Aussichten auf einstige Selbständigkeit. Interessenten können das Merkchen vom Bureau der Handwerkskammer erhalten.

Sulz, 5. Nov. Der RadfahrervereinSchwalbe" hat bei dem am Sonntag in Deckenpfronn abgehalteven Rennen wieder drei Preise erhalten. (1. Preis Jakob Wörner, 2. Preis Friedrich Schultheiß, 3. Preis Johannes Dengler.) All Heil den Siegern! _

Stuttgart, 5. Novbr. Der König hat dem Regie­rungspräsidenten a. D. v. Bellino in Reutlingen zu seinem 80. Geburtstage seine Glückwünsche aussprechen lassen.

r. Stuttgart, 5. Nov. Dem Vernehmen nach hat fich der König nach Anhörung der Hofdomänenkammer und des Finanzministers dahin entschieden, daß für die fernere Behandlung der Hostheaterfrage der sogenannte Botanische Garten nebst dem Areal der Kgl. Hofgärtnerei Md der Kgl. Generaladjutantur als Bauplatz des künftigen Hof­theater zu Grunde gelegt werden soll. Die Entscheidung steht im Einklang mit dem Gutachten der in der Sache ge­hörten Kommission für die Aufstellung eines Programms für die Stadtentwicklung anläßlich des Bahnhofumbaus in Stuttgart. Diese Kommission hat, indem sie andere Plätze, wie den Waisenhausplatz Md den von dem alten Theater eingenommenen Platz, teils als ungeeignet, teils als unge­nügend ausschied, mit überwiegender Mehrhett in erster Linie den Platz des Botanischen Gartens in Vorschlag ge­bracht. Dem Wunsche der bürgerlichen Kollegien in Stutt­gart, es möge dem von der genannten Kommission in zweiter Linie empfohlenen Platze an der verlängerten Schillerstraße der Vorzug gegeben werden, konnte eine Berücksichtigung nicht zuteil werden, vor allem wegen des mit der Wahl dieses Platzes verbundenen tiefen Eingriffs in die Kgl. Anlagen.

Heil Württemberg". Hymne im Volkston, Kom­position unseres einheimischen Liederkomponisten Karl But­sch er, die am Samstag in den täglichen Konzerten im Olga-Bau in Stuttgart zum ersten Mal vom Philharmo­nischen Orchester zu Gehör gebracht wurde, erzielte einen durchschlagenden Erfolg und mußte auf stürmisches Ver­langen wiederholt werden, sodatz der anwesende Komponist fich genötigt sah, für den Applaus zu danken. Die wirk­ungsvolle vaterländische Hymne bildet nunmehr eine aus­gesprochene Lieblingsuummer des täglichen Programms von Pahls philharmonischem Orchester.

Stuttgart, 4. Nov. Die Familie der Mathilde Baun, der Geliebten des Bauführers Ratth, die bei der blutigen Tragödie in der Vogelsangstraße mit ihr Leben einbüßte, ist in den letzten Jahren von schweren Schicksals­schlägen betroffen worden. Ein Bruder des Mädchens wurde vor einigen Jahren in der Hauptstätterstraße bei dem Versuch, einen Streit zu schlichten, totgeschlagen; ein zweiter Bruder starb infolge eines Sturzes von einem Bau. Nun

Enge Betten, harte Kiffen,

Dünnen Kaffee, schmale Bissen,

Und für alles Riesevpretse,

Das nennt man: Erholungsreise.

Fr. Lorenzen, Berlin, Perlebergerstr. 20. »

Die Mücke gleicht Hier dem Moskito,

Sie saugt mich aus;

Mein Gastwirt dito.

Dr. Eduard Schulte, Freienwalde (Oder),

« Bahuhofstr., 26 ll.

Vierte Vreise:

Stürmisch ist es hier auf Erden Und die Sonne wie verbannt!

Will's dmn gar nicht Sommer werden In dem schönen Westerland?

Von der Stirne heiß Rinnen müßt' der Schweiß,

Soll der Mensch das Seebad loben

Doch der Regm kommt von oben!

Margarethe Mücke, Berlin IV, Potsdamerstr. 30. *

Im Gasthaus am Walde kehrte ich ein,

Froh legte ich ab mein Bündel,

Es wehten vor'm Fenster im Abendschein Zwei Hosen Md eine Windel,

P. Siebeling, «r.-Lichterfelde, Juugfernstieg 12.

In Karlsbad.

ln dem Ort, dem höchst hygien'scheu,

-risst man alle Sorten Menscheu: sehr exot'sche, sehr romant'sche, knd'sche, persische und japan'sche, teben russischen, schwed'schen, brtt'schen, teben ar'schen und semit'schev,

Zott sei Dank auch die berlin'schen! stehr kann man fürwahr nicht wünschen!"

O. Sommerstorff, Berlin Charlotteustr. 27. *

8o die Betten hart wie Stein,

8o die Mücke piekt ins Bein,

6o der Frosch am Abend flötet, lags die Kurmufik uns tötet,

6o man, wenn es bimmelt, futtert,

Lo der Wirtin Tochter buttert,

Lo es gibt nur teure Speisen, dahin ging die Welt auf Reisen.

Hans Schiff, Karlshokst bei Berlin.

In solcherFrische" kann ich nicht genesen,

Wo Regen wechselt stets mit Frost und Sturm! Nein Vater ist doch Eisbär nie gewesen lnd meine Mutter war kein Regenwurm.

Karl Sack, Apotheker, Berlin. Chausseestr. 32.

*

Wer mich in dieses Loch gebracht,

Zst Meister aller Tücken!

ist über die 79jähr. Mutter, die in Neuhausen auf den Fildern wohnt, noch daS tragische Ende ihrer Tochter Mathilde gekommen.

Mühriuge«, 4. Nov. In hiesiger Gemeinde ist die Scharlach ausgebrochen und infolgedessen die Schule ge­schloffen worden. Auch in unserer Nachbargemeinde Eutingen herrscht seit einiger Zeit dieselbe Krankheit und mußte die Schule geschlossen werden.

r. Tübingen, 5. Nov. Im großen Hörsaal des neuen chemischen Instituts fand vergangenen Samstag eine gemeinsame Festsitzung statt zur Enthüllung der Büste des Gründers des Instituts, Professor von Pech­mann (si 1902). Der Saal war hübsch dekoriert und die Marmorbüste des Gelehrten mit Guirlanden geziert. Professor Dr. Wislicenus begrüßte die zahlreichen Teil­nehmer an der Festfeter. Professor Duisberg aus Elber­feld gibt ein peinliches Lebensbild des verstorbenen Ge­lehrten und dankte dem Künstler, der das Reliefbild gefertigt hatte, sowie den Freunden und Schülern des Verstorbenen für ihre Anteilnahme und übergibt das Marmorbild dem neuen chemischen Institut. Professor Dr. Wislecenus dankte dem Redner und verspricht, das Bild in treue Hut zu nehmen. Geheimrat Curtius-Heidelberg führte ein ausführ­liches Bild des wissenschaftlichen Wirkens und Schaffens des Gelehrten vor die Augen der Festversammlung. Auch das chemische Institut der Universität München, dem der verstorbene Gelehrte Pechmann lange angehörte, hatte einen Vertreter gesandt. An die Festfeier schloß fich eine Besich­tigung der neuen Gelaffe au. Heute eröffnete fich die Reihe der Abonnementsveranstaltungen durch das Konzert des Stuttgarter Hoforchesters unter Hofkapellmeister Dr. Obrist.

r. Tchrv. Hall, 5. Nov. Gestern Mittag hat ein Gefangener (angeblich ein Ungar) einen Mitgefangenen, Ms den er schon lange einen Haß hatte, beim Spaziergang im Hof mit einem Schusterkneipen durch einen Stich in die Lunge gefährlich verletzt. Der herzueilende Aufseher Monn wurde von dem Gefangenen gleichfalls gestochen, doch ist diese Verletzung nur eine Fleischwunde.

r. T«ttli»ge«, 5. Nov. Die Ueberschuldung im Storz-Manz'schen Konkurse soll eine bedeutende sein. Eine Reihe von wetteren Geschäften ist durch den Konkurs in Mitleidenschaft gezogen.

r. Ulm, 5. Okt. Die 35 Jahre alte, bei ihrem Bruder dem Maler Müller, Hahnengaffe 22 beschäftigte Dienstmagd Marie Müller, tötete gestern nachmittag in Abwesenheit der Eltern die ihr anvertrauten zwei Kinder, indem fie den 14 Tage alten Knaben Hermann, der vorgestern getauft wurde, im Badewasser ertränkte und dem 14 Monate alte» Mädchen Mathilde mit dem stumpfen Teil eines Beiles den Schädel einschlug. Die Täterin, die offensichtlich in einem Anfall von Geistesge­störtheit handelte; machte dann von der grausigen Tat selbst Anzeige bei der Polizei; fle wurde in Gewahrsam genommen.

r. Ulm, 4. Novbr. Vorgestern wurde das von der Stadtgemeinde an der Donau bei Wiblingen erbaute neue Wasserwerk, das der Wasserversorgung und der Erzeugung von elektrischem Strom dient, durch eine kleine Festlichkett eröffnet. Nachmittags fanden fich außer dem Stadtvorstand und den bürgerlichen Kollegien Baudirektor von Gramer von Stuttgart, Regierungspräsident von Schmidlin nebst wetteren Beamten der Kreisregierung, der Oberamtsvor­stand und andere Gäste im Werke ein, wo Oberbürgermeister von Wagner nach Begrüßung der Anwesenden eine kleine Ansprache hielt und Gasdirektor Schimpf die Anlage und Entstehung des Werkes erläuterte. Anlaß zur Schaffung des Werkes gab die Notwendigkeit, die Wasserversorgung Ulms zu erweitern. Beim Suchen nach geeignetem Trink- waffer kam man in das zwischen Donau und Iller nahe der Mündung des letzteren Flusses gelegene Gebiet, wo fich nicht nur Wasser in Fülle und vorzüglicher Qualität vor­fand, sondern die Nähe der Donau den Gedanken nahe­legte, für den Betrieb des Pumpwerkes die Wasserkraft der Donau zu verwenden. Da hiezu nur größere Mittel in Anwendung kommen konnten, entschlossen sich die bürgex-

Tags führ' ich gegen Fliegen Schlacht,

Nachts mäste ich die Mücken.

Paul Wendt, Schöneberg-Berlin, Geßlerstr. 16.

*

Sommeranfang Urlaubsreise führte mich zum

schönen Rhein,

Rebeublüteuduft genießen wollt' ich, schlürfen

goldnen Wein;

Berge, Burgen, Mondscheinnächte, Rheinlands

Sagenpoefie

Hat ein Dichter mir geschildert und ich glaubte

dem Genie.

Autoduft und Photographen, Reben vitriolbetaut!

Kleine Weine, große Preise, Gasthofsrechnung -

Gänsehaut!

Zahnradbahnen, Kutscher, Kellner, Aerger, Kosten,

Staub, Gestank!

Acb ich war am schönen Rheine, komm nach Haus ' und meid' mich krank!

Wilh. Hofmann, Ahrweiler, Walzrechtstr. 21, l.

Forellen blau, Nasen blau,

Himmel, Stimmung: alles graul

Striebenregen, Nebelziehn

Ach, wie schön ist's-in Berlin!

Gertr, v. Hoxar, Berlin M 62, Courbierestr. 16, II.

(Fortsetzung folgt).