V». Jahrgang.

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Mit dem .

Plauderstübchen

und

Schwäb. Landwirt.

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Jur gefL. WeuchLung!

Vorige Woche begannen wir im Feuilleton mit dem Roman

Das Muttermal

von Ponson du Terrail.

Der hochbegabte Erzähler tritt hier mit einem äußerst spannenden Roman vor die Leser; derselbe wird das Inte­resse des Lesers von Anfang bis zn Eade fesseln und seine Teilnahme an dem Schicksale des mutigen Krieges, dem die Aussicht droht, enterbt zu werden und seiner Liebe ent­sagen zu müssen, wird mit jedem Kapitel wachsen.

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Infolge der in der Zeit vom 16. bis 27. Juni d. I. vorgenom­menen zweiten Forstdienstprüfung ist u. a. der Kandidat Albert Pfister von Altensteig zum Forstrefercndär I. Klasse bestellt worden.

Am 30. Juni ist von der Evangelischen Oberschulbehörde eine Schulstelle in Zuffenhausen, Bez. Ludwigsburg, dem Schullehrer Weitbrecht in Oeschelbronn, Bez. Tailfingen (Herrenberg), die dritte Schulstelle in Psalzgrafenweiler, dem Unterlehrer Christian Grüninger in Metzingen, Bez. Urach, die Schulstelle in Cresbach, Bez. Pfalzgrafenweiler, dem dortigen Unterlehrer Albert Schaich übertragen worden.

Bedeutsame Verschiebungen im Welt­handel.

Alle Exportländer der Welt haben augenblicklich Vsr- ' aulafsuag, den Vorgängen in Brittsch-Ostinvien ihre beson­dere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Einer der hervorstechend­sten Züge in der eigenarügen Verwaltung des gegenwärtigen Vizekönigs ist die Ermunterung und Unterstützung, die er der indische» Industrie zuteil werden läßt. Keine Regierung Hai bisher Neigung gezeigt, an den bestehenden Verhältnissen zu rütteln, wonach alle Bedürfniffe der Regierung in Groß­britannien gedeckt wurden, gleichviel ob dies m Indien hätte selbst geschehen können oder nicht. Lord Curzon hat mit dieser Tradition ebenso gebrochen, wie er es mit vielen andern getan hat, und verfolgt nachdrücklich die Politik, Indien wenigstens inbezug auf die Versorgung mit Kriegs­material soweit als möglich selbständig zu nrach-n. Eng­lische Fabrikanten haben dadurch eine erhebliche Einbuße in einem bedeutenden .Handelszweig erlitten. Zu den bereits bestehenden Fabriken zur Anfertigung von Gewehren Munition, Fuhrwerk, Geschirr und Sattlerartikeln sollen jetzt noch andre treten, für die sehr beträchtliche Mittel ge­fordert werden.

Wenn die indische Regierung ihre Politik,Indien soweit als möglich selbständig zu machen", auch auf den Eiseubahnbedars ausdehnte, der bis dahin lediglich aus Großbritannien bezogen wurde und sich aus etwa 4 bis 5 Mill. Pfund Sterl. beziffert, so konnte sie auch dabei sich darauf berufen, daß man nur unter dem Drucke gewisser

Nagold, Montag den 5. Juli

durch die militärische Sicherheit des Landes gegebener höherer Rücksichten handle.

Jetzt ist der Vizekönig Lord Curzon aber, wie die Deutsche Export-Revue hervorhebt, einen bedeutsame« Schritt weitergegaugen. Er bekennt sich offen zu der Aufgabe, die industrielle Entwicklung des Landes auf der ganzen Linie zu fördern und hat zu diesem Zweck ein besonderes indisches Handelsministerium ins Leben gerufen, das sich der Durch­führung dieser Aufgabe widmen soll. Ueber diesen feinen Plan hat sich der Vizekönig ganz offen und rücksichtslos in einer vielbeachteten Rede ausgesprochen, die er bei der Er­öffnung des neuen Handelsministeriums hielt. In der Rede heißt es:

Meine indischen Freunde möchte ich bitten, die Schaff­ung des neuen Haudelsdepartements nicht etwa als em Mittel auzusehe«, das nur der Förderung des britischen Handels zugute kommen soll! Das wäre ein großer Irr­tum! Indischer Handel, indische Industrie und Unter­nehmungen find für das Land ebenso wichtig oder vielmehr noch wichtiger als britische und sie haben eine ebenso glän­zende Zukunft vor sich wie diese."

Die indische Regierung ist also entschlossen, indischen Fabrikanten jede nur mögliche Erleichterung zu gewähren. Das neue Programm des indischen Vizekönigs hat in Eng­land begreifliches Aufsehen gemacht. Ein führendes Blatt des englischen Exporthandels weist auf die ungeheuren Fort­schritte der indischen Industrie hin, auf die scharfe Kon­kurrenz der Jutespinuereien in Kalkutta und die damit zusammenhängende Schließung von Werken in East London und Dundee, aber darauf beschränkt sich die industrielle Tätigkeit Indiens durchaus nicht etwa. Noch vor wenigen Jahren wurde alles Leinöl, das in Indien verbraucht wird, in England produziert aus Leinsamen, der aus Indien kam.

Jetzt gibt es nicht nur Dutzende von Oelmühleu i« Indien selbst, sondern Leinöl ist sogar ein indischer Export­artikel für die Märkte des fernen Ostens geworden. Sogar Stahlträger werden neuerdings dort von der Bengal Iran and Steel Company hergestellt.

Das neue Programm der indischen Regierung geht nicht allein die englische Regierung au; auch alle andern Exportstaatrn werden es zu fühlen bekommen, wenn der indische Markt sich der Einfuhr mehr und mehr verschließt. Die kolossalen Quantitäten englischer Waren, die heute nach Indien gehe», werden andere Märkte aufsuchen müssen und hier den Wettbewerb verschärfen. Auch für den deutschen Export könnte« sich daraus Konsequenzen ergeben, die ernstester Beachtung wert find.

YoMische KeSerficht.

Die Wünsche -er Inhaber mittlerer »nd

kleiner Gast- und Schaukwirtschastsbetriebe auf eine Abän­derung der gellenden Bestimmungen über die Beschäftigung der Gehilfen und Lehrlinge im Gast- und SchankswirtschatS- gewerbe dürfen nach denBerl. Polit. Nachr." nicht auf Berücksichtigung rechnen.^ Die Korrespondenz sagt: Ausschlag­gebend für die Stellungnahme der verbündeten Regierungen

1Y03.

in dieser Frage war die Erwägung, daß gerade der Kellner«

beruf völlig fehlt. Leider hat sich eine freie Vereinbarung, Wieste im Interesse der Arbeitgeber sowohl wie der Angestellten wünschenswert gewesen wäre, nicht erzielen lasses. In Er­innerung an die entsetzlichen Gesundheitszustände, die zutag getreten find, und mit Rücksicht darauf, daß eine andere Festsetzung der Ruhezeiten für die kleinen und mittleren Be­triebe unter Berücksichtigung der Bedürfniffe der verschiedenen Arten der Gast- und Schaukwirtschaftev an die Stellen der einheitlichen Regelung eine möglichst vielgestaltige setze« würde, die aller Voraussicht nach eise well erheblichere Un­zufriedenheit zur Folge hätte, kann nicht anerkannt werden, daß ein Anlaß vorliege, die geltende Buudesratsverorduuug, die erst 1902 in Kraft getreten ist, ihre segensreiche Wir­kung also noch zu bewähren haben wird, abzuäuderu oder aufzuheben, um au ihre Stelle eine Bestimmung zu setze», die, ohne alle Härten auszuschließeu, weder eine bessere ge­sundheitliche Wirkung auf die Angestellten des Gast- und Schankwirtschaftsgewerbes verbürgte, noch dev Vorteil einer absolut sicheren Kontrolle besäße.

Dasrote Brrch enthaltend Dokumente der Ver­handlungen mit Japan in den Jahren 1903/1904, welche i« der Kanzlei des besonderenKomitees für die Angelegen­heiten im fernen Osten" aufbewahrt werden. Gedruckt i« der St. Petersburger Typographie des allerhetligsteu regieren­den Synods, 1905." Das ist der Titel einer in mehr als einer Hinsicht interessanten rot gebundenen Broschüre, die i« dm ersten Tagen des Juni an die Minister und Mitglieder des Reichsrates versandt, gleich darauf aber wieder zurück­gezogen und vernichtet wurde. Ein Exemplar des bedeu­tungsvollen Opus ist der Vernichtung entgangen uad hat dem Petersburger Gewährsmann der Frkf. Ztg. zur Einsicht Vorgelegen. Die Broschüre enthält eine Auswahl von 39 Dokumenten, (nicht 42, wie in der Einleitung angegeben wird, und eine zusammeufaffeude Einleitung. (S. 19.) Rußland war, wie diese Einleitung ausführt nud sich aus den 39 Dokumenten ergibt, auf die Möglichkeit eines Kriege» mit Japan gefaßt, habe aber geglaubt, daß der Gegenstand der Ansprüche Japans nur Korea sei und daher alle seine Anstrengungen dahin gerichtet, durch denkbar größte Nach­giebigkeit in der Korea-Frage den Krieg zu vermeiden oder wenigstens auf eine für Rußland günstigere Zeit hinauszu- schtebeu.Aber wir haben", heißt es in der Einleitung, den Krieg nicht abgewendet, weil, wie sichs herausstellte, die geheime« Ziele Japans sich über die Grenzen der Korea- Frage hinaus erstrecken und «ns noch bis jetzt geheim ge­blieben find." (siel) DasRote Buch," hat Alexejew und seine Leute weiß waschen sollen. Im letzten Augenblick müssen wohl Zweifel aufgesttegen sein, ob selbst diese Aus­wahl von Dokumenten ihren Zweck erreichen werde.

Da- Ergebnis der holländische« Kammer­wahle» liegt nunmehr vollständig vor. Es wurden gewählt: 25 katholische Klerikale, 15 orthodoxe Protestanten, 24 Links­liberale, 10 Rechtsliberale, 8 Mitglieder von der Partei der historischen Christen, 10 liberale Demokraten, 7 Sozia­listen, insgesamt 52 Autimiuisterielle und 48 Ministerielle. Das Ministerium Kuhper ist damit am Ende seiner Tätigkett.

Das Muttermal.

Roman von Ponson du Terrail.

(Fortsetzung.)

Das Heimchen kannte natürlich den Inhalt dieses Briefes, und man begreift, daß es früh genug aufgestanden war, um den Postillon nicht zu versäumen.

Der Brief, den sie erhalten hatte, war von Lorenza, er trug aber nicht den PoststempelLyou," sondern war aus Chambery.

Liebe Nacurt!" lautete er,du bist mutiq, mein ge­liebtes Heimchen, ich schreibe an dich, um die Mutter nicht zu sehr zu erschrecken. Ich wollte gerade wegen des Er­satzmannes nach Hause schreiben, als die Nachricht kam, es gibt Krieg! Da konnte freilich nicht mehr die Rede von LoSkanf sein, in solchem Augenblick darf man die Fahne nicht verlasse», ohne für einen Feigling zu gelte«. Wir wurden sofort in die Kasernen gewiesen, schon nach drei Stunden waren wir auf dem Marsche. Wie es heißt, gehts nach Italien; ste meinen olle, es wird nicht lange dauern und in sechs Monaten sind wir wieder zu Hause. Dann kann mich nichts wehr abhalten, zu Ench zu kommen, und mein Heimchen wird dann mein Heimchen wird dann mein liebes Weib. Tröste die Mutter, und fie soll fich keine Sorgen machen, ich trage die beiden Denkmünzen, die ihr beide mir mitgegebcn habt, an einer Schnur um den Hals; das wird mich beschützen. Auf Wiedersehen, Heimchen!

Fürs ganze Leben dein Lorenz."

Nachschrift: Schreibe mir unter der Adresse: Herrn Lorenz Tiercelin, Unteroffizier im 4. Jägerbatatllon. Feld­postbrief. Wen« ich auch inzwischen aufrücke, der Brief kommt doch an mich."

Armes Mamsellchev!" sagte kopfschüttelnd der Brief­träger, indem er die schluchzende Naemi ansah.

Was gtbt's denn da zu weinen?" rief der Schmied möglichst grob, um seine Rührung zu verbergen. Wortlos reichte ste ihm den Brief.

Na, was will das sagen? Ich bin auch Soldat ge­wesen, habe mehr als einen Krieg Nitgemacht und bin doch wiedergekommen."

Was weint denn das Heimchen so?" fragte ein neuer Ankömmling. Es war Michel Brülart, Lorenz' Mtlchbruder.

Dritter Abschnitt.

Michel «rülart.

Wir müssen Michel Brülarts nähere Bekanntschaft machen. AIS Milchbruder von Lorenz war er natürlich mtt ihm gleichen Alters, stand also im vierundzwanzigsteu Jahre. Es war ein großer, hagerer, sehniger Schlingel, strohblond, mtt einem klangen Gesicht und glanzlosen, grauen Augen, die immer unruhig umherschweiften. Wenn seine dünnen Lippen sich zum Grinsen verzogen, kam ein gelbes, häßliches und lückenhaftes Gebiß zum Vorschein.

Er und sein Bater standen in so schlechtem Rufe, daß fich die Gemeinde von Ferolles glücklich schätzte, ste nicht zu ihren Angehörigen zu zählen. Ihre Hütte stand am Walde

auf dem Grund und Boden von Souvigny. Sie warm Bauern, bauten aber nichts auf ihrem kleinen Besitztum. In der Erntezeit gaben fie fich bei den Pächtern der Um­gegend in Arbeit; meist beschäftigten ste fich mtt Holzschichtm und Ausladen im Walde, wenn die Holzhändler aus Orleans schlagen ließen, und die letztere Arbeit behagte ihnen a« besten; denn fie hatten allezeit eine Flinte im Reisig oder i« Unterholz versteckt, und mancher Hase fiel ihnen bei« Heimgehen zum Opfer. Der Wildhändler in Chateauneuf zahlte ihnen drei Frauken für eine« Hasen, dann konnten sie sich einen guten Lag machen. Im Winter stellte« ste de« Schnepfen Schlingen, im Sommer fingen fie junge Reb­hühner in Netzen, kurz jede Jahreszeit lieferte ihnen einen Zehnten von fremdem Eigentum. Sie verachteten auch Obst­bäume, Getreidemteteu und Kartoffelgrubeu nicht. Da» wußte mau; jeder traute ihnen das Schlimmste zu, und ging ihnen gern aus dem Wege.

Michel trat also in die Schmiede.

Was willst du hier?" fragte der Schmied stiru- runzelnd.

Ich wollte mir etwas Feuer ausbitten," erwiderte der Taugenichts und zog eine vollgestopfte kurze Pfeife aus der Tasche; auf den Herd zugeheud wiederholte er:

Was ist denn mit de« Heimchen loS?"

Was loS ist!" erwiderte der Schmied grimmig,da mußt du auch noch fragen? Wenn fie weint, ist niemand anders schuld daran als du."

Ach, Unsinn!"

Na, ist Lorenz nicht für dich etngetreten?"