Jahrgang.

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Montag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger­loh» 1.10»«,im Bezirks­und 10 Km-Berkehr 1.20 »«, im übrigen Württemberg 1.30 Monatsabonnements nach Verhältnis.

Der GesklWster

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Gratisbeilagen: DaS Plauderstübche» und

Gchwäb. Landwirt.

^ 190

U zsl-, Donnerstag den 29. September

1904

Der Gesellschafter

wird auch im kommenden Quartale seinen Lesern stets schnell die Nachrichten vom Welttheaier übermitteln und in kurzen Zügen ein Bild der Tagesgeschichte aus dem politischen, dem wirtschaftlichen, dem städtischen und württem- bergischen Leben bieten. Er wird nach wie vor einen Hauptwert aus die Ausgestaltung des Feuilletons legen, spannende Romane, Erzählungen, Skizzen, Aufsätze be­lehrenden Inhalts, die meistens in keiner anderen Zeitung kommen, werden zur Verkürzung der langen Abende bei­tragen.

Dem Gesellschafter werden unentgeltlich beigegeben die beiden Beiblätter:

Plauderstübche«, einmal wöchentlich und Der schwäbische Laudwirt, zweimal monatlich.

Infolge seiner Reichhaltigkeit und des billigen Preises ist der Gesellschafter ein gern gelesenes Famtlienblatt.

Alle Postämter, Landpostboten, die Expedition, sowie unsere Austrägertnnen nehmen Bestellungen entgegen.

Volitifche KeSsrficht.

Der Bankrott des «oderuen Strafvollzugs

u. seine Reform heißt eine Schrift von Max Treu, dte im Sinne des Mottos gehalten ist:Nicht für Straflosigkeit plädiere ich, aber dafür, daß man strafen möge, ohne das Elend zu verwehren." Treu beruft sich auf die Statistik der Rückfälligen; in einem Zeitraum von 6 Jahren hat sich das Heer der Rückfälligen um rund 35000 Mann 3°/-> aller Bestraften vermehrt. Wenn das so weiter geht, dann kann die Mahnung am Platze sein, die Treu in fol­gendem gibt:

Wir haben heute vier Stände, ein fünfter, der der Arbeitslosen, wächst mit unheimlicher Schnelle heran. Will das Reichsjustizamt durch eine anderweitige zweckentspre­chende und veruüMge Regelung des Strafvollzugs nicht dafür Sorge tragen, daß uns nicht noch ein sechster Stand auferstehe, der in unerbittlicher Fehde stünde mit der Gesellschaft, die ihn verfehmt, mit dem Staat, der ihn dem Leben ««fremdet hat: der Stand der Ent­lassenen Gefangenen? Wehe dem Staate und der Gesellschaft, wenn eines Tages der Organisator käme, der alle die tausend und abertausend Entlassenen zu einer großen Vereinigung zusammenschweißte, aus der die drohende Frage erhoben würde:Was taten wir, daß ihr in jahrelanger Freiheitsentziehung uns zu den Elend­sten unter den Elenden gemacht habt zu Individuen, die körperlich und geistig dem Kampf ums Dasein nicht

mehr gewachsen sind zu einem Spkelball für die Will­kür der Behörden, zu einem Gegenstand des Spottes u. der Verachtung für die Gesellschaft?"

Treu stellt nun vor allem die Kardinalfrage: erreicht der Strafvollzug, wie wir ihu heute haben, seinen Haupt­zweck,den Bestraften von weiterer Üeberiretung der Ge­setze abzuhalten und ihn fähig zu machen, den Forderungen des realen Lebens ohne Gesetzesverletzung gerecht zu wer­den?" Und indem sich Treu auf die zu Freiheitsstrafen Verurteilten beschränkt, antwortet er:Genau das Gegen­teil erreicht der Strafvollzug."

Bayer« «ud Sachse« habe« Abmachungen betreffend gegenseitige Mitteilung der für die Kapitalreuren- steuerveranlagung wichtigen Tatsachen getroffen.

DerSparkafse«verba«bs«rdiePr»vi«zHefse«> Nassau und das Fürstentum Waldeck hat nahezu einstimmig das Scherlsche-Prämiev-Sparsystem abgelehnt.

Die Generaldirektoren der Hamburg-Ame- rika-Ltnie und des Norddeutschen Loyd haben in einer Kon­ferenz mit dem Reiskanzler u. a. die Frage behandelt, in­wieweit durch den neuen Handelsvertrag mit Oesterreich- Ungarn der Zurückweisung ungarischer Auswanderer, die mit Fahrkarten für die deutschen Linien versehen find, durch die ungarische Regierung entgegentreten und auch sonst eine Be­schränkung der Tätigkeit der deutschen Schiffahrtsgesell­schaften im Ausland verhütet werden könne.

Präsident Roosevelt gedenkt eine zweite Frie­denskonferenz einzuberufen. Diese Absicht hat er beim Em­pfang einer Abordnung der iu Washington tagenden inter­parlamentarischen Vereinigung geäußert. Er erklärte sich zugunsten einer zweiten Haager Konferenz und sagte: Ich werde binnen kurzem die andern Nationen ausfordern, zu einer zweiten Konferenz zusammenzutreten. Unsere bisher­igen Bestrebungen sollten eine Form aunehmen, daß das in Haag bereits begonnene Werk der Vollendung näher gebracht werde.

Als Sühne für die Ermordung belgischer

Missionare in Jntschaug hat China auf die Forderung der französischen Regierung hin die Bestrafung oder Maßregel­ung einer Anzahl von Beamten und den Bau eines Hospi­tals zugesagt. Die Frage der Geldeutschädigung ist noch nicht geregelt. Es steht jetzt entgegen früheren Behaupt­ungen fest, daß protestantische Chinesen an den Mordtaten nicht beteiligt waren.

Der Aufstand iu Deutsch-Güdwestafrila.

Berlin, 27. Sept. Im Lazarett zu Waterberg sind gestorben: Major Osterhaus an Herzschwäche, Reiter Johann Htlgers aus Eggeuscheidr bei Düsseldorf.

Der Krieg zwischen Rußland und Japan.

Die Lage in der Mandschurei.

Die vom Süden gegen Mukdeu vorrückendeu Japaner stoßen, wie jetzt auch aus dem russische» Hauptquartier be­stätigt wird, nicht auf geradem Wege auf die mandschurische

Hauptstadt vor, sonder« versuchen mit ihren weit vorge­schobenen Flügeln die russischen Stellungen, so weit sie sich noch in oder um Mukdeu befinden, zu umfassen. DaS geht deutlich aus der Meldung hervor, daß japanische Vortrup­pen 75 Werst von Mulden den Hun-Fluß überschritten haben, während die Entfernung der Stadt von dem Strom tu direkt südlicher Richtung kaum zehn Werst beträgt. Ein Privattelegramm meldet dem B. L.-A.:

Mnkde«, 26. Sept. Die Japaner überschritten den Hunho 75 Werst von Mukdeu. Dte Erkundung Mischtscheu- koS gegen Tentar hat ergeben, daß dort der Feind nur schwache Kräfte hat. ES wird immer deutlicher, daß die Japaner ihre Hauptmacht nach Osten zu Vorschüben. Dte bet den Russen befindlichen deutschen Militärattaches wurden wie folgt verteilt: Oberstleutnant Lauenstein zum Stabe Kuropatktns, Major von Tettau zum 10. Korps, von Runckel zum 1. Armeekorps. Ein Arzt, der hier aus Haitschöng eingetroffen ist, meldet, daß die dortige japanische Garnison Vorbereitungen trifft, in Haitschöng Winterquartier zu be­ziehen. Die japanischen Generale ordne« oft Renujagden und Uebungsritte an, um die Rettfertigkeit der Offiziere zu fördern.

Petersburg, 28. Sept. Meldungen aus Mukdeu zufolge bereiten sich dte Russen vor, die Offensive zu er­greifen. Sie befestigen überall ihre Stellungen. Die Be­wegungen der Japaner werden fortgesetzt von Luftballons aus beobachtet. Die Chinesen weigern sich, den Russe« irgend welche Führer- oder Spionendienste zu leisten, selbst gegen hohe Bezahlung. Die meisten Frauen und Kinder haben wegen der Kälte jetzt Mukdeu verlassen.

Port Arthur.

Paris, 27. Sept. DemNew-Aork Herald" gehen aus Tschifu Nachrichten über die letzten heftigen Kämpfe bei Port Arthur zu. Darnach haben die Japaner sich dreier Forts und sechs Nedensorts bemächtigt. Die Javaner hatten 9000 Mann verloren, die Russen 1800 und 46 Geschütze. Das Blatt gibt jedoch zu, daß die bis­herigen Meldungen aus dieser Quelle wenig zuverlässig ge­wesen seien. DaS Blatt berichtet weiter, Admiral Wirr« beabsichtige, Port Arthur mit de« Ueberresten seiner Flotte demnächst z« verlasse». Ein zweiter Dampfer habe die japanische Blockade durchbrochen und konnte der Festung neue Munition und Lebens­mittel znführe».

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Charbi«, 27. Sept. Von Sachalin wird gemeldet, daß dort in der Nacht vom 2b. auf 26. September auS der Richtung vom Kap Auiva Kanonendonner gehört wurde, ser wahrscheinlich von einer Seeschlacht herrührte.

Tokio, 27. Sept. Prinz Karl Autou vonHohen- zollern stattete dem Mikado gestern einen Besuch ab und frühstückte bei ih«. Der Kaiser wird den Besuch heute er­widern.

Die Schrecke« der Verbandplätze.

Eine russische barmherzige Schester O. Engelhard be­richtet folgendes aus Anping, südöstlich von Ltaujang.Iu

Hand und Fuß.

Eine Plauderei von L.

Eine Plauderei soll weder eine gelehrte Abhandlung noch eine Polemik über irgend eine Zeitfrage aus der poli­tischen oder der wissenschaftlichen Welt sein; äußere glatte Form und unbefangener Ton gelten, wenn der besprochene Gegenstand die Leser interessiert, beim Feuilleton mehr als gedankentiefer Inhalt.

Wir stimmen den Menschenkennern bei, die behaupten, Hand und Fuß hätten phystognouüsche Eigenschaften, die viel zu weniig beachtet würden und doch das Wesen und die Eigenart des Individuums oft deutlicher erkennen ließen als das Gesicht, jedenfalls zuverlässiger als die Handschrift, mit deren Deutung und Bedeutung man sich vielfach be­schäftigt. Wer auf Hand und Fuß, die Bildung derselben und den von beiden gemachten Gebrauch achtet, muß zuge­stehen, daß sie" eine Sprache haben.

Sind den vornehmeren Klaffen meist schöne Hände und Füße verliehen, so sind sie doch auch harmonischen Naturen eigen. Lange schmale Hände und Füße deuten, das lehrt Erfahrung und Beobachtung auf leidenschaftliches Wesen, kurze dagegen auf Kälte und Egoismus. Auffallend kurze Finger sollen sogar auf Herzlosigkeit, ja Grausamkeit schließen lassen. Solche kleine, schöne, üppige Hände, meint ein bekannter Autor, könnten Nero und Marie Tudor besessen haben. Grübchen an den Händen verraten schelmische Lau­nen, Frohsinn und zuweilen auch Leichtsinn. Von Kraft und Ausdauer, aber auch von Gutmütigkeit reden eine große

Haud und ein großer Fuß, während einer kleinen Hand nicht selten auch kleine Eigenschaften, wie Schwäche, Ober­flächlichkeit und Wankelmut anhafteu. Etwas gewagt ist wohl die Behauptung, daß kleine Hände, die leicht rot wer­den, rachsüchtig seien; gerade weiche, empfindliche Haut leidet durch Temperatureinflüsse, und eine Hausfrau und Mutter kann, selbst wenn sie den besseren Ständen angehört, in die Lage kommen, schwere heiße Gefäße anzufaffen und dadurch die früher gepflegte Hand in Weiße und ursprünglicher Form schädigen. Als bezeichnend kann die Art gelten, wie die Hände etwas nehmen oder erfassen. Der Egoist umklam­mert den Gegenstand hastig, sanfte Gemüter fassen auch gröbere Dinge zarr an, Mißtrauische untersuchen erst, was sie angreifen wollen. Dummen Menschen scheinen die Hände überflüssig, sie wissen sie nicht unterzubringen, schüchternen sind sie lästig, furchtsame stolpern über ihre eigenen Beine und stoßen überall an. Besonders wichtig sind, darüber herrscht wohl nur eine Stimme, Hand und Fuß bei den Frauen, die das sehr wohl wissen und danach tun. Die Hand muß gepflegt sein und ihre Bewegung natürlich und anmutig. Zu lebhaftes Gestikulieren ist unschön und un­fein, ebenso wie zulautes Sprechen. Ein Wink, ein Auf­heben der Hand genügt oft als Aufforderung oder Ant­wort, man kann schon mit einem Finger Herbetwinken, ab­winken, schelmisch drohen oder zürnen. Es liegt in diesem Spiel, besonders wenn es mit Hilfe des Fächers geübt wird, ein undefinierbares Etwas, daS mit dem Augenblick entsteht und große Wirkung Hervorbringen kann. Die Frauen der Länder, in denen der Handkuß allgemein üblich ist,

wollen von der nüchternen, aus England etugeführten Sitte

des Händedrucks nichts wisse», und doch wieviel verschie­dene, sprechende Schattierungen und Grade gestattet eiu solcher!

Etu Zuviel des Schmuckes, viele Ringe selbst wenn es schöne und kostbare sind geben der Haud wie der ganzen Person etwas Schwerfälliges, Protzenhastes; ein Ring, e t n Armband kleidet dagegen gut, und ein Rahmen von Spitzen, eine Unterlage von Samt oder Pelz erhöhen die Wirkung. Der Fuß muß vor allem gut beschuht sein, und die Damen, die ohne Rücksicht auf den Bau ihrer Füße jeder verdrehten Mode folgen, spitzige Schnabelschuhe (die überdies den Fuß desto breiter erscheinen lassen) oder zu hohe Absätze tragen, verderben Füße und Gang. Der kurze Fuß mit sehr hohem Spann (Fasson Bügeleisen), wie man ihn au Spanierinnen rühmt, ist nicht jedermann» Geschmack; ein langer, schmaler Fuß ist jedenfalls vorneh­mer, um nicht zu sagen aristokratischer. Eine Unsitte möchte man es nennen, daß so viele Damen nicht nach Maß von einem geschickten Schuhmacher sür rechten und linken Fuß arbeiten lassen, sondern ihren Bedarf an Chaussüre beim ersten besten (oder schlechtesten) Händler parckon Schuh­warenhaus fertig kaufen; als ob nicht Schuhe ebenso für jeden einzelnen angemessen und augepaßt werden müß­ten, wie Kleider überhaupt. Wenn viele behaupte«, ihre Füße feien zu zart und empfindlich, um stärkere Sohlen zu vertragen, so haben sie eben nie versucht, wie gerade solche den Fuß gegen Unebenheiten, Steine und Feuchtigkeit schützen. Die abscheulichen Gummischuhe, dte leider bei ge-