Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

Auflage- lSOO.

Preis Vierteljahr!, hier mit Trägerlohn 90 im Bezirk l außerhalb d. Bezirks 1 ^ 20 ^s. Monatsab onnements nach Verhältnis.

n GksklWstkr

Amts- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagotd

74. Jahrgang.

JnsertionS-Gebühr s. d. einspaltige Zeile aus gewöhnl. Schrift oder deren Raum bet einmalig. Einrückung 9 bei mehrmalig. je6-f.

Gratisbeilagen: Das Plauderstübche« und

Schwäb. Landwirt.

^ 63.

Amtliches.

Die Ortsvorsteher,

werden beauftragt, zu berichten ob und in welchem Umfang in den Gemeinden Hunde zum ziehen von Fuhrwerken verwendet «erden, ob sich hiebei Mißstände ergeben haben und ob be­jahenden Falls ortspolizeiliche Vorschriften hierüber bestehen.

Die binnen acht Tagen zu erstattenden Berichte find als portopflichtige Dienstsache einzusenden.

Nagold, den 20. April 1899.

K. Oberamt. Schöller, Amtmann.

Bekanntmachang.

In Egenhausen ist die Maul- und Klauenseuche erloschen.

Nagold, den 21. April 1899.

K. Oberamt. Schöller, Amtm.

A« die K. evaug. Ortsschulinspektorate.

Die ausgegebenen statistischen Tabellen sind bis 10. Mai an das Unterzeichnete einzusenden.

Altensteig.Dorf, 20. April 1899.

K. ev. Bezirksschulinspektorat. Schott.

Gestorben: Agathe Streich, geb. Hermann, Ebingen. Wilhelm Doppstätter, Schriftsetzer, 48 I. a., Stuttgart. Heinrich Sprösse r, Bureaudiener, Stuttgart.

Das Vieh- und Fleischbeschaugesetz.

-j- In letzter Woche hat sich der Reichstag mit dem für ganz Deutschland geplanten Vieh» und Fleischbeschaugesetz beschäftigt, und es hat sich dabei herausgestellt, daß es sehr schwer sein wird, dieses Gesetz überhaupt zu Stande zu bringen. Denn will man mit der Vieh, und Fleischbeschau gründlich zu Werke zehen, so müssen auch alle sogenannten Hausschlachtungen unter das Gesetz und das dürste für die vielen Landwirte und ländlichen Haushaltung doch sehr verdrießlich «erden. Ferner fragt es sich, ob man in Be- zug auf die Vieh- und Fleischrinfuhr, wo ohne dies schon eine Kontrolle besteht, durch nochmalige Anwendung des Vieh- und Fleischbeschaugesetzes die Einfuhr fremden Viehes und Fleisches nicht geradezu unterbindet. Die Forderung der Vertreter der Landwirte, das im Hause geschlachtete Vieh von der Vieh- und Fleischbeschau befreit zu sehen, hat aber der Staatssekretär des Reichsamtes des Innern, Herr v. PosadowSki, für ganz unannehmbar für die Regier- ung bezw. den Bundesrat erklärt. Zur Begründung des ablehnenden Standpunktes der Regierung hat der SlaatS- sekrelär ausgeführt, daß die Hausschlachtungen in vielen Fällen für Hunderte von Arbeitern bestimmt find, ganz abgesehen davon, daß aus Hausschlachtungen auch Fleisch verkauft und Wurst versandt wird; er hat anderseits die wissenschaftlich festgestellte Thatsache erwähnt, daß in den größeren Städten seit der Einführung der Fleischbeschau in denselben Augen-, Gehirn- und andere Krankheiten abge­nommen haben, welche durch Finnen und dergleichen her- beigeführt werden. Kommt jetzt kein Beschaugesetz zu Stande, so ist übrigens die Sache nicht so schlimm, denn dann be­hält es wenigstens bei den bezüglichen Vollmachten der Verwaltung sein Bewenden, durch ein Gesetz, welches Lücken und Mängel hat, würden diese Vollmachten noch einge­schränkt und es würde außerdem der notwendigen Verbrffer- ung der bezüglichen Verhältnisse auf dem Lande und in den kleineren Städten ein breiter Riegel vorgeschoben wer- den. Der Entwurf hat zu Gunsten von kleinen und von jungen Schlachttieren für die Hausschlachtungen Ausnahme gemacht, die schon nicht unbedenklich find, denn auch solche Tiere können krank oder mit Parasiten, welche für den Menschen gefährlich find, behaftet sein; weiter zu gehen, die Fleischversorgung weiter Kreise der Bevölkerung jeder sachverständigen Kontrolle zum Schutze der Gesundheit zu entziehen, ist aber ganz unmöglich. ES ist aber auch, selbst bei der gebotenen Rücksicht auf schwach bevölkerte Gegenden, nicht notwendig. Wo ein Ochse für denHausbedarf" geschlachtet wird, da kann man auch aus der Kreisstadt den Viehbeschauer kommen lasten, und für die Trichinenschau würde «r möglich sein, in jedem größeren Dorfe einen Be- schauer oder eine Beschauerin zu haben, die dafür erforder- llchenKenntniffe und Fertigsten «erden leicht erworben.

Dir Rücksicht auf die Fleischversorgung des deutschen Volkes, zumal der ärmeren Klaffen in den Städten erfor­dert übrigens unbedingt, daß ein Gesetz über die Vieh- und Fleischbeschau nicht etwa die Bieheinfuhr verhindere und dar Fleisch verteuere, zumal die deutsche Landwirtschaft noch nicht so viel Schlachttiere zu züchten vermag, als das deutsche Volk zu seiner Ernährung bedarf. Wir wünschen aber, daß es die deutsche Landwirtschaft zu ihrem Segen und zur Wohlfahrt de- deutschen Volkes recht bald dahin bringen möge.

Nagold, Samstag den 28. April

Deutscher Reichstag.

-j- Der Reichstag verwies am Dienstag die Vorlage, betr. die Einführung der obligatorischen Schlachtvieh- und Fleischbeschau in Deutschland, nach zweitägiger GeneraldtSkusfion an eine besondere Kommission. Die Dienstagsdebatte zeigte noch mehr, als schon di« Debatte vom Montag, daß der genannte Gesetzentwurf in seiner jetzigen Gestalt auf ganz erhebliche Bedenken im Reichstage stößt, und daß die Regierung nur bei einschneidenden Abänderungen ihrer Vorlage, entsprechend den jetzt im Reichstage geäußerten Wünschen, auf eine Annahme desselben rechnen darf. Der 1. Redner vom Tage, der Antisemit Dr. Sielhaben, tadelte an dem Gesetzentwurf namentlich, daß er die ausländische Fleischeinfuhr nach Deutschland auf Kosten der inländischen Fleischproduktion stark begünstige und daß er im Uebrigen den Bedürfnissen des praktischen LebenS viel zu wenig Rechnung trage. Scharf wandte sich der Redner gegen das unsolide GefchästSgebahren der amerikanischen Fleifchexporteure; als er hierbei dem Staatssekretär des Auswärtigen insinuirte, daß derselbe den amerikanischen Fleischspckulanten ein bedenkliches Wohl­wollen bezeuge, mußte er sich einen Ordnungsruf des Präsidenten gefallen lassen. Fast alle nachfolgenden Redner auS dem Hause schlugen ebenfalls mehr oder weniger oppositionelle Töne bei Be­sprechung der Fleischbeschau-Vorlage an. Uebereinstimmend be- zeichneten dir Abgg. Delsor (Elsässer), Hilpert (bayr. Bauernd.), Herold (Zentr.), v. Wangenheim tB. d. Landw.), Fitz (nat.-lib.), Rösicke (B. d. Landw.), Meyer-Jobst (fr. Bolksp.), Steinhauer (fr. Vereinig.) und Werner (Rntis.) den geforderten Schauzwang für die Hausschlachtungen als durchaus unpraktisch, wohl auch als über­flüssig, daneben kritisierten fast alle diese Redner die Bestimmungen der Vorlage hinsichtlich der ausländischen Fleischeinfuhr äußerst abfällig. Zu Gunsten der Kontrolle auch der Hausschlachtungen trat lediglich der welfische Abg. Graf Bernstorff-Uelzen ein, welcher betonte, daß er mitten in der Produktion stehe und daher wisse, daß gerade im Hause sehr viel für den Verkauf geschlachtet werde. Regierungsseitig ergriff man nicht mehr das Wort zur Berteidigung der Vorlage, die aus der Kommission zweifellos in sehr veränderter Fassung an das Plenum zurückgelangen wird. Am Mittwoch trat das Haus in die erste Lesung der Gewerbeordnungs-Rovelle ein.

Hages-AeuigKetten.

Deutsche» Leich.

Nagold, 20. April. Auf der Durchreise von Berlin nach Weilderstadt ist vorgestern der Ehef des Großen Generalstabes, Graf Schli essen, mit seinem Stabe, be­stehend aus Oberst Frhr. v. Manteufsel und den Majoren Erben und v. d. Goltz, auf dem Hauptbahnhofe in Stutt­gart eingetroffen, um nach kurzem Aufenthalt die Reise fort­zusetzen. Bon Weilderstadt aus haben sich die Offiziere zur Besichtigung des für die diesjährigen Kaisermanöver be­stimmten Terrains in die Gegend von Calw und in unser Oberamt begeben.

Freudenstadt, 19. April. Zum Ortsvorsteher der Gemeinde Tresbach wurde gestern Gemeindepfleger Kübler gewählt.

Stuttgart, 19. April. Der Studentenschaft der Tech­nischen Hochschule wurden in letzter Zeit namhafte Beiträge zum Bau der hies. Bismarcksäule übermittelt. So stiftete der württ. Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure 200 Geh. Komm.-Rat Dr. v. Siegle 500 der Lehrer- konoevt der Techn. Hochschule 700 die I. S. Eottasche Buchh. Nachfolger 1000 ^ Am 21. April tritt in Eise­nach das Preisrichterkollegium zusammen, daS den zur Aus- führung gelangenden Entwurf bestimmen wird. Wie wir hören, haben nahezu 1000 deutsche Künstler und Architekten Entwürfe ringesandt. Die hier zu errichtende Bismarcksäule kommt voraussichtlich auf den Sähkopf zu stehen. Es wäre nun zu wünsche«, daß die Studentenschaft von seiten der Bürgerschaft kräftig unterstützt wird, so daß mit dem Bau recht bpld begonnen werden kann.

Stuttgart, 21. April. (Korr.) Gestern obend 6 Uhr erschien die aus allen Parteien zusammengesetzte Deputation hiesiger Bürger bei dem erst besoldeten Semetnderat Gauß, um ihm die Kandidatur für die erste Stadtvorstandkstellr anzutragen. Herr Gauß hat die Kandidatur angenommen, wodurch jede andere Kandidatur unmöglich gemacht wor­den ist.

Oberndorf, 17. April. Eben ist hier die Nachricht eingetroffen, daß Herr Berwaltungsaktuar Sulzmann in Eßlingen, welcher bei der Stadtschultheißenwahl am 22. Febr. mit 7 Stimmen Mehrheit gewählt wurde, die Be­stätigung erhalten habe. Die Bemühungen seiner Gegner, die Wahl für ungültig zu erklären, waren somit erfolglos.

Ulm, 20. April. (Korr.) Unter sehr zahlreicher Trauerbegleitung wurde heute nachmittag Münsterbaumeister Professor Dr. Beyer auf dem neuen Friedhof beerdigt. Reiche Blumen-, Palmen, und Lorbeerspende» schmückten Sarg und Grab. Die Leichenrede hielt Stadtpfarrer Ernst, er gab in markanten Zügen ein Bild von dem charakter­vollen Wesen, dem reichen Wirken und künstlerischen Schassen des Entschlafenen. Im Namen der Stadt Ulm sprach Oberbürgermeister Wagner und legte als Zeichen unauslöschlicher Dankbarkeit für den berühmten Meister einen großen Lorbeerkranz am Sarg nieder. Weitere Krän^ wurden mit Ansprachen niedergelegt. Von dem

18SS.

evangelischen Kirchengemeinderat hier und dem Münster- baukomite. von der Stadt Ulm, von der evang. Gemeinde Heilbronn, wo Beyer die Kilianskirche restauriert hatte, vom Verein der Bauwerkmeister Württembergs, von der Ulmer Münfterbauhütte, von der Baugewerkschule in Stutt­gart durch Direktor Walter, vomWürtt. Verein für Baukunde" und demVerein für Kunst und Altertum für Ulm und Oberschwaben." Von auswärtigen Freunden und Kollegen waren anwesend u. a. Prälat von Bilfinger, Profeffor Gießler, Architekt Raisch aus Stuttgart, Profeffor Hau- berriffer auS München und Architekt Müller aus Bern.

Saulgau, 21. April. (Korr.) Andreas Mack, Ober- amtsrichter, tit. Landgerichtsrat. geb. 22. Febr. 1825 zu Münfingen, schon über 30 Jahre in Saulgau als Gerichts­aktuar und später Oberamtsrichter, Ritter des Friedrichs« ordens I. Klaffe und Ehrenbürger der Stadt Saulgau, ist gestern nachmittag nach nur ganz kurzer Krankheit (Lungenentzündung) gestorben.

Ellwangen, 20. April. (Korr.) Die K. Kreisregierung hat der Wahl des Kaspar Hochmüller in Auernheim zum Schultheißen dieser Gemeinde die Bestätigung verweigert.

Heidelberg. 24. April. (Korr.) Der Neckardampfer Heilbronn" unternahm am Dienstag Nachmittag unter Anwesenheit der vom Gerichte eingesetzten Sachverständigen- Lommisfion von Mannheim aus eine abermalig« Prüfungs­fahrt. Die Strecke von Mannheim nach Heidelberg legte der Dampfer bei gutem Wafserstande in 4*/, Stunden zu­rück. Bei seiner gestern morgen erfolgten Weiterfahrt über­wand er glücklich die alte Brücke, blieb dann jedoch im Hackteufel" trotz Volldampf und mehrfacher Anläufe bis nachmittags 1 Uhr sitzen. Erst als ein Kettenschleppdampfer ihm über die Strömung hinweggeholfen hatte, konnte er die Fahrt den Neckar aufwärts sortsetzen.

Aus Thüringen, 19. April. Eine neue Schnellzugs- verbindung von Süddeutschlakd nach Kassel, und zwar von München-Nürnberg über Lichtenfels-Eisenach und von Stuttgart-Würzburg bezw. Kisfingen über Ritschenhausen- Eisenach, wird vom 1. Mai d. I. ab geschaffen. Es erhält nämlich der früh 7 Uhr 50 Min. von München und 9 Uhr 45 Mm. in Stuttgart abgehende Schnellzug nach Lichten- fels bezw. Meiningen, der auf der Werrabahn direkte Fort­setzung bis Eisenach findet, auf letzterer Station unmittelbaren Schnellzugsanschluß nach Kassel, wo die Ankunft abends 7 Uhr 45 Min. erfolgt. Hier schließt direkt ein Personen­zug nach Westfalen an. Bisher war ein mehr als 2stün- digeS Stillliegen in Eisenach nötig, worauf erst ein abends 10 Uhr 57 Min. in Kassel eintressender Personenzug be­nützt werden konnte.

Berlin, 19. April. Der König und die Königin von Württemberg trafen hier heute vormittag, von Potsdam kommend, ein, und begaben sich in daS königl. Schloß, wo sie bei der Kaiserin das Frühstück einnahmen. Mittags wurde in Gegenwart der Kaiserin und der Königin Thar- lotte von Württemberg in der Singakademie die 33. General­versammlung deS Vaterländischen Frauenvereins gehalten.

Berlin, Id. April. General von Obernitz erhielt an seinem 80. Geburtstage folgendes Glückwunschtelegramm des Kaisers:Generaladjutant von Obernitz, Honnef a« Rhein! Es ist mir eine aufrichtige Freude, Ihnen in herz­licher Erinnerung an ihre treuen, in Krieg und Frieden hochbrwährten Dienste und an ihre nahen Beziehungen zu meinem Großvater sowie der Zeit, in welcher ich Ihrem Stabe beim Kaisermanöver zugeteilt war, zu dem heutigen Tage, an welchem Sie das 80. Lebensjahr vollenden, meine besten Glückwünsche zu senden. Ihr wohlgeneigter Wilhelm L". Auch viele andere deutsche Fürstlichkeiten, vor alle« S. K. H. der Sroßherzog von Bade«, gedachten, wie die KarlSr. Ztg." mitteilt, des Tages und beglückwünschten telegraphisch den General. Die zur Zeit in Honnef zum Kurgebrauch weilende Königin von Schweden und die Groß­herzogin von Baden übersandten prachtvolle Blumenarrange­ments als GeburtStagSgabe.

Berlin, SO. April. Zwischen England und Amerika werden demnächst Versuche mit der Telegraphie ohne Draht ««gestellt werden.

AuS London meldet man: Deutschland beabsichtige den Ankauf der Insel KusaiS mit dem schönsten Hafen der Karolinengruppe.

Axrlimü.

Paris, 19. April. DerFigaro" setzt seine Veröffent­lichungen fort. Der ehemalige Major Weil, der Esterhazy seit dem Jahre 1877 kannte, berichtet, daß Esterhazy kurz vor Drryfus' Verurteilung sagte:Ich für meine Person halte Dreyfus für unschuldig. Er wird aber gleichwohl verurteilt werden und das Motiv dazu wird der Antise­mitismus sein." Oberst Tordier erklärte, er sei in den