7«. Jahrgang.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
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nach Verhältnis.
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Jernspvechev Wv. 28.
AevnsprecHev Wv. 29.
Auslage 2»8» .
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Mit dem Plauderftübchen und
Schwab. Landwirt.
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Vkzolör Donnerstag -ru 18. Mai
is»r
Amtliches.
Nagold.
Aushebung der Militärpflichtige«.
Das diesjährige Anshebungsgeschäft findet am Donnerstag de« SS. Mai d. I- vormittags von 8 Uhr an auf dem Rathaus in Nagold statt.
An diesem Tage kommen sowohl die Reklamierten, die als dauernd untauglich erklärten, die zum Landsturm und und znr Ersatzreserve vorgeschlageuen Militärpflichtigen, als auch die als tauglich bezeichueten Militärpflichtigen zur Vorstellung.
Die Ortsvorsteher erhalten die Weisung, die vor die K. Oberersatzkommisston zu beordernden Militärpflichtigen, über welche ihnen besondere Verzeichnisse zukommen werden,
sicht gekommen find, um an der Aushebung tetlzunehmen und hernach wieder au ihre» früheren Ort zurückzukehreu. Es ist daher von jetzt an bei jeder Nenanmeldung zu berichten, ob nicht ein Scheinverzug des Militärpflichtigen vorliegt.
Von der Beiziehung der Ortsvorsteher zum Aushebungsgeschäft wird auch Heuer abgesehen.
Endlich werden die Ortsvorsteher beauftragt, die Stammrollen pro 1903, 1904 und 1905 nebst den Gebnrtslisteu und Beilagen zum Zweck der Prüfung durch den Zivilvor- sttzenden der Kgl. Oberersatzkommisfiou zuverlässig bis 2«. ds. MtS. au das Oberamt einzusenden.
Sollten in neuerer Zeit Strafen gegen Militärpflichtige anerkannt worden sein, so wären solche in den Stammrollen nachzntrage» und dem Oberamt in besonderem Bericht anzu- zeigeu.
Den 2. Mai 1905. K. Oberamt. Ritter.
militärischen Ausbildung den wissenschaftlich Gebildeten und den Lohnarbeiter auf eine Stufe stellt, die sinnloseste und unmöglichste sozialistische Forderung, der Grundsatz der unbeschränkten Gleichheit, geradezu staatlich anerkannt würde. In diesem Punkte sollte auch das geringste Entgegenkommen unter allen Umständen vermiede« werden. Mag eS richtig sein, daß nicht wenige Schüler die Bänke drücke», um daS „Einjährige" zu „ersitzen" so kann doch anderseits von niemand, der unparteiisch die Verhältnisse beurteilt, bestritten werden, daß wir die steigende Bildung, die wachsende wirtschaftliche Tüchtigkeit unseres Volkes zu einem gute« Teile dem Vorhandensein der für die Berechtigung zum einjährigen Dienst geltenden Bestimmungen zu danken haben. Wollte mau diese Einrichtungen, dieses angebliche Vorrecht, daS keines ist und jedenfalls in hohem Grade Verpflichtungen auferlegt, beseitigen, man würde zugleich dem deutschen Volke eine der kräftigsten Stützen seiner politischen Stellung, eine der ergiebigsten Quellen seiner wirtschaftlichen Tüchtigkeit nehmen.
gesetzlichen Strafen und Rechtsnachteile an dem genannten Tage vormittags 7 V» Uhr auf dem Rathaus in Nagold zu erscheinen haben. Auch find die Militärpflichtigen auf die Bestimmungen der Wehrordnung Z§ 65 Z. 3, 71 Z. 7 und 72 Z. 3 aufmerksam zu machen, wonach Versuche Militärpflichtiger zur Täuschung gerichtlich bestraft werden, die Entscheidungen der K. Oberersatzkommisston endgültig entschieden sind und jeder in den Grundrißen des Ansheb- «ugSbezirks enthaltene Militärpflichtige berechtigt ist, im Aushebnngstermin zu erscheinen und der Obererfützkommis- sion etwaige Anliegen vorzntrsgen.
Ferner haben die Ortsvorsteher darauf hinzuwirken, daß die Militärpflichtigen mit reingewaschenem Körper und reiner Wäsche erscheinen. Diejenigen Militärpflichtigen, welche an Schwerhörigkeit zu leide« behaupten, haben das Innere der Ohren gründlich zu reinigen, um eine Untersuchung derselben zu ermöglichen.
Ortskundige Fehler der Militärpflichtigen (geistige Beschränktheit, Epilepsie rc.) sind — soweit solche nicht schon bet der Musterung zur Sprache gebracht wurden — vor der Aushebung dem Unterzeichneten anzuzeigen. Bei Schwerhörigen, Nervenleideuden, Stotterern, Geisteskranken oder Taubstummen verlangt die Kgl. Oberersatzkommisston Vorlage von ärztlichen Zeugnissen.
Es wird daraus aufmerksam gemacht, daß Familien- verhältnisse halber ein Militärpflichtiger niemals zum Train bestimmt wird und daher derartige Gesuche wertlos find.
Die Eröffuungsulkunden der Vorladung der Militärpflichtigen find vnter Anschluß der Losungsscheine spätestens bis 20. d. MtS. hieher vorzulegeo. Ueber sämtliche vorhandenen Schneider (tauglich und nicht tauglich) sind ArbeitS- zengnisse vorzulegen.
Militärpflichtige, welche sich auswärts aufhalten, dürfen nicht von anderen Bezirken hieher zur Aushebung berufen werden, find vielmehr zu belehren, daß sie sich am Orte ihres dauernden (nicht bloß vorübergehenden) Aufenthalts zur Stammrolle auzumelden und zur Aushebung zu stellen haben.
Sodann haben die Ortsvorsteher darauf zu achten, daß keine Scheinverzüge Vorkommen. Bei denjenigen Militärpflichtigen, welche vor der Aushebung sich wieder nach Hause begeben, ist sich daher zu vergewissern, ob sie nicht in der Ab-
Die Einjahrig-Freiwilligen.
Zu dem sozialdemokratische» Bestreben aus Beseitigung des einjährigen Militärdienstes äußern sich die „Dresdener Nachrichten" in bemerkenswerter Weise, indem sie aussühren: Die sozialdemokratische Presse läßt kein Mittel unversucht, um den Offiziersstand in den Augen der Mitwelt herabzusetzen, die ihm Angehörigen als geistig minderwertig und sittlich verkommen hiuzuftellen. Trotzdem ist eS ihr nicht gelungen, in dem Maße, wie es beabsichtigt war und ist, de» Glauben an die Tüchtigkeit und die vornehme Denkungsart unserer Offizierskorps zu erschüttern.
Wohl aber erscheint ein größerer Erfolg nach dieser Richtung möglich, wenn es gelänge, mit den einjährig Dienenden denjenigen Bestandteil des Heeres zu beseitigen, aus dem für den Kriegsfall der Offiziersersatz und der Bedarf für die Offiziersstellen der neu zu errichtenden Kontingente genommen wird. So sehr auch hier und da dem Emjährigeuwesen Mängel und Auswüchse auhafteu mögen, eins ist doch nicht zu verkennen, daß sie, verschwindende Ausnahmen abgerechnet, im Laufe ihrer aktiven Dienstzeit und noch mehr während der Uebuugen im ReferveverhältniS mit den nationalen Anregungen und den vaterländischen idealen Anschauungen vertraut werden, die dem deutschen OfstzierkorpL innewohnen. Die hier gewonnenen Eindrücke nehmen alljährlich etwa 10000 junge Leute nach Beendigung ihrer Dienstzeit mit hinaus ins bürgerliche Leben und teilen sie bewußt und unbewußt den ihnen nahestehenden Berussund Gesellschaftskreisen mit.
Es ist leicht ersichtlich, daß ein derartiger Zustand nicht den Wünschen einer Partei entsprechen kan», die mit größter Kraft an der Verbreitung ihrer sozialistischen Staats- und Gesellschaftslehren arbeitet. Die staatserhaltenden Parteien aber würden sich einer der stärksten nationalen und monarchischen Stütze» begeben, wollten sie auch in dieser Beziehung dem Drängen einer ausgesprochen heeresseindlicheu und revolutionären Partei Nachkommen. Demgegenüber müssen alle etwaigen Vorteile, die sich einzelne Parteien von einer Beseitigung des einjährig-freiwilligen Dienstes versprechen, in den Hintergrund treten.
Auq den Umstand sollte man nicht außer acht lasten, daß durch eine Maßnahme, die hinsichtlich der Dauer der
WoWische HlsSerficht.
Der Hauptverband deutscher Flotteuvereiue
im Ausland hat gestern in Berlin eine Mitgliederversammlung abgehalten. An den Kaiser und au Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg wurden Telegramme abgefandt. Der in der Versammlung verlesene Jahresbericht gab über die erfreuliche Entwicklung deS HauptverbandS Auskunft, der ja, wie bekannt, in dem Flußkanoueuboot „Vaterland" aus das erste sichtbare Zeichen seiner Wirksamkeit hinzu- wetsen in der Lage ist.
In Hamburg soll ba- Bürgerschaftswahlrecht
geändert werde». Die Senatsvorlage ist soeben veröffentlicht worden, sie schlägt eine neue Gruppenetuteiluug vor. Die Notabeln- und Grnndeigentümerwahlen sollen bestehen bleiben. In den allgemeinen Wahlen soll künftighin die Stadt 72 Abgeordnete, das Land 8 wählen. Die Wahlberechtigten der Stadt werden in drei Gruppen nach der Höhe des Einkommens geteilt. Die erste Gruppe umfaßt die Wähler mit einer Versteuerung von mehr als 6000 ^l, die zweite Gruppe von «ehr als 3000 die dritte Gruppe alle übrigen wahlberechtigten Bürger. Der Senat beantragt ferner die Einführung der Verhältniswahl und die Verleihung des passiven Wahlrechts an Beamte. I» der Begründung der Vorlage heißt es, daß der ungeheure Andrang sehr niedrig besteuerter unselbständiger Elemente zum Erwerb des Bürgerrechts nicht vorauSgesehea worden wäre und daß binnen kurzem diese Elemente in den allgemeine« Wahlen fast alle Mandate au sich reißen und mit der Zeit auch in die Notabeluwahleu eindringen würden. Der Arbeiterschaft solle ihr Anteil au den öffentlichen Geschäften nicht verkümmert werden, aber sie solle andere Bevölkerungsklaffeu nicht verdrängen. Die ersten Wahlen nach dem neue» System sollen 1907 stattfinden.
Ans dem Haager Schiedsgericht hat man sich in der 1. Sitzung wieder, wie bisher noch jedesmal bet Beginn einer Tagung, mit der Frage beschäftigt, welche Sprachen bei den Verhandlungen zugelassen werden sollen. Frankreich, England und Deutschland beantragten die Z«,
Auf dem Koyenstaufen.
(In der Nacht vom 9. Mai.)
Das Göppinger Tagblatt Der Hohenstaufen (Redakteur I. Jllig) veröffentlicht in seiner Sonntagsuummer die folgende stimmnugsreiche Schilderung der Schillerfeuer, die in der Nacht vom 9. Mai im württ. Donaukreis aufflammte«:
Der Tag hatte trübselig begonnen, aber um den Abend war's licht geworden. Wie's tu seinem Leben auch war. Ueber der Stadt lag ein Feiertag. Fahnen wehten und jung und alt bewegte sich geschmückt auf den Straßen.
Da ging ich hinaus vor die Stadt und durch den Wald den Berg hinan. Und die Schatten wurden länger und länger. Im Westen glühte der Himmel von der sinkenden Sonne. Jetzt senkte sie sich hinter den Adelberger Höhen.
In Hohenstaufen hatten sie schon einzelne Lampions angezüudet, obwohl es immer noch Tag war. Vor den Wirtschaften standen alle Sorten von Gefährten und immer kamen noch neue hinzu. In den Wirtschaften ging's hoch her. Alle Tische waren besetzt und Gesäuge erschallten.
Nach 8 Uhr ordnete sich der Gesangverein deS Dorfes zum Aufmarsch. Als ich an der Barbarofsakapelle angekommen war, rief ei« Junge: „Schaut rückwärts, durchs Dorf herauf kommt es wie ein allgermanischer Götterzug oder wie ein Geisterheer!* Und richtig, da wimmelte Licht
au Licht, alles dunkelrot, eS wogte und wallte und kam rasch näher, ein magisch-herrlicher Anblick! Hinter der Kapelle überholten mich die Lampions tragenden Sänger. Sie hatten es eilig, denn ihre Ausgabe war, sich auf den Serpentinen zu verteilen, um Licht zu verbreiten und den nächtlichen Gästen aus fern und nah den Weg zu zeigen. Namentlich waren die Göppinger massenweise vertreten. Aber auch viele Gmünder waren da. Wie die Geister der alten Gtaufenkaiser und ihrer Knappen huschten die Lichter rings um den Berg, um hier hinter Buschwerk zu verschwinden und dort wieder aufzutauchen.
In der Tiefe wurde es dunkel und dunkler. Aber hoch oben am Himmel blinkten einzelne Sterne auf und dazwischen blickte kühl des Mondes schmale Sichel.
Es war Uhr vorüber. Plötzlich erschallt ein
lautes „Ah, dort seht! Da leuchtet schon ein Feuer auf!" Richtig, in der Richtung der Kuch alb oder Staufen eck war eben ein Feuer entzündet worden, das hell durch die Nacht lohte. Schade, hieß es allgemein, denn wenn die festgesetzte Stunde kommt, ist dieses Feuer uiedergebrannt, das so voreilig von seinem Dasein Kunde gegeben hat! Wa8 ist das? Dort leuchtet schon wieder ein Feuer auf, vermutlich auf dem Koruberg. Auch dort haben ste's nicht erwarten können und 25 Minuten zu früh das Feuerzeichen gegeben. Schade! hieß es wieder. Aber eS blieb keine Zeit mehr zu weiteren Ausrufen des Bedauerns. Denn wie
wenn die auf den Höhen und Bergen ringsum Harrende« nur auf ein Zeichen gewartet hätten, flammten innerhalb zwei Minuten zwanzig, fünfzig, hundert, zweihundert und noch mehr Feuer auf im Osten, Süden, Westen und Norde». Einen Augenblick dachte ich mit Bedauern, daß die Schiller- Verehrer, die sich rings im Land auf den Bergen verteilt hatten, trotz aller Verabredung, daß die Feuer präzis 9 Uhr aufflammen sollten, schon eine halbe Stunde vorher ihre Holzstöße entzündeten, um deshalb, weil eine einzige Gruppe einen Fehler gemacht hatte, de» sie nun alle, auf ihr eigenes Urteil und ihre eigene Zeitfeststellung verzichtend, nachäffen zu müssen glaubten. Aber nur einen Augenblick bedauerte ich diesen Herdentrieb. Dann erkannte ich, daß daS Irren der Menschen notwendig ist, um den Auserwählten zum besten zu dienen. Und das waren diesmal die nächtlichen Besucher des Hohenstaufen, die der feurrzündenden Menge ringsherum znm Trotz ihr Ziel im Auge behielten und fest entschlossen waren, bis 9 Uhr in der Dunkelheit zu verharren.
So wurden ihre Augen nicht geblendet für daS Schauspiel, daS die Irrenden rings in der Runde veranstaltet hatten. Und in der Tat, es war herrlich und erhebend, daß man die menschliche Schwäche vergaß, der «an es verdankte. Mau sah nur noch daS große erhabene Schauspiel und den schönen, erhebenden Gedanken, von dessen Fittichen eS getragen war.