Stuttgart, 16. Juni. Heute begaunen hier die Verr Handlungen deS 4. deutschen Gewerkschaftskongresses, zu welchem etwa 200 Delegierte, darunter auch Vertreter außerdeutscher Landesorganisationen, erschienen waren. Zum erftenmale bei einem Gewerkschaftskongreß war auch das Reichsamt des Innern vertreten, und zwar durch den Re- gierungsrat Hölzer. Das württembergische Ministerium war vertreten durch die drei Gewerbeinspektoren. Der Vorsitzende Legien-Hamburg gab hierüber seiner Freude Ausdruck. Es folgten dann die Begrüßungsreden der Ver­treter der auswärtigen Gewerkschaftsorganisationen. Die Vertreter der Tradisunion betonten, daß es in England über kurz oder lang zu einem großen wirtschaftlichen Kampfe kommen werde, denn die Unzufriedenheit der englischen Ar­beiter sei in stetem Wachsen begriffen wegen der allmählichen Einführung dcs sogenannten amerikanischen Systems, wo­durch eine große Ausnützung der Arbeitskräfte ermöglicht wird. Der Vertreter der Franzosen, Griffuelles-Paris, legte dar, daß es für den französischen Arbeiter keine Gegensätze zwischen Frankreich und Deutschland gebe.- ber-Wien hob hervor, daß die österreichischen Organisationen ein Kind der Sozialdemokratie seien und es auch bleiben müssen. Der Schweizer Vertreter, Gulame-Zürich, betonte, daß auch in der Schweiz das sogenannte amerikanische System um sich greife und daß gegenwärtig 1200 Metallarbeiter der Firma Aescher-Wys im Ausstande feien, um sich gegen dieses ausbeuterische System zu wehren. Dann trat man in die Tagesordnung ein. Zum Vorsitzenden des Kongresses wurden Boemei-Segcberg und Legien-Hamburg gewühlt.

r. Stuttgart, 17. Juni. Von der Verwaltung der K. württ. Staatseisenbahnen erhalten wir folgende Zuschrift: Aus Anlaß des württ. Kricgerbundstags am 8. Juni d. I. wurden im Binnenverkehr der würit. Staatscisenbahnen rund 40,000 Personen nach Stuttgart und zurück befördert. Die auf den württ. Privatbahnen, sowie von außerwürtt. Stationen nach Stuttgart ausgegcbenen Fahrkarten sind hiebei nicht gerechnet. Durch diesen Mafsenverkehr, der in der Hauptsache mit Sonderzügen innerhalb einiger Tages­stunden (vormittags für die Hinfahrt, abends für die Rück­fahrt) sich vollzog, war der Eisenbahnverwaltuug eine große Aufgabe erwachsen. Im Ganzen waren 52 (fast durchaus vollbesetzte) Sonderzüge aus allen Teilen des Landes nach Stuttgart und zurück auszuführcn. Sowohl die Hin- als die Rückbeförderung vollzog sich ohne Anstand; namentlich wickelte sich der Verkehr auf dem Hauptbahnhof Stuttgart selbst dank den getroffenen Anordnungen und der Thätig- keit des beteiligten Personals anstandslos ab.

Stuttgart, 16. Juni. Der süddeutsche Buchhändler- Verein hielt heute vormittag im Bürgermuseum seine General­versammlung ab. Nach dem Geschäftsbericht zählt der Verein 201 Mitglieder. Die zu Ende des Vorjahrs im Sortiment eingetretene rückläufige Bewegung kam zum Still­stand und es ist eine Besserung bemerkbar. Als ein großer Mißstand wird die Zunahme des Kausens auf Borg be­zeichnet. Infolge der früheren Ueberproduktion mußte der Verlagsbuchhandel der Unternehmungslust Schranken setzen. Unmittelbar an diese Versammlung reihte sich die 23. ordent­liche Mitgliederversammlung des württ. Buchhändlervereins, der 108 Mitglieder zählt. Aus der Verlesung des Kassen­berichts durch den Kassier H. Wildt-Stuttgart ergab sich ein Vcrmögenszuwachs. Als Ergebnis der Wahlen ist die Neuberusung von C. Sonnewald-Tübingen an Stelle des ausscheidenden K. Köhler, der eine Wiederwahl abgelehnt hatte, zu verzeichnen. Die Hauptberatmig betraf den Ent­wurf neuer Verkaufsnormen, der fast gleichzeitig bei allen Orts- und Kreisvereinen des deutschen Buchhandels zur Be­ratung steht. In eingehender Weise wurden die einzelnen Paragraphen des Entwurfs durchberaten und gelangten mit Einmütigkeit zur Annahme. Es wurde beschlossen, die neuen Bestimmungen am 1. Juli d. I. in Kraft treten zu lassen.

r. Stuttgart, 17. Juni. In einem Hause der Werder­straße war gestern nachmittag ein 13 Jahre altes Mädchen damit beschäftigt, Feuer in den Kochherd zu machen. Das Feuer schlug dabei nach außen. Die Kleider des Mädchens fingen Feuer, wodurch das Mädchen gefährliche Brand­wunden erlitten hat.

Eßlingen, 17. Juni. Einen grausigen Fang machten einige Fischer in der Nähe des Alicenstegs. Einer derselben zog nämlich mit seiner Angel den Leichnam eines etwa 30jährigen Mannes aus dem Wasser. Die Leiche mag wohl schon 1014 Tage im Wasser gelegen haben. Die Persönlichkeit des Verlebten konnte noch nicht festgestellt werden.

Lndwigsburg, 16. Juni. Gestern wurde unter großer Beteiligung eine in weiten Kreisen der Stadt verehrte Dame zu Grabe getragen. Frau Karoline Neubert, Buch­händlerswitwe, hatte im deutsch-französischen Kriege zwei Sanitätszüge nach Frankreich mitgemacht. Mit seltener Thatkraft und unerschrockenem Mut hat sie in Frankreich den Verwundeten gedient. Auch in den hiesigen Spitälern war sie in jenen Jahren eine aufopfernde Pflegerin, wie ne vor und nachher als eine Helferin vieler Hilfesuchender sich bewährt hat.

Heilbronn, 15. Juni. Das Verfahren gegen die acht Monate bereits in Untersuchungshaft befindlichen Direktoren der Hcilbronner Gewerbebank ist nunmehr auch auf einen jungen Mann namens Hofmann ausgedehnt worden, der einige Jahre als Buchhalter bei der Bank thätig gewesen ist und sich der Beihilfe zur Verschleierung schuldig gemacht haben soll. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird der Prozeß gegen die vier Angeschuldigten den Abschluß der nächsten Schwurgerichtssession bilden. Die umfangreiche Anklage­schrift liegt gegenwärtig der Strafkammer vor.

r. Reutlingen, 17. Juni. Bei dem am Sonntag den 15. ds. hier anläßlich des 15. Verbandstags württ. Steno­graphen (System Gabelsberger) abgehaltenen Wettschreiben erhielt in der Abteilung 230 Silben in der Minute den Ehrenpreis der Stadt Reutlingen (eine silberne Trinkkanne) Gustav Wais vom Zentralvercin Stuttgart. Von den bis jetzt verteilten 14 Preisen in den Abteilungen 230, 200 und 170 Silben fielen auf Mitglieder des obengenannten Stuttgarter Vereins, an dessen Spitze Kammerstenograph Haas steht, 8 Preise, davon 3 in der höchsten Abteilung.

r. Reutlingen, 18. Juni. In der Metzgerstraße ver­gnügten sich vorgestern abend einige Knaben damit, Bier­flaschen mit ungelöschtem Kalk und Wasser zu füllen, um dadurch, die Flaschen zur Explosion zu bringen. Dabei wurden 4 Knaben durch Glassplitter und Kalk erheblich verletzt, einer derselben so schwer, daß er in Gefahr schwebt, an beiden Augen die Sehkraft vollständig zu verlieren.

Reutlingen, 15. Juni. (Landesfeuerwehrverband.) Heute wurde hier die Delegiertenversammlung abgehalten, wozu sich 200 Delegierte cingefunden hatten. Der Ver­sammlung ging gestern zu Ehren der Gäste eine gesellige Vereinigung im Saalbau der Bundeshalle voraus. Die Delegiertenversammlung wurde von dem Kommandanten der hiesigen freiwilligen Feuerwehr, Wemhändler Eisen­lohr, im Namen der hiesigen Kameraden herzlich begrüßt, später auch von Oberbürgermeister Hepp im Namen der Stadt Reutlingen und alsdann von dem Vorsitzenden, Ve- zirksfenerlöschinspektor Renner, Kommandant der Feuer­wehr Hcilbronn, eröffnet. Die Mehrzahl der zur Besprechung gestellten Fragen betrafen Anträge auf Abänderung einzelner Bestimmungen der Landesfcuerlöschordnung, so der Antrag der Feuerwehr Ballungen a. F., welcher eine Abgabe im Betrag von 1 bis 20 einzuteilen in 5 Stufen, von den überschießenden Feuerwehrpflichtigen verlangt. Aehnliche Anträge lagen von den Feuerwehren Reutlingen und Tutt­lingen vor. Der Antrag wurde nach längerer Erörterung mit großer Mehrheit angenommen. Von Vaihingen war weiter die Ablehnung eines Anspruchs von überschüssigen Pflichtigen auf Einstellung eingelaufen und ebenfalls an­genommen worden. Reutlingen beantragt Streichung des Artikel 14 Abs. 2 der Laudesfeuerwehrordnung vom Wort Geistlichen" w. bis zum Schluß. Nach eingehender Er­örterung wurde der Antrag in der Fassung zum Beschluß erhoben, daß mit Ausnahme der Kranken und Gebrechlichen mit Einbuße von 50°/« ihrer Gesundheit oder Erwerbs­fähigkeit nur die Angehörigen des aktiven Heers und Land­jägerkorps, sowie die Geistlichen und ersten Vorstände der Beamtungen, ferner die Vcrkehrsbeamten, Aerzte und Apo­theker vom Feuerwehrdienst befreit sein losten, die Abgabe soll aber von allen steuerpflichtigen Einwohnern, welche keine Feuerwehrdienste leisten, Entrichtet werden. Mit dem Antrag der hiesigen Feuerwehr aus Wiederherstellung des Regierungsentwurfs, welcher die Gemeinden zur Lieferung der Dienströcke verpflichtet, zeigten sich alle Delegierten ein­verstanden, dem von Ludwigsburg angeregten Wunsche, an Stelle des Rocks eine Entschädigung zu setzen, wurde eine Folge nicht gegeben. Sehr beifällig wurde der Antrag angenommen, daß zu Bezirksfeuerlöschinspektoren nur Per­sonen mit einer praktischen Dienstzeit in einer Feuerwehr ernannt werden sollen, bezw. daß sie sich eine praktische Ausbildung noch aneignen müssen. Tuttlingen wünscht, daß die Frohn bei Aufräumungsarbeiten aufgehoben werde, wogegen der Ausschuß vorschlägt, daß die Abräumung des Brandplatzes durch die Gemeinde unter Ersatz der Kosten durch die Gebäudebrandversicherung erfolge, was angenommen wurde. Die Feuerwehr Tübingen erhob Einsprache gegen das Protokoll der vorigen Delegiertenversammlung, da dieses Protokoll unrichtige Angaben enthalte. Vom Aus­schuß wird vorgebracht, daß ein Fehler in der stenogra­phischen Aufnahme vorliege oder ein Mißverständnis bei der betreffenden Abstimmung, weshalb der Antrag, um den es sich damals handelte, nochmals zur Abstimmung komme. Die Abstimmung ergab eine Annahme jenes Antrags, wo­mit die Angelegenheit erledigt ist. Nach Abwicklung einiger weniger ^wichtiger Punkte und Vornahme der Ergänzungs­wahlen wurde der Delegiertentag geschlossen, worauf im Siberschen Bierkellcr ein Konzert der Tübinger Militär­kapelle den Schluß des Tages bildete.

r. Ulm, 17. Juni. Bankier Dompert von Göp­pingen wird am Montag den 23. Juni vor der hiesigen Strafkammer wegen einfachen Bankerotts verhandelt. Für den Fall sind 3 Tage angesetzt.

r. Ulm, 16. Juni. Vorgestern wurde in Göppingen ein Einbrecher verhaftet, der wie es den Anschein hat, die Oesfnung von Kassenschränken sich zur Spezialität er­koren hatte. Nach erfolgter Verständigung der hiesigen Polizei wurde gestern im Gepäckbureau des Bahnhofs ein feiner Lederkoffer, den der Verhaftete hier zurückgelassen hatte, beschlagnahmt, in dem sich ein ganzes Arsenal von Einbrecher- und Bohrwerkzeug vorfand.

r. Aalen, 17. Juni. Der frühere Gemeindepfleger Wirth von Essingen hat sich letzten Samstag als 77jähriger Mann in einem benachbarten Walde erhängt. Der Mann galt bisher als wohlhabend, es hat sich in der letzten Zeit aber herausgestellt, daß bedeutende Unregelmäßig­keiten in seinem Rechnungswesen vorgekommen find.

r. Vom Allgäu, 16. Juni. In Wangen wurde der 80 Jahre alte Anton Scheuerle von einem Fuhrwerk überfahren und schwer verletzt. In Goßpoldshofen feierte Schultheiß Weiß von Albers das 25jährige Amtsjubiläum.

Deutsches Reich.

Berlin, 16. Juni. Unsere Marine blickte am letzten Freitag auf einen Ehrentag zurück. Am 13. Juni waren

30 Jahre verflossen, seitdem das geeinigte deutsche Reich seinen ersten Erfolg zur See errang. Die Welt erfuhr zum erstenmal, daß das neue deutsche Reich auch See­geltung erstrebe und eine Seemacht werden wolle. Am 13. Juni 1872 erzwang, wie die Köln. Ztg. erinnert, Kapitän z. S. Bätsch mit den gedeckten Korvetten Vineta und Gazelle von der Republik Haiti die Befriedigung lang­jähriger deutscher Forderungen und die Zahlung einer Ent­schädigung von 20,000 Thalern. Der Geschwaderchef eroberte durch einen Handstreich die haitischen Kriegsschiffe Union und Mont Organisö und hielt Vineta und Gazelle gefechtsbereit gegen das die Reede von Port au Prince beherrschende Fort. Die Gcnugthuung war eine glänzende.

Berlin, 16. Juni. Die Reichspost- und Tele­graphenverwaltung erzielte im Rechnungsjahr 1901 eine Einnahme von 413,647,989 das sind 19,105,393 Mark mehr als im Vorjahre. Die Reichseisenbahnverwal­tung erzielte eine Einnahme von 84,137,019 das heißt 56,061.71 ^ weniger als im Rechnungsjahre 1900.

Berlin, 17. Juni. Wie die Berl. Polit. Nachr. hören, hat die preußische Eisenbahnverwaltuug neuerdings zwei Lokomotiven besonderer Konstruktion bestellt, mit denen Versuche angestellt werden sollen, die Fahrgeschwindigkeit der Schnellzüge auf 130 Kilometer gegenüber der jetzigen höchsten Geschwindigkeit von 90 Kilometern zu bringen. DieVersuche werden natürlich aufsolchenStreckenstattfinden,bei denen der schwereren Oberbau durchgeführt ist.

Berlin, 17. Juni. Die Berl. N. Rache, bezeichnen die Ernennung des Generalsmajors v. Budde zum Nach­folger des Eisenbahnmin'.sters v. Thielen als sicher.

Berlin, 17. Juni. Die Fleischbeschau-Kommission des Herrenhauses nahm die Vorlage in der Fassung des Abgeordnetenhauses an.

Von der badischen Grenze, 13. Juni. Die Stadt Pforzheim beabsichtigt, mit einem Kapitalaufwand von 650,000 ^ eine zweite elektrische Maschinenstation an der Nagold kurz vor deren Einfluß in die Stadt zu errichten und die erforderliche Wasserkraft durch Nutzbarmachung eines Gefälles von 7,15 m auf einer Strecke von 1240 m, in welcher Länge durch den Scheuernberg in der Nähe der Stadt ein Kanal geführt werden soll, zu gewinnen. Die Kosten dcs Wasferbaus allein sind auf 370,000 geschätzt. Die Wasserkraft ist mit 270 Pferdestärken angenommen und soll neben der Verstärkung des bestehenden städtischen Werkes zur unabhängigen Reserve und für den Fall des in Aussicht genommenen Baues einer elektrischen Straßen­bahn zur Lieferung der elektrischen Kraft für dieselbe dienen.

In dem Schwarzwalddorf Oberblauen bei Zell kam heute früh bei einem Brande eine aus sieben Köpfen bestehende Familie in den Flammen um.

München, 17. Juni. Der Trinkspruch, den der Prinz- Regent bei dem gestrigen Festmahle im alten Nürnberger Rathaussaale ausbrachte, lautet: Von ganzem Herzen be­grüße ich meine hohen Gäste, das Kaiserpaar, den König von Wüttemberg und den Großherzog von Baden, indem ich Ihnen meinen tiefgefühlten Dank für die Gnade ihres Besuchs ausdrücke. Durch die hohe Gegenwart verliehen die mir hochwillkommenen fürstlichen Gäste der Jubiläums­feier die schönste Weihe. Ich fordere Sie auf, mit mir zu trinken auf das Wohl des Kaiserpaares, des Königs von Württemberg und des Großherzogs von Baden. Sie leben hoch! hoch! hoch!

Herten, 12. Juni. Die hier wohnende österreichische Bergmannsfamilie Leben hatte gestern in Gemeinschaft mit einigen ihrer Kostgänger mehrere Stunden lang dem Alkohol­genuß gehuldigt, als die Eheleute plötzlich in einen Wort­wechsel gerieten. Die durch den Branntwein völlig be­trunkene Ehefrau griff in ihrer Wut zu einem Brotmesser und versetzte ihrem Manne einen wuchtigen Stich in die Schulter. Hiebei wurde eine Schlagader durchschnitten und der Mann starb in wenigen Stunden. Das Weib wurde verhaftet.

Sibyllenort, 17. Juni. DieChemn. Allg. Ztg." be­richtet: Nachdem gestern die Aerzte und die Hofgesellschaft große Besorgnisse wegen des Befindens des Königs gehegt hatten, herrschte heute Morgen eine hoffnungsfreudige Stimmung. Der König nahm um 11 Uhr wieder Vor­träge in Regierungssachen entgegen. Mit Wehmut und einiger Besorgnis steht man dem morgigen 49. Hochzeits­tage des Königspaares entgegen, da der König vor Ge­mütsbewegung bewahrt werden muß.

Rawitsch (Regb. Posen), 12. Juni, lieber eine furcht- - bare That, die gestern mittag hier begangen wurde, wird demGes." berichtet: Der einige vierzig Jahre alte In­valide Leciewski in der Luisenstraße begann plötzlich alles, was er im Hause fand, kurz und klein zu schlagen. Damit nicht genug, bewaffnele er sich mit einem dicken Knüttel, ferner mit einem Revolver und einem Desching, die beide scharf geladen waren, und schoß blindlings um sich her. Alles flüchtete in die Wohnungen. Nichts ahnend ging der über 70 Jahre alte taubstumme Maler Nagel an dem Hause vorüber und sah in den Hausflur hinein. Da fiel ein Schuß und hinter dem Ohr in den Kopf getroffen, sank Nagel tot zu Boden. Nunmehr schlug der Wüterich die Hauslhür zu und raste in der Wohnung weiter. In­zwischen hatte sich auf der Straße eine ungeheure Menschen­menge angesammelt, als plötzlich der Mörder die Hausthür aufriß und unter die Menge stürmte, die in die umliegenden Häuser und Straßen flüchtete: Unaufhörlich schoß er auf die fliehenden Menschen. Der Arbeiter Karl Thaler erhielt mehrere Schüsse in de» Kopf. Da sprangen zwei zu einer achtwöchigen Uebung eingezogene Vizefeldwebel beherzt auf den Wüterich zu und hieben mit blank gezogener Waffe auf ihn ein, andere beherzte Männer kamen hinzu und über­wältigten ihn schließlich. Der Mörder ist ein Herkules