Kaiserzug ging am 17. Oktober mittags von Taranowka ab und entgleiste zwischen hier und Borki auf einer durch eine ziemlich tiefe Schlucht führenden Strecke. Während der Entgleisung befanden sich der Kaiser und die Kaiserliche Familie mit dem Gefolge beim Frühstück im Speisewaggon. Als der erste Wagen des Zuges entgleiste, entstand ein fürchterliches Schwanken der fol­genden Wagen, sie flogen nach beiden Seiten. Der Speisewaggon verblieb zwar auf dem Bahndamm, erhielt aber eine unerkennbare Gestalt, da die Wagenunterlage mit den Rädern herausgeschlagen und die Wände platt ge­drückt waren. Das auf eine Seite gekehrte Dach bedekte die im Waggon Anwesenden. Es war undenkbar, daß bei solcher Verwüstung Jemand un­versehrt bleiben konnte, allein Gott schützte den Kaiser und die kaiserliche Familie, welche den Wagen unverletzt verließen. Auch die übrigen Insassen wurden gerettet; dieselben erhielten nur leichte Stöße und Verletzungen. Der Flügeladjutant Graf Scheremetieff ist mehr als die anderen, aber auch nicht schwer, verletzt. Bedauerlicher Weise war der Sturz der übrigen zer­trümmerten Teile des Zuges mit Unglücksfällen begleitet. Getötet sind der Stabskapitän im Feldjägerkorps Bresch, ein Heil­gehilfe, ein Schreiber-Offiziant, zwei Couriere, ein Kammerkosak, ein Jäger, fünf Eis e n b a h n b e d i e n st e t e und sechs Soldaten des Eisenbahnbataillons, 18 Per­sonen sind verwundet. Dis Kaiserin ordnete persönlich an, wie den Verwundeten Hülfe zu leisten sei. Trotz' des anhaltenden Regens und des schlüpfrigen Bodens stieg der Kaiser mehreremals die Böschung zu den Toten und Verwundeten hinab und suchte den herbeigeholten Reservezug erst auf, als der letzte im Sanitätstrain untergebracht war. Die Verwundeten sind nach Charkow geschafft. Am Entgleisungsorte blieb ein Offizier zurück, um die Beförderung der Leichen und die Einsammlung der Sachen aus den zer­schlagenen Wagen zu beaufsichtigen. Der Kaiser ordnete die Ueberführung der Toten nach Petersburg, sowie die Versorgung der Hinterbliebenen der­selben an. Die Untersuchung wird den genauen Grund der Zugentgleisung aufklären, indessen kann kaum von böser Absicht hierbei die Rede sein.

Gcrgss-Weuigkeiten.

(Amtliches.) Durch Beschluß der K. Regierung für den Schwarz­waldkreis vom 30. Oktober d. I. ist Johann Georg Braun, Bauer und Gemeinderat von Oberhaugstett OA. Calw, zum Schultheißen in der ge­nannten Gemeinde ernannt worden.

Stuttgart, 30. Okt. Durch Gnadenakt des Prinzen Wilhelm, als Stellvertreter des Königs, ist dis Strafe des vom hiesigen Schwurgericht wegen Ermordung seiner Geliebten Anna Kern aus Backnang jüngst zum Tode verurteilten Hausknechts Käfer von Hochdorf OA. Vaihingen, in lebens­längliches Zuchthaus umgewandelt.

Eßlingen, 31. Okt. Mit dem morgigen Tage 1. November

tritt auch unsere Stadt m das Netz der Telephonverbindung ein. Bis jetzt sind es hier allerdings nur 23 Teilnehmer, doch werden sich

wenn erst die großen Vorteile der Einrichtung mehr bekannt sein werden

gewiß noch weitere Etablissements diesem vorteilhaftesten der neuen Ver­kehrsmittel anschließen. Wir erfuhren bei diesem Anlaß aus authentischer Quelle, daß bis auf den heutigen Tag sich in Stuttgart mit Inbegriff von Böblingen, Cannstatt und Feuerbach, 683, in Heilbronn 57, in Reutlingen 38, in Ulm 78 TeilnHner des Telephons bedienen; die Städte Gmünd und Ludwigsburg werden bald Nachfolgen.

Lorch, 29. Okt. Den Beispielen über den heurigen Obstsegen dürfte gewiß auch folgendes angereiht werden. Ein hiesiger Bürger erhielt von einem einzigen Apfelbaum 80 Simri. Rechnen wir 24 Ztr. L 2 50 H,

so ergiebt sich die hübsche Einnahme von 60 Vom hiesigen Veteranen­

verein ging dieser Tage ein ansehnlicher Beitrag zurKönig Karl-Stiftung

Und Sie begreifen nicht, daß man diese beiden Todesfälle Ihnen in erster Lime zur Last legen wird? Sie kennen, wie es scheint, die Pariser Welt noch immer nicht, deren Toleranz, trotz Allem, was man gegenteilig es behaupten mag, sehr be­schränkte Grenzen hat. Sobald eine Frau öffentlichen Skandal veranlaßt hat, ist sie auch schon gerichtet. Gestern abend hat alle Welt gesehen, wie Sie die Diva ver­höhnten, und man sagte sich, daß diese sich aus Verzweiflung vergiftete."

Wenn man mich gesehen hat, so sah man doch auch Sie!"

O, ich schmeichle mir auch gar nicht, daß die öffentliche Meinung glimpflicher mit mir verfahren wird. Ich habe mich kompromittiert, um mich Ihnen gefällig zu erweisen; ich werde auch die Schande mit Ihnen teilen. Ich weiß sehr gut, daß mir nichts Anderes erübrigt, als abzureisen, denn bliebe ich hier in Paris, so würde ich eine höchst vereinsamte Existenz führen; alle Welt würde mir den Rücken zeigen."

Sie wollen also abreisen?"

Mein Gott, gewiß! Ich bin reich, reicher als Sie, meine beste Juliette, doch mein Vermögen würde mir Nichts nützen; in der Fremde allein kann ich es genießen und ich gebe Ihnen den guten Rat, das gleiche zu thun. Es giebt Fälle, in denen uns Nichts erübrigt, als dem Heimatsrecht zu entsagen."

Ich sehe die Dinge nicht im gleichen Lichte, wie Sie; was soll in der Fremde aus einer alleinstehenden Frau werden?"

Es liegt nur an Ihnen, nicht allein zu sein."

Sie wollen damit sagen, daß ich mit Ihnen leben könnte, doch ich wüßte nicht, was ich dabei gewinnen sollte."

Nichts, das ist wahr, aber ich bin bereit, Sie zu heiraten."

Ich würde auch dabei Nichts gewinnen, im Gegenteil, nur verlieren!"

Was denn?"

Alles, was ich besitze; der Mann eignet sich nur zu leicht das Verfügungsrecht über das Vermögen der Frau an."

Nicht dann, wenn die Frau ihr Vermögen kontraktlich für ihre Person sicher gestellt hat."

,)öianka Monti hatte dies auch gethan und gab doch alles hin für den Mann, dessen Namen sie trug."

für den Württemb. Kriegerbund" nach Stuttgart ab, wofür das Präsidium den besten Dank des Bundes den Beitraggebern aussprechen ließ.

Gmünd, 30. Okt. Am 1. d. Mts. waren es 25 Jahre, daß 2 der hiesigen städtischen Beamten, Stadtpfleger Bommas und Ratschreiber Feihl, auf hiesigem Rathause thätig sind und zwar in einer Weise, welche ihnen die Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten und die Achtung aller Bürger ver­schafft hat. Die bürgerlichen Kollegien ließen den wichtigen Tag nicht außer Acht. Oberbürgermeister Unterste brachte in einer Sitzung derselben den beiden Herren unter dankender Anerkennung ihrer ersprießlichen Leistungen herzliche Gratulation dar und die Kollegialmitglieder gaben ihrer freudigen Zustimmung dadurch Ausdruck, daß sie sich von den Sizen erhoben. Zur Erinnerung an die Jubelfeier wurde beschlossen, aus städtischen Mitteln dem Stadtpfleger und Natsschreiber in Anerkennung ihrer treuen Dienstleistung ein Andenken im Wert von je 150 bis 200 zu übergeben und mit Aus- wähl desselben eine Deputation zu beauftragen. Der Gesinnung der bürger­lichen Kollegien schließt sich die hiesige Bevölkerung in weitesten Kreisen an, die von jeher Verdienste um das Wohl der Stadt, durch gewissenhafte Arbeit erworben, vollkommen zu schätzen weiß.

Geislingen, 31. Okt. Der kürzlich über eine hiesige Fabrik jäh hereingebrochene Konkurs wird nicht nur für viele Verluste an Geld zur Folge haben, sondern er hat bereits auch den Verlust eines Mens chen- lebens verschuldet. Der Kassier der hiesigen Gewerbebank, welche durch jene Katastrofe in Mitleidenschaft gezogen ist, ein geordneter, rechtschaffener und überall wohlgelittener Mann, hat, durch die seiner Kasse drohenden Verluste und die dadurch für ihn herbeigeführten Unannehmlichkeiten zur Verzweiflung getrieben, den Tod in den Wellen der Fils gesucht, wo er, nachdem er sich gestern morgen um 8 Uhr entfernt hatte, heute früh auf­gefunden wurde. Herzliches Mitleid mit dem Unglücklichen und seiner Familie erfaßt alle Kreise. Das Ergebnis der gestern vorgenommenen Kassenrevision ist eine glänzende Ehrenrettung für den jäh Dahingeschiedenen.

Heidenheim , 30. Okt. Wie groß die Obstzufuhr in unserem Be­zirk war, das beweisen die Notizen vom hiesigen Güterbahnhof. Allein hier wurden 60 Waggons Obst ausgeladen, circa'i0,000 Ztr., wohl ebenso viel wurde auf den andern Stationen zusammen verladen, zu Königsbronn, Schnaitheim, Mergelstetten, Herbrechtingen, Giengen, Hermaringen und Sont­heim. Rechnet man dazu was per Achse aus dem Bayerischen, vom Ulmer, Geislinger und Göppinger Bezirk eingeführt wurde so dürften 30,000 Ztr. als Einfuhr nicht zu hoch gegriffen sein. Wie wird es dabei unseren zahl­reichen Brauereien im nächsten Jahre gehen? Heidenheim hat allein 16 Braugeschäfte. Die großen Ausgaben für Obst wären gewiß zum größten Teile erspart worden, wenn früher für Obstbau geschehen worden wäre, was in den letzten Jahren. In richtiger Erkenntnis, daß im Thal und auf der Höhe bei uns noch mehr zur Hebung der Obstbaumzucht geschehen könnte, hat die Amtsversammlung nun einen eigenen Bezirksbaumwart angestellt, der 500 -M Gehalt bezieht und als Taggeld, wenn auswärts, 6 verrechnen darf.

Flein, 31. Okt. Gestern kam, lautHeilbr. Ztg.", ein sonderbarer Weinkäufer hier an, welcher vorgab, er sei beauftragt, für eine Gesellschaft 100 Eimer Wein zu kaufen, wodurch viele Verkäufer bestimmt wurden, Muster zu bringen, welche alle Anklang fanden und zu 100, 102105 von demselben gekauft wurde, ohne daß er jedoch das übliche Draufgeld gegeben hätte. Nachdem der noble Käufer in einer hiesigen Wirtschaft, wo er auch logierte, gezecht und es sich hatte schmecken lassen, wollte er heute früh auf die Post, um Geld zu holen, doch schien der Wirtin die Sache nicht recht geheuer, weil er die Zeche nicht bezahlte, und veranlaßt« daher dessen Ver­haftung. Bei seiner Durchsuchung fanden sich bare 6 Pf. vor. Die Ver­käufer hatten sich natürlich gefreut, ihre Reste los zu werden, und ist heute die Enttäuschung groß, und noch größer bei den Nichtbeteiligten der Spott.

Sie sind eben so wenig Bianta Monti, als ich Listrac bin. Die Gräfin war in ihren Mann bis zum Wahnsinn verliebt, und ich habe gar nicht die Prätension, Ihnen den Kopf verdrehen zu wollen. Sie haben mir auch schon manche Gunst er­wiesen, doch Leidenschaft habe ich Ihnen niemals eingeflößt. Listrac war ein Spieler und richtete sich dadurch zu Grunde. Ich spiele nicht, mein Vermögen ist intakt und ich habe es nicht nötig, meine Frau zu Grunde zu richten."

Weshalb wollen Sie mich dann heiraten?"

Weil in der Vereinigung die Kraft besteht und wir als Herr und Frau von Moulieres im Auslands immer noch eine ganz vornehme Rolle spielen können. Wir wollen zuerst reisen, und nur, wenn wir das Terrain genau sondiert haben, bleiben­den Aufenthalt irgendwo nehmen."

Das Alles reizt mich durchaus nicht; ich habe mich mit meinem ersten Gatten fürchterlich gelangweilt und besitze keine Neigung, eine solche Existenz nochmals zu beginnen."

Ah, ich verstehe, Sie wollen mich nicht heiraten?"

Ich will überhaupt allein bleiben!"

Ich kann Sie nicht zwingen, und da Sie wähnen, sich allein beschützen zu können, so mögen Sie es immerhin thun. Ich warnte Sie nur, daß Ihre Stellung west weniger angenehm werden wird. Man befragt mich jedenfalls über die Ursachen des stattgehabten Zweikampfes und ich werde nicht zögern, die Wahrheit auszusagen; ich werde sagen, was vorhergegangen ist, bevor Listrac sich zu dem Zweikampf be­gab. Natürlich ist dann die Folge, daß auch Sie vor Gericht geladen werden und man von Ihnen genaue Rechenschaft über Ihr Thun und Lassen fordern wird. Die Behörde ist nicht eben nachsichtig gegen allein lebende, nicht allzusolide Damen."

Und wenn ich Ihre Frau wäre, hätte ich das zweifelhafte Vergnügen, die Gemahlin eines Abenteurers zu sein! Meine Lage wäre formt nicht viel besser."

,Qho» Madame, Sie haben es nicht eben nötig, auch noch Injurien gegm mich auszustoßen!"

(Fortsetzung folgt.)