7«. Jahrgang.

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DaS Plauderstübchr» und

Schwab. Landwirt.

Nagold, Freitag den 14. November

Amtliches.

Nagold.

Staatssteuer- und Amtsschadeus-Umlage pro 1902/03.

Den Herren Berwaltungsaktuaren

gehen mrt heutiger Post gedruckte Exemplare der Staats steuer- und Amtsschadeus-Umlage pro 1. April 1902/03 zu.

Die Unterausteilmkg auf die StknerpflichLigm, ein­schließlich der Gemeindeumlagen ist alsbald zu besorgen und Vollzugsbericht bis 1. Januar 1SVS hieher zu er­statten. Behufs der Besteuerung der Wandergewerbe ge­mäß Art. 2729 des Ges. vom 15. Dezbr. 1899 (Reg. Bl. S. 1163) ist spätestens bis 15. Dezbr. d. Js. hieher anzuzeigen wieviel aus 1 ^ Gewerbcstaatssteuer Gememdeschaden und Amtsschaden entfällt. (ß 18 und 19 der Vollz. Vers. v. 18. Dezbr. 1899 (Reg. Bl. S. 1185).

Den 13. November 1902.

K. Oberamt. Ritter.

Amtliches. Auf Grund der Erstehung der ersten Dienst­prüfung wurde u. a. nachstehendem Kandidaten des realistischen Lehr­amts die wissenschaftliche Befähigung zu un­ständiger Verwendung zuerkannt: Dr. Schick, Theodor Vikar an der Wilhelms-Realschule in Stuttgart.

Hämische Übersicht.

Zur Frage der Arbeitslosen-Versicherung hatte der Reichstag im Anschluß an den Etat beschlossen, den Reichs­kanzler zu ersuchen, eine aus Vertretern der verbündeten Regierungen, aus Mitgliedern des Reichstages und sonsti­gen auf diesem Gebiet erfahrenen Männern bestehende Kom­mission zu bilden, welche die Aufgabe haben soll, die bisher seitens der Berussvereine, einzelner Unternehmer und Ge­meinden gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit getroffenen Versicherungseinrichtungen zu prüfen und Vorschläge über eine zweckmäßige Ausgestaltung dieses Zweiges der Ver­sicherung zu machen. In seiner Sitzung vom 30. Oktober hat der Bundesrat dieser Resolution zugestimmt. Dem­zufolge hat er, wie die Soziale Praxis mitteilt, beschlossen, der arbeitsstatistischm Abteilung des Kaiserlichen Statisti­schen Amts den Auftrag zu erteilen, das thatsächliche Material über die im Reichsgebiet bereits getroffenen Einrichtungen zur Versicherung gegen Arbeislosigkeit zu sammeln und dar­zustellen. Damit dürfte dem Wunsche des Reichstages zu­nächst Genüge geleistet sein.

Der große Weberstreik in der sächsischen Fabrikstadt Meerane, den sozialdemokratische Arbeirerverhetzer hervor- gerufen haben, gilt für die Streikenden als verloren; gewiß, die Zahl der sogenannten Streikbrecher ist sehr gering, aber es fehlt den Streikenden vollkommen an Geld. Die Samm­lungen in den übrigen Weberzentren haben nur ganz winzige Summen ergeben; die anderen Arbeiter-Organisationen ver­halten sich fast ganz ablehnend. Mutlosigkeit ist in die Reihen der Streikenden eingekehrt. Wie seiner Zeit der Weberstreik in Kottbns, Mühlhausen i. E. für die Streiken­den einen so ungünstigen Ausgang nahm, so wird auch der­jenige in Meerane sich zu einer sehr schweren Niederlage für dieselben gestalten.

Zwischen Italien und der Türkei ist nunmehr in An­gelegenheiten der Seeräuberei im Roten Meer ein Abkom­men auf folgenden Grundlagen geschloffen worden: Alle in der Umgebung von Midi eingeschloffenen Seeräuber­schaluppen werden zerstört oder dem Kommandanten Arnone ausgeliefert. Die türkischen Behörden werden diejenigen Seeräuber, welche türkische Unterthanen sind, exemplarisch bestrafen. Die von Arnone bezeichnten Seeräuber, die nach der italienischen Kolonie Erythräa zuständig sind, werden von der Pforte binnen zwei Monaten nach Maffauah aus­geliefert. Die Pforte verpflichtet sich, in Zukunft See­räuberei mit der größten Energie zu ahnden. An die Familien der beiden in Midi getöteten Seeleute wird eine Entschädigung von 15,000 Frank gezahlt. Für die bereits früher geschädigren italienischen Unterthanen in der erythrä- ischen Kolonie wird eine Zahlung von 19,600 Thalern ge­leistet. Segelschiffe aus Erythräa genießen künftig von der Türkei dieselbe Behandlung, wie Schiffe einer meist­begünstigten Nation. Infolge dieses Abkommens hat die italienische Regierung den Kommandanten Arnone angewiesen, sich wegen schleuniger Durchführung desselben mit den Lokalbehörden ins Benehmen zu setzen. Sodann wird Ar­

none mit den seinem Befehl unterstehenden Schiffen, sowie mit den den Seeräubern weggenommenen Schaluppen nach Maffauah zurückkehren.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 12. Nov. Präsident Graf Ballestrem eröffnet die Sitzung um 12 Uhr 20. An Stelle des Abg. v. Norman (kons.), der aus dem Schriftführeramt geschieden ist, wird Abg. Himburg (kons.) gewählt. I» der fortgesetzten Beratung bei Z 8 des Zoll­tarifs betr. Zollmaßnahmen gegen Länder, die deutsche Waren ungünstiger behandeln, als die anderer Länder, spricht stch Beumer (ntl.) gegen die Anträge Gothein und Albrecht auf Streichung des von der Kommission eingefügten 2. Absatzes zu K 8 aus.

Gothein (fr. Vgg,> empfiehlt die Anträge Pachnickes und Brömels, dis eine Abschwächung der Bestimmungen des tz 8 ent­halten. An der weiteren Erörterung beteiligen sich Fischbeck (fr. Vp.), Brömel, Beumer und v. Kardorff.

Nachdem Speck (Ztr.) als Referent ein ausführliches Schluß­wort gehalten hatte, bemängelt Abg. Brömel dieses Referat und (be­zeichnet es als wünschenswert, im Anschluß an die einzelnen Para­graphen über die dazu gehörigen Petitionen zu verhandeln. Speck protestiert. Nur der Präsident habe das Recht, ihn zu korrigieren. (Großer Lärm links, Glocke des Präs.)

Vizepräs. Graf Stolberg sagt: Da ich nicht Mitglied der Kommission war, kann ich nicht beurteilen, ob die Worte des Re­ferenten sich nur auf Vorgänge in der Kommission bezogen. An der weiteren lebhaften Erörterung beteiligen sich Spahn, Stadt­hagen, Paaschs, Gothein, Brömel, Gamp, Singer, Fischbeck und Bebel.

Gothein beantragt, über die Petitionen zu jedem Para­graphen van jetzt ab im Anschluß an denselben zu beraten, erklärt sich aber später damit einverstanden, daß dies , erst von morgen abge­schehe. Nachdem mehrere Amendements abgelehnt sind, wird über den Antrag Brömel auf Streichung des Absatzes 2 des Z 8 nament­lich abgestimmt. Der Antrag Brömel wird mit 192 gegen 71 Stimmen abgelehnt, ß 8 wird hierauf in der Kommissions­fassung angenommen.

Der Präsident eröffnet hierauf die Beratung über Z 9 Ein­fuhrschein und Transitläger in seinem ganzen Umfange.

Abg. Bassermann (natl.) bekämpft den Antrag Wangen­heim auf Streichung des ganzen Absatzes betr. die Einführung der gemischten Transitlager.

Abg. Dreßbach (Soz.) hebt die Bedeutung der gemischten Handelslager hervor und begründet den sozialdemokratischen Antrag auf Streichung des Passus, der die Einführung der Transitlager von der Bedürfnisfrage abhängig macht.

Staatssekretär Thielmann spricht sich gegen den sozial­demokratischen Antrag und den Antrag Wangenheim aus und hebt hervor, daß die Verminderung der Zinsfreiheit uns der Zollkredite Remedur schaffe gegen etwaige Gefahren der gemischten Transit­lager, der weitere Antrag Wangenheim wolle auf indirektem Wege für Königsberg und Danzig das zulassen, was Wangenheim für Mannhein: und Ludwigshasen verhindern wolle, dieser Antrag sei doch zu durchsichtig, als daß er eine längere Debatte Hervorrufen könnte.

Vizepräsident Büsing teilt mit, daß auf Antrag Singer über die sozialdemokratischen Anträge und 8 9 insgesamt nament­lich abgestimmt werden soll, und daß noch ein Antrag Gothein ein­gegangen sei, Auf Antrag der Rechten und des Zentrums wird die Diskussion geschloffen und ein Vertagungsantrag angenommen.

Präsident Ballestrem, der inzwischen unter Heiterkeit des Hauses das Präsidium übernommen hat, schlägt vor, Donnerstag 12 Uhr die Beratung fortzusetzen.

Abg. Spahn (Ztr.) beantragt unter dem Lärm der Linken, als ersten Punkt den Antrag Aichbichle rauf die morgige Tagesordnung zu setzen,

Abg. Singer (Soz.) protestiert gegen den Antrag Spahn und beantragt namentliche Abstimmung.

Abg. Pachnicke (frs. Ber.) wendet sich ebenfalls gegen den Antrag Spahn. Man könne die Geschäftsordnung nur in der Form ändern, wie sie es vorschreibe.

Abg. Bassermann widerspricht im Namen der National- liberalen den Ansichten Singers und Pachnickes.

Abg. Liebermann v. Sonnenberg meint, es sei Zeit, daß sich der Reichstag nicht länger von den Genossen Singer und Stadthagen am Gängelbands führen lassen.

An der Debatte beteiligen sich weiter die Abg. Barth (fr. Vp.), Stadthagen (Soz.) und Bebel (Soz.). Letzterer droht, wem: der Antrag Aichbichler angenommen werde, würden die Sozial­demokraten über 700 namentliche Abstimmungen bei den 946 Tarif­positionen beantragen.

Abg Lieber mann bemerkt auf die gegen ihn gerichteten Angriffe Bebels, Liebermann und Genossen klinge doch besser als Singer und Genossen. Dies klinge wie eine Judenschule. (Lärm und Heiterkeit.)

Damit schließt die 2'/,ständige Geschäfsordnungsdebatte. Der Antrag Singer auf namentliche Abstimmung über den Antrag Spahn wird von den Sozialdemokraten, der freisinnigen Vereinigung und Müller-Meiningen unterstützt. Der Antrag Spahn wird hierauf mit 187 gegen 68 Stimmen angenommen. Somit steht auf der heutigen Tagesordnung 1. Antrag. Aichbichler, 2, Fortsetzung der Zolltarifberatung.

r. Stuttgart, 13. Nov. Heute nachmittag 4 Uhr ist die Kommission für die allgem. Beratung der Gemeinde- und der Bezirksordnung zusammengetreten. An Stelle des Abgeordneten Kloß, der im Reichstag weilt, trat vorläufig der Abgeordnete Tauscher ein. Ferner wurde zur Kenntnis der Kommission gebracht, daß der wirkt. Staatsrat v. Fleisch­hauer zum Regierungskommissär für die ständische Beratung der beiden Anträge ernannt worden sei. Die Zahl der der Kommission vorliegenden Eingaben beträgt bis jetzt 4:

Bitte der Oberamtspfleger des Landes um Abänderung einiger Bestimmungen des Entwurfs einer Bezirksordnung.

Bitte des Württembergischen Baubeamtenvereins um Ergänzung des Entwurfes der Gemeindeordnung mit Rück­sicht auf die in allen größeren Städten des Landes an- gestellten technischen Beamten.

Petition württembergischer Gemeindevertreter betreffend den Entwurf einer Gemeindeordnung (diese ist auch in dem der Kommission zugegangenen Berichte über den Gemeinde­tag am 19. Oktober enthalten, welcher dessen Verhandlungen und die Erwiderung auf die Besprechungen im Staats­anzeiger wiedergiebt).

Bitte des Landesverbands der Beamtenvereine größerer württembergischer Gemeinden um Berücksichtigung von Wünschen in Bezug auf eine neue Gemeindeordnung.

Da sich die Zuziehung des Regierungsvertreters heute nicht mehr ermöglichen ließ, wurde der Eintritt in die Be­ratung des Gegenstands selbst zur Vermeidung von Wieder­holungen auf morgen verschoben und zunächst über die Be­handlung der Sache ob nach Materien oder im Anschluß an die Anordnung des Entwurfs eine Erörterung ge­pflogen. Wiederholt wurde hervorgehoben, es handle sich darum, die Hauptgesichtspunkte und Bedenken vorzutragen und darüber zu beraten, ob letztere so gewichtig seien, daß von einem Eintritt in die Einzelberatung abzusehen sei. Man einigte sich dahin, morgen den allgemeinen Teil des Berichts des Hauptreferenten Konrad Haußmann entgegenzunehmen, dessen Debattierung voraussichtlich sofort auf die Frage des Bürgerausschusses führen wird. Bei dem umfassenden Cha­rakter der Entwürfe und den zahlreichen Wünschen, die von den verschiedensten Seiten erhoben werden, dürften sich, das kann heute schon gesagt werden, die Beratungen schwerlich in knappem Rahmen halten lassen.

Aus Stadt und Land.

Hcrgss-Hleurgkeiten.

Nagold 14. November.

(U Haiterbach, 13. Nov. Heute nachmittag wurde die hiesige Einwohnerschaft in nicht geringe Aufregung versetzt. Kurz vor 2 Uhr ertönte der Ruf:Feuer, Feuer." Auf den Straßen und Gassen entstand ein Rennen und Drängen nach der Brandstätte, dem Gasthof zum Lamm. Der Wir­bel der Trommeln unterbrach jäh die um diese Zeit gewöhn­liche Ruhe, die Sturmglocken läuteten, Hornfignale ertönten. Viele Einwohner waren auf ihren Feldern beschäftigt; auf­steigender Rauch verkündete ihnen Unheil; sie ließen ihre Geräte im Stich und eilten der Stadt zu. Die rasch her­beieilende Feuerwehr erfaßte ihre Aufgabe richtig. Zunächst war das mit großen Kosten neu erstellte Schulgebäude, dem das Glutmeer zustrebte, zu schützen. Dies gelang ihr voll­ständig. Unterdessen aber waren auch die Hintergebäude vom Lamm schwerer Gefahr ausgesetzt. Wegen der kolossalen Glut und des furchtbaren Aschenwirbels mußte man aber auch Bedacht nehmen, daß das Feuer nicht über die vordere und Hintere Hauptstraße überspringe. Die Feuerwehr hatte so vollauf zu thun; ihre Zahl wuchs durch die von den Feldern Herbeieilenden. Infolge der schnellen Ausbreitnng des Feuers, was durch die enge Bauart des Platzes be­günstigt wurde, war fremde Hilfe nötig. Telephonisch, durch Feuerreiter und Radler benachrichtigt, eilten die Feuerwehren der Nachbarorte Bösingen, Beihingen, Oberschwandorf, Ober­thalheim, Schietingen und Nagold zur Unterstützung herbei. Mit vereinten Kräften wurde eine weitere Ausdehnung des Brandes verhindert und das Feuer bemeistert. Der Gast­hof zum Lamm samt einem Nebengebäude und drei weitere Wohn-Gebäude des Gottlieb Maser, Kübler, Georg Schmelzle, Bäcker, und Christian Glaser, Taglöhner, wurden ein Raub der Flammen und bildeten abends 7 Uhr einen wirren Haufen von brennenden und glimmenden Bal­ken, von Schult und Asche. Der Gebäudeschaden beträgt zusammen ca. 25,000

r. Neuenbürg, 13. Nov. Am Sonntag nacht 1 Uhr wurde laut Enzthäler ein in Pforzheim arbeitender 16jähr. Jüngling namens Blaich wegen geringfügiger Ursache von einem Metzgerburschen in die Seite gestochen. Der Thäter ist festgestellt. Der Schwerverletzte wurde ins Krankenhaus nach Pforzheim verbracht.

r. Schramberg, 12. Nov. Ueber die Blutthat in Hardt berichtet der Schwarzw. Volksfr. folgendes: Am Sonntag abend wurde der 24 Jahre alte Leo Flaig von hier von dem als Raufbold bekannten Dienstknecht Friedrich Schwab, gebürtig von Heiligenbronn, vor der Wirtschaft zumNägelisee" durch mehrere Stiche in die Lunge so schwer