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stücke unter 10 Pfund, welche nach Zentner bezeichnet sind, sowie alle Gewichtsstücke unter Ve Pfund, welche nach Pfund bezeichnet sind. Stuttgart, den 23. Oktober 1888.

K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel. - G a u p p.

AoMiftHe WachvilHten.

Deutsches Reich.

DieNordd. Allg. Ztg." schreibt:Der russische Minister des Auswärtigen Herr v. Giers feierte gestern sein 50jähriges Dienstjubiläum. Rußland verehrt in dem Genannten einen im Dienste des Vaterlandes be­währten Beamten von seltenem Scharfblick, unermüdlicher Arbeitskraft und unantastbarem, lauterem Rufe. Ganz Europa erblickt in ihm ein Staats­mann, der sich in seiner langen Laufbahn überall Achtung und Freundschaft erworben hat und dem es Dank schuldet und zollt. Dieser Tribut ist am gestrigen Tage in Form zahlreicher Glückwunschtelegramme an den Jubilar abgegangen. An erster Stelle ist ein Telegramm Seiner Majestät des Kaisers zu erwähnen, in dem Allerhöchstderselbe Hrn. v. Giers in warmen Worten gratuliert hat."

Leipzig, 23. Okt. Zum Empfange des Kaisers, der am 31. Oktober zur Grundsteinlegung des neuen Reichsgerichtes hier ein­trifft, werden großartige Vorbereitungen getroffen. An den Plätzen und Straßen, die der Kaiserzug passieren wird, herrscht eine fieberhafte Thätigkeit. Am Augustusplatz wird ein riesenhafter Triumphbogen erbaut; am Alten Markt, wo das kürzlich enthüllte Siegesdenkmal steht, werden Bannerstangen aufgepflanzt und am Rathaus, wie auch an verschiedenen anderen Orten Tl -i. :en errichtet. Die ganze Bürgerschaft ist in freudiger Erwartung; auch werben bereits Fenster in den Straßen, durch die der Zug geht, für horrende Preise (ich hörte heute 50 bis 100 pro Fenster) vermietet.

Nach derNordd. Allg. Ztg." hat der Kaiser die Deputation der städt. Behörden Berlins nicht gar gnädig empfangen. Unter anderem drückte er sein Bedauern und seinen Unwillen darüber aus, daß während der Zeit, wo er nach Kräften sich für die Interessen des Reiches bemüht habe, in der Berliner Presse ein Streit über Verhältnisse seiner eigenen Familie entbrannt sei, wie ihn sich kein Privatmann gefallen lassen könne. Der Kaiser forderte die Mitglieder der Deputation auf, an ihrem Teile dafür zu sorgen, daß diese Ungehörigkeit aufhöre. Ohne dem Ober­bürgermeister die Hand zu reichen verließ er den Saal.

Berlin, 27. Okt. Nach Mitteilungen, welche mit der letzten Post aus Ostafrika eingegangen sind, wird von Lindi und Mikindani aus an der Sansibarküste ein schwunghafter Sklavenhandel auf Schiffen betrieben, welche unter französischer Flagge fahren. Auf An­trag des Vertreters der ostafrikanischen Gesellschaft hat der kaiserliche General­konsul in Sansibar die Aufmerksamkeit des dortigen französischen Konsuls auf diese Angelegenheit gelenkt und sind seitens des Letzteren die zur Unterdrück­ung des Unwesens erforderlichen Maßnahmen in Aussicht gestellt worden. Der Jnsurgentenführer Buschiro in Pangani soll übrigens einer Londoner Meldung zufolge fast allmächtig sein, während die Behörden des Sultans ohnmächtig sind. Das Lösegeld für Dr. Meyer und Baumann soll 1200 Mark betragen haben.

Langsam, aber sicher bricht sich der Zorn getäuschter Hoffnungen in den klerikalen Blättern Bahn. So schreibt dieSalzburger Kronik" einen zornsprühenden Artikel über die Kaiserreise nach Rom, aus dem wir einige Proben wiedergeben. Das saubere Hetzblatt schreibt:Diese in ihren künftigen Wirkungen weltgeschichtliche Reise, welche der europäischen Gruppierung eine andere Grundlage geben zu wollen scheint, erweist sich mo­

mentan als ein Triumph des Protestantismus, ein Sieg, den der katholische König Humbert von Italien bewerkstelligte. Die vielfach erkaufte und von den Freimaurern geleitete Fe st b e g e i st e r u n g, das protestantische Essen des katholischen Königs an einem Freitag, wodurch der König den Hellen Jubel aller Freimaurer erregte und sich selbst als Usurpator Roms ins rechte Licht stellte; die durch Kaiser Wilhelm erfolgte Bestätigung Roms als derHauptstadt des Königs" und zweimalige Charakterisierung Roms als dasunantastbare" Rom, zu allem diesem das . . . Betragen des Reichskanzlersohnes im einzigen Eigentum des Papstes alles dieses beweist, daß der Kaiser als Mittel ... mißbraucht worden ist, und daß der Protestantismus einen Sieg feierte, der dem modernen Italien teuer zu stehen kommen wird, weil er die Begeisterung der katholischen Völker für Leo Xlll. ganz außerordentlich vermehrt hat und auf die kathol. Regierungen heilsam einwirken wird."

Gage s-Weuigkeiten.

Ludwigsburg, 25. Okt. Ein recht bedauerlicher Unfall hat heute hier ein Menschenleben gefordert. Der verheiratete Händler Gerni von Pleidelsheim. Vater von 9 Kindern, der als ein braver fleißiger Mann geschildert wird, kam um die Mittagsstunde an einem Garten vorbei, wo ein Taglöhner mit Fällen eines Nußbaumes beschäftigt war. Da der Taglöhner den Gerni gut kannte, rief er ihn um Hilfe an, wozu letzterer gerne bereit war und beide zogen nun mit vereinter Kraft mit einem Hacken an dem Baume, der plötzlich unerwartet schnell stürzte und beide zu Boden schlug, so daß deren Uebersührung nach dem Krankenhause nötig wurde, wo Gerni heute abend seinen schweren Verletzungen erlag, während der Taglöhner mit leichteren Verletzungen davonkam.

Ulm, 25. Okt. Gestern schoß ein Jäger in Wiblingen zwischen der Donau und der Iller ein Paar schwarze wilde Schwäne.

Aus dem Allgäu, 23. Okt. Von den Standesherrschaften werden gegenwärtig große Jagden veranstaltet, die eine reiche Beute liefern. Die schönen Spätherbsttage bieten zur Zeit eine wunderbar klare Aussicht auf die mit frischem Schnee bedeckten Alpen. Aus Anlaß einer Abschiedsfeier saßen heute früh noch zwei junge Männer in einem Gasthaus beisammen und kamen nach fröhlich durchlebter Nacht auf den unglückseligen Gedanken, Fechtübungen zu machen, wobei der eine der jungen Leute von seinem Freunde mit einem Stockdegen einen Stich in den Unterleib erhielt, in Folge dessen er sofort tot zusammenbrach.

Biber ach, 25. Okt. In Aepfingen, 8 Kilometer von hier, ist ein Brunnenmacher von Aachstätten bei der Ausbesserung eines 70 Fuß tiefen Brunnens, gestern nachmittag durch den Einsturz der Wände verschüttet worden. Die dortige Feuerwehr arbeitete mit noch andern Arbeitern ab­wechselnd an der Freilegung des Brunnens. Bis jetzt fehlen weitere Nach­richten, ob die Arbeiten von Erfolg sind, den die Trümmer sind noch nicht beseitigt und der Unglückliche, der Vater von 7 Kindern ist, dürfte wohl seinen Tod gefunden haben.

Karlsruhe, 26. Okt. Die genaue Untersuchung der Augen der Großherzogin ergab, daß die Heilung derselben günstig fortgeschritten sei, immerhin aber noch große Schonung der Augen und völlige Enthaltung des Gebrauchs derselben für eine Beschäftigung noch auf längere Zeit not­wendig mache. Besonders erfreulich ist, daß die vielerlei Gemütsbewegungen der letzten Zeit ohne Nachteil für das Befinden der hohen Frau vorüber­gingen.

Radolfzell, 19. Okt. Gestern hat sich Kaufmann, Gemeinderat und Vorschußkassier Theodor Gösser erschossen. An demselben Tage sollte eine Revision der Kaffe und der Bücher stattfinden. Herr Gaffer war ein

geben, darzuthun, daß Ihr mit Leuten zu thun hattet, die nicht viel wert gewesen sind. Es trifft sich indes sehr unglücklich, daß der Selbstmord Bianka Monti's das Ereig­nis des Tages ist und daß das Duell sich an den Tod der Künstlerin anlehnt, wenn es nicht vielleicht als dessen unmittelbare Folge angesehen wird. Jedenfalls kannst Du Dich auf eine schwere Menge von Unannehmlichkeiten gefaßt machen."

Das weiß ich," entgegnete Chantal mit Ruhe,und um mich jetzt schon wenigstens einer übernommenen Verantwortung zu entledigen, übergebe ich Dir, was ich neben dem Leichnam Listrac's gefunden habe!"

Eine Brieftasche!" rief Herr d'Arcy befremdet.

Und eine Geldbörse! Du wirst mich hoffentlich nicht im Verdacht haben, daß ich Beides gestohlen? Herr von Listrac hatte beides auf den Rasen geworfen, um den Regeln des Duells nachzukommen, welche den Kämpfenden verbieten, Gegenstände bei sich zu tragen, die den Lauf der Kugel hemmen könnten. Herr von Moulieres hat es nicht angezeigt gefunden, diese Dinge an sich zu nehmen, ehe er entfloh, und so griff ich danach, um sie nicht der Neugierde des erstbesten Fremden preiszugeben. Hier hast Du sie; die Geldbörse birgt Gold in sich, die Brieftasche Banknoten und Briefe, unter anderen einen, dessen Wichtigkeit nicht zu unterschätzen ist."

In diesem Augenblick ging die Thür auf und es trat ein Mann herein, welcher einen Stoß Akten trug und dessen Physiognomie Chantal sofort frappierte.

Zwei merkwürdig Helle, klar blickende Augen sahen aus einem interessanten Gesicht hervor und Chantal fühlte sich sofort überzeugt, daß ein Organ der geheimen Polizei vor ihm stehe.

Herr d'Arcy behandelte den Eingetretenen mit ausgelesener Höflichkeit und forderte ihn auf, Platz zu nehmen.

Ich bedaure, daß ich Sie stören mußte," sprach er verbindlich.Es handelt sich aber darum, einem werten Freund, dem hier anwesenden Herrn von Chantal, Auskünfte zu geben, welche ihn lebhaft interessieren!"

Der Beamte verneigte sich und musterte Chantal mit einem einzigen, prüfenden Blick; dann entgegnete er verbindlich!

Ich habe bereits die Ehre, den Herrn zu kennen."

Chantal fühlte sich unangenehm berührt; er war nie mit der Behörde in

Kollision gekommen und daß diese sich mit ihm besäße, wollte ihm nicht sehr behagen. Dem Beamten entging Chantal's finstere Miene nicht und er beeilte sich, zu erklären:

O, ich meine, daß ich den Herrn nur dem Namen und dem Rufe nach kenne; ich hatte früher die Ueberwachung aller Spiellokale zu besorgen."

Ich habe nie gespielt, außer in geschlossener Gesellschaft oder in meinem Klub," bemerkte Chantal.

Das weiß ich, aber eben diese .geschlossenen Gesellschaften' machten mir oft recht viele Mühe, denn es war meine Pflicht, mir auch Eintritt in diese zu ver­schaffen, was nicht immer ganz leicht gewesen ist."

Die Erkundigungen, welche ich bei Ihnen einziehen möchte," hob Herr d'Arcy wieder an, betreffen eben zwei Personen aus diesen geschlossenen Gesellschaften."

Den Grafen von Listrac und Herrn von Moulieres? Das waren doch die beiden Namen, welche Sie mir auf einen Zettel geschrieben hatten!"

Ja! Jeder dieser beiden Herren hat Ihnen gewiß schon Veranlassung ge­geben, sich mit dem Studium seiner Person eingehender zu befassen, und Sie müssen über den moralischen Wert derselben vollständig im Klaren sein."

Gewiß; was Herrn von Listrac betrifft, so giebt er erst seit einem Jahre Veranlassung, ungünstiges über ihn zu sprechen; bis dahin war sein Benehmen ein tadelloses."

Und seither?"

Steht er mit einer Witwe in Beziehungen, welche bei uns sehr schlecht an­geschrieben ist; er hat sich ihretwegen zn Grunde gerichtet und seine Frau verlassen, deren Selbstmord in der ganzen Stadt so viel Anlaß zum Reden giebt. Er hat die pekuniären Hilfsquellen seiner Frau stark in Anspruch genommen und durch Mittel und Wege, welche eines ehrlichen Mannes unwürdig sind, es verstanden, ihr Geld zu entlocken. Die schlechten Handlungen, welche er begangen, gehören übrigens nicht zu jenen, wel che das Gesetz mit ganzer Strenge ahndet. Er hat nicht gemordet, nicht im Spiele betrogen, vielleicht aber wird er auch noch so wett kommen."

Nein, dmn er ist tot, er ist im Duell gefallen!"

(Fortsetzung folgt.)