81- Jahrgang.
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Auflage 2600.
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Mit dem Plauderstübcheu und
Schwab. Landwirt.
170
Hlagold, Dienstag dm 23. Juki
1807
Amtliches.
Bekanntmachung.
Bezirkspolizeiliche Vorschrift, betreffend den Flaschenbierhandel.
Auf Grund des Art. 32 Ziff. 5 und der Art. 51 ff. des Polizeistrafgesetzes vom
27. Dezember 1871 (Reg.Bl. S. 391)
4. Juli 1898 (Reg.Bl. S. 149) wurde vom Oberamt am 1. Juni 1907 mit Zustimmung des Amtsvers.-Ausschusses vom 9. Juli ds. Js. nachstehendes verfügt:
8 1. Besonderer Raum.
Das Abfüllen von Bier zum Zweck des Verkaufs in Flaschen darf nur in einem besonderen, zu dieser Verrichtung bestimmten Raum geschehen.
Der Raum darf nicht zu Zwecken, die seiner Bestimmung widersprechen, insbesondere nicht als Wohn- oder Schlafzimmer oder als Küche benützt werden. Auch dürfen in demselben Gegenstände nicht gelagert werden, deren Lagerung eine Verunreinigung des Bieres im Gefolge haben kann.
8 2 Beschaffenheit des Raumes.
Der Abfüllraum muß geräumig, hell, luftig oder leicht lüstbar sein und darf nicht in der Nähe eines Aborts, einer Düngerstätte oder dergleichen liegen.
Der Boden muß zementiert oder mit anderem undurchlässigem Material gedeckt und so eingerichtet sein, daß Flüssigkeiten sich von selbst sammeln und geordnet abfließen.
Die Wände des Raumes müssen bis zur Höhe von 1 m vom Fußboden zementiert oder von solchem Material hergestellt sein, das, ohne Bestandteile abzugeben, abgewaschen werden kann.
8 3. Wasser.
In dem Abfüllraum oder in dessen unmittelbarer Nähe muß frisches Wasser in genügender Menge stets vorhanden fein.
Wasser, dessen Beschaffenheit gesundhcitspolizeilich zu beanstanden ist, darf zum Reinigen der Flaschen usw. keine Verwendung finden. Insbesondere ist cs unstatthaft, zum Abfüllungsgeschäft nötige Flaschen oder Geräte mit Wasser aus Bächen, Teichen und dergl. zu reinigen.
8 4. Abfüllgefäße.
Das Bier darf nur in Glasflaschen, nicht in Tonkrüge (Selterswafferkrüge) oder andere undurchsichtige Gefäße abgefüllt werden.
Flaschen, in welchen sich zuvor Petroleum oder andere stark riechende, ungenießbare oder giftige Flüssigkeiten befunden haben, ferner Flaschen, welche am Rande beschädigt oder zerplittert sind, dürfen zur Abfüllung von Bier nicht verwendet werden.
8 5. Abfüllapparat.
Zum Abfällen des Bieres in Flaschen muß ein besonderer Füllapparat (Syphonapparat, Patentschlauch oder dergleichen) benützt werden.
Untersagt ist insbesondere das Abfälle« mittelst Gummiröhren, die von dem Abfülleude« in den Mnnd genommen werde», nm das Bier an- zusäugen.
Alle Verzinnungen und alle Verbindungsstücke an dem Abfüllapparat, sowie die Patentverschlüsse der Flaschen müssen den Vorschriften in den 88 1, 2 und 3 des Retchs- gesetzes über den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen vom 2b. Juni 1887 (Reichs-Gesctzbl. S. 273) entsprechen.
8 6. Nötige Gerätschaften.
Als Gerätschaften zum Abfüllen muffen — abgesehen von dem eigentlichen Abfüllapparat — vorhanden sein: eine Spülmaschine mit Bürsten zum Spülen der Flaschen oder ein Gesäß mit Porzellanschroten; zwei Spülgefäße (Standen oder dergl.) von genügender Größe; ist eine Spülmaschine vorhanden, so genügt ein Spülgefäß;
ein Gestell, auf welchem die leeren gereinigten Flaschen zum Abtropfen aufgestellt werden können (Abtropfgestell).
Diese Gerätschaften müssen in dem Abfüllraum ständig aufbewahrt und dürfen zu anderen Zwecken nicht verwendet werden.
8 7. Reinhaltung des Abfüllranmes und der Gerätschaften«
Der Abfüllraum und die zum Betrieb des Flaschen- biergefchäfts nötigen Gerätschaften müssen stets rein gehalten werden. Insbesondere ist der Schlauch nach dem Abfüllen jeweils mit heißer Sodalösung zu reinigen.
Vor dem Einfüllen des Bieres müssen die Flaschen
gründlich mit heißem Wasser gereinigt werden und zwar mittelst der Spülmaschine oder mit Porzellanschroten. Die Einfüllung des Biers darf erst nach Erkalten der Flaschen vorgenommen werden.
Der Gebranch von Metallschroten ist verboten.
Bei Wiederverwendung gebrauchter Flaschen mit Ver- schlußvorrichtungen sind die letzteren möglichst vor jeder neuen Flaschenfüllung von der Flasche zu entfernen und einer hinreichenden Desinfektion (durch Auskochen in Sodalösung oder dergl.) zu unterziehen; dabei sind die Gummiringe von den Porzellanknöpfen zu entfernen.
Die Flaschen müssen vor dem Einfüllen auf das Abtropfgestell gebracht und genügend lange Zeit dort belassen werden.
Gebrauchte Korkstopfen dürfen nicht wieder verwendet werden.
8 8 . Beschaffenheit des Bieres.
Trübes, schalgewordenes oder sonst verdorbenes Bier, insbesondere Tropf- und Neigbier, darf als Flaschenbier nicht abgegeben werden (vgl. auch die Bestimmungen des Retchsgesetzes, betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, vom
14. Mai 1879, Reichs-Gesetzbl. S. 145 29. Juni 1887, Reg.-Bl. S. 276 ^
8 9 Personen, welche das Abfüllen besorge».
Personen, welche an ansteckenden Krankheiten oder an Hautausschlägen leiden, dürfen beim Abfüllgeschäft (einschließlich der Reinigung der Flaschen und Gerätschaften) nicht Mitwirken.
8 10. Polizeiliche Prüfung.
Die zum Abfüllen benutzten Räume und Geräte sind den zuständigen Polizeibeamten, welche dieselben in Zwischenräumen auf ihre vorschriftsmäßige Beschaffenheit prüfen werden, auf Erfordern vorzuzeigen.
Vorstehende bezirkspolizeiliche Vorschrift ist am 20. d. Mts. von der K. Regierung des Schwarzwaldkreises für vollziehbar erklärt worden und wird hiemit zur allgemeinen Kenntnis gebracht.
Die Schultheißenämter wollen die Bierbrauereibesitzer, Wirte und Flaschenbierhändler in ihren Gemeinden auf vorstehende bezirkspolizeiliche Vorschrift noch besonders Hinweisen und die genaue Einhaltung derselben überwachen sowie die Polizeiorgane entsprechend instruieren.
Ueber den Vollzug ist im Schultheißenamtsprotokoll Vermerk M machen.
Nagold, den 22. Juli 1907.
K. Oberamt. Ritter.
Uokitische Hleösrficht.
Während des Schnlstreiks in der Provinz Pose» waren bekanntlich in vielen Gemeinden die Schulsteuern erhöht worden, wovon auch die am Schulstreik nicht beteiligten Hausväter betroffen wurden. Nunmehr werden an letztere die Mehrbeträge zurückgezahlt.
Der Verwaltnngsrat der schweizerische« Bundesbahnen beschloß die Herstellung eines zweiten Sim- plontunnels, der als Parallelstollen zu dem bereits bestehenden Tunnel angelegt werden soll.
Die Budgtkommisfiou der französischeu Depn- tiertenkammer bewilligte außerordentliche Kredite im Betrage von 5 Millionen Frank für neue Luftschiffe und Mitrailleusen.
Im französischen Ministerrat wurde Maujan an Stelle von Carraut zum Unterstaatssekretär des Innern ernannt. General Lebon, Kommandant des 1. Korps, wurde zum Mitglied des Oberkriegsrats ernannt. An Stelle von Pendezec, der zur Reserve Übertritt, wurde Trsmeau, Kommandant des 6. Korps, zum Mitglied des Oberkriegsrats ernannt. An Stelle von Hagron, der auf sein Ansuchen zur Disposition gestellt wurde, wurde Delacroix zum Vizepräsidenten des Oberkriegsrats ernannt. Durand, Kommandant der 4. Division, wurde mit der Führung des 1. Korps beauftragt.
Die amerikanische Botschaft in Konstantinopel,
so verlautet, benützt die Gelegenheit des Bombenattentats, um ihre frühere Forderung, ein Stationsschiff zu unterhalten, wieder zu erheben.
Die Haager Friedenskonferenz.
Haag, 20. Juli. In der heutigen Sitzung der Friedenskonferenz wurde zunächst über die an die Konferenz gesandten Adressen Bericht erstattet. Dann fand der Antrag betr. die Anwendung der Genfer Konvention auf den Seekrieg mit den schon bekannten und von den Delegierten
Persiens und der Türkei gemachten erneuten Vorbehalten bezüglich des Emblems der Genfer Konvention einstimmig Annahme. Zum Schluß erinnerte der Präsident die Delegierten an die von ihnen eingegangene Verpflichtung, über die Beratungen Stillfchweigen zu beobachten, weil sich die Delegation einer Großmacht über die Veröffentlichung von Urkunden der Konferenz in v xteimo beklagt hatte. _
Parlamentarische Nachrichten.
WSrtteMbergischei; Landtag.
r. Stuttgart, 20. Juli. Die Erste Kammer erledigte in ihrer heutigen Sitzung vom Etat die Kap. 111 bis 114, 115 und 98 bis 107, genehmigte sämtliche Etatstitel und trat größtenteils den Beschlüssen des anderen Hauses zu den vorliegenden Kapiteln bei. Beim Domanen- etat wurde die Gleichstellung der Oberförster mit den Bezirksbeamten gefordert, sowie das Ersuchen an die Regierung gerichtet, die gesetzliche Ablösung der auf den Waldungen lastenden Holzberechtigungen in Erwägung zu ziehen. Fmanz- minister v. Zeh er sagte eine Besserstellung der Oberförster zu nnd führte aus, daß die Regierung schon mehrere Holz- berechtigungen auf gütlichem Wege abgelöst habe. Es sei eine offene Frage, ob die jedenfalls sehr wünschenswerte Ablösung auf gütlichem oder gesetzlichen Wege erfolgen soll. Bezüglich der Neubearbeitung der Oberamtsbeschreibungen wurde gewünscht, daß die Bücher nicht zu umfangreich würden und eine genügend hohe Auflage gedruckt wird. Beim Kap. 107 wurde beschlossen, entgegen dem Beschluß der zweiten Kammer, die gefordeten 8 neuen Hauptsteuerverwalterstellen nicht zu bewilligen, dagegen statt der geforderten 66 Stellen 74 Stellen von Fiuauzamtmännern einzusetzen. Bei Kap. 115 (Berg- und Hüttenwerke) wurde dem Anträge des anderen Hauses, die Regierung zu ersuchen, eine mit der Fortführung der Betriebe im bisherigen Umfang vereinbarliche möglichste Herabsetzung der Arbeitszeiten und Erhöhung der Löhne in die Wege zu leiten, nicht beigetreten. Die nächste Sitzung findet Montag den 22. Juli nachmittags 4 Uhr statt, mit der Tagesordnung: Kultusetat und Kap. 16—19 des Etats des Ministeriums des Auswärtigen.
r. Stuttgart, 20. Juli. Die Zweite Kammer
hat heute zunächst Anträge der Finanzkommission zum Entwurf eines Gesetzes betr. Aenderungen einiger Schulgesetze beraten und hieran im wesentlichen nur eine allgemeine Beratung geknüpft, in der namentlich zwei Fragen im Vordergrund der Besprechungen standen, einmal die Aufnahme der Lehrer unter die Staatsbeamten im Sinne des Beamten- gefetzes, sodann die eines Verbots der Annahme von Geschenken durch die Lehrer. Die erste Frage wurde von den Rednern der Volkspartei, der Sozialdemokratie und der deutschen Partei bejaht, während sich der Bauernbund der Abstimmung enthielt, das Zentrum jedoch auf einen ablehnenden Standtpunkt sich stellte. Was die Frage der Geschenkannahme betrifft, so wurde ein Antrag des Zentrums auf Wiederherstellung des Regierungsentwurfs, der dieses Verbot der Geschenkannahme ausspricht, mit 42 gegen 19 Stimmen des Zentrums bei 10 Enthaltungen abgelehnt. Minister v. Fleischhauer hatte sich mit einem Verbot der Geschenkannahme einverstanden erklärt und weiterhin dargelegt, daß die in einer Resolution beantragte Aufnahme der Lehrer in das Beamtengesetz eine Gefühlssache sei hinsichtlich der den Lehrern entstehenden Vorteile. Der Minister bat schließlich um Annahme des Entwurfs zur Besserstellung des Lehrerstandes und zur Erfüllung ihrer schönen Aufgabe. Das Haus nahm den Entwurf mit sämtlichen 77 abgegebenen Stimmen an. In der nun fortgesetzten Beratung des Postetats stand folgender von den Abg. Hieber, Liesching, Kiene und Kraut gestellter Antrag bezüglich der Frage der Portosätze im Orts- und Nahverkehr zur Debatte: „1. die K. Staatsregierung wolle vor dem 1. April 1908 kerne Aenderung der Portotarifsätze im Orts- und Nachbarortsverkehr vornehmen; 2. die K. Staatsregierung zu ersuchen, für den Fall, daß eine Erhöhung des Portosatzes für Postkarten unvermeidlich ist, für Postkarten im Orts- und Nachbarortsverkehr den Portosatz nicht von 5, sondern höchstens von 3 ins Auge zu fassen und im Benehmen mit der Reichspostverwaltung aus Beseitigung einiger weiterer Unebenheiten bei der Tarifierung von Drucksachen, Geschäftspapieren und Warenproben hinzuwirken". Im Laufe der Debatte fand dieser Antrag nur von sozialdemokratischer Seite Widerspruch. Dr. Lindemann (Soz.) trat nämlich für die Beibehaltung der jetzigen Sätze ein. Seine Fraktion wolle die Tariferhöhung allerdings nicht für alle Zeiten verhindern, aber jetzt sei eine solche Tariferhöhung nicht nötig. Ministerpräsident von Weizsäcker betonte, daß es sich nicht um eine politische,