V». Jahrgang.

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Mit dem Plauderstübchen und

Kchwäb. Landwirt.

146

Aagold, Dienstag den 27. Äuni

1905

Amtliches.

An die Gchnltheitzenämter.

Aufkarrf von Zuchtfarren in der Schweiz.

Der X. landwirtschaftliche Gauverband, bestsheud aus den landwirtschaftlichen Bezirksvereinen Calw. Freudenstadt, Nagold und Neuenbürg, beabsichtigt zur Förderung der Viehzucht tn diesem Jahr wieder einen Aufkauf v»u OrigiualfimWerrtaler Farrcu in der Schweiz zu veranstalten.

Um nun zu wisse«, wie viele Tiere aüfgekauft werden sollen, wollen die Herren OrtSvursteher »ach Be­frage» der Karreuhalter «ud der Gemeindekvlle- gie« spätestens bis 1V. Juli auher anzeigen, ob und wieviel Farve», eventuell auch weibliche Tiere in ihren Gemeinden zum Bezug aus der Schweiz gewünscht werden.

Die bestellten Farren werden unter den Bestellern öffentlich versteigert und sind die Besteller in erster Linie zur Versteigerung zugelaffen.

Weibliche Tiere werden nur aus feste Bestellung für Rechnung Ler Besteller angekaust.

Der Verkauf wird Ende Bugust in Nagsld stattfinden.

Nagold, den 26. Juni 1905.

_ K. Dberamt. Ritter.

Die zweite Dienstprüfung katholischer BolkSschMehrer, welche am 6. Juni d. I. und an den folgenden Tagen in Stuttgart abge­halten-'worden ist, haben u. a. mit Erfolg bestanden: Dußling, Josef, Lehrgehilfe in Obertalheim, Henzler, Eugen, Lehrgehrlse in Mührinzen, Sauter, Anton, Lehrgehilfe in Untertalheim.

UoMifche HleSsrficht.

Zu dem Entwurf des Verfafsnugsgrsstzes

haben die 8 Handelskammern des Landes am 20. Vs. in Reutlingen Stellung genommen und eine Eingabe an die Abgeordnetenkammer beschlossen in der folgende Bitte aus­gesprochen wird: Die Kammer möge den Artikel 1, H 129 Ziffer 7 des Regierungsentwurss, worin die Vertretung von Handel und Industrie in der Ersten Kammer vorge- schlagen wird, dahin erweitern, daß 1. die Zahl der Ver­treter mindestens auf vier (wie tn Baden) erhöht, 2 den Handelskammern das Recht der Kollektiv-Wahl »der der Kollektiv- Präsentation übertragen wird. In der Begrün­dung heißt es u. a.: Der Entwurf gibt mit Recht den bisherigen Grundgedanken auf, daß die erste Kammer ihrem i Wesen nach die Vertretung des grundherrlicheu Adels sein soll, und führt als ergänzendes Grundprinzip die berufs- stäudische Vertretung ein. Wir begrüßen diese Neuerung als einen Fortschritt; nur sollte dieses neue Prinzip folge­richtig auf eine breitere Basis gestellr werden. Die breitere Berücksichtigung der beruWändischen Vertretung scheint uns im Interesse der Ersten Kammer selbst zu liegen, daher das Gelingen der Reform nicht zu gefährden. Die Rechts- auschauung, wonach der Feudaladel, wie in früheren Zeiten den Haoptfteuerträger und den für die politische Volks­repräsentation ausschlaggebenden Fakior darstellt, ist veraltet; die Grundsteuer bildet schon seit Jahrzehnten nicht mehr

die wichtigste Leistung an den Staat. Gegenüber den dahin- jageude« sozialpolitischen Strömungen, die doch de« Gegen­wartsleben die Signatur aufdrückeu, kau» heute die Regier­ung keinen festere« Halt gewinne«, als aus den Reihen des Großbetriebs selbst, welcher der Nährboden für die Gärung ist. Aus dem gleichen Boden, aus dem dieselbe hervorgeht, muß sich auch das wirksamste Beruhiguugsmittel, d. h. der Weg zum gegenseitigen Verstehen, zu gegenseitiger Aner­kennung und zum friedlichen Zusammenarbeiten finden. Eine Verschiebung anderer Art hat sich in den Einzellandtagen übrig gebliebenen Beratuugsstoff, und zwar in der Richtung von dem erußerpolitischen und staatsrechtlichen Gebiet aus das wirtschaftlich« und soziale vollzogen. Demgemäß sollte in ihnen auch durch erfahreneue Fachmänner das für wirt­schaftliche Fragen sachverständige Element vertreten sei«. Auch auS diesem Grunde liegt es im Interesse einer sach­kundigen und allseitigen Beratung und Beschlußfassung, daß in der Ersten Kammer Handel und Industrie eine reichlichere Vertretung erhalten: Der geschichtlich überkommene Rechts­satz, daß der Großbefitz und der Hauptsteuerträger die Grundlage für die Erste Kammer bildet, hat im modernen Verfaffuugsrecht durch die Grundanforderung an die ständische GesamtvertreLung, daß nämlich diese sämtliche produktiven Kräfte des Volkes zusammenfaffm soll, einen wetteren Sinn erhalten. Diese Garantie kann bei dem allgemeinen Wahlrecht nur im Wege der indirekten Berufung »der der berufsstäudischen Vertretung geschaffen werden. Die natur­gemäße Folge des allgemeiaen Wahlrechts ist, daß in den Abgeordnetenkammern das gewerbliche Unternehmertum durch die tote Zahl unterdrückt und immer mehr durch den Ar­beiter und Bauernstand zurückgedrängt wird. Je mehr Fortschritte dieser unaufhaltsame Prozeß der eiuseittgeu Zusammensetzung macht, eine um so höhere Bedeutung kommt der Garantie für eine verfassungsmäßige Vertretung des Unternehmertums und damit nach dem heutigen Stande des Reformwerks der Ersten Kammer zu. Der Wider­spruch, der auch nach Annahme des Entwurfs zwischen der Zusammensetzung der Ersten Kammer und der Gruppierung der wichtigsten Erwerbsstände entstehe» würde, würde um so beunruhigender sortwirkeu, als sich heute nicht allein die hochpolitischen Tagesfrageu, fordern die ganze Entwicklung des öffentlichen Lebens um die Rivalität und Ausgleichung 'den Interessen der Landwirtschaft und Indu­strie dreht; darauf laufen auch am letzten Ende die land­ständischen Fragen der Verkehrs- und Steuerpolitik, des Schulwesens u- s. w. hinaus. Im Ausmaß der Lasten hat man bei der neuen Steuerreform Handel und Gewerbe reichlich bedacht, die neue Einkommensteuer bedeutet für manche Unternehmungen geradezu eine Verdoppelung der Steuerlast; umgleiches Maß" bitte« wir auch bei der Austeilung des der Steuerlast gegeuüberstehenden Stimm­rechts an dievootridukoo plsbs«. Was unfern Antrag am beste» begründet, ist nicht der Stand oder die Berufs­angehörigkeit an sich, sonderu die wirtschaftliche Umgestaltung des öffentlichen Lebens nach der in der Ersten Kammer noch zu wenig vertretenen Seite des (Großverkehrs-Städte und) Großbetriebs. Die Motive des Regierungsentwurss nehmen

auch darauf Bezug, daß zwar bei der badischen Versaffungs-

reviston 3 Vertreter der Handels- und 1 Vertreter der Gewerbekammern in die Erste Kammer berufen worden feien, daß aber den württembergischeu Verhältnissen entsprechend ein Vertreter er Handelskammern und ein zweiter der Handwerkskammern genüge. Der Grund dieser unterschied­lichen Behandlung ist unerfindlich. Die Handelskammern werden im Entwurf ignoriert, der bestimmende Gesichts­punkt kommt tn einem formalen Punkt, nämlich in der Art der Berufung des industriellen Vertreters, zum Ausdruck. Dieser Modus mag an sich ja nebensächlicher Natur sein. Aber es erschiene uns ^ch zeitgemäßer, die Präsrutattou den Selbstverwaltungskörper» zu überlasten. iZSo gut dem ritterschaftlichen Adel das Recht eingeräumt wird, die Ab­geordneten aus seiner Mitte zu delegieren, ebensogut,kann man dieses Recht auch den Handelskammern zugesteheu.

Zur Frage der Personentarifrefor« hat der preuß. Eisenbahuminister v. Budde einem Interviewer erklärt, er denke nicht daran, die bestehenden Sonntagsfahrkarteu bei der Durchführung der Persouentarifreform zu beseitigen. Auch alle für bestimmte Wohlfahrtszwecke bestehenden Ver- güustiguugeu, wie Arbeiterwochenkarten, Sonntagsfahrkarteu, Ferieusouderzüge usw. bleiben in gleiche« Umfang und in derselben Art wie bisher bestehen. Er habe sich bei den Verhandlungen bezüglich der Tarisgemeinschaft der deutschen Eiseubahnverwaltuugen ausdrücklich die Beibehaltung dieser Ausnahmen Vorbehalten.

Der «naarische Ministerpräsident Bar»»

Fejervarh hat sich am Freitag von Wien i« das Brücker Militärlager begeben, wohin sich vorher schon der Kaiser Franz Joseph zur Truppeninsptzieruug begeben hatte. Im Brücker Militärlager hat dann die Audienz, um deretwillen Fejer- vary nach Wien gereist war. stattgefuudeu.

Rsosevelt, der Präsident der Bereinigte» Staaten von Nordamerika, hat in Williams-College zu Williamstown in Massachusetts eine bemerkenswerte poli­tische Rede gehalten. Er führt aus, er möge lieber sehen, daß die Nation die Monroe-Doktrin und den Panama- Kanal aufgebe, als daß sie zwar auf der Monroe-Doktriu uud dem Bau des Panama-Kanals beharre, sich aber weigere, für die einzigen Mittel, die ein Volk der Achtung der üb­rigen Völker würdig machen. Amerika müsse mit dem Bau von Schiffen fortfahreu uud die Flotte aus dem höchsten Punkt der Leistungsfähigkeit erhalten oder eS müsse auf- höreu, danach zu streben, eine große Nation zu sein.

G«ges-Nsuigkei1en.

Aus Stadt und Land.

Nagold, 28. Juni.

:: Johannes Goffuer

(besten Leben und Wirken Gegenstand eines Vortrags von Semi- uarrektor Schulrat vr. Frohnmeyer war) ist auch in unserer Gegend in manchen positiv christl. Familien durch feinSchatz- kästleiu" bekannt. Sein LebeuSgang war ein sehr wechselvoller. Johannes Evangelist Goßuer wurde im Jahr 1773 tn Hausen

Kagold als Luftkurort.

(Fortsetzung:)

II.

Was wurde nun aber in der Stadt und von unserem Verschönerungsverein selbst geleistet, um Na­gold mit guten Gründen als Luftkurort bekannt machen zu dürfen?

1. Von dem alle Besucher gewinnenden Eindruck der ganzen Stadt (mit wenigen verborgenen oder zu ver­bergenden oder noch bester möglichst bald zu verschönernden Ausnahmen) war schon unter I. die Rede. Auch unsere Einwohner selbst werden offenbar hier von Jahr zu Jahr mehr von dem BerfchZneruugsstreben ergriffen. So baut sich z. B. ein nur mäßig bemittelter Bürger aus der Ar­beiterklasse derzeit ein hübsches Landhäuschen am Fuße unseres bchloßbergwaldes mit genügendem Raum für einen Luft­kurgast. Insbesondere wird aber das von der Methodisten- Gemeiude auf einer die Stadt beherrschenden Höhe oberhalb des Bahnhofs am Fuße des Eisberg-Stadtwalds erbaute, übrigens alleuchristlichen Konfessionen offenstehende, Privatverpflegungs- ».Erholungsheim ohne Zweifel eine Zukunft haben und den Ruf von Nagold als Luftkur­ort weiter verbreiten, jedenfalls aber auch unseren Gewerbe­treibenden zugutkommen.

2. Nächstliegende Anlagen des Verschönerungsvereins. Teils in der Stadt selbst teils in ihrer nächsten Um­

gebung befinden sich schon längst die vom Verschöner»«gs- verein geschaffenen, teilweise schon den ganzen Tag über Schatten bietende» Anlagen: Kaiser-WtlhelmSplatz, Moltke- platz, Bismarckplatz, Hermannsplatz (so genannt von dem Stifter desselben, einem besonderen Naturfreund und Nim­rod, de« s- Kaufmann Hermann Reichert), die stille schattige Anlage hinter der neuen Kirche, sodann die vom Stadtbau­amt höchst einladend hergestellte Bänkeanlage auf dem Kleb­fußweg am Fuße des Schloßbergs aus Staatswaldareal, wobei ein hiezugeflifteteS Legat des ß Stadtrats Schuon die Kosten deckte, ferner die Lindenalleen auf der Insel, end­lich unser Stadtacker mit seinen längst vollen kühlen Schatten liefernden alten Linden und Kastanien, wo man aber auf vielfachen Wunsch noch 3 bis 4 weitere Bänke in nächster Zeit anbringen sollte. Auf alle diese Anlagen können und möchten wir in erster Linie alle sehr alten, gebrechlichen und schwerleidendeu Leute, denen das Bergsteigen ver­boten ist, verweisen. Sie finde« hier meist Ruhe und jeden­falls gute Lust, die hier bis jetzt noch nicht und hoffentlich durch Fürsorge unserer Stadbehörden auch künftig nicht durch viel Rauch, Ruß oder üblen Geruch ver­breitende Fabriken verdorben wird.

Alle bloß nervenkranke oder bloß erholungsbe­dürftige alte uud junge Einwohner und Kurgäste laden wir ein, die Höhe des Staatswalds Schloßberg mit seiner Ruiue und interessantem Forstgarten, sowie die Anlagen unseres Stadtwalds zur Auffrischung von Seele und Leib noch wett mehr als bisher zu benützen. Heuer bestand unser pressantestes und wichtigstes Unternehmen darin, unser»

Stadtwald auf2Seiten gegen Osten uud Westen am Fuße des Wolfberg-u. SchloßbergwaldS bis zurunmittelbareu Nähe der Stadt auSzudehuen. Um aber schon in 8 bis 10 Jahren im vollen Schatten dieser 2 jungen Waldparke wandeln und fitzen zu können, hat der Gemeiuderat eiufichts- und vertrauensvoll den Vorschlag der Fsrstverwaltuug gut- geheißen, diese 2 Waldaulagen mit schon 10 bis 12jährigen sogenannten Balleupflanzeu auszuführen, die selbstverständ­lich einen viel höher» Kostenaufwand nötig «achten, als eine dann erst in 20 Jahre« Schatte» liefernde Aufforstung mit 4jährigen Pflanzen aus der Pflanzschule. Auch Herz- und Lungenleidenden kann und wird ihr Arzt nun den Be­such dieser ganz nahen, ßast ohne Steigung zu er­reichenden, jungen Waldkulturen gestatten. Halten solche Kranke davu aber die jedesmal durch Ruhebänke be- zeichnetcv Stationen ein, so können sie ans dem untern neuen sehr mäßig steigenden Fußweg im WolfSberg sehr leicht auch noch den dortigen geschloffenen dichten Stangenholzwald uud am Schloßberg durch Benützung deS gleichfalls wenig steilen, ferud neuhergestellten,Pauoramawegs" den schattigen Schloßbergwald erreichen. Nur möchte man die K. Staats- forstverwaltung im Namen Vieler bitten, auf der ober« steileren und langen Wegstrecke von der alten Eiche bis auf die Höhe des Burgwalds gefälligst doch bald noch 3 bis 4 weitere Bänke als Zwischenruheplätze anzubringen. I» dev für Waldfreunde und Luftkurgäße bestimmten verschiedenen Anlagen innerhalb und außerhalb deS Stadtwalds hat der Verschönerungsverein im ganzen schon über 100 Bänke angebracht. Keiner ist überflüssig uud alljährlich werden