I« englische« Unterhaus erklärte -er Staats­sekretär für Indien, Brodrlck, am Mittwoch, der Vizekönig von Indien, Lord Curzou, denke nicht daran zurückzutrete^. sondern eS sei von ihm nur eine Mitteilung eingegangen, in welcher einige Abänderungen der vorgeschlagenen Maß» nahmen bezüglich der indischen Armeeverwaltuug empfohlen werden. Die englische Regierung ziehe gegenwärtig die vorgeschlagenen Abänderungen in Erwägung. Premier­minister Balfonr erklärte in Beantwortung einer au ihn gerichteten Anfrage, daß der am 17. No». 1855 geschloffene Vertrag, durch welchen sich England verpflichtete, dem König von Schweden und Norwegen den Besitz seiner Gebiete zu gewährleisten und in gewissen Fällen zu verteidigen, eine neuerliche Erwägung erfordere, wenn eine Trennung zwischen Schweden und Norwegen zustand komme. In Beantwort­ung einer Anfrage bezüglich Zahlung der von Venezuela geschuldeten Beträge erklärte Unterstaatssekretär des Aeußeru, Earl Perch. die monatlichen Zahlungen würden jetzt von Venezuela direkt an die Vertreter Deutschlands, Groß, brttanniens und Italien» in Caracas geleistet. Der von Venezuela bis zum letzten April gezahlte Betrag belaufe sich auf 224 369 Pfund Sterling, also 60 Prozent der bri­tischen Forderungen.

Parlamentarische Nachrichten.

WürttemLergischer Landtag.

Die Verfafsuugsrevifiou v»r -er Abgenr-netenkanirner.

Am vierten Verhaudlungstag (Freitag) fand die Ge­neraldebatte über die Lerfaffungsrevifion endlich ihren Schluß. Wie vorauSzusehen, endete sie damit, daß die beiden Entwürfe dem Antrag der Abgg. Lieschiug und Gen. gemäß einstimmig an eine 16gliedrige Kommission verwiesen wurden, die heute gewählt werden wird.

Schwül und heiß, wie die Temperatur des Halbmoud- saals, die schließlich bis auf 24 Grad Reaumur anstieg, war auch die Signatur der gestriegeu Debatten: man fühlte, daß es. wenigstens was die sachlichen Gründe für die Ver- faffungsreform aulangt, allmählich zu Ende gehe, trotzdem fehlte es aber nicht an scharfpointierten Reden und Gegen­reden, an hitzigen Angriffs- und Rückzugsgefechten, und zahlreiche Zwischenrufe zeigten, daß noch eine stark gereizte Spannung über dem Hause lag.

Die Verhandlungen brachten zunächst eine längere Rede des Ministerpräsidenten Dr. v. Breitling, die in ihren wichtigeren Stellen in schriftlicher Aufzeichnung vorlag, ein Beweis, daß die Regierung auf diese Erklärungen großen Wert legte. Die Ausführungen richteten sich in erster Linie an die Adresse des Zentrums, in zweiter aber auch an diejenige der Ritterschaft, letztere in versöhnlichem Ton ermahnend, d m patriotischen Beispiel der Prälatenbank zu folgen und ein Opfer dem Altar des Vaterlandes niederzulege»; die Ausführungen gegen das Zentrum waren aber, der Natur der Sache gemäß, mehr polemischer Natur. Der Ministerpräsident konstatierte zunächst, daß nach den 3tägtgen Debatten die Situation nunmehr soweit geklärt sei, daß man Freund und Feind zu unterscheiden vermöge; es habe sich gezeigt, daß die beiden Entwürfe in der Kommission weiter behandelt werden sollen, und es sei auch zu hoffen, daß hier eine Lösung gefunden werde, welche die seit Jahr- zenten sich immer wieder öffnende Wunde am Körper nuferes Volkes endlich einmal schließen werde. Insbesondere sei nach den Mahnungen Gröbers znm konfessionellen Friede» auch zu hoffen, daß dir konfessionellen Gesichtspunkte, die dem letzten Entwurf gefährlich wurden, nicht weiter in die Debatte hereingezogen werden. Was den von Gröber er­hobenen Vorwurf anlange, daß die Regierung mit der Einbringung der Verfaffuugsreform große Eile bewiese« habe, so sei cS erfreulich, daß der Regierung auch einmal bestätigt werde, daß sie einen Entwurf frühzeitig genug eingebracht habe; bisher habe die Regierung eigentlich immer das Gegenteil zu hören bekommen. Bei der Ankündigung der Versaffmigsrekorm im Jahre 1903 habe niemand ahne«

Das ist richtig."

Wenn ihm jetzt ein Unglück passiert. .

Bei diesen Worten schluchzte Naemi laut auf; sie konnte zwar Michel von jeher nicht leiden, aber wie sanfte Seelen im Schmerz bei jedermann Teilnahme suchen, so reichte sie auch ihm den Brief hin. Michel buchstabierte sich den Brief halblaut zusammen.

Nun Mamsell," sagte der Briefträger,geben Sie mir Ihren Brief nicht mit?"

Ach, das ist jetzt nicht mehr nötig," sagte sie, und ihre Tränen stoffen noch reichlicher. Der Briefträger ging-

Michels Stimme war beim Lesen immer leiser geworden, und als er zu Ende war verstellte er sich so geschickt, oder war er wirklich bewegt? stavden ihm die Tränen in den Augen.

Sieh an!" sagte der Schmied,du bist doch nicht ganz so schlecht, als ich dachte," ustd er reichte ihm die Hand.

Ach, Michel," sagte das Heimchen gerührt,er ist dir immer gut gewesen," und auch sie gab ihm die Hand.

O, hätte ich das geahnt, ich hätte ihn nicht für mich eintreteu lassen," rief Michel.

Michel," sagte der Schmied,ich hatte dir das nicht angesthen. Jetzt aber vertraue ich dir das arme junge Blut an, laß fie nicht allein zur Mühle zehen, sie zittert an allen Gliedern.

Michel ließ sich das nicht zweimal sagen, und das Heimchen fie hätte es unter anderen Umständen nie ge­

i können, saß die Fertigstellung der Berwaltuugsreform sich bis znm Frühjahr 1905 nud noch darüber hinauszieheu ' «erde. Entschieden bestritt der Ministerpräsident, daß das Scheitern der Schulnovelle im vorigen Jahre maßgebend für die Vorlegung der VerfsffungSresorm im jetzigen Zeit­punkt gewesen sei, wenn er auch nicht in Abrede stellte, daß jener Vorgang auf die damals schon schwebende Lerfaffungs­revifion mit etngewirkt hat. Unter Hinweis ans die Haltung des Zentrums in der Frage des Proporzes und der Schaff­ung eines Ersatzes für die ausscheideudeu Privilegierten machte der Ministerpräsident dem Zentrum den Vorwurf, daß es an seinen Programmsätzen nicht immer festzuhalteu scheine, wenn die Zeitverhältniffe dies angezeigt erscheinen lassen; eine organisierte Interessenvertretung, die das Zent­rum jetzt befürworte, habe es im Jahre 1894 als praktisch nicht erreichbar bezeichnet. Wenn die Regierung in dem vorliegenden Entwurf auf eine berufsständisch gegliederte Kammer verzichten zu sollen glaubte, so habe fie die» getan, tu der festen Ueberzeugung, daß eine folche Konstruktion bei der gegenwärtigen Zusammensetzung des Hauses völlig aussichtslos wäre. Der Frage der Vermehrung der Zahl der Abgeordneten innerhalb mäßiger Grenzen werde die Regierung in der Kommission nähertreten. Zuzugeben sei. daß der Radikalismus in den letzten Zeiten stark zngenommen habe; diejRegierung sei aber überzeugt, daß fie gegen die Sozial­demokratie und für die Erhaltung der Monarchie arbeite, wenn sie gerechte Forderungen zu erfüllen versuche. Der Ministerpräsident schloß mit einem Appell an die Baterlands- rrenude, weitgehende Wünsche zurückzustellen und ebenso Opfer zu bringen, wie es die Regierung mit dem vorliegenden Entwurf, mit dem sie noch einmal die Haud zu einer Ver­ständigung biete, getan habe.

In kurzen Ausführungen vertrat sodann Graf von Uexküll nochmals den Standpunkt der Ritterschaft, stellte jedoch Entgegenkommen derselben in der Kommission in Aussicht.

v. Kiene verwahrte gegenüber den Ausführungen des Ministerpräsidenten das Zentrum gegen den Borwurf, daß es seinen Programmfordermgen hinsichtlich des Proporzes untre« geworden sei.

Kienes Auffassung, als ob durch die Verhältniswahlen eine berusöftSMlchr Vertretung als konservatives Gegen­gewicht gegen den Radikalismus geschaffen werden könnte, wurde von dem Abg. Lieschiug und auch vom Minister des Inner« Dr. v. Pische? bestritten. Letzterer führte außerdem noch ans, daß von den Proportioualzusatzwahlen nur die Sozialdemokratie und etwaige andere Parteien, die möglichst geschloffen anftreten, Gewinn hätten.

Gröber präzisierte die Ausführungen zur Verhältnis­wahl dahin, daß nach dem Ausscheiden der Privilegierten die verschiedenen größeren Berufsartev, wenigstens in be­schränktem Umfang, eine im Wege des Proporzes gewählte Vertretung erhalten sollen; um diese Berufe als Wahlkörpsr zu organisieren, empfehle sich Anlehnung an die durch die Steuerreform gezogenen Grenze« für die verschiedenen Be­rufsgruppen. Auf verschiedene Zwischenrufe Haußmanns, ob das Zentrum den Entwurf armehme, wenn der Proporz hereingenommen werde, erwiderte Gröber, daß das Zentrum eine entscheidende Antwort darüber erst bei der entscheiden­den Abstimmung geben könne und wolle.

Dr. Hieber machte dem Zentrum unter Hinweis auf die Wahlbündnifftttn Bayern n. Baden den Borwurf, daß es sich durch feine Haltung in Württemberg mit dem Stand­punkt, den es iu den Leiden Nachbarländern einmhme, in direkten Widerspruch setze. Das Zentrum solle küpp und klar heranSsagen, ob eS für oder gegen die Verfaffungs- reform sei; das würde die Verhandlungen erheblich ab­kürzen.

Gegen den Schluß der Verhandlungen griff auch noch Kultminister v. Weizsäcker in die Debatte ein, indem er erklärte, er fürchte von dem Entwurf nichts für das Kult­departement. Für Kulturaufgaben habe das Abgeordneten­haus stets eine offene Hand gehabr und das werde auch wohl m Zukunft so sein. Falls Sie Sozialdemokratie einmal die Forderungen für die Kirche verweigern sollte, so würde ihr

tan ließ sich von ihm führen. Niemand wogte es, fie zu fragen, so betrübt und niedergeschlagen sah sie au». Doch als sie znm Orte hinausgegangen war, lief alles Seim Hufschmied zusammen und fragte und schüttelte den Kopf.

Wenn's nur glücklich ablänft," meinte die Bäckerfrau.

Ich weiß nicht, wie es kommt," sagte der Schmied, aber mir ahnt ein Unheil."

Je näher Naemi der Mühle kam, desto langsamer wurden ihre Schritte, desto mehr wurde ihr bange ums Herz. Wie sollte sie der Taute die schreckliche Nachricht Leibriugen? Sie waren schon am Eingang des Gemüse- gärtchens.

Ach, mir ist so angst," seufzte das Heimchen.

Mir auch," brummte Michel.

Da kam eben ein Manu zu Pferde aus de» Mähl- hof heraus, rin Sack Mehl lag quer vor ihm über vem Sattel.

Das ist NiklaS Maurey, der Fuhrmann aus Grau- getaine," rief Michel.Wenn nur der Briefträger den nicht auf der Landstraße getroffen hat, ehe er in Ferolles war."

Warum denn?" frug Naemi verwundert.

Der Niklas ist so dumm, er ist vielleicht unversehens damit herausgeplatzt, ehe die Frau Suse noch eine Ahn­ung hatte."

Das Heimchen erschrak lebhaft; aber es war richtig so, wie Michel vermutet hatte. Niklas Maurey war ein Fuhr­

im Land ein entschiedenes Halt entgegengerufen werden. Nach seinen Erfahrungen sei es schwerer, im Etat eine Kanzlistenstelle dnrchzubriugeu als 10 Geistliche.

Nach weiteren polemisch zugespitzten Ausführungen der Abg. Keil, Kraut, F. Haußmann und Rembold-Aalen konnte die Generaldebatte geschloffen werden.

In der heutigen Sitzung kommt außer der Wahl der Kommission für die Verfaffungsreform der Staatsvertrag mit Bayern und das Eiseubahnbaukreditgesetz zur Be­handlung.

Der Krieg zwischen Rußland Md Japan.

Die Frieden-Verhandlungen.

Petersburg, 1 . Juli. Die Pet. Tel.-Ag. erfährt ans glaubwürdiger Quelle, daß zum-Bevollmächtigen der russischen Regierung für die Unterhandlungen mit dem ja­panischen Bevollmächtigten in Washington der russische Bot­schafter in Rom, Mnrawieff, ernannt werde und daß der russische Botschafter iu Washington, Baron Rosen, an den Verhandlungen teilnehmen werde.

Waffenstillstand?

Washington, 1. Juli. Wafftnstillstandsverhand- lungen in der Mandschurei sind im Gange, sie werden von Linewitsch und Oyama geführt.

T«ges-Msuigkeitsn.

Aus Stadl Md Land.

Nagold, 3. Juli.

* Abschiedsfeier. , Zahlreich und gerne kamen am Samstag abend auf ergangene Einladung Freunde, Gönner, Bürger, sowie Beamte und Uuterbeamte auch viele Damen im Gasthsf z. Rößle zusammen, um dem von hier scheiden­den Herrn Postmeister Bauer mit Familie lrochmal ihre Liebe und Wertschätzung zu erzeigen. Hart hatte es alle ge­troffen als die Nachricht von dem Wechsel des verehrten Beamten nach 9jähriger hiesiger Wirksamkeit laut wurde. Und so lag es auch über der Versammlung zu Be­ginn des Abends wie verhaltene Wehmut. Stadtschultheiß Broddeck gab dieser Stimmung beredten Ausdruck, indem er in seiner Ansprache dem Wegzug seines Freundes tief­empfundene Worte des Bedauerns verlieh. Jetzt da Nagold sich als Luftkurort in schöner Blüte entfalte, da alles auf- geboten wurde um, seine Reize ins rechte Licht zu setzen, geht ein Mann von hier fort, der für Nagold immer das Beste wünschte! Freilich serenes auch nur Zweckmäßigkeits- grüude in Bezug auf Wohnung, Nähe der Großstadt, mil­deres Klima rc., welche den Wegzug veranlaßten. Redner zollte dem Scheidenden im Namen der Bürgerschaft herz­lichen Dank für ftine Zuvorkommenheit im Amt, feinen freundlichen Umgang in Gesellschaft und wünschte ihm, der eine empfindliche Lücke hinterlaffe, an dem er eine» Freund ver­liere. von Herzen Glück. In der Hoffnung des Verbundenbleibrns im Geist und des WiederzusammenkommenH freue er sich dies im Sinne aller Anwesenden sagen zu dürfen und betonte, Saß die Nagolder ihm ein treues Andenken bewahren werde«. Dies bekräftigte Redner mit einem Hoch auf den Scheiden­den iu das die Versammlung in freudiger Betztisimmg cin- fiel. Oberamtmauu Ritter sprach dann in seiner launig- ernsten Weise über die Bedeutung des Verkehrswesens, die ansgezeichmleFrmktion des geschäftl. Verkehrs zwrs chenOberamt Md Postamt, Sie vorzügliche Einrichtung und Regelung deS Telrphou-u.Telegraphendieustes, sowie die prompte Erledigung des ganzen postalischen Verkehrs in Stadt und Bezirk und dankte dem Scheidenden in erster Linie für alles dies und des weiteren dafür, daß er mit seiner Gemahim sich stets dem gesellschaftlichen Leben gewidmet wd der MuseuAs- gefellschaft mit Liebe und Treue angehört »ud an ihren Veranstaltungen sich beteiligt habe. Sein Mas galt dem Scheidenden und Frau Gemahlin. Es sprachen dann »sch anerkennende und dankende Worte die Herren A. Ksch- Rohrdorf im Namen des Handels- und Gewerbestands für die zuvorkommende Behandlung der Wünsche, für die Unter­

mann von der schlimmen Sorte, ein roher Mensch, der nichts verstand, a!S mit der Peitsche zu knallen, fluchen und seine Pferde zu quälen. Der Briefträger war ihm begegnet, und hatte ihm gesprächsweise erzählt, daß es Krieg gebe, der Lsreuz aus der Mühle hatte geschrieben, aber der Brief wäre nicht tu feiner Garnison Lyon, sondern unterwegs iu S-rvsykn aufgegcben. Wie er nnn in die Mühle kam, und Frau Susanne ihm den Auftrag gab, zehn Karren Sand auzufahren, weil überall gereinigt und gestreut werden sollte, zu Heimchens und Lorenz Hochzeit, da lachte der Tölpel: Hohohol Der Lorenz ist ja bei der Kriegsarmee."

Freilich ist er bei der Armee, aber er kommt nach Hause."

Der Postillon sagt, er kommt nicht; er ist fort in den Krieg, er Hot es selbst geschrieben. Na, adjes, Fra« Müllerin!! ho!!" und Peitschenknalle«!) Zog er ab.

Frau Susanne wurde es kalt und heiß, die Kniee wankten ihr. sie müßte sich auf der Türschwelle nirdersctzen. Sie stieß einen Schrei aus, sie vergoß keine Träne; die Magd ging au ihr vorbei, ohne etwas Auffallendes zu be­merken. Stumm und starr saß fie da, die Micke auf den Weg geheftet, wo Naemi kommen mußte, und als nun das Heimchen so langsam und trübselig am Arme des Tauge­nichts, des Michel, angeschlichen kam, da konnte die arme Mutter an der traurigen Wahrheit nicht mehr zweifeln.

(Fortsetzung folgt.)