Grund mehr in dem Rückschlag der Einnahmen, als im Mehrbedarf der Ausgaben. Die Mehrausgaben betragen 8"/, Mill,, der Ein­nahmeausfall stelle sich auf 22 Mill. Das Jahr 1903 werde mit einem Fehlbetrag von über 20 Mill. abschließen. Wesentlich günsti­ger werde sich das Rechnungsjahr 1903 bei den Ueberweisungssteuern stellen. Es werde auf ein Mehr von 34 Mill. gerechnet. Dieser Ueberfchuß müsse zur Verminderung einer Zuschußanleihe für 1903 verwendet werden. Redner weist darauf hin, daß der Etat in den Ausgaben mit äußerster Sparsamkeit aufgestellt sei. Die Einzel­staaten seien mit Rücksicht auf ihre Finanzlage nicht stark herange­zogen. Der Staatssekretär gibt dann eine Uebersicht über den Stand und die Unterbilanz des Reichsinvalidenfonds. Bei der Ungunst der Finanzlage konnte nur das Gehalt der gelingst besoldeten Unter- deamten erhöht werden. Mehreinnahmen sind zu erwarten bei der Post, der Telegraphenverwaltung und den Reichseisenbahnen. Eine Neuregelung der Friedenspräsenzstärke ist für dieses Jahr nicht in Aussicht genommen. Der Anleihebetrag für 1904 beträgt 214?/. Millionen. Der Gesetzentwurf betr. Aenderungen im Finanzwesen des Reichs wurde diktiert durch die Sorge für die Zukunft. Nach Ueberwindung der wirtschaftlichen Krise und nach dem Inkrafttreten des neuen Zolltarifs werden die Einnahmen wieder reichlicher stie­ßen. Der Schwerpunkt der Vorlage liegt in der Einschränkung der Franckensteinschen Klausel und in der Aenderung des Art. 70 der Reichsverfassung. Wenn die Regierungen einmütig beschlossen haben, mit der Einschränkung der Franckensteinschen Klausel einen Anfang in der Reform der Finanzwirtschaft des Reiches zu machen, und zwar unter vollster Wahrung des Budgetrechts des Reichs, so ist kein Grund zur Beunruhigung vorhanden. Er glaube nicht, daß es für die Konservierung der Franckensteinschen Klausel eine bessere Lö­sung gebe, als die vorgeschlagene Einschränkung. Es müsse alles vermieden werden, das die Schwankungen verschärfen würde, denn es sei sehr bedenklich, auf vorübergehende Einnahmen dauernde Ausgaben zu basieren. Die neue Finanzvorlage gehe davon aus, daß die Belastung der Einzelstaaten mit ungedeckten Matrikularbei- trägen nicht die Regel werde. Stengel fährt fort, die Rücksicht auf die Einzelstaaten und die tunlichste Verschonung derselben mit Ma- trikularbeiträgen sei um so mehr am Platze, als diese eine rohe Form der Besteuerung seien. Redner spricht schließlich die Hoffnung aus, daß es gelinge, über die Vorlage mit der Mehrheit des Reichs­tages zu einer Verständigung zu kommen. (Beifall rechts.) Schäd­ler (Ztr.) lenkt zunächst den Blick auf den Kaiser, an dessen Ge­schick das In- und Ausland regen Anteil nimmt, und spricht den Wunsch aus, daß auch die letzte Nachwirkung des Leidens verschwinde und der Kaiser mit ungeschwächter Kraft seines hohen Amtes walte. (Lebhafter Beifall im Zentrum und rechts.) Redner geht dann auf die äußeren Verhältnisse über. Er glaubt, daß wir uns in einer ge­wissen Isoliertheit befinden. Er bedauert dann auch, daß der Staats­sekretär nicht mit einem erfreulicheren Etat auftrat. Besonders be­dauerlich sei, daß der Fehlbetrag von 1902 von 30 Mill. Mark und 59'', Mill. Mark Bedarf an ordentlichen Einnahmen durch eine Zuschußanleihe zu decken sei. Schädler wundert sich, daß die Ver­treter der einzelnen Staaten- auf diese Vorlage so glatt eingegangen sein sollen. Trotz schwerer Bedenken gegen die Vorlage beantrage er Ueberweisung an die Budgetkommission Redner gehl alsdann auf die Gerichsverhandlung in Metz ein gegen Leutnant Bilse wegen des RomansAus einer kleinen Garnison", der Zustände darlegt, die im preußischen Offizierkorps eingerissen seien. Sehr dankenswert sei der Vorschlag, den Offizierftand zur Einfachheit zurückzuführen. Er geht dann auf die Fälle der Soldatenmißhandlungen ein, an allerhöchster Stelle sei auf das Entschiedenste gegen die Soldaten­mißhandlungen Stellung genommen. Das Beschwerderecht der Sol­daten sei sehr zweifelhafter Natur. Redner wendet sich dann der Frage der Hebung des Bauernstandes und des Handwerkerstandes zu. Außer durch Handelsverträge und Zolltarif müsse dem Bauern­stand auch in anderer Weise geholfen werden. Das Handwerk er­warte nicht allein Hilfe vom Staat, sondern auch von einem gegenseitigen Zusammenschluß und einem Ausbau des Genossenschaftswesens. Schädler wünscht dann die Errichtung von Arbeitskammern, die Regelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse, Verleihung der Rechts­fähigkeit an Berufsvereine. Die Ostmarkenzulage werde seine Par­tei ablchnen Seine Partei stehe auf dein Standpunkt der Freunde im preußischen Abgeordnetenhaus. Nach unsrer Auffassung sind die Polen vollberechtigte Untertanen des preußischen Staates. Sie ha­ben Anspruch auf Beibehaltung der volkstümlichen Sitten, Gebräuche und Sprache. Demgegenüber haben die Polen die Pflicht, treue Untertanen Preußens zu sein und auf Herstellung eines großpolnischen Reiches zu verzichten. Elsaß-Lothringen muß verfassungsrechtlich dieselbe Grundlage gegeben werden, wie den übrigen Staaten. Das Zentrum bringe wieder den Antrag auf Aufhebung des Jesuiten­gesetzes ein, damit nicht mehr Hunderte von Landeskindern der Hei­matsrechte beraubt seien. Redner wandte sich zum Schluß gegen die naturalisierte Weltanschauung.' Es sei Aufgabe der Regierung, die Hindernisse zu deseitig.n, welche sich dem freien Walten Höherer gei­stiger Mächte entgegenstellen.

Tccges-Weuigkeilen.

Aus Stadt und Land.

Nagold, 11. Dezember.

Krämer- u. Biehmarkt. Der gestrige Markttag ließ sich bezüglich der Witterung wenigstens insofern annehmbar an, als es nicht in Strömen regnete; kalt war es zwar auch nicht, aber trüb und feucht. Die Straßen bildeten bald einen braunen Kotbrei, was übrigens der Kauflust der sehr zahlreichen Marktbesucher keinen Abbruch zu tun ver­mochte. Im allgemeinen war der Markt ein guter und scheinen besonders unsre Laden- und Wirtschaftseigentümer gut abgeschnittcn zu haben. Der Viehmarkt war gegen das letztemal noch etwas stärker befahren. Es wurden zu Markte gebracht: 46 Paar Ochsen, wovon 28 Paar Lieb­haber fanden. Der Erlös betrug zus. 25 676 Weiter wurden zugeführt 160 Kühe, von welchen 80 Stück mit einem Erlös van 20 860 ^ verkauft wurden; 45 Kälber, von welchen 22 St. mit einem Erlös von 2515 ^ ver­kauft wurden; 60 St. Schmalvieh wovon 32 St. um den Preis von 8899 veräußert wurden. Der Gesamterlös belief sich auf 32 274 Der Schweinemarkt war auch wieder sehr stark befahren, es wurde hiebei auch viel ge­handelt. Zugeführt wurden 300 St. Läuferschweine, wo­von 274 St. im Preis von 3575 ^ vro Paar ver­kauft wurden, Gesamtcrlös 7535 ; ferner 406 Stück Saugschweine, von welchen 370 St. um den Preis von 14 bis 22 ^ pro Paar verkauft wurden. Gesamterlös 3330 Der Erlös für sämtliche Schweine beläuft sich aus 10,865

Calw, 9. Dez. Der neugegründete nationale Volks­verein, an dessen Spitze Betriebsinspektor Dr. Supper steht, nimmt einen raschen Aufschwung; er zählt bis heute 108 Mitglieder. Am letzten Sonntag sprach Dr. Supper in einer Versammlung von 200 Personen über die Grundsätze der liberalen Partei.

Herrenberg, 8. Dez. Die Generalversammlung des Landwirtschaftlichen Bezirksvereins war ungemein zahlreich besucht. Veretnsvorstand Oberamtmann Wiegandt gab einen Rückblick auf das verflossene Jahr, das nach langer Zeit wieder ein gutes genannt werden dürfe; Futter-, Frucht-u. insbesondere Hopfenbau habe gut rentiert. Oekonomierat Fecht sprach sodann in längeren Ausführungen über das ThemaZeitgemäßer Betrieb der Landwirtschaft", in wel­chen er viele Ratschläge gab. In der dann folgenden Dis­kussion verteidigte Stadtschultheiß Haußer die Farrenhalt- ungsverpachtung in der Stadt, während Oberamtstierarzt Haas den Gemeinden empfahl, nur erstklassige Farren ein­zukaufen.

Tübingen, 8. Dez. Nach einem Eingesandt in dem Herrenberger Gäuboten soll sich Abgeordneter Hildenbrand folgendermaßen ausgesprochen haben:Da der Staat Würt­temberg in den nächsten 5 Jahren überhaupt keine neuen Bahnen mehr baue, so sei allerdings auf eine Verwirk­lichung des Bahnprojekts TübingenVaihingen a. d. F. vor 810 Jahren nicht zu hoffen, aber auf etwas wolle er hinarbeiteu, was dieses Projekt der Verwirklichung näher bringe, nämlich aus Hintertreibung der Ammer­talbahn. Dies werde um so sicherer gelingen, als weder der Regierung noch der ersten Kammer am Bau der Strecke HerrenbergTübingen etwas gelegen sei." Auf die von der Tüb. Ehr. an gut informierter Stelle eing ezogene Erkundigung erfahren wir, daß letzteres durchaus unzu­treffend ist. Es ist vielmehr in der nächsten Zeit die Bestimmung des Zeitpunktes, zu welchem mit dem Bau der Bahn begonnen werden soll, bestimmt zu erwarten.

Stuttgart, 8. Dez. Der Frkf. Ztg. wird gemeldet, daß in Stuttgart in der letzten Zeit zwei Wirtschaften, in der Hauptstätterstraße und in Ostheim, von der bekannten Bierbrauerei Sinner in Grünwinkel zu abnorm hohen, selbst in der verwegensten Spekulatiouszeit nicht dagewesenen Preisen aufgekaust worden seien. Man hofft, daß derartige Vorgänge nicht verfehlen werden, die auf dem Stuttgarter Rathaus ohnedies stark vertretene Strömung für Abschaff­ung des Bedürfnisnachweises zu verstärken.

Stuttgart, 10. Dez. Die Verhandlungen der Euro­päischen Fahrplankonferenz, zu welcher etwa 200 Vertreter von Regierungen und Eisenbyhnverwaltungen er­schienen sind, haben gestern begonnen. Nach dem St-Anz. sind von auswärtigen Regierungen und Behörden vertreten: das Reichseisenbahnamt durch Oberbaurat v. Misani, das prcuß. Ministerium der öffentlichen Arbeiten durch Oberbau­rat Wolfs, ferner das franz. Ministerium der öffentlichen Arbeiten, die Generalinspektion der italienischen Staats- eisenbahnen, der Aufsichtsrat der niederländischen Eisenbahnen, das österreichische Eisenbahnministerium, das Handelsmini­sterium in Budapest, das russische Ministerium der Weg­kommunikationen und der Schweizerische Bundesrat. Staats­rat von Balz eröffnete die Konferenz, indem er die erschie­nenen Vertreter willkommen hieß. Hierauf wurde in die Verhandlungen eingetreteu. Auf der Tagesordnung der Hauptverhandlung standen nur zwei Gegenstände: 1. Bestimm­ung des Orts und der Zeit der Europäischen Fahrplan­konferenz für den Winterdienst 1904/05, es wurde beschlos­sen, diese Konferenz am 8. und 9. Juni in Kopenhagen abzuhalten, nachdem ein Vorschlag, die Konferenz in München stattfindkn zu lasten, abgelehnt worden war (gegen etwa 20 Stimmen). 2. Ein Antrag der K. Eisenbahudirektion Elberfeld: ..Nach den Beschlüssen auf der europ.Fahrplankonfe­renz von 1891 zu Stockholm soll die Ausgabe der endgültigen Fahrplanentwürfe spätestens 3 Wochen vor dem Fahrplan- Wechsel erfolgen. Die hiernach zur Ausarbeitung der Kursbücher und sonstigen Veröffentlichungen verbleibende knapp bemessene Zeit wird vielfach durch Nichteinhaltung obiger Frist ver­kürzt und dadurch die Fertigstellung der Fahrplanarbeiten zu den bestimmten Zeitpunkten unmöglich gemacht. Zur Sicherung der rechtzeitigen Fertigstellung der Fahrplanar­beiten beantragen wir, die Frist für den Austausch der endgültigen Fahrplanentwürfe auf den 5. April u. 5. Sept. festzusetzen mit der Maßgabe, daß die Entwürfe an diesem Tage in den Händen der Empfänger sein müssen." Dieser Antrag wurde, nachdem Regierungs- und Baurat Za- chariae-EIberfeld denselben befürwortet, und nach einigen kurzen Bemerkungen von Baurat Lewis-Wien angenommen. Daun wurde in die Gruppenverhandlungen eingetreten, welche den Rest des gestrigen Verhandluvgstags und auch den heutigen Tag ausfüllen werden. Die württ. Staats­eisenbahnverwaltung hat u. a. folgende Anträge gestellt: Verbesserung der Tagesschnellzugs-Verbindung zwischen Stuttgart und Berlin. Diese ist noch nicht endgültig ent­schieden, aber es ist eine Verbesserung durch frühere Ankunft in Berlin oder Kürzung der Fahrzeit zu erwarten. Ver­besserung der Zugsverbindung Berlin-Schweiz über Stutt­gart. (Berlin ab 8 Uhr 25 abends, Stuttgart ab 8 Uhr 40 morgens). Der Zug erhält durch einen von der Schweiz neu einzurichtenden Zug von Zürich nach Genf (Zürich ab 2.55) Verbindung. Was die Verbesserung der Zugsverbindungen zwischen Paris und Wien, sowie der daher. Rheinpfalz und München anlaugt, so sind diese von Württemberg angestrrbten Verbesserungen gescheitert. Die Wiedcrausführung des ParisKarlsbader Exvreßzugs schon vom 1. Juni (statt 13. Juni) scheiterte. Die Ver­besserung der Zugsverbindung aus Württemberg t-ack dem Engadin durch Früherlegung des württ. Zugs 19 ist er­reicht worden für die Hauptsaison (1. Juli bis 30. Sept.) Bruchsal ab 6.10 (Heilbronn 6.25) Stuttgart 7.48, Ulm ab 9.41, Friedrichshafen ab 11.30 mit Ankunft in St. Moritz 7.05 abends. Die Herstellung der Zugsverbindung FrankfurtEberbachHkilbronnStuttgart wie im letzten Sommer (Frankfurt Ostb. ab 7.15, Hellbraun ab 11.32, Stuttgart an 12.33, Anschluß an den Münchener Schnell­

zug 5 kam nicht zustande. Ebenso die Vereinigung des ZugS 6, Ulm ad 3.46 und 8 Ulm ab 4.00 auf der Strecke UlmMühlacker. Die Wiederausführung der im vorigen Sommer gefahrenen württ. Züge 1 und 2 zwischen (Stutt­gart) Ulm und Friedrichshasen (Zug 1 Stuttgart ab 3.15 morgens, Ulm 5.15 morgens, Friedrichshafen an 7.24) und Zug 2 (Friedrichshafen ab 9.00 abends, Ulm ab 11.20 abends, Stuttgart an 1.18 morgens) kommt zustande. Bei Zug 2 tritt voraussichtlich die Verbesserung ein, daß er eine Verbindung von St. Moritz 1.00, Davos 3.15 und Zürich her erhält. Verbesserung der Tagesschnellzugsver­bindungen von HamburgBremen nach Württemberg. Die Verbindung kommt voraussichtlich im Sommer nicht mehr zustande, obwohl die preußischen Eisenbahndirekttonen ihr geneigt sind. Von den bayerischen Anträgen ist hervorzu­heben : Die Herstellung einer neuen Verbindung Stuttgart NördlingenAugsburgMünchen (Zusammenschluß der Züge L 79 württ. 183 bahr.) läßt sich nicht ermöglichen. Abends fand im Hotel Marquardt ein Festessen statt.

Vom Strom- und Henrhelderg. Die Ministerien des Innern und der Finanzen haben zur Durchführung der Be­stimmung, daß Schwarzwild außerhalb der Tiergärten aus­gerottet werden soll, neuerdings wieder Maßnahmen zur Be­kämpfung der Wildschweinplage im Stromberg- und Heuchel­berggebiet getroffen. So bald Spurschnee eintritt und so lange dieser benützbar ist, ist im gesamten Jagdgebiet, nicht bloß in dem staatlich und hofkammerlichen, sondern auch in den Gemeinde- und Privatjagden das Abspürcn (Kreisen) und das Jagen ans Schwarzwild von den Oberförstern in dir Hand zu nehmen. Zu diesem Zweck ist das ganze in der Hauptsache mit den Forstbezirken Güglingen, Freuden- thal, Bietigheim, Maulbronn und SLernenfcls zusammen­gefallen.

Nürtingen, 9. Dez. Aus wirklich beklagenswerte Weise wurde vergangene Nacht Oberamtstierarzt Mayer seiner Familie entrissen. Bei einer Operation an einer milzbrand- kranken Kuh in Neckarjhallfingen zog er sich eine Blutver­giftung zu, der er nach IV» Tagen erlag. Der noch nicht 40jährige, geachtete Mann hinterläßt eine Witwe mit 3 kleinen Kindern.

r. Ulm, 7. Dez. Der 43 Jahre alte Güterbeförderer Fr. Jos. Lutz von Schelklingen begleitete hier gestern abend Verwandte zur Bahn und bestieg mit diesen den Zug. Als der Zug im Abfahren war, stieg Lutz aus, fiel aber auf- die Schienen, wobei ihm die linke Hand und der linke Fuß abgefahren wurden.

GerWssaal.

Hellbronn, 10. Dez. In dem Prozeß des O.-B.-M. Hegelmaier gegen den Redakteur der demokratischen Heilbr. Ztg., Wulle, bei dem eS sich bekanntlich um Versprechungen yaudelt, die Hegelmaier bei den Reichstagswahlen von 1898 als Kandidat dem Zentrum machte, wurde gestern das Urteil verkündet. Redakteur Wulle wurde zu 50 ^ Geldstrafe und Tragung der Kosten verurteilt.

Berlin, 7. Dezbr. In dem Zeugniszwangsverfahren gegen den Verleger und Redakteur der Pankower Ztg., Salis, fand am Samstag nachmittag ein Termin vor dem Amtsgericht II in Berlin statt. Der Vorsitzende Richter ersuchte Salis, die Namen der beiden Gemeindebeamteu zu nennen, die sich, wie ermittelt wurde, s. Zt. in seiner Druckerei über die fraglichen Vorgänge unterhielten. Salis erklärte darauf, daß selbst wenn er den Namen positiv sicher zu nennen imstande wäre, er mit Rücksicht auf seine journalistische Berufsehre es ablehnen müßte, den Angeber zu spielen. Das frühere, auf 300 ^ Geldstrafe lautende Urteil wurde aufgehoben und Salis zu einer Geldstrafe von 50 verurteilt.

München, 9. Dez. Massenbeleidigungsvrozcß gegen die die Presse. Die M. N. N. melden: Zu dem bekannten Fall des Weinwirts Glaser, welcher gegen fast sämtliche bayerische Zeitungen eine Klage angestrengt hatte, weil sie eine Notiz brachten, daß er in Amerika Ungerichtet worden sei, liegt nunmehr ein erstes Urteil vor. In Kronach wurde der ver­antwortliche Redakteur des Kronacher Tageblatts von der Anklage einer Beleidigung des flüchtigen Weinwirts Glaser frei­gesprochen und die Kosten des Verfahrens dem Privatkläger aufgebürdet. Das ist der erste erledigte Fall von den 300 anhängigen. (Dies ist insofern ein Irrtum, als Glaser mit seiner Klage gegen den Oberländer in Saulgau schon vor einiger Zeit s. limiiw und kostenpflichtig abgewiesen wurde.)

Hamburg, 9. Dezbr. Das hiesige Schwurgericht ver­urteilte nach zweitägiger Verhandlung den 22jährigen Lumpenhändler Johann Weigliu wegen Ermordung des Lotieriekollekteurs Levy zum Tode.

Deutsches Reich.

Graudenz, 9. Dez. (Amtlich.) Heute nachmittag 4V» Uhr wurde aus dem Chaussecüberwege bei Stolno vom ge­mischten Zuge Nr. 635 von Kulm ein Fuhrwerk überfahren. Von den Insassen wurden der Besitzer Fraktewlcz aus Pa- pau im Kreise Kulm und dessen Vater leicht, dje Mutter dagegen schwerverletzt. Die Verletzten wurden im Kranken­hause zu Kulm untergebrochr.

Dessau, 7. Dezbr. DerTag" berichtet zu dem auch vou uns kurz gemeldeten gräßlichen Vorfall in der Fischer- scheu Menagerie: Auf dem Bskanischen Platz wurden in einer Menagerie zehn dressierte Löwen Vorgefühl!. Als sich die 26jähcige Bändigerin Frau Fischer in den Käfig be­geben hatte, zeigte sich einer der Löwen unlustig und wollte nicht durch einen mit Papier bespannten Reifen iprtngen. Frau Fischer gab dem Tier einige Hiebe. Die Züchtigung versetzte den Löwen in Wut, er sprang an der Bändigerin