alter. Die Affäre sei schon oft im Reichstage behandelt worden. Man könne nur bedauern, daß eine Vorlage über diese spruchreife Materie dem Hause nicht schon längst vor­gelegt worden. In Bezug auf die Haftung des Staates für Versehen etc. von Beamten müsse ein einheitliches Recht in Deutschland geschaffen werden. Auch die Forderung, daß der Zepgmszwang aufgehoben werde, sei eine alte. Dem Jmmunitätsantrage stimmten seine Freunde zu. Sie hielten es richtig, daß dem weiter gehenden Anträge Albrecht ge­mäß ebenso wie den Reichstags-Abgeordneten auch den LandtägsabgeorVneten das Zeugnisverweigerungs-Recht zu­stehen muß. Redner spricht sich dann noch gegen die Adik- kessche Reform Ms, gegen das zu weit getriebene Prinzip des Einzelrichters.

Staatssekretär Nieberdiug. Der Gesetzentwurf wegen der Bauhandwerker sei dem Hause diesmal blos mit Rück­sicht auf die Geschäftslage nicht wieder vorgelegt worden. Sobald die Geschäftslage es erlaube, werde der Entwurf einer der ersten sein,, die dem Hause zugehen. Was die Haft­ung des Reiches und des Staates für die Beamten anlange, so stehe die Regierung nach wie vor auf dem Standpunkte, daß das Reich auch einzutreten habe für seine Beamten, daß dagegen das Eintreten für Beamten der Staaten Sache der Landesaesetzgebung ist. In Preußen sei ein Gesetzentwurf wegen der Haftung des Staates in Vorbereitung. Man sehe also, die Sache sei nicht im Einschlafen. Was den Zeugniszwang der Presse anlange, so könne das Haus über­zeugt sein, haß dem Reichskanzler nichs weniger erwünscht ist, als eine chikanöse Behandlung der Presse. Bei Reform der Strafprozeßordnung werde auch diese Frage entsprechend geregelt werden. Was möglich sei, um die Strafprozeß­reform vorwärts zu bringen, geschehe, aber man müsse den Faktoren, die damit zu tun haben, Zeit lassen. Die Re­gierung werde jedenfalls alles tun, sobald wie möglich die Entschließung der verbündeten Regierungen darüber herbei­zuführen. Zur.Frage der Reform des materiellen Straf­rechts erklärt der Staatssekretär, daß zwischen der preußischen und benschen Regierung eine Einigung über die Einsetzung einer Kommission zustande gekommen sei und die Zusammen­setzung dieser Kommission werde alle die Garantien bieten, die die Herren, welche die Anregung zu dieser Reform ge­geben haben, gewünscht hätten. Eine Vereinfachung des Amtsgerichtsverfahrens sei beabsichtigt. Ein Entwurf werde dem Hause in der nächsten Session zugehen. Auch eine Erweiterung der Kompetenz werde sich da nicht umgehen lassen. _(Forts, folgt).

Gages-Meuigkeiten.

Ass Stadt md Land.

Na-old, >8. April.

Sommer-Orientfahrten t»O7. Die 21. Ferien­reise beginnt .am IE Juli in Triest bezw. am 11. in Kon- stantinopel und führt nach Beirut, Baalbek, Damaskus, Liberias, Kana, Nazareth, Haifa, Jerusalem, Unter-, und Oberaegypten. Wer nur Aegypten besuchen will, verläßt 14 Tage später Triest oder Neapel und schließt sich in Kairo der Reisegesellschaft an. Auf der Rückreise werden die großen DampferSchleswig".Roon" MdGneifenau" des Norddeutschen Llojw benutzt. Die Augustfahrt findet 4 Wochen nach der Jukireise statt. Die Herbst-Orientfahrt beginnt am 18. September in Triest und führt direkt nach Syrien-Palästina und weiter nach Kairo-Lnxor-Assuan. Das ausführliche Programm sämtlicher Fahrten ist kostenlos von der Reiseleitung (Jul. Bolthausen in Solingen) zu beziehen.

Atteufteig, 22. April. Der König hat dem Flaschner­meister Franz, Müller hier für die mit eigener Lebens­gefahr ausgeführte Rettung eines Menschen vom Tode des Ertrinkens die Rettungsmedaille in Silber verliehen.

Wildberg, 23. April. Zu der Holzbronner Affäre wird uns mitgeteilt, daß Kronenwirt Mann von Holzbronn Montag abend 5 Uhr Ms der Untersuchungshaft entlassen wurde. Die gestrige gerichtl. Untersuchung an Ort Md Stelle hat ergeben, daß Kronenwirt Mann an dem Tode seines Bruder keine Schuld trägt.

r. Stuttgart, 20. April. Die diesjährige Landes­versammlung des Württ. Gymnasiallehrervereins findet am Samstag, 4. Mai hier im Stadtgarten statt. Auf der Tagesordnung steht u. a. ein Vortrag von Professor Dr. Ludwig-Stuttgart überBürgerkunde im Gymnasialunter­richt," sowie die Frage der Vereinigung des Württ. Gym- nafiallehrervereins und des Vereins realistischer Lehrer Württembergs.

r. Stnttgart, 22. April. Der württ. Brauertag findet hier in der Liederhalle vom 2.-4. Juni statt. Auf der Tagesordnung steht u. a. ein Vortrag über das Thema Wie kann sich der Klein- und Mittelbrauer konkurrenz­fähig erhalten".

r. Stuttgart, 22. April. Der Pferdemarkt, der heute seinen Anfang nahm, weist eine starke Zufuhr auf. Es find gegen 1100 Pferde zum Verkauf geboten. Schon in den ersten Marktstunden herrschte ein recht lebhafter Ver­kehr. Im Laufe des Vormittags wurden von der Kom­mission die für die Pferdemarktlotterie bestimmten Pferde angekauft. Bei der Prämierung von Wagen und Sattler­waren erhielten Auszeichnungen: a) für Wagen: Emil Haas- Stuttgart, Friedrich Reuter-Stuttgart, Gebrüder Ottenbacher- Biberach, L. Diem-Heilbronn, Friedrich Barth-Heilbronn, I. Ott-Kirchheim u. T., Gebr. Hörger-Lorch, Emil Sautter- Pfullingen, Eberhard Wendler-Reutlingen, G. Raiser-Rom- melsbach. K) Für Sattlerwaren: Buchmüller-Stuttgart, Karl Dahlmann-Stuttgart, Friedrich Körner-Stuttgart, I. Weiß-Stuttgart, Heinrich Stürner-Aidlingen. Eine Reihe von Ausstellern erhielt Geldbeträge als Entschädigung.

Die vom Verein für Fremdenverkehr zur Wieder- § belebung einer alten Sitte für den diesjährigen Pferdemarkt wieder angeregte Wagenauffahrt, fand heute nachmittag auf dem Schloßplatz statt. Der König und die Königin sahen per Auffahrt vom Balkon des Residenzschlofles aus zu. Die hiesigen Brauereien und Fuhrgeschäste führten hübsch bespannte Zwei- Vier- und Sechsspänner vor, das städtische Reinigungsamt war mit Gieß- und Reinigungswagen ver­treten, die Berufsfeuerwehr rückte mit einem Reservelöschzug und mit der Wasserwehr aus. Die Milchzentrale zeigte einen Milchwagen mit einer schmucken Bäuerin auf dem Bock. Auch Kraftfahrzeuge waren vertreten, Breaks, Chaisen und Ponygefährte. Während der Auffahrt spielte die Kapelle der Königsdragoner.

Stuttgart, 22. April. Wie das Neue Tagbl. hört, beabsichtigen außer Kommerzienrat Heinrich Otto auch Prof. Dr. Eberhard Fraas und Konsul Albert Schwarz aus Anlaß der Wrikareise des Kolonialdirektors Geh. Rat Dernburg sich nach den Kolonien zu begeben. Es soll hauptsächlich das Gebiet am Viktoria Nyanza bereist werden.

r. Stuttgart, 20. April. (Haudelskammev Stutt­gart). Unter dem Vorsitz des Geh. Kommerzienrats von Widkmann fand am 17. d. Mts. eine Sitzung der Handels­kammern statt. Der Rechenschaftsbericht für das Jahr 1906 und der Etat für das Jahr 1907 fanden Genehmigung. Hauptgegenstand der Beratungen bildete die Frage der Rheinschiffahrtsabgaben und des Großschiffahrts­weges auf dem Neckar. Die preußischen Vorschläge, welche eine Schiffahrtsabgabe ausschließlich für Zwecke der Verbesserung des Schiffsweges gewährleisten und für Würt­temberg eine ins Gewicht fallende Quote für den Neckar in Rechnung zu nehmen, veranlassen die Kammer, von ihrem seither allen Rheinschiffahrtsabgaben abholden Standpunkt abzugehen. Sie spricht sich für den Beitritt zur geplanten Konvention aus unter der Voraussetzung, daß verfassungs­mäßige Rechte gewahrt, württembergischer Anteil an den Abgaben gesichert Md die Schiffahrt auf dem Neckar für den Verkehr mit Schiffen von mindestens 1000 bis 1200 Tonnen ermöglicht wird. Weitere Beratungen knüpften sich an die Auswüchse und Mißstände auf dem Gebiet der Privathandelsschulen. Die Kammer würde ein Mittel hiegegen in dem Erlaß einer gesetzlichen Bestimmung er­blicken, dahingehend, daß derartige Handelsschulen, aus­drücklich die BezeichnungPrivathandelsschulen" zu führen hätten. Ferner erklärt sich die Kammer bereit, eine Beweg­ung für Abänderung der Reichsgewerbeordnung zu unter­stützen in dem Sinne, daß die Leiter der Privathandelsschulen der staatlichen Konzesstonspflicht zu unterstellen wären. Von bemerkenswerten Einläufen seien erwähnt: Eine Eingabe des Verbands der Vereine Kreditreform betr. Abänderung, bezw. Ergänzung der Konkursordnung, wonach im Interesse des Geschäftsverkehrs auch in Fällen, wo eine zur Durch­führung des Konkursverfahrens genügende Masse nicht vor­liegt, der Ablehnungsbeschluß auf Staatskosten öffentlich bekannt gegeben werden soll, beschloß die Kammer im Ein­klang mit der Stellungnahme des deutschen Handelstags zu unterstützen. Ebenso sprach sich die Kammer zu einer weiteren Eingabe des genannten Verbands betr. Erleichterung der Einsichtnahme der Manifestantenlisten im zustimmenden Sinne aus. Ferner befürwortet sie mit Rücksicht auf die Nachteile der schwankenden Osterfesttermine für die Geschäfts­welt die Festlegung des Osterfestes. Weitere Einläufe , betrafen das Verzollungsverfahren in Oesterreich-Ungarn, die Behandlung deutscher Ursprungszeugnisse seitens der französischen Zollverwaltung, Zulassung von Briefumschlägen mit durchscheinender Adresse u. s. f.

Das 8. Stuttgarter Mufikfest wird ein stattliches Aufgebot an Chorkräften entfalten. Der Verein für klassische Kirchenmusik, der Neue Singverein, Lehrergesang­verein, Schubertverein und der Kgl. Hoftheaterchor, zusam­men etwa 475 Sängerinnen und Sänger, sind schon an der Arbeit, unter Leitung ihrer Dirigenten die umfangreichen Chornummern einzuüben. Außer dem Messias von Händel stehen auf dem Programm: die großartige Kantate Ein' feste Burg, von Bach, das glanzvolle Neclsum Bruckners als Abschluß seiner 9. Sinfonie), Prof. Seyffardts Schick- alsgesang und der Teillefer von R. Strauß. Das Orchester stellt die verstärkte Hofkapelle (etwa 9b Mitwirkende). Im Messias, in der Kantate und im Tsäsum wird die schöne Orgel ves Liederhalle-Festsaäls mitbegleiten, gespielt von Prof. H. Lang. Bei Zeiten soll das Programmbuch von Dr. Karl Grunsky im Druck erscheinen, das Texte, Erläu­terungen usw. enthält und die Vorbereitung auf die Genüsse des Festes erleichtern wird.

r. Stuttgart, 22. April. An den Fahrkartenschaltern wird an das Publikum eine Drucksache abgegeben, die den neuen Eisenbahn-Personen- und Gepäcktarif enthält, der mit dem 1. Mai in Kraft tritt.

r. Stuttgart, 19. April. Der Dürerbund (Vorsitzen­der Ferdinand Avenarius in Dresden, Geschäftsstelle in München) umfaßt jetzt 103 Vereine und 2858 Einzelmit­glieder. Der Verein, welcher sich die Pflege ästhetischer Kultur zur Aufgabe macht und sehr beherzigenswerte Ver­öffentlichungen bietet, will jetzt zu Preisausschreiben, Aus­stellungen usw. schreiten.

r. Tübingen, 22. April. Sicherem Vernehmen nach ist der Bau der schon bei Herrenberg in Angriff genommenen Bahn durchs Ammertal mit Durchstich des hiesigen Schloß­berges (Tunnel) nun Tatsache geworden. Mit dm Vorbe­reitungen zum Tunneldurchbruch soll bald begonnm werden. Damit wäre der Agitation für eine Uebftführung der Bahn- trace über Wurmlingen(Rottenburg)Hirschau ein Ende gemacht.

Balingen, 19. April. Die württ. Textilarbeiter sind in eine Lohnbewegung eingetreten. Der Verbands-

Gauleiter hat den Industriellen die Forderungen der Ar­beiter unterbreitet. Die Hauptforderung besteht in der Ab­schließung eines Tarifvertrags. Daneben wird u. a. acht­tägige Lohnzahlung, zehnstündiger Arbeitstag (in den meisten Betrieben bereits durchgeführt), Lieferung der Nadeln durch den Fabrikanten, 20prozentiger Aufschlag für die Ueber- stunden, gleiche Bezahlung für alle Maschinensysteme gefordert. Die Textilindustriellen der südlichen Landeshälfte Habens,, einer Versammlung zu Ebingen über diese Forderungen be­raten und die Bereitwilligkeit zu einem Entgegenkommen ausgesprochen. -Dagegen lehnen es die Industriellen, die sich solidarisch erklärten, ab, mit dem Verbandsgauleiter zu ver­handeln und fordern die Arbeiter auf, durch Arbeiteraus- schüsie ihre Forderungen zu stellen und Verhandlungen an­zubahnen. Im einzelnen sind die Fabrikanten zu Lohner­höhungen geneigt, wenn auch nicht in dem geforderten Um­fang. Sie weisen darauf hin, daß die Textillöhne des süd­lichen Württemberg höher sind als diejenigen des nördlichen. Die Preise für die Nadeln sollen ermäßigt werden; bei Frei­lieferung befürchten die Fabrikanten Mißbrauch. Die acht­tägige Lohnzahlung soll einstweilen abgelehnt werden, doch stellt die Unternehmerorganisation jedem einzelnen Mitglied die Handhabung frei. Ein Ueberstundenaufschlag wird akzep­tiert; die gleiche Maschinenbezahlung ist in vielen Fabriken bereits durchgeführt, fodaß diese Frage keine Schwierigkeiten bietet, sowenig wie die Frage des zehnstündigen Arbeits­tages. In einzelnen Fabriken wurde bei der Uebergabe der Forderungen auch gleichzeitig eine 20prozentige Erhöhung der Taglöhner- und Nähterinnenlöhne gefordert. Auch die Metallarbeiter bereiten eine Lohnbewegung vor.

r. Ludwigsburg, 19. April. Für die am 1. Juni zu eröffnende Wirtsausstellung hat das Ministerium des Innern die Ausgabe von 10000 Losen 4 1 für den Neckarkreis gestattet. Der zur Verfügung stehende Rauni ist an etwa 100 Aussteller vergeben. Die Pläne für die Ausstellung, die Ausschmückung des Rathauses rc. stammen von Stadtbaumeister Ottenbacher, besonderer Nachdruck soll auf eine gefällige Innendekoration der Turnhalle und des großen Wirtschaftszeltes gelegt werden. Das Plakat wird nach einem Entwurf von Maler Nopper hergestellt. Die Gesamtleitung des Unternehmens ist Gemeinderat Hoffmeister übertragen worden.

r. Rottweil, 22. April. Das Gauturnfest des oberen Schwarzwaldgaues wird dieses Jahr in Altstadt-Rottweil abgehalten. Als Festtag ist der 21. Juli in Aussicht ge­nommen.

r. Göppingen, 22. April. Ein Werkstattbrand brach am Samstag abend in dem Webutenfiliengeschäft von Schlatter auf dem Schillerplatz aus. .DaS Feuer entstand im Trockenraum gegen abends '/,7 Uhr. Der dem Lösch­zug vorausfahrende Feuerwehrmann, der mit dem Minimax­apparat ausgerüstet war, war sofort zur Stelle und konnte mittelst des Apparates das Feuer sofort löschen. Die Lösch­mannschaft, die sogleich zur Stelle war, fand nichts mehr zu tun vor, so daß sie wieder einrücken konnte.

r. Ellwangeu, 22. April. jHeute früh fand man einen Knecht in der Brauerei Fuchs tot auf einem Wagen liegen. Er scheint infolge eines Fehltritts durch das Balkenloch in die, Scheune abgestürzt zu sein.

Gerichtssaal.

r. Stuttgart, 19. April. (Oberkriegsgericht). Die zahlreichen Soldatenmißhandlungen, denen sich der frühere Vizefeldwebel der 4. Kompanie des Infanterie-Regiments Nr. 127, nunmehriger Eisenbahnschaffner Schilling in den Jahren 1901 u. 1902 schuldig gemacht hatte, beschäftigten das Oberkriegsgericht zufolge erhobener Berufung in mehrtägiger Verhandlung. Schilling war bekanntlich vom Divisions­gericht in Ulm neben Degradation zu 1 Jahr 4 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er hatte besonders während der Rekrutenausbildung die Untergebenen mit Stöcken nnd mit dem Degen geschlagen, die Leute mit Erstechen bedroht, als Strafe öftersGewehrpumpen" und Kniebeugen bis zur Erschöpfung der Leute üben lassen. Einem Untergebenen versetzte er mit dem versorgten Degen einen Schlag auf den Hinterkopf, fodaß der Geschlagene auf den Boden stürzte. Gegen das Urteil legte Schilling Berufung ein und zwar hinsichtlich der Schuld- und Strafftage, ebenso der Gerichts­herr zu Ungunsten des Angeklagten. Da Schilling Unzu­rechnungfähigkeit geltend machte, wurde er zur Beobachtung seines Geisteszustands in die Anstalt Winnental eingewiesen. Außerdem wurde das Gutachten einer militärärztlichen Kom­mission eingeholt, das üngünstig für den Angeklagten lautet. Bei der Verhandlung vor dem Oberkriegsgericht wurden zwei Sachverständige, sowie eine größere Anzahl Zeugen vernommen. Der Vertreter der Anklage charakterisierte Schilling als Soldatenschinder, er sei der Schrecken seiner Kompanie gewesen. Er halte die vom Gericht 1. Instanz ausgesprochene Strafe als eine entsprechende Sühne. Nach längerer Beratung erkannte das Oberkriegsgericht gleichfalls auf 1 Jahr 4 Monate Gefängnis, wovon 1 Monat für Untersuchungshaft abgeht.

Harburg, 16. April. Im Sommer 1905 erregte es in Harburg großes Aussehen, daß 101 Mitglieder eines hiesigen Turnvereins je in eine Geldstrafe von 3 Mk. ge­nommen wurden, weil sie ohne ausdrückliche polizeiliche Er­laubnis bet der Rückkehr von einem auswärtigen Turnfeste vom Hauptbahnhofe aus geschlossen durch die Stadt marschierten. Der Vorstand des Vereins hatte den Hinmarsch nach dem Bahnhofe angemeldet, jedoch nicht aus­drücklich den Rückmarsch. Die Turner weigerten sich nun, die Strafe zu zahlen, und beantragten gerichtliche Ent­scheidung. Es wurde jedoch in allen Instanzen bis zum Kammergericht gegen die Turner entschieden. Diese wandten