hat. Gestern wurde hier ein Dienstmädchen, welches seiner Herrschaft eine goldene Uhr, sowie verschiedenes Weiß­zeug entwendet hat, in Hast genommen. Dasselbe soll der That geständig sein.

r. Oberroth, 12. Aug. Auf dem Hagelberg, dem höchsten Punkte des Welzheimer Waldes (585 m) ist vom Ver­schönerungsverein in Gschwend unter Beihilfe des Schwäbischen Albvereins und anderer Freunde ein hölzerner Aussichts­turm mit einem Kostenaufwand von ca. 2300 hergestellt worden. Der schmucke Turm mit seiner gefälligen Architektur wird von Gschwend aus bei mäßiger Steigung in einer halben Stunde erreicht. Eine bequeme Holztreppe führt hinauf zur bedeckten Plattform, von der man eine weite Rundsicht über den Welsheimer und Mainhardter Wald, die Limpurger und Ellwanger Berge genießt. Besonders prächtig ist der Blick aus die Alb, deren Kette vom Neuffen bis zum Jpf Lei Bopfingen sichtbar ist. Die Einweihung des Turmes findet am 1. Sept. statt. Doch ist der Turm jetzt schon der Benützung (Eintrittskarte 10 --Z) freigegeben.

r. Schussenried, 12. Aug. Im nahen Muttensweiler, Gemeinde Steinhaufen, zerstörte der Blitz das den Rauscher- schen Eheleuten gehörige Anwesen gänzlich, so daß von der gesamten Habe nur 2 Pferde gerettet werden konnten, während 8 Stück Vieh zu Grunde gingen.

r. Vom Bodensee, 12. Aug. (Weinaussichten.) Aus der Gegend des Kaiserstuhls kommen über den Stand der Reben äußerst günstige Nachrichten. Läßt der Ertrag wohl zu wünschen übrig, so sind doch dort die Trauben gesund und bereits vollkommen ausgewachsen, so daß dieselben von jetzt an schon reifen können.

r. Vom Bodensee, 12. Aug. (Vogelschutz.) Der Ent­wurf eines internationalen Vogelschutzgesetzes, der seit Jahren betreffs Aenderungen prinzipieller Natur von den Vertretern einzelner Staaten längeren Beratungen unterzogen wurde, ist endlich nach Abschluß dieser von seinerzeit in Paris auf der betreffenden Konferenz vertretenen Mächte angenommen worden, und die französische Regierung hat in Anregung gebracht, daß das Gesetz von letzteren auch zum Vollzug gelange. Es soll demnach in Belgien, Frankreich, Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Italien, der Schweiz, den Niederlanden, Schweden und Norwegen, Rußland, Griechenland, Spanien und Portugal, sowie Luxemburg und Monaco ein einheitliches Gesetz zum Zwecke des Vogelschutzes eingeführt werden. Dasselbe ist dem deutschen Bundesrate seitens des Reichs­kanzleramtes zugestellt worden.

Gewitternachrichten. Es gingen uns Berichte zu über sehr schwere Gewitter aus Ellwangen: Blitzschlag in das Haus der Marianne Abert. Ulm: Blitzschlag in das Leder­magazin des Kaufmann Altmann, daraus entstehender Brand, der gelöscht werden konnte. Oehringen: Blitz­schlag in das Schulhaus in Obersöllbach. Schaden be­deutend. Mägerkingen: Blitzschlag in das Haus des Schäfers Heß; der entstandene Brand konnte gelöscht werden. Dem Immanuel Lorch wurde eine wertvolle Kuh getötet. Schömberg: Blitzschlag in das Wohnhaus des Andreas Schmid; sein siebenjähriges Kind wurde getötet, das Haus stark beschädigt.

Deutsches Reich.

Berlin, 12. Aug. Reichskanzler Graf Bülow ist aus Homburg wieder hier eingetroffen.

Pforzheim, 11. Aug. Als die Großherzogin gestern! vormittag auf der Reise nach Wildbad, wo sie nur zu einem ! kurzen Besuche verweilte, hier eintraf, empfing sie laut Pf. ! Anz. in ihrem Salonwagen die Oberin des hiesigen städtischen ! Krankenhauses, Frl. Hauser, mit welcher sie sich aufs Leb- ! Hafteste unterhielt. Me Großherzogin nahm von der Oberin, ehe sie weiter fuhr, besonders herzlichen Abschied.

r. Brötzingen, 13. Aug. Wegen Sittlichkeitsverbrechen, begangen an seinem eigenen Kinde, einem 15jährigen Mädchen ist in Neustadt-Brötzingen der angesehene Flaschner- meister Sam auf Veranlassung der Mutter verhaftet worden.

München, 11. Aug. Der Prinzregent hat 15,000 ^ zur Unterstützung der Bedürftigsten unter den Opfern der Ueberschwemmungen angewiesen.

Wilhelmshaven, 11. Aug. Die von China heimgekehrte Linienschiffsdivifion ist heute vormittag '/-II Uhr auf der hiesigen Rhede eingetroffen. Zur Begrüßung hatte sich eine große Menschenmenge an der Hafeneinfahrt eingefunden.

Kiel, 11. Aug. Heute morgen fand die Ausreise der Südpolarexpedition unter lebhaften Kundgebungen des Publikums statt. Unterstaatssekretär Rothe überbrachte die Abschiedsgrüße des Reiches und wünschte fröhliche Heimkehr. Prof. Drygalski, der Leiter der Expedition, dankte, indem er betonte, daß die Teilnehmer in der sicheren Zuversicht auf den wissenschaftlichen Erfolg ihrer Erpedition, sowie in der Hoffnung auf Wiedersehen scheiden, im treuen Gedenken an alles, was zurückbleibt und nicht verloren gehen kann. Beim Auslaufen der Gauß signalisierten die Kriegsschiffe ihre Abschiedsgrüße.

Hannover, 12. August. Graf Waldersee wurde bei seiner Ankunft auf dem Bahnhof feierlich begrüßt. Das gesamte Offizierscorps war zum Empfange versammelt. Generalleutnant Rosenberg hieß den Grafen willkommen und schloß mit einem Hurrah auf den Feldmarschall. Graf Waldersee erwiderte u. a.: Es ging mir ausgezeichnet gut, ich bin frisch an die Arbeit gegangen und gesund wieder­gekehrt. Wenn mir Einiges gelungen ist, ist es allein dem Umstand zuzuschreiben, daß ich den Kaiser hinter mir hatte und nach seinen Intentionen handeln konnte. Was in China geschaffen worden ist für Deutschland, wird hoffentlich recht bald an dm Tag kommen. Wir danken alles allein dem Kaiser.

Kaiserin Friedrich ff.

Cronberg, 11. Aug. Am Montag den 12. August soll von 8 Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags ab der Zu­tritt zur Stadtkirche in Cronberg jedermann gestattet sein.

Crouberg, 11. August. Eiu fast wolkenloser Himmel strahlte heute nachmittag auf die schönen Taunusgefilde hernieder, und wiederum belebten zahlreiche Menschen Weg und Steg. Jeder Zug brachte neue Schaaren in die alte Taunusstadt, die wohl seit Decennien ein so bewegtes Leben nicht aufzuweisen gehabt hat als Heuer. Militärs aller Grade füllten die Gassen, Journalisten und diejenigen Be­vorzugten, denen die Ehre einer Einladung zu Teil geworden, eilten in der vorgeschriebenen Trauerkleidung der Kirche zu, die auch den Zielpunkt vieler Hunderte von Schaulustigen bildete. Pünktlich zur festgesetzten Zeit erschienen unter Orgelklang das Kaiserpaar mit dem englischen Königspaar und den kaiserlichen Prinzen, die sofort ihre Degen zogen und au die Seite der Offizierswachen traten. Die eigent­liche Feier nahm nur etwa eine halbe Stunde in Anspruch. Nachdem der Berliner Domchor die Motette: Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, vorgetragen und die Gemeinde eine Gesangbuchstrophe gesungen, hielt Oberhofprediger Dr. Drvander das Eingangsgebet und brachte Abschnitte aus der Schrift zur Verlesung. Der Domchor trug eine weitere Motette vor, und nun hielt Dr. Dryander in Gebetform eine kurze, formvollendete Gedächtnisansprache. Vieles habe die verblichene Kaiserin in ihrem Leben erfahren an Freud und Leid, und wenn seit langen Jahren das letztere über­wogen, so habe die Kaiserin doch nie aufgehört, im Sinne des vor ihr dahingegangenen edlen Gemahls sich dem Dienste der Menschenliebe zu weihen. Nun sei sie dahin, die eng­lische Königstochter, Deutschlands zweite Kaiserin, des kaiserlichen Dulders liebende Gattin, die gesegnete Mutter und Großmutter, aber ihr Andenken werde nicht erlöschen, nicht in ihrer Familie, nicht im Volke. Während der darauf folgenden feierlichen Einsegung präsentierten draußen die Truppen das Gewehr, erklang der dumpfe Traueran- fchlag der Spielleute. Nach einem abermaligen Gesänge der Gemeinde wurde das Vaterunser und der liturgische Segen gesprochen, die Glocken setzten ein, der Domchor intonierte: Sei getreu bis in den Tod, und die Feier war beendet. Lange noch knieten die Fürstlichkeiten, Abschied nehmend um den Sarg, dann leerte sich allmählich die Kirche unter Orgelklang.

Cronberg, 12. Aug. Von der Erlaubnis, sich die Auf­bahrung in der Stadtkirche anzusehen, machten am vormittag namentlich die Einwohner Cronbergs Gebrauch. Seit mittag kommen viele Auswärtige mit der Bahn an. Die Ueberführung der Leiche von der Stadtkirche nach der Bahn erfolgt einfach und still heute abend zwischen 9 und 10 Uhr. Die zahlreichen und zum Teil recht kostbaren Kranz­spenden werden mit dem Extrazug, der die Leiche nach Potsdam trägt, abgehen. Der Kronprinz von Griechenland und Prinz Friedrich Karl von Hessen werden die Leiche nach Potsdam geleiten. Die übrigen Fürstlichkeiten sind bereits gestern abend oder heute früh abgereist.

Karlsruhe, 11. Aug. Heute vormittag 9 Uhr reisten der Großherzog und die Großherzogin nach Homburg v. d. H., wo sie beim Kaiserpaar über Mittag zu verweilen gedenken. Nachmittags begiebt sich das Großherzogspaar mittelst Wagen nach Friedrichshof und nach Cronberg, um der kirchlichen Trauerfeier für die Kaiserin Friedrich beizu­wohnen. Abends 10',- Uhr gedenkt das Großherzogspaar wieder in Karlsruhe einzutreffcn und nachts gegen 2 Uhr nach Badenweiler abznreisen, wo Höchstdieselben zwei Tage verweilen wollen. Hierauf begeben sie sich nach Schloß Mainau.

Homburg, 11. August. Die für heute vormittag ange­kündigte Ankunft des englischen Köniaspaares erfolgte mit Extrazug 9 Uhr 16 Min. früh. Botschafter Sir Lascelles war bis Frankfurt entgegengefahren. Auf dem Bahnhofe, der auf Wunsch des Königs gänzlich vom Publikum frei­gehalten wurde, uahm eine Ehrenkompagnie des 80. Regi­ments mit der umflorten Regimentsfahne Aufstellung. Das Kaiserpaar, sämtliche hier anwesenden Prinzen, Reichskanzler Graf Bülow, Graf Waldersee und das Gefolge, General­konsul Sir Oppenheimer aus Frankfurt u. A. waren er­schienen. Nach Einlaus des Zuges entstieg zuerst die Königin dem Salonwagen, vom Kaiser mit Handkuß be­grüßt. König Eduard schritt nach der Bewillkommnung die Ehrenkompagnie ab, nahm den Vorbeimarsch entgegen und fuhr sodann mit seiner Gemahlin, vom Kaiserpaar begleitet, nach Ritter's Parkhotel. Das Kaiserpaar ver­weilte etwa eine Viertelstunde dort und kehrte dann ins Schloß zurück. König Eduard trug die Uniform des Garde­dragonerregiments Königin von Großbrittannien und Ir­land, der Kaiser die englische Feldmarschallsuniform. Der Mittag vereinigte die Fürstlichkeiten zur Familientafel im Schloß.

Haag, 11. Aug. In der hiesigen deutschen Kirche fand heute ein Gedächtnisgottesdienst für die Kaiserin Friedrich statt. Anwesend waren die Königin, die Königin-Mutter, Prinz Heinrich der Niederlande, der Minister des Aeußern, das diplomatische Corps und zahlreiche Würdenträger.

Ausland.

Paris, 11. Aug. Der Matin meldet aus Konstantinopel: Die Pforte beharre auf dem Wunsche, die Quais zurück­zukaufen, lehne hingegen die Vorschläge des französischen Botschafters ab.

Trohes, 11. Aug. In der Kirche Saint Mzier explo­dierte nachmittags, während der Geistliche fünfzehn Kindern Katechismusunterricht erteilte, eine in der Nähe des Altars niederaeleate Bombe, wodurch die Betstühle und der Beicht­

stuhl umgeworfen und eine Anzahl Fensterscheiben zertrümmert wurden. Niemand ist verletzt worden.

Koustantiuopel, 12. Aug. Gegenstand der Audienz des französischen Botschafters Constans beim Sultan, welche etwa

3 Stunden dauerte, bildete die Quai-Frage und die Schuld­forderungen zweier französischer Unterthanen in Höhe von 800,000 türkischen Pfund. Die Quai-Frage beginnt in ein ruhiges Stadium zu treten. Zwischen der Gesellschaft und der Pforte finden neuerliche Verhandlungen über den Verkauf der Quai-Anlagen statt. In Angelegenheit der Schuld­forderungen wird eine freundschaftliche Lösung erwartet.

London, 9. Aug. Ans Cork wird den Londoner Evening News von gestern berichtet: Der riesige Dampfer der White Star-Linie, Oceanic, dampfte heute langsam in den Hafen von Queenstown hinein mit einem ungefähr

4 Fuß langen Leck in den Platten vorn an der Backbord­seite zwei Fuß über der Wasserlinie. Er meldete, bei Nacht einen Zusammenstoß mit dem Dampfer Kincora gehabt zu haben, der auf den Wasserspiegel niedergerannt wurde und beinahe sofort sank. Der Oceanic war ganz voll von Passagieren, die nach den Vereinigten Staaten zurückkehren und hatte gestern nachmittag Liverpool verlasse,:. Alles ging gut, bis der Oceanic im irischen Kanal in einen dichten Nebel geriet. Mitteilungen von Passagieren zufolge war die Nacht ruhig. Das große Schiff dampfte vorsichtig vor­wärts und ließ sein schrilles Nebelhorn ertönen, als plötzlich der Ton eines andereu Schiffes von vorn her vernommen wurde. Das Nebelhorn des Qceanic stieß wettere Warnungs­rufe aus und viele Augen suchten den Nebel zu durchdringen, als man die geisterhaft trüben Lichter des andern Schiffes vorn erkannte. Alle Anstrengungen wurden gemacht, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, aber der Leviathan lief mit übergewaltiger Wucht auf sein Opfer zu. Es gab einen Krach, man hörte das Geräusch zersplitternden Holzes und das Zischen von Dampf. Dazwischen hörte man die Schreie in Not befindlicher Männer. Auf dem Oceanic vernahm man kaum etwas von einem Stoß. Die Passa­giere sagen, es schien, als ob es eine kleine Hemmung ge­geben hätte, und der Oceanic glitt dann weiter durch den Nebel. Sein Kurs wurde verlangsamt und endlich kam das große Schiff zum Stillstand, und seine Boote wurden hinabgelassen. Die Boote ruderten um die Wette so schnell sie konnten zur Unglücksstelle, und die Rufe der im Wasser befindlichen Männer zeigten ihnen die Richtung an. Alsbald wurden 13 Leute von der Kincora aus dem Wasser gerettet. Sie schwammen umher an Trümmer vom Wrack geklammert, von der Kincora selbst sah man aber keine Spur. Die Boote suchten noch eine Weile umher, dann kehrten sie zurück zum Oceanic, dessen Dampfpfeife undeutlich durch den Nebel hindurchdrang. Die Geretteten sagten, die Kincora sei ein kleiner Handelsdampfer, der den irischen Kanal durchkreuzt und im ganzen 20 Mann Besatzung hatte; davon müssen 7 Mann ertrunken sein. Unter den Geretteten befindet sich der Kapitän der Kincora. Der Oceanic hielt sich, nachdem Taucher das Leck untersucht hatten, nicht in Queenstown auf, sondern setzte nm 3 Uhr nachmittags die Reise nach New-Uork fort.

Francesco Crispi ff.

Rom, 11. Aug. Crispi ist heute abend um 7^ff Uhr gestorben.

Nach langem Todeskampfe ist Francesco Crispi im Alter von 82 Jahren gestorben. Mit ihm ist ein gutes Stück italienischer Geschichte, reich an Erfolgen, wie an Mißerfolgen, dahingegangen. Politisch ist Crispi längst tot, da er den Anforderungen der neuen Zeit sich nicht ge­wachsen zeigte. Aber jedenfalls ist der derjenige italienische Staatsmann, der in den letzten dreißig Jahren am meisten von sich reden machte, der in der europäischen Politik eine hervorragende Rolle spielte und eine Zeit lang auch die vollendete Verkörperung der italienischen Politik war. Er gehörte noch zu den Schöpfern der italienischen Einheit, und mit den Mitteln, die diese Einheit zu Stande brachten, glaubte er auch die Nation regieren und zu weiteren Thaten führen zu können. Das Ergebnis war Großmannssucht, Elend, Gewaltthat und zuletzt die Niederlage von Abba Carima. Da brach die Crispi'sche Politik zusammen, um sich nie mehr zu erholen.

Crispi war am 4. Oktober 1819 in Ribera auf Sizilien geboren. Er studierte in Palermo die Rechte und wurde Advokat. Er beteiligte sich an der sizilianischen Revolution von 1848 und mußte nach Piemont flüchten, wo er literarisch thätig war. Als er sich an der Mailänder Erhebung von 1853 beteiligte, mußte er auch Piemont verlassen; er ging, nach London und arbeitete dort mit Mazzini zusammen für die Einigung Italiens, die er sich in Form einer Förderativ- Republik dachte. Als der Krieg von 1859 ausbrach, ver­zichtete Crispi auf sein republikanisches Ideal und schloß sich Viktor Cmanuel an, was ihm Mazzini nicht verzeihen konnte. Dafür hielt er sich zu Garibaldi und half ihm Sizilien und Neapel für das neue Königreich erobern^ Seit 1861 Mitglied der Kammer, saß er auf der äußersten Linken, ohne zunächst besonders hervorzutreten. Allmählich, entwickelte er sich aber etwas nach rechts und als die Linke die Majorität bekam, wurde Crispi Kammerpräsident. Als solcher machte er 1877 eine Reise durch Europa und kam auch nach Deutschland, dem er seinen ersten Besuch machte. Er besuchte auch Bismarck in Varzin. Im folgenden Jahre, nach Nicoteras Sturz, wurde Crispi Minister des Innern und schon sah man in ihm den künftigen Ministerpräsidenten, als seine eigentümlichen Eheverhältnisse bekannt wurden und er seinen Rücktritt nehmen mußte. Von der Anklage der Bigamie konnte er sich zwar formell rechtfertigen, aber es dauerte doch zehn Jahre, bis er unter Depretis Minister des Innern und dann nach Depretis' Tode Ministerpräsident wurde. Crispi war ein aufrichtiger, aber sehr temperament-