und das Leben der verbündeten Staatsangehörigen respektiert werden; sie will durch entschiedene Maßnahmen eine Wieder­holung von Anschlägen verhindern, wie sie gegen fremde Ansiedler begangen wurden in einem Land, wo Frankreich in dieser Hinsicht ein besonderes Mandat erhalten hat. Ganz Europa begreift und billigt unser Vorgehen. Das Zuchtpolizeigericht in Paris hat den russischen Terroristen Smtrnow, der im Mat d. I. im Zimmer seines Kameraden Slepner beim Anfertigen von Bomben durch eine Explosion schwer verletzt wurde, zu dreizehn Monaten Gefängnis, sowie seinen verschwundenen Komplizen Slepner in eonta- mneiLw zu der gleichen Strafe verurteilt. Während eines Ausstandes der Steinbrucharbeiter in Evry-Petit- Bourg, Departement Seine-et-Oise, find Anschläge verübt worden, um Industriegleise, die die Steinbrüche mit der Lyoner Bahn verbinden, unbrauchbar zu machen. An einigen Stellen find die Schienen durch Dynamit zerstört, an anderen Baumstämme über das Gleis gelegt worden, so daß nur durch die Geistesgegenwart des Lokomotivführers ein Unglück verhütet worden ist. Die Führer des Syndikats der Stein­brucharbeiter behaupten, daß die Ausständigen den Atten­taten fernstehen.

Zu Casablanca habe« auch die frauzöfifche« Truppe« stellenweise geplündert. Dies geht aus folgender Meldung hervor: General Drude schreitet gegen die Zügellosigkeit seiner Truppen ein. Neun Mann wurden vor ein Kriegsgericht gestellt. Europäische Damen wurden von den Posten belästigt. Der englische Konsul fand einen plündernden Soldaten in seinem Haus und legte auf ihn an. Ein deutscher Kaufmann fand zwölf Soldaten, die sein verschlossenes Lager zu bewachen gehabt, plündernd darin vor. Ein Offizier, den der Kaufmann um Unter­stützung anrief, erklärte, dienstlich beschäftigt zu sein. Die Soldaten zogen mit ihrem Raub ab. Strenge Strafen gegen Plünderung werden ausgerufen. Das Tragen jeglicher Waffen ist verboten. Rach brieflichen Nachrichten, die in Tanger eingetroffen find, ist die Stadt Casablanca am Montag von etwa 4000 Mauren angegriffen worden, der Angriff ist aber zurückgeschlagen worden. Nähere Nachrichten stehen noch aus. Das TransportschiffOafis", welches Truppen aus Algier und Oran brachte, ist in Casablanca eingetroffen. Es bestätigt sich übrigens, daß der Gouver­neur von Casablanca seines Amtes entsetzt worden ist und an Bord des PanzerkreuzersGloire" gefangen gehalten wird. In Tanger herrscht große Unruhe. Zahlreiche Familien find nach Gibraltar abgereist und andere, die außerhalb der Tore der Stadt wohnen, haben sich in die Stadt begeben. Mohammed el Torres hat an die Vertreter der Mächte ein Zirkular gerichtet, indem er sie auffordert, ihre Staatsangehörigen auzuweisen, sich nicht außerhalb der Postenkette zu begeben.

Die Haager Friedenskonferenz.

Haag, 24. Aug. Heute wurde ein Ausweg gefunden, um die Beschießung von unbefestigten Plätzen durch Pro­jektile, die von einem Luftballon aus geschleudert werden, zu verbieten. Es wurde dem Artikel 25 der Konvention von 1899 über die Gebräuche und Gesetze für den Landkrieg einstimmig folgende neue Fassung gegeben: ES ist verboten, durch welches Mittel es auch sei, unbefestigte Plätze rc. zu beschießen." Die hinzugefügten Wortedurch welches Mittel es auch sei" schließen die Luftballons mit ein. Die Kon­vention von 1899, die überhaupt das Werfen von Projek­tilen von Luftballons aus verbietet, wird also nicht ver­längert und in Zukunft wird es möglich sein, Heere und befestigte Plätze von Luftballons aus zu beschießen. Der italienische Vorschlag, der nur lenkbaren und bemannten Luftballons die Möglichkeit geben wollte, Projektile zu werfen, und der somit die unkontrillierbaren Schäden, die durch nicht lenkbare Luftschiffe verursacht werden können, ein- dämmen wollte, wurde schließlich zurückgezogen. Unbestreitbar stellt der Beschluß von heute, der die weitgehendere Fassung von 1899 zerstört, einen Rückschritt dar, der als Folge der Erfindung lenkbarer Luftschiffe aufzufassen ist. Frkf.Ztg.

Die Friedenskonferenz im Haag, die von vorn­herein nur in geringem Maß das Interesse in Anspruch genommen hat und immer weniger beachtet worden ist, sieh ^ nun ihrem Ende entgegen. Der allgemeine Ausschuß zur Feststellung der Schlußakte der Konferenz, der aus 25 Mit­gliedern besteht, hat zur Vorbereitung dieser Akte eine Unterkommisfion gewählt. Die gewählten Vertreter sind Renault-Frankreich, Kriege-Deutschland, Fufinato-Jtalien- Lammasch-Oesterreich-Ungarn, Scott-Amerika, Asser-Nieder lande, van den Heuvel-Belgien.

Hages-Neuigkeiten.

Au« Etadt «vd Land.

Nagold, 16. August.

Bom Tag«. Der grstrigr Gewittnsturm hat unser» deutsche Reichr- und Wetter-Fahne auf dem vchloßbergturrn, dir feit übe» 20 Jahren schon so manche Stürme überstanden hatte, herabgeworsen. E» wird aber für tunlich baldige Mederauf­richtung dieser allen Nagolder» unentbehrlich geworden,« Fahne gesorgt werden. Das Konzert im KurhanS WMVlust zu Ehren der Kurgäste war trotz de» ungünstigen Wetter» gut besucht. E» entwickelte sich ein gemütliche» Zusammensein, da» mit einem flotten Tanzvergnügen einen gelungenen Abschluß nahm

Die Zehnmarkscheine in Sicht. Die Vorarbeiten für die Herstellung des neuen Zehnmarkscheins find bereits so weit gediehen, daß mit derPrägung" dieser papiernen Münze in nicht allzuferner Zeit wird begonnen werden können. Die Summe, in der die neuen Scheine in den Verkehr kommen werden, wird recht beträchtlich sein. Die noch vom alten Reichstag genehmigte Novelle zum Reichskassenschein- gesetz bestimmte, nachdem die neuen Banknotcntypen von 50 und 20 ^ beschlossen waren, lediglich, daß an die Stelle der Abschnitte zu 5, 20 und 50 ^ solche zu 5 und 10 ^ treten sollten. Die Verteilung des unverändert gelassenen Gesamtbetrags von 120 Millionen Mark auf die einzelnen Abschnitte wurde wie früher dem Bundesrat überlassen. Der Bundesrat hat nun beschlossen, daß auf die Abschnitte zu 10 ^ von den 120 Millionen Mark 90 Millionen ent­fallen sollen. Bis zu diesem Betrag werden also, sobald die Vorarbeiten beendet find, die neuen Reichskaffenscheine zu 10 hergestellt sein.

(- Haiterbach, 15. Aug. Heute nachmittag 3 Uhr kam von Westen her ein Gewitter mit furchtbarem Sturm. Es regnete zwar bei uns wenig, aber der schreckliche Sturm riß die neuaufgerichtete Feldscheuer des Andreas Lehrer, Zimmermann hier, zusammen, so daß daS Ganze nur ein großer Trümmerhaufen ist.

Wildberg, 15. Aug. JnnächsterZeitsoll durch den beab­sichtigten Verkauf des früheren Schlosses in Wildberg, ein alter württembergischer Staatsbesitz, in Privathände über­gehen. Die Burg und Stadt Wildberg im Nagoldgau erwarben die Grafen Ludwig u. Ulrich von Württembergim Jahre 1440. Die ursprüngliche, stark befestigte, von Türmen flankierte, durch Gräben geschützte und nur durch eine Zugbrücke mit der Stadt verbundene Burg brannte 1618 bis auf den Unterstock ab. Aus diesem uralten, aus Buckelsteinen auf­geführten, 2 m und mehr starken Unterstock wurde 1688 das gegenwärtige, geräumige Schloßgebäude erbaut, welches früher die Vögte, dann die Amtleute und zuletzt die Forst­meister bewohnten. Seit Aufhebung des Forstamts Wild­berg ist das Schloß an Private vermietet. Das auf dem von der Nagold umströmten Bergrücken, inmitten obstbaum­reicher Gärten beherrschend gelegene Anwesen ist allen Be­suchern Wildbergs und den die Nagoldbahn befahrenden Reisenden durch seine herrliche Lage wohl bekannt. Möge der stattliche herrschaftliche Sitz am 21. August 1907 in gute Hände kommen und das schöne Landschaftsbild erhalten bleiben.

-5. Effriuge«, 14. August. Nachdem vor kaum 3 Wochen der 11jährige Sohn des Zimmermanns I. Dengler hier durch Sturz von der Kirchhoflinde so bedauerlicherweise ums Leben kam, ereignete sich gestern ein ähnlicher Fall. Der 8jährige Knabe des Chr. Geigle, Goldschmied fiel

angeblich durch Mitschuld eines Spielkameradm von der Scheunenleiter so unglücklich auf den Hinterkopf, daß er nun hoffnungslos darnieder liegt.

Calw, 14. Aug. In große Aufregung versetzt ist die Familie Schund z. badischen Hof hier durch das spur­lose Verschwinden ihres ca. 7 Jahre alten Pflege­sohnes Ludwig Zellner. Derselbe hat sich am Montag vormittag zwischen 11 und 12 Uhr von zu Hause entfernt und ist seitdem nicht mehr zurückgekehrt, auch ist es trotz eifrigster Nachforschungen sowohl in der Nagold als auch im nahen Wald bis jetzt nicht gelungen, die geringste Spur von dem Vermißten zu finden. Nachdem die angestellten Nachforschungen, an denen sich viele Personen beteiligten, ergebnislos geblieben sind, ergeht seitens des K. Oberamts Aufforderung zu allgemeinen Nachforschungen.

r. Stuttgart, 14. Aug. Zu dem Vergiftungs-Unfall in der Familie Lorenzi in Böblingen wird uns entgegen der neuerlichen in der Presse umherlaufenden Gerüchte aus zuverlässiger Quelle mitgeteilt, daß genannter Unfall keines­wegs auf den Genuß von Milch zurückzuführen ist, da die Milch von der Frau Lorenzi selbst frisch abgekocht und auf den Tisch gebracht wurde. Von den 7 anwesenden Personen, worunter 5 nicht der Familie angehörten, haben sämtliche diese Milch genossen und nur 5 erkrankten, während die 2 übrigen vollständig gesund blieben. Dagegen scheint die Ursache der Vergiftung zweifellos in dem Genuß von sogenannten Vanille Cremeschnitten zu liegen, die als Back­werk serviert wurden. Diese Auffassung wird bestärkt durch den Umstand, daß 2 Personen, die dieses Backwerk nicht aßen, verschont blieben. Wen die eigentliche Schuld an dem Unfall trifft, muß vorläufig dahingestellt bleiben. Er­freulicherweise ist in dem Befinden der Patienten inzwischen eine Besserung eingetreten. Auch Fräulein Rossaro in Aalen ist außer Lebensgefahr, wird aber noch längere Zeit das Bett hüten müssen.

Stuttgart, 14. Aug. Der 7. Verbandstag des süd­deutschen Schuhmachermeisterverbandes fand am 11. und 12. August im Landesgewerbemuseum statt. Es ist eine regere Propaganda für den Zuzug tüchtiger Schuhmacher­gehilfen nach Süddeutschland beschlossen. Gegen das Borgunwesen wurde eine Resolution angenommen, in der das Publikum ersucht wird, die Schuhmacherrechuungen prompter zu bezahlen. Eine bessere Lehrlingsausbildung wurde als dringend wünschenswert bezeichnet.

r. Stuttgart, 14. Aug. Aus Anlaß des internatio­nalen sozialistischen Kongresses ist auf dem Bahnhof ein Empfangsbureau errichtet worden, auch sind umfassende Vorkehrungen getroffen zum Empfang, sowie zur Unter­bringung der Delegierten. Unter anderem wurden zur Ver­ständigung mit den ausländischen Kongreßteilnehmern 3 Dolmetscher aufgestellt. Es sind bereits eine größere Anzahl von Delegierten eingetroffen, namentlich aus Rußland, Holland, Belgien, Amerika und Australien. Morgen halten die Ver­treter der Holzarbeiter eine internationale Konferenz ab.

r. Stuttgart, 14. Aug. Im Anschluß an den inter­nationalen Sozialtstenkongreß findet hier vom 24. bis 28. August eine internationale Konferenz der sozialistischen Jugend­organisationen statt, der Vertreter aus Deutschland, Frank­reich, Belgien, Holland, Spanien, Italien, der Schweiz, Oesterreich-Ungarn, Dänemark, Schweden, Norwegen, Eng­land und Bulgarien beiwohnen werden.

r. Oberndorf, 15. Aug. Gegenwärtig befindet sich jier ein Major aus Paraguay, welcher im Auftrag des Präsidenten dieser kleinen amerikanischen Republik einige ausend Gewehre von der Waffenfabrik Mauser erwirbt. Die Gewehre werden von einem deutschen Büchsenmacher aus Spandau geprüft.

Ehlingen, 14. Aug. Ueber das Ergebnis der durch Obersekretär Burger vorgenommenen und nunmehr zum Abschluß gebrachten Prüfung der Geschäftsführung des verstorbenen Stadtpflegers Reiser geht der Eßlinger Zeitung folgende amtliche Mitteilung zu:Bei der Prü­fung wurden auf dem gesamten Gebiet der Amtsverwaltung

lassenen Besitztümer ist. Und mehr noch wir werden auch den Schleier lüften, der bis jetzt immer noch das in Schönetche verübte Verbrechen verhüllte; damit werden gleich­zeitig auch alle die böswilligen Schmähungen und Ver­leumdungen ein Ende finden, mit denen man versucht hat, den Charakter meines Klienten zu verdächtigen."

Der Anwalt hielt inne, um den Anwesenden Zeit zu geben, sich nach der furchtbaren Aufregung, die seine Worte hervorgerufeu hatten, zu beruhigen. Darauf fuhr er, zu dem Oberrichter gewandt, fort:

Euer Gnaden muß ich bitten, mir eine Abweichung von dem sonst üblichen Verfahren zu gestatten. Unser Hauptzeuge befindet sich im Nebenzimmer und wird auf Be­fehl erscheinen, doch stellen wir das Ansuchen, daß in diesem Falle der Name nicht genannt, sondern seine Persönlichkeit erst von dem Privatkläger und dessen Anwalt festgestellt werde."

Der Oberrichter gab seine Zustimmung, und unter einer Grabesstille öffnete sich auf einen Wink des Anwalts die Tür des Nebenzimmers.

Der stumme Zeuge.

Ein leises Geräusch ließ sich vernehmen. Dann folgten Tritte wie von Männern, die eine schwere Last tragen. Unmittelbar darauf erschienen, langsam schreitend, sechs Ge­richtsdiener mit einer Bahre, worauf ein Sarg stand, ge­folgt von Merrick und dem der Versammlung bekannten

Schreiber des englischen Advokaten, der jetzt aber die Uni­form eines Londoner Kriminalbeamten trug.

Unter atemlosem Schweigen wurde die Bahre vordem Richtertische niedergestellt, und Herr Sutherland von dem Ernste des Augenblicks erfaßt sprach mit leiser, feierlicher Stimme wiederum zum Oberrichter gewandt:

Ich bitte, Euer Gnaden, nunmehr zu gestatten, daß der Sargdeckel abgehoben werde und ich den Rechtsanwalt William Whitney zur Ablegung eines Zeugnisses an den Sarg berufen darf."

Dem Anträge wurde Folge gegeben und der Sargdeckel abgehoben.

Herr Whitney schritt langsam und sichtlich bemüht, seine Aufregung zu verbergen, zur Bahre. Als er in den Sarg blickte/ erbleichte er, fuhr unwillkürlich, einen Schritt zurück und rief mit dumpfer Stimme:

Gott und Vater! Hugh Mainwaring!" Darauf blieb er regungslos mit gefalteten Händen stehen, die Augen starr auf das Gesicht des Toten geheftet.

Im Publikum hatte seit Beginn der Szene eine nicht zu zügelnde Bewegung Platz gegriffen. Gekreisch und Aus­rufe des Schreckens wurden laut. Ohnmächtige Frauen mußten hinausgetragen werden. Eine Weile war die Ver­handlung vollständig unterbrochen. , . ^

Endlich, nachdem Ruhe und Ordnung wieder eingetreten waren, sagte Sutherland zu Herrn Whitney:

Sie erkermen also in dem Toten Hugh Mainwaring?

Ja."

"Aber auch Sie haben am Morgen des 8. Juli in

Schöneiche seine Identität mit der dort aufgefundenen Leiche festgestellt."

Allerdings. Eine wunderbare, mir ganz unerklärliche Aehnlichkeit mutz mich indessen damals getäuscht haben, denn dies hier ist ohne Zweifel Hugh Mainwaring."

Haben Sie dafür einen besonderen Anhalt?"

Jawohl. Hugh Mainwaring hatte über der rechten Schläfe ein schwaches Mal, ähnlich einer roten Narbe, die sich bis in das Haar hinaufzog. Diese war nicht immer gleich deutlich, doch aber für jeden, der sie kannte, stets be­merkbar. Gerade diese Stelle war bei dem Ermordeten von Pulver geschwärzt, und in meiner Aufregung kam mir nicht der Gedanke an das Zeichen. Jetzt aber, wo ich es wieder vor mir sehe, gibt es mir die volle Gewißheit, daß dieser Tote hier der wahre Hugh Main umring ist."

So bitte ich nunmehr Herrn Ralph Mamwarmg, sich die Leiche anzusehen," forderte Rechtsanwalt Sutherland.

Der Aufgerufene erhob sich. Ein nervöses Zucken durchlief sein Gesicht. Am Sarge blieb er wie versteinert, unfähig, sich zu rühren oder zu reden, stehen. Nm leise vermochte er die Frage:Kennen Sie dev Toten?" mit einem Stöhnen zu beantworten »nd, wie mit sich selbst sprechend, zu murmeln:

Er ist es. Das war das Unterscheidungszeichen zwischen ihnen."

Was meinen Sie damit?"

(Fortsetzung folgt.)