8j. Jahrgang.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier 1 mit Trägerrohn 1.20 *«,irn Bezirksund 10 Lw-Verkehr 1.28 im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonnements nach Verhältnis.
tt GkjklljWn.
Ms- Md AiM-SIM flr dm ' -örmk AizÄ.
Aerrrfprechev Wr. LV.
Nevnfprecher Mr. LS.
Auslage 2600.
Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile auS gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Mil dem Plauderstübchea und
Echwäb. Landwirt.
i64
Nagold, Dienstag den 16 . Auk
1A17
WoMifche HleSerrficht.
Der Staatssekretär des Reichskolomalamts Dernburg hat mit dem Chef des Kommandos der Schutztruppen, Oberstleutnant Quade, dem Geh. Baurat Woltzer und dem Rittmeister Grafen Henckel von Donnersmark die Ausreise nach Deutsch-Ostafrika angetreten.
Bayer» denkt nicht daran, die vierte Wagenklasse einzuführen. Im Eisenbahnrat erklärte der VerkehrSminister v. Frauendorser u. a., daß man mit der Neuregelung im allgemeinen gute Erfahrungen gemacht habe. Die Nichteinführung der 4. Wagenklasse habe zu keinen Anständen geführt, wohl aber erhebliche Ersparungen veranlaßt. Man werde an der Nichteinsührung der 4. Wagenklasse festhalten.
Das ungarische Abgeordnetenhaus hat sich bis zum 10. Oktober vertagt. Dem Haus ist vorher noch eine Vorlage zugegangen, durch welche die Erwerbssteuer für die niedrigste Klasse der Steuerträger aufgehoben und für die zweitniedrigste Klasse ermäßigt wird. — Im Magnatenhaus gaben die Kroaten bei der Verhandlung über die Dienstpragmatik der Staatsbahnbeamten durch einen der ihrigen die Erklärung ab, sie könnten an der Beratung dieser Vorlage nicht teilnehmen, weil sie die Herrschaft der kroatischen Sprache in Kroatien beseitige und somit den Ausgleich verletze. Der Handelsminister Kussuth erwiderte, es sei kein Angriff auf die kroatische Sprache erfolgt; die Anwendung derselben sei sogar durch diese Vorlage ausgedehnt worden. Er bedauere, daß durch diese irrige Anschauung das gute Einvernehmen mit Kroatien vorübergehend gestört worden sei, um so mehr als Ungarn die lebhafteste Sympathie für Kroatien empfinde, mit dem es durch vielhundertjähriges gemeinsames Schicksal verbunden sei. Die Kroaten verließen darauf den Sitzungssaal. Die Vorlage wurde angenommen.
Der französische Antimilitarist Prof. Herv6
hat die Antimiliraristen ersucht, gelegentlich des Nationalfestes am 14. Juli sich nach dem Paradefeld Lonchamps zu begeben, um dort die Minister Clemenceau, Briand und Picquard auszupfeifen und die Meuterer des 17. Regiments zu feiern. Als Erkennungszeichen sollen die Antimilitaristen ein rotes Abzeichen mit der Nr. 17 im Knopfloch tragen.
Die belgische Regierung hat an die Regierungen der Signatarmächte der Brüsseler Konvention die Aufforderung gerichtet, sie davon in Kenntnis zu setzen, ob ihnen der 25. Juli als Zeitpunkt für den erneuten Zusammentritt der permanenten Zuckerkommission genehm sei, die während ihrer Tagung die Frage erörtern soll, ob die von den englischen Vertretern auf der Juniversammlung zum Ausdruck gebrachten Wünsche annehmbar seien.
Das Bündnis zwischen Italien und Oesterreich- Ungarn verlängert.
Berlin, 13. Juli. Aus Wien erhält die Vosfische Zeitung nachstehende bedeutungsvolle Meldung: Amtlich
wird mir mitgeteilt: „Das Bündnis zwischen Italien und Oesterreich-Ungarn war bis Juni 1908 abgeschlossen. Es wurde damals festgesetzt, daß das Bündnis im Juni 1907 mit einjähriger Frist gekündigt werden müsse, andernfalls es stillschweigend auf 6 Jahre bis 1914 verlängert werden solle. Dieser Zeitpunkt ist eingetreten, die Kündigung ist unterblieben. Der Dreibund gilt somit bis 1914." Die Vosfische Zeitung bemerkt hiezu: Die Kündigung ist nicht erfolgt, ein Beweis, daß die verbündeten Regierungen auch an der Fassung der Verträge nichts auszusetzen haben und sie in keinem Punkte zu ändern wünschen. (Mpst.)
Ei» Flottenskandal?
Newyork, 13. Juli. Von einem bevorstehenden Flotten-Skandal in den Vereinigten Staaten wissen Newyorker Blätter zu berichten. In einem diesem Gegenstand betreffenden Artikel weist der Newyorker „Globe" auf den Bericht des Marineblattes „Navy" hin. Darnach hätten die amerikanischen Linienschiffe „Kearsarge" und „Kentucky" vor der Europareise evidente Fehler an den Geschütztürmen durch angestrichene Holzpanzer verdeckt. Ueberhaupt werde die Flatten-Gefechtsstärke zu hoch angegeben. Die Manöver im Stillen Ozean kritisiert „Navy" als ungeschickt und amateurhaft arrangiert.
Parlamentarische Nachrichten. WürttemSergischer Landtag.
r. Stuttgart, 13. Juli. Die Zweite Kammer hat
heute in Anwesenheit sämtlicher Minister und bei starker Besetzung der Zuhörertribüne die Beratung der Beamtenvorlage begonnen. Ministerpräsident v. Weizsäcker schickte einige Vorbemerkungen voraus in denen er betonte, daß die Vorlage vorgesehen hatte einen Mehraufwand für 1907 von 4 436000 für 1908 von 3 756000 die Kommission sei darüber hinausgegangcn um 1716000 bezw. 1544000 Die Staatsregierung stimme der neuen Bearbeitung der Vorlage zu und bitte auch, das Haus um Zustimmung, ohne einen Nachtragsetat einzubringen, doch soll dieses verkürzte Verfahren kein Präjudiz sein. Die Regierung betrachte sich als geborene Hüterin der Beamteninteressen und bedaure deshalb auch die zunächst gegen die Vorlage gemachten Kundgebungen, die teils aus Mißverständnissen, teils auf unliebsamer Agitation beruhten. Die Vorlage bringe einen wesentlichen segensreichen Fortschritt, bei dem es sich nicht bloß um bare Summen handle, sondern auch um eine ausgiebige Sorge für Alter, Krankheit und die Hinterbliebenen. Der Berichterstatter Liesching (Vp.) erstattete ein 1 '/-ständiges Referat über die Arbeiten und Beschlüsse der Kommission und betonte die Notwendigkeit, sich bei einer solchen Vorlage der Verantwortung gegenüber dem ganzen Volk bewußt zu sein. Die Aufbesserungen, die der Etat im ganzen bringt, gab er mit rund 8 Mill. an; nehme man die Fülle der Verbesserungen zusammen, so könne von Enttäuschung oder Erbitterung der Beamten keine Rede
sein. Die Zahl „70 ^", die sich als Aufbesserung wie
ein roter Faden durch die ganze Vorlage zieht, entspreche dem Mehraufwand einer fünfköpfigen Familie infolge der Lebensmittelteuerung. Eine Verbesserung der Wohnungen sei den Beamten zu wünschen nicht bloß weil gut gewohnt halb gelebt sei, sondern auch, weil eine gute Wohnung dazu veranlasse, abends weniger'auszuziehen. Der Berichterstatter begründete dann die bereits bekannten, von der Kommission gefaßten Beschlüsse, denen folgende Leitsätze zu Grunde liegen: 1) Die Verteuerung der Lebensmittel bedingt eine Besserstellung sämtlicher Beamten, Lehrer und Geistlichen, welche auf den jährlichen Betrag von 70 ^ festzusetzen und den Beamten mit Wohnungsgeld in der Form des erhöhten Wohnungsgeldes zu gewähren ist; 2) In den Ortsklassen I und ll ist eine solch erhebliche Steigerung der Wohnungsmieten eingetreten, daß bei diesen Klassen eine Erhöhung des Wohnungsgelds auch über die Besserstellung von 70 ^ hinaus gerechtfertigt erscheint. Der Redner schloß mit dem Hinweis darauf, daß die beschlossenen Ausgaben durch ordentliche Einnahmen des Staats gedeckt werden sollen. Der Mitberichterstatter Dr. Lindemann (Soz.) legte den Standpunkt der Kommissionsminderheit dar, die sich namentlich gegen die Verkoppelung der Teuerungszulage mit dem Wohnungsgeld wandte. Der Abg. Rembold- Gmünd (Ztr.) betonte die Notwendigkeit der Besserstellung und wies auch auf den großen Abstand des Beamtengehaltes von dem der Angehörigen gebildeter Stände hin. Das Volk werde einen ernsthaften Widerspruch gegen eine Verbesserung der ökonomischen Lage der Beamten nicht einzuwenden vermögen. Die Beamten möchten sich aber auch vor Augen halten, daß die Stände mit den gegebenen Mitteln zu rechnen haben. Gewisse Unebenheiten seien wohl vorhanden, doch ließen sich diese nie ganz beseitigen. Seine Partei stimmte daher den Kommisstonsvorschlägen ohne weitere Beratung zu. In ähnlichem Sinn sprach sich auch der Abg. Mayer (Vp.) aus, der besonders hervorhob, daß ein Haltmachen mit der Aufbesserung bei den höheren Beamten eine Ungerechtigkeit sein würde. Auch Dr. Hieb er (D. P.) erklärte die einmütige Zustimmung seiner Partei zu den Kommissionsbeschlüssen. Die Bedeutung der Vorlage, namentlich in sozialer Hinsicht, sei anfangs nicht voll erkannt worden. Die Beamten müßten auch an die nichtbeamteten Steuerzahler denken. Ein treuer Stamm zufriedener Staatsdiener sei eines Opfers des Volkes wert. Abg. Kraut (B.K.) erklärte hierauf die Zustimmung seiner Freunde. Der Regierung müsse ob des weitgehenden Entgegenkommens des Hauses daS Herz im Leibe lachen. Der Abg. Keil (Soz.) begründete die Stellungnahme seiner Partei für die Kommissionsbeschlüsse und für den Verzicht auf Spezialberatung. Finanzminister v. Zeyer sprach seine Freude aus über die Annahme der Vorlage und erklärte, daß seine anfänglichen finanziellen Bedenken wegen der Kommisstonsbeschlüsse zerstreut seien und er die Verantwortung für die finanzielle Wirkung übernehmen könne. Zum Schluß gab noch der Abg. G r a f (Ztr.) seinem Bedauern darüber Ausdruck, daß die Rückwirkung nicht weiter habe ausgedehnt werden können.AmDienstagnachm.wird dieBeratungfortgesetzt.
Das Testament des Bankiers.
Kriminalroman von R. M. Barbonr. »utortstnt. — Nachdruck? verboten.
(Fortsetzung.)
Der Kampf beginnt.
Als erster Zeuge wurde James Wilson aufgerufen.
„Herr Zeuge," begann der Vorsitzende nach den gl wöhnlichen Vorfragen, „Sie sollen mehrere Jahre bei Herr Ralph Maxwell Mainwaring, dem Unterzeichner dieses Tests ments, in Dienst gestanden haben; ist das richtig?"
„Jawohl."
"Wie lange und in welcher Eigenschaft war das?"
„Ich war sein Kammerdiener von seinem 25. Iah ms zu seinem Tode. Das sind etwas über 35 Jahre."
„Ist Ihnen bei dem eben verlesenen Dokument etwa in Erinnerung gekommen, was Sie schon früher gehöl haben?
„O ja. Es sind freilich schon fünfundzwanzig Iah: her, aber heute noch ist mir jene Nacht vom 17. November in der mein Herr starb, vollständig gegenwärtig. Ich wa rm Zimmer, als er das Testament machte, hörte wie e es dem Advokaten diktierte und wie dieser es dann noc einmal vorlas, ehe es unterzeichnet wurde."
„Wer schrieb es?"
James Wilson zeigte auf Hobson. „Der Mann dori Richard Hobson."
„Sie erkennen ihn ganz bestimmt wieder?"
„Ganz bestimmt," gab der Alte mit Nachdruck zurück. „Wenn so einer einem auch nur einmal unter die Augen kommt, vergißt man ihn nicht so leicht."
„War er der Anwalt Ihres verstorbenen Herrn?"
Wilson schüttelte mit geringschätzigem Lächeln den Kopf. „Nicht doch. Sein Anwalt war der ehrenwerte Herr Alfred Barton, der Vater" — er machte eine bezeichnende Verneigung gegen Herrn Barton — „von jenem Herrn dort. Dieser Richard Hobson war damals Schreiber im Bureau des alten Herrn Barton und wurde in der Not geholt, weil sein Chef augenblicklich verreist und der Sterbende ungeduldig war, seine Absicht auszuführen."
„Ist Ihnen bekannt, ob irgend jemand Herrn Mainwaring beeinflußt hat, sein früheres Testament umzustoßen?"
„Wenn dies der Fall gewesen wäre, würde ich es wissen. Nein', er tat es nur, weil sein Gewissen ihn quälte. Er war ja drei bis vier Jahre sehr böse auf den jungen Herrn Harold, dann aber peinigte ihn der Gedanke, daß er ihn enterbt hatte. Ich merkte das recht gut, durste aber nie etwas sagen, weil er verboten hatte, den Namen des jungen Herrn vor ihm zu nennen. Doch war dieser immer sein und unser aller Liebling gewesen. Na, und als er merkte, daß er sterben würde, da drückte es ihm das Herz ab, sein Unrecht wieder gut und ein anderes Testament zu machen. Herr Hugh suchte die Unruhe und Angst des Todkranken zu beschwichtigen und sagte zu uns, er rede irre, wenn er immerzu nach dem Notar verlangte; es nutzte ihm aber nichts, der Herr wurde immer aufgeregter, der Wagen mußte abgeschickt werden, Md als dieser ohne den Notar zurückkam,
mußte er gleich wieder nach der Stadt, und da brachte er den Herrn Hobson mit. Nun mußte ich dem Kranken die Kopfkissen so rücken, daß er in eine halbsitzende Stellung kam, und wie das in Ordnung war, richtete er seine glühenden Blicke auf den Schreiber und begann mit seinen letzten Kräften zu diktieren. Herr Hugh befahl mir, das Zimmer zu verlassen, der Kranke aber gab mir ein Zeichen, zu bleiben, und so versteckte ich mich unbemerkt hinter dem Bettvorhang und sah und hörte alles, was geschah."
„Wer befand sich sonst noch im Zimmer?"
„Nur noch ein alter Freund des Herrn, Herr Butler."
„Kein Arzt?"
„Nein. Es waren wohl mehrere Aerzte im Hause, aber zu der Zeit nicht im Zimmer."
„Wann starb Herr Mainwaring?"
„An demselben Morgen um 5 Uhr. Nachdem er sein Gewissen erleichtert hatte, ging es schnell mit ihm zu Ende. Er schlief ruhig Md zufrieden ein."
„Was geschah mit dem Testament?"
„Herr Hobson nahm es mit."
„Haben Sie alsdann noch erfahren, wo dieser es niederlegte?"
„Nein."
„Nun treten Sie einmal näher," fuhr der Vorsitzende sott, indem er dem Zeugen das Testament hinhielt. „Sehen Sie sich die Unterschriften genau an. Können Sie eidlich erhärten, daß dies die Unterschrift Ihres ehemaligen Herrn und die der anderen beiden Unterzeichner ist?"
(Fortsetzung folgt.)