Gages-Hleirrgkeiten.
Cannstatt, 4. Jan. Das Schlittschuhlaufen hat gestern auf unserer künstlichen Eisbahn für viele ein allzufrühes Ende gefunden. Schon um 4 Uhr nachmittags mußte der See wegen des eingetretenen Tau- wetters geräumt werden. Trotz polizeilichen Verbots, das Eis des Neckars zu betreten, läßt es sich die Jugend nicht nehmen, sich lustig daselbst zu tummeln. Doch auch dies wird heute nicht mehr möglich sein, da die Eisfläche auch dort überall zu brechen anfängt.
Fellbach, 3. Jan. Gestern hielten unsere Jagdpächter, Offiziere vom 7. Jnf.-Reg., mit mehreren geladenen Gästen, worunter S. Hoh. Prinz Weimar, eine große Treibjagd auf freiem Felde. Es wurden 72 Hasen erlegt.
Hedelfingen, 3. Jan. Ein 17 Jahre alter hiesiger Fabrikarbeiter hatte sich im Dezember v. I. an einem Sonntag abend in den Laden des Kaufmanns Karl Eisele eingeschlichen und der Ladenkaffe 18 entnommen, womit er sich in Gesellschaft von Kameraden in einer nahen Wirtschaft bei Bier und Wein vergnügte. Die Eltern ersetzten das Gestohlene, der jugendliche Dieb hat 4 Monate Gefängnis zu verbüßen.
Asperg, 4. Jan. Gestern nacht um Ve 10 Uhr brach nach der „Ludw. Ztg." in einer Scheuer hinter der Wirtschaft zum Waldhorn Feuer aus, das so rasch um sich griff, daß in kürzester Zeit zwei zusammengebaute Scheunen, drei angebaute Schweineställe und ein zweistöckiger angebauter Stall mit Futterkammer total niederbrannten. Der Gebäudebrandschaden beträgt etwa 4500 Die Entstehungsursache konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden. In die abgebrannten Gebäulichkeiten teilen sich fünf Besitzer. Da das Brandobjekt in einem eng zusammengebauten Häuserkomplex sich befand, hatte die hiesige Feuerwehr ein schweres Stück Arbeit. Die Feuerwehren von Thamm und Markgröningen wurden zu Hilfe gerufen, durften aber nicht mehr eingreifen, da die inzwischen ohne besondere Aufforderung erschienene Feuerwehr von Eglosheim die erforderliche Hilfe leistete. Letzere wurde erst nachts 2 i/z Uhr wieder entlasten.
Neustadt a. d. Linde, 3. Jan. Heute füllten sich die Räume des Gasthauses zum Stern bis in die hintersten Ecken mit Mitgliedern des landwirtsch. Bezirksvereins, welche, so zahlreich wie noch nie, selbst aus den entferntesten Orten des Bezirks, zu einem Festmahle erschienen waren. Galt es ja, den verdienten Vereinsvorstand, Gutspächter Ege im Schwärzerhof (früher auch Vertreter des Bezirks Neckarsulm im Abg.-Hause) nach 15jähriger Wirksamkeit eine dankende Anerkennung darzubringen. Nachdem Stadtschultheiß Obermeyer die Versammlung begrüßt und Oberamtmann Krais unter Mitteilung der erfreulichen Nachrichten aus dem Süden über das Befinden des deutschen Kronprinzen ein Hoch auf den erhabenen Förderer der Landwirtschaft, Sr. Maj. König Karl, ausgebracht hatte, übergab der Vizs- vorstand, Kam.-Verw. Schickhardt, die Widmung des Vereins, bestehend in 1 silbernen Tafelaufsatz, unter eingehender Schilderung der 15jährigen ersprießlichen Thätigkeit des Vorstands. Dieser gab in bewegten, warmen Worten seiner Freude über die Anerkennung und die Teilnahme des Vereins Ausdruck mit einem Hoch auf den Karlsverein. Weitere Trinksprüche folgten auf die Familie des Vorstands, den Ausschuß, die Frauen, den Vizevorstand, den greisen Heldenkaiser rc., und in der ganzen Versammlung war nur ein Ausdruck der allseitigen Freude über das schöne und gelungene Fest.
— Stadtpfarrer Schmidt-Krüger von Lauffen a./N. wurde, wie man dem „N. Tagbl." berichtet, am 2. Januar nachmittags bei einem Spaziergang auf der Straße von einem Herzschlag betroffen und war sofort tot. Eine 22jährige Tochter des Verstorbenen wurde voriges Jahr in Stuttgart bei einem Gang zur Kirche auf die gleiche Art ebenso schnell aus dem Leben gerufen. Stadtpfarrer Schmidt hat früher längere Zeit ein Töchterinstitut in Stuttgart geleitet.
— Aus Gmünd wird berichtet: Am Vormittag des Neujahrfestes wurde die Stadt durch nachstehendes Telegramm überrascht: Rathenow, 1. Jan. 1888. Oberbürgermeister Schwäb. Gmünd. „Fröhlichsten Ange-
den Dingen, von denen sich die Menschen unterhalten, wenn sie sich zum ersten Male sehen.
„Ah, Sie kneipen also auch noch Natur?" rief da plötzlich ein jovial aussehender älterer Herr dem jungen Manne zu, und erstaunt blickte seine Begleiterin auf; denn er antwortete auf die deutsche Anrede im reinsten Deutsch: „Ja, der Abend ist so wunderschön, daß es unverantwortlich wäre, sich schon in die dumpfe Kabine zu begraben."
„Ja, namentlich, wenn man hier oben so angenehme Gesellschaft haben kann," meinte der alte Herr im Weitergehen mit einem verständnisvollen Blick auf das junge Mädchen.
Dieser aber lachte laut und herzlich auf.
„Nein, das finde ich aber zu köstlich", rief sie aus, „unterhalten wir uns da mit einem wahren Feuereifer auf Englisch, und sind doch beide ein paar ganz gute Deutsche! Es ist zu komisch! Hätten Sie dem Herrn nicht deutsch geantwortet, an Ihrem Englisch hätte ich nimmermehr Ihre Landsmannschaft erkannt."
„Ebenso wenig ich die Ihre. Ich hielt Sie für eine ganz richtige Engländerin! Und nun sind Sie gar nicht „Asimins". Aber wo haben Sie denn Ihr ausgezeichnetes Englisch gelernt?"
„O, ich bin mehrere Jahre in England gewesen, und habe sehr viel Umgang mit Engländern gehabt, daher mag es wohl kommen, daß ich die Sprache leidlich spreche."
„Sie sind mehrere Jahre in England gewesen? Wie ist das möglich? Sie sind ja noch so jung, mein Fräulein."
„O, ich bin nicht so jung wie ich aussehe; außerdem kann ich Ihnen ganz einfach erklären, wie die Sache sich verhüll. Ich habe einen älteren Bruder, der in England verheiratet ist, und nachdem ich die Schule verlaßen, brachte ich längere Zell bei ihm zu, um mich in der englischen Sprache zu vervollkommnen."
denkens an unseren Aufenthalt im schönen Gmünd sende ich mit meinem Offizierskorps Ihnen mit den besten Wünschen für Gmünd einen herzlichen Neujahrsgruß. v. Podbielski, Kommandeur der Ziethen-Husaren." Der Oberbürgermeister hat Namens der Stadt auf diese liebenswürdige Aufmerksamkeit sofort auch telegraphisch eine Erwiederung der Stadt abgehen lasten.
Geislingen, 3. Jan. Gestern Nacht wurde in einem in der Hauptstraße gelegenen Trödlerladen, dessen verschlossene Thüre mittelst eines am Morgen aufgefundenen Dietrichs geöffnet worden war, ein beträchtlicher Diebstahl verübt. Die gestohlenen Gegenstände verschiedenster Art haben einen Wert von 400 Mark. Von den Dieben, die sich bei Tag ins Haus geschlichen haben müssen, hat man bis jetzt keine Spur entdeckt.
Ulm, 3. Jan. Heute vormittag 8 Uhr rückte ein Pionierkommando unter Premierlieutenant Schefold aus, um die Eismaffen in der Blau, welche sich teilweise bis über 3 Meter Höhe emporgeschoben hatten, zu sprengen. Diese Maßregel schien dringend geboten, da der Ablauf des Blauwaffers durch das Eis gehemmt war und in Söflingen in mehrere Häuser, hauptsächlich in die Dorfmühle, aber auch hier in die Keller hart an der Blau liegender Häuser eindrang. Die Sprengversuche wurden in der Nähe der „Oberen Bleiche" gemacht und hatten eine nicht beabsichtigte Nebenwirkung. Es sollen über 100 Fensterscheiben und eine größere Anzahl Dachplatten durch die Macht der 2 abgegebenen Schüsse zerstört worden sein.
Münsingen, 3. Jan. Der Unfug des Schießens in der Neujahrsnacht hat Heuer in Dapfen großes Unheil angerichtet. Ein 20jähriger Wagnergeselle unterhielt sich, die geladene Pistole in der Hand, von der Straße aus mit seiner durchs offene Fenster sehenden Meisterin. In Folge Spielens mit dem Hahnen entlud sich die Pistole und der Schuß traf die Meisterin ins linke Auge, so daß ihr dasselbe im Krankenhaus in Tübingen, wohin sie sofort gebracht wurde, ausgenommen werden mußte. Durch den Schuß wurde auch noch ein Kind, welches neben der Mutter durchs Fenster schaute, jedoch nicht erheblich verletzt. Sonst verlief die heurige Sylvesternacht überall im Bezirke so ruhig, daß man vom Schießen und Losbrennen von Schwärmern kaum etwas bemerkte.
— In Biberach ist in der Nacht vom 3. ds. das Wirtshaus zur Rose niedergebrannt. Die grimmige Kälte erschwerte die Löscharbeiten, indem die Spritzen und die Schachtdeckel der Hydranten eingefroren waren, aber sie hielt auch das müssige Publikum zu Hause, so daß die Löschmannschaft in ihrer Arbeit ganz unbehindert war. — Ein armer Reisender, der inBlau - beuren durch ein Versehen ein Goldstück erhalten hatte, brachte dasselbe aus freien Stücken dem Geber zurück. — Die „Tüb. Ehr." schreibt: Die kalte Witterung wird von Wilderern lebhaft benützt, um ihren Jagdgelüsten zu fröhnen und unerlaubte Beute nach Hause zu schaffen. Gestern abend und heute früh gelang es den Forstwächtern und der Polizei, drei Wilderer auf Tübinger Markung zur Haft zu bringen. Zwei derselben kamen von auswärts, einer wohnt hier.
Tuttlingen, 3. Jan. Die hiesige katholische Gemeinde hat sich in den letzten 10 Jahren stark vermehrt. Dieselbe zählt nahezu 800 Seelen und besitzt nicht nur eine eigene Kirche, sondern seit einigen Jahren auch eine eigene Schule. Das goldene Priesterjubiläum des Papstes wurde hier am letzten Sonntag gefeiert. Stadtpfarrer Christberger hob in der Kirche hervor, wie Kaiser und Papst, welche die Vorsehung über die Grenze des gewöhnlichen Lebensalters am Leben erhalte, bemüht seien, der Welt den Frieden zu geben und zu erhalten. Die weltliche Feier, die eine sehr große Zahl von Teilnehmern angezogen hatte, fand in den festlich geschmückten Räumen des Gasthoss zum Falken statt. Amtsrichter Betz entrollte in fesselnder Sprache ein Lebens- und Charakterbild des Papstes. Regierungsbaumeister Holl feierte in begeisterter Rede den deutschen Kaiser. Stationskommandant Zeug rühmte in herzlichen Worten die Verdienste unseres Königs um das ganze Land und um die katholische Kirche und Revisionsassistent Faas brachte einen Trinkspruch aus auf die Bischöfe v. Hefele und v. Reiser, welche der hiesigen Kirche, die noch tief in Schulden stehe, schon manches Scherflein zugewandt haben.
„Und nun gehen Sie wohl wieder zu ihm?"
„Ja, zuerst wenigstens. Ich kehrte vor drei Jahren nach Deutschland zurück, um mich zu dem Lehrerinnenexamen vorzubereiten; das habe ich jetzt glücklich hinter mir und will mir nun in England eine Stelle als Erzieherin suchen. Bis ich diese gefunden, bleibe ich bei meinem Bruder. Doch jetzt bin ich müde. Gute Nacht, mein Herr, recht freundlichen Dank für Ihre Bemühungen."
Und ehe ihr Begleiter sie zurückhalten konnte, war sie die Treppe hinabgeeilt, die nach der Damenkajüte führte.
Er aber ging noch einige Zell sinnend auf dem unterdes leer gewordenen Deck hin und her.
„Ein reizendes Mädchen," flüsterte er vor sich hin. „Wenn diejenige, die meine Schwester mir zugedacht hat, mir auch so gut gefällt, dann kann ich ihr ja vielleicht ihren Lieblingswunsch erfüllen! Ich habe mir eine Dame, die eine Stelle als Erzieherin sucht, immer ganz anders gedacht. Etwas steif und pedantisch, ihre Gelehrsamkeit gerne zum Besten gebend, und eine Brille auf der Nase. Auch malte ich mir stets eine etwas ältliche „junge Dame" aus. Freilich ist das ein Unsinn, denn Lehrerinnen müssen doch auch einmal jung sein! Und diese berühmte Schwägerin meiner Schwester, die ich nie gesehen, soll ja auch erst zwanzig Jahre alt sein. So ungefähr im selben Alter, wie meine kleine Reisebekanntschaft. Nun, hoffen wir, daß sie auch sonst Aehnlichkeit mü ihr haben möge, denn meine arme Schwester wäre sehr enttäuscht, wenn ich an der Vielgepriesenen kein Gefallen fände! Doch ich glaube, ich bin der einzige Mensch an Bord, der sich noch hier oben herumtreibt! Also gehen wir auch in unsere Koje!" —
Unterdessen hatte sich die junge Dame in ihre Kabine begeben, wo schon drei ihrer Reisegefährtinnen schliefen, und bald lag auch sie in süßem Schlummer, ohne auch nur die geringste Anwandlung der gefürchteten Seekrankheit gespürt zu haben. Es mochte ungefähr vier Uhr morgens sein, als die Stewardeß an der Thür erschien.