Verüscher Leichslaa.

Berlin, 12. Dez. Der Reichstag setzt^die Beratung de» StatS fort.

Krieg-minister v. Boßler erklärt: Bor einiger Zeit war in den Zeitungen dir Rede von einem skandinavischen Bewehr mit einer automatischen Ladrvorrichtung Um auf dem Laufenden zu bleiben, haben wir unS mit dem Erfinder in Verbindung gesetzt, oer unS zusagte, unS eine Probe des Bewehr- zu liefern. Diese traf aber bisher nicht ein. Wie wir damit eine Division bewaffnen sollen, weiß ich nicht. Auch neue Probrgeschütze find bei unS nicht ringegarigen.

Blevocki (Pole) verteidigt dir Haltung deS Erzbischof- Stab- lewSki bei der Wahl in Meseritz-Bomft. Der Erzbischof habe sich keinen Angriff in die Wahlfrethrit zu Schulden kommen lassen.

bchweri n-Löwitz (konf.) tritt den Ausführungen der Linken bezüglich der Betreidezölle entgegen. Die Landwirtschaft stelle noch über die Hälfte der gesamten deutschen Produktion dar. Der Boden sei entwertet. Wenn die Eetrerdepreise so günstig lägen, wie die der Kohlen, würden die Landwirte gern auf die Zoll­erhöhungen verzichten und sich sogar Maßregeln gefallen lassen, wie sie für den KohlentranSport in Beltung find. Dir Behauptung, daß die Landwirtschaft ein Feind der Handelsverträge sei, ist unrichtig.

Hasse (natl.): Ich finde die Lransvaalangelegenheit gar nicht spaßhaft. Die Darstellungen von dem Vorgang der Adreß- überretchung deS Alldeutschen BerbandeS an Krüger in der Köln. Ztg. waren irrig und sollten wohl absichtlich irre führen. UebrigenS ist es merkwürdig, daß der Reichskanzler dieses wetterwendische Blatt, das jetzt auch der DebeerS-Kompagnie seine Spalten öffnet, noch immer für offiziöse Artikel zu benützen scheint. Die wenigen Worte, die an den Präsidenten Krüger zu richten ich die Ehre hatte, begannen damit, daß ich sagte: Nicht im Namen deS amtlichen Deutschland (Broße Heiterkeit), sondern im Namen deS Alldeutschen Verbands, getragen von den Sympathien deS deutschen Volkes. (Sehr richtig.) Redner bespricht dir letzte Rede des Reichskanzlers und fragt, ob die Neutralität immer innegehalten werde. Habe doch ein Schiff der Wörmannlinie englische Soldaten befördert! Wir wollen nicht zu einem Krieg gegen England Hetzen, wir wollten nur, daß Krüger hier ebenso empfangen werde wir in Holland. In England glaubt man immer noch, uns mehr bieten zu können als anderen. Der Reichskanzler meinte, ein Empfang in Berlin hätte Krüger nicht- genützt; ich bin derselben Meinung, es fragt sich aber, ob wir uns nicht selbst genützt hätten, wenn wir dem alten Herrn im Unglück die Hand gedrückt hätten und nicht Leuten, wie Eecil Rhodes, dessen Hand, wenn auch vergoldet, doch be­schmutzt bleibt.

Reichskanzler Graf vülow giebt gegenüber dem Abgeordneten Haffe nochmals eine Darstellung deS Sachverhalts und betont, daß seitens des englischen Hofes und der englischen Regierung weder an den Kaiser noch an ihn irgend ein Wunsch oder Antrag herangetreten sei. Die Nachricht, daß Krüger beabsichtige, nach Berlin zu gehen, war für die Regierung überraschend. Sir kam uns höchstens -8 Stunden zu, bevor die Abreise KrügerS erfolgen sollte. Bisher hatte man angenommen, Krüger würde von Paris nach Holland sich begeben. Worauf diese Sinnesänderung deS Präsidenten zurückzusühren sei, wolle er unrrörtert lassen. (Hört! Hört!) Als wir hörten, Krüger wolle in kleinen Etappen über Köln und Magdeburg sich nach Berlin begeben, haben wir ihn in der höflichsten und rücksichtsvollsten Weise durch unsere Botschaft in Paris und durch Dr. Leyds daraus aufmerksam machen lassen, daß der Kaiser zu seinem Bedauern nicht in der Lage sei, jetzt den Präsidenten zu empfangen, und ihn deshalb bitte, von seiner Reise Abstand zu nehmen. Als darauf Krüger doch die Reise ins Werk setzte, wurde ihm in Köln wiederum in rücksichtsvollster Weise durch den Gesandten in Luxemburg gesagt, der Kaiser sei außer stände, ihn jetzt zu sehen. Ueberrumpeln lassen wir uns nicht und vergewaltigen auch nicht. Wir thaten damit nur, was unS nützlich war und was die Erhaltung deS Weltfriedens erleichtert. DaS deutsch-englische Abkommen enthält keine Bestimmung, die sich auf einen Konflikt Englands mit den südafrikanischen Republiken bezöge. Bon emer Preisgebung der Buren könne keine Rede sein, weil wir nur die deutschen Interessen in der Welt zu wahren haben. Eich für die Interessen fremder Völker einzusetzen, mag menschlich ein schöner Zug sein, politisch jedoch ist es ein Fehler, der sich in der Vergangenheit oft genug gerächt hat. Der Reichskanzler schließt: So lange ich hier stehe, muß ich den Frieden und die Wohlfahrt deS deutschen Volkes gegen alle Störungen und Gefahren in Schutz nehmen, von welcher Seite sie auch kommen mögen, wie das meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist. (Lebhafter Beifall.)

Staatssekretär v. Richthofen rechtfertigt die Reichsregierung gegen den Vorwurf, im südafrikanischen Krieg die Pflichten der Neutralität nicht streng gewahrt, sondern zu Gunsten Englands gebeugt zu haben. Belr. den Transport englischer Truppen z. B. auf deutschen Schiffen nach der Walfischbai wurde sofort ein­geschritten und auch in London Vorstellungen erhoben, worauf die englische Regierung entsprechende Befehle ergehen ließ. Betr. di« Beschützlieferung der Rheinischen Maschinen- und Metallwaren­fabrik an England richtete der Reichskanzler an die Fabrik daS An­suchen, die Bestellung, als mit den Pflichten der Neutralität nicht im Einklang stehend, zu inhibieren. Dann kommt.der Staatssekretär auf die Ausweisungen in Südafrika zu sprechen und erklärt u. a., ihm scheine, daß in vielen Fällen die Ausweisungen nicht gerecht­fertigt waren, auch in ihrer Art und Weife den bisherigen völker­rechtlichen Grundsätzen in vielem widersprechen. (Hört! Hört!) Unter anderem weist er darauf Hin, daß die mit den Buren kämpfenden Deutschen vielfach keinen Lohn für ihre Hilfe erhalten hätten und ihnen gesagt wvrdrn sei: »Wir brauchen euch nicht mehr, ihr könnt gehen!"

Nachdem Bebel (Svz.) nochmals auf die 12,000 ^-An­gelegenheit zurückgekommen ist und Staatssekrekielär Graf Posa- dowSky auf seine Ausführungen erwidert hat, sowie nach einigen persönlichen Bemerkungen wird die Weiterberatung auf morgen vertagt. Schluß gegen 7 Uhr.

Berlin, 13. Dez. Präsident Ballestrem eröffnet die Sitzung um 12.25 Uhr. Am Bundesralstische Graf PofadowSky, v. Richthofen, Reichskanzler Graf Bülow. Fortsetzung der Etatberatung.

Hug (Ztr.) tritt für größere Sparsamkeit und Erhöhung der Matrikulardeiträgr ein, spricht sich aber gegen eine Reichs- einkommenfieurr aus, die ein Eingriff in dre Finanzhoheit der Einzelstaaten bedeuten würde. Die Angriffe der Sozialdemokratie aus das Zentrum find wirkungslos bei dem festen Kill, der das Zentrum mit seinen Wählern verbindet. Redner tadelt die An­griffe auf Posadowsly, der mit ungeheurer Arbeitskraft in sein Ressort sich eingearbeilet habe.

Hodenberg verurteilt auf das Schärfste den Nichtempfang Krügers in Berlin, der uns mehr geschadet habe, als dies ein Empfang hätte lhun können.

Hahn (sktslos): Unsere jetzigen Beziehungen zu England stärken allerdings gewisse Befahren für dre Zukunft. Wir müssen uns hüten, England zu sehr zum wirtschaftlichen Vorbild zu nehmen. Vielleicht braucht der Reichskanzler die Alldeutschen noch ern Mal. Ein Empfang Krügers hätte wenigstens die Meinung nicht auskommen lassen, daß wir uns fürchte«.

Hages-HleuigLeiten.

Äus Zta-t und Land.

Nagold, 15. Dezember.

Ja hrwarkt. Einen außergewöhnlich lebhaften Ber­it.hr brcchle trr vm letzten Donnerstag hier obgrhaUene

Jahrmarkt unserer Stadt. Von den benachbarten Orten waren Hunderte von Jahrmarktbesuchern gekommen, um ihre Einkäufe zu besorgen und eS war deshalb auch ein gesegneter Tag für die hiesigen Kaufleute und Gewerbe­treibende, sowie für die auswärtigen Mrßverkäufer, die sich Geschäfte halber hier aufhielten. Auch der gleichzeitig ab­gehaltene Viehmarkt war stark befahren und da viele Händler am Platze waren, zeigte sich eine ziemlich rege Handelslust. Zu Markt wurden gebracht: 139 Kühe, 56 Kälber und 60 Stück Schmalvirh, zusammen 255 Stück, davon wurden verkauft: 64 Kühe mit einem Erlös von 17,956 33 Kälber mit einem Erlös von 3754 und

38 Stück Schmalvieh mit einem Erlös von 5392 so­mit zusammen 135 Stück mit einem Gesamterlös von 27,102 Außerdem wurden zugeführt 63 Paar Ochsen, wovon 34 Paar mit einem Erlös von 29,786 ^ verkauft wurden. Auch der Schweinemarkt war sehr gut befahren; zu- geführt wurden: 380 Stück Läuferschweine, wovon 294 Stück mit einem Erlös von 7 791 ^ verkauft wurden. Der Preis pro Paar stellte sich auf 4065 Ferner wurden zugeführt 430 Stück Saugschweine, wovon 320 Stück mit einem Erlös von 3 520 verkauft wurden, Preis pro Paar 2024 Der Gesamterlös für Läufer und Saug­schweine bezifferte sich auf 11,311

Kanalisation. In der strittigen Kanalangelegrnheit in der Hinteren Gaffe wird nun bald eine Klärung rintreten. Nach der letzten Gemeinderatsverhandlung hat eS sich gezeigt, daß. ehe der Kostenpunkt erledigt werden kann, noch über die Frage der Dachabwafferleitung entschieden werden muß. Wie seitens deS Stadtvorstandes am Mittwoch in der Ge- metnderatSfitzung mitgeteilt wurde, ist den drei Hausbesitzern Essig, Gutekunst und Hiller bereits infolge eines Feuerschau- defekteS die Auflage geworden, das Dachwaffer abzuleiten, so­mit beschränkte sich der letzte Beschluß des Kollegiums in dieser Sache, und dahin ist auch unser Bericht im Donnerstagsblatt zu ergänzen, lediglich auf die einstweilige Sistierung deS Einzugs der restlichen 30 ^ von Mesner Essig.

Handels- und Gewerbekammerbericht für 18S9. Besonders macht sich im Handel mit Garnen die Wirkung des unlauter« Wettbewerbs bemerkbar. Es ist deshalb auch im Reichsamt des Innern der Entwurf einer bundeS- rätlichen Bestimmung über den Kleinhandel mit Garnen aufgestellt worden bezüglich des Schutzes gegen Unreellitälen in Maß und Gewicht. Als Mittel hierzu soll die Einfüh­rung deS einheitlichen metrischen GarnnumerirrungssystemS für alle zum Einzelvrrkauf aufgemachten Garne dienen. Die Kammer in Talw berichtete hiezu: Der Entwurf hat bei den darüber vernommenen Grossisten und Detailhändlern unseres Bezirks allgemeine Anerkennung gefunden. Tie er­achteten eS als einen großen Gewinn, wenn für den Klein­handel mit Garnen eine feste Ordnung eingeführt wird.

Stuttgart, 12. Dez. Die heutige Sitzung der VI. evangelischen Landessynode wurde um 9>/i Uhr eröffnet. Auf der Tagesordnung steht der Bericht der ökonomischen Kommission über die Gehaltsverhältnisse der evangelischen Geistlichen und der Bericht der kirchenrechtltchen Kommission über den Antrag Läyer-Wurster betr. die Frage, ob die BesoldungSordnung für die kirchliche Gesetzgebung in Anspruch zu nehmen ist. Nach längerer Debatte wird schließlich ein den Antrag der KommisstonS- Mehrheit verbessernder Antrag v. Zeller einstimmig an­genommen, der besagt:Die LandeSfynode spricht sich dahin aus, daß die Frage, ob die Besoldungsordnuna für die kirchliche Gesetzgebung in Anspruch zu nehmen sei, zumal bei der gegenwärtigen vermögenSrrchtlichen Loge der Kirche, zu verneinen ist." Ferner wird ein Antrag o. Zeller mit großer Majorität angenommen, der Obrrkirchenbehörde gegen­über den Wunsch auSzusprechrn, daß wie bisher, so auch künftig die Synode zur Bestimmung der Normen der Be­soldungsordnung zur Begutachtung aufgefordert werden möchte. Schluß der Sitzung: 1'/, Uhr. Am Donners- tag. 18. ds., wurde in die Fortsetzung der Beratung über die neue Besoldungsordnung eingetreten. Berichterstatter Zeller schlägt für heute zunächst die Frage der Grund­gehalte und Alterszulagen zur Beratung vor. Hier kommt der 2. Teil des Antrags Layer-Wurster herein, der sich sachlich mit einer Resolution deS PfarrvereinS vom Jahr 98 deckt, und der bezweckt, daß die zu erreichenden Höchstgehalte der Geistlichen durch verschiedene Bemessung der AlterSzulagen bei allen Grundgehalten auf dieselbe Höhe gebracht werden sollen. Nach eingehender Aussprache stellt v. Zeller zur Erwägung, ob nicht, wie schon in der vorigen Sitzung berührt, Mittel flüssig gemacht werden könnten zur Besserstellung der 20 sogenannten Dekanatspfarrrien, die bis jetzt eine wesentliche Kürzung erfahren haben. Römer konstatiert, daß das gleiche Bedürfnis auch in der Behörde gefühlt werde. Man werde Abhilfe schaffen, sobald Mittel flüssig seien. Nur können dieselben nicht der für diese Be- soldunoSordnung zur Verfügung stehenden Summe ent­nommen werden. Man kam sodann auf die veränderten Besoldungsteile zu sprechen. Hieraus folgte der UebergangS- zustand, zu dem ein von der Kommission mit 6 gegen 5 Stimmen abgelehnter Antrag Layer vorliegt, nach dem die Synode an das kgl. Kirchenregiment die Bitte richten soll, in den den Landständen vorzulegenden Etat für 1901 und 1902 die zur vollen Durchführung der neuen BesoldungS- ordnung vom 1. April 1901 an erforderliche Summe ein­zustellen. Dieser Antrag wird nach längerer Debatte mit großer Majorität abgrlchnt. Man tritt sodann in die Beratung über die Errichung einerKirchlichenBesoldungS- kasse und die Stolgebührenfrage ein. Nach Erstattung des KommisfionSberichts durch v. Zkller, Dr. Hoffner und Dr. Wurster wird über einen Antrag Hole Beschluß gefaßt, nach dem die Behörde aufgefordert wird, die Ablösung der

Stolgebühren im Auge zu behalten, aber bis zu« Kläruug der Sachlage zu vertagen. Der Antrag wird mit allen gegen 4 Stimmen abgelehnt. Nächste Sitzung Freitag 14. Dez» Tagesordnung: Fortsetzung der Beratung über die Stol- gebührrnfrage.

Stuttgart, 13. Dez. In der heutigen gemeinschaft­lichen Sitzung der bürgert. Kollegien stimmte der Bürger- auSschuß bezügl. der Vereinigung der Städte Stuttgart und Cannstatt den Beschlüssen deS Gemeinderats zu.

Tübingen, 13. Dez. Wichtige bauliche Fragen kommen derzeit für unsere Stadt zur Entscheidung. Mit dem Schnellzug 10.27 Uhr find Finanzminister v. Zryer, Justizminister v. Breitling und der Chef des Kultdeparte- ments StaatSrat v. Weizsäcker heute vormittag hier ein­getroffen. Soviel man hört, handelt eS sich in erster Linie um die rndgiltige Auswahl des Bauplatzes für ein neue« Justizgebäude, weiterhin um gewisse Universitäts- neubauten.

Murrhardt, 14. Dez. Die kürzlich angksetzte Bürger- auSschußwah lein ergab seltenes Resultat: Von 657 Wählern hatte nämlich nicht ein einziger abgestimmt! ES wurde ein neuer Termin anberaumt. Bei dem 7. Sohn deS Wirtes Joh. Waldenmaier in Murrhärle übernahm S. M. der König die Patenstelle und ließ ein Patengeschenk überreichen.

Ulm. 12. Dez. DaS Kriegsgericht der 27. Division giebt bekannt, daß der Gefreite Binder, welcher seinerzeit neben der Heidenheimer Bahn mit abgefahrenem Arm ge­funden wurde, am Kopf Wunden trage, die auf Schläge mit einem scharfkantigen geraden Werkzeug Hinweisen. Ebenso sind in der Nähe deS ThatortS abgerissene Stücke von einem Frauenkleid gefunden worden. Die Annahme, daß hier ein Verbrechen vorliege, gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit.

Riedlin gen, 14. Dez. Die Einlagen der hiesigen Oberamtssparkasse find von 1,921,488 im Jahr 1889 auf 3,023,486 im Jahr 1899 gestiegen. Es fallen hievon auf Gewerbetreibende 16°/», Landwirte 24,4°/», Arbeiter und Dienstboten 15,2°/».

Vom Oberland, 14. Dez. Die Verleger von 12 im Oberland erscheinenden Zeitungen haben beschlossen, ab 1. Januar kommenden JahreS eine Erhöhung der Abonnementspreise eintreten zu lassen. Zu diesem Schritt sehen sich die Verleger veranlaßt, wegen des erhöhten mit dem 1. Januar 1901 in Kraft tretenden neuen Postzeitungs- tarifS. wegen der erheblichen Verteuerung des Papiers und der Steigerung der allgemeinen Unkosten.

Wangen i. A., 13. Dez. Die Nachricht, daß der Raubmörder Matthias Kneißl sich vom bayrischen ins württ. Gebiet geflüchtet habe, bewahrheitet sich nicht.

Lauötagswahle«.

Zur Stichwahl hat der LandeSauSfchuß der Volks­partei die Losung an ihre Anhänger ausgegeben, ihre Stimmen für die sozialdemokratischen Kandidaten abzugeben.

VotksMrmzsergejmisse 190Ü.

Die Seelenzahl der verschiedenen Stadtteile Stuttgarts am 1. Dez. 1900 betrug nach der vorläufigen Durchzählung: Stuttgart 152,285, Ostheim 3251, Berg 6678, Gablenberg. 3889, Heslach 11,215, zus. 176,318.

Weitere Volkszählungsergebaiffe aus Württemberg: Oberamtsbezirk Riedlingen: 25,898 (1895: 26,553). Oberamtsbezirk Kirchheim u. T.: 29,524 (1895: 28,210).

Aus dem übrigen Reich liegen noch auS folgenden Städten VolSzählungSresultat vor: Kiel: 107,071 (-j- 22,000), Köln: 370.685 (-1- 49,121), Gladbach: 57.659 (-f- 3997), Braun- schweig: 126,052 (-j- 10,900), HildeLheim: 42,843 (-4-3 969), Köthen: 22.078 (-j- 1600), Osnabrück: 51,478 (-f- 6300).

Gerichtssaal.

Stuttgart, 10. Dez. (Landgericht.) In Dätzingen, OA. Böblingen, mußten im Dezember vorigen Jahres di» Wählerlisten für die Gemeinderats- und Bürger­ausschußwahlen nochmals aufgelegt werden, weil die Bekanntmachung über die Auslegung derselben nicht vorschrifts­mäßig 8 Tage, sondern nur 6 Tage vor der Wahl vor­genommen und die Urkunde hierüber vom Ortsoorsteher unter dem vorher eingesetzten alten Datum fälschlich beglaubigt worden war. Der Polizeidienrr hatte nämlich das Aus- schellen am 7. Dez. v. I. vergessen, dies dem Schultheiß mitgeteilt und, da am nächsten Tage ein Feiertag war, erst am 9. Dez. das Ausschellen besorgt. Wegen dieser falschen Beglaubigung einer öffentlichen Urkunde wurde Schultheiß Ehr. Schweizer von Dätzingen zu der gesetz­lichen Mindeststrafe von einem Monat Gefängnis verurteilt.

Tübingen, 12. Dez. (Schwurgericht.) Als zweiter Gegenstand der Tagesordnung kam zur Verhandlung die Strafsache gegen die ledige, 23 Jahre alte Dienftmagd Anna Zahn von Kiebingen, OA. Rottenburg. Dieselbe stand unter der Anklage eines Verbrechens des KindSmordS und eines weiteren Verbrechen- gegen tz 218 St.-B.-B. Dir Angeklagte, eine sittlich verkommene Person, war geständig. Nachdem die Beschworenen, unter ihrem Obmann, Holzhändler Albert Klumpp in Nagold, von den an an sie gestellten Fragen, die erste auf K 218, die zweite aus vor­sätzliche Ktndestötung lautend, nur die letzte bejaht und der An­geklagten auch mildernde Umstände zugebilligt hatten, wurde die­selbe, unter Freisprechung vom ersten Verbrechen, wegen eines Verbrechens der KindeStötung zu der Gefängnisstrafe von 3 Jahren und sechs Monaten verurteilt. Damit hatten die Sitzungen deS vierten Quartals ihr Ende erreicht. Die Geschworenen wurden unter Worten deS DankeS in ihr» Heimat entlassen.

Dentsches Leich.

Berlin, 12. Dez. Die Blätter melden: Der Kaiser hat zum Bau einer 3klasstgen katholischen Schule in Nie» pruschewo bei Buk (Posen) 30,000 ^ geschenkt.