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Hcrges-Hleuigkeiten.
Stuttgart, 26. Okt. Vor dem Schöffengericht wurde heute die Beleidigungsklage des Majors v. Schmidt gegen den Buchdruckereibefitzer Rühling hier verhandelt. Beide verhandelten vor einiger Zeit in einer Bausache vor dem städtischen Bauschauamte. Bei dieser Gelegenheit widersprach Rühling dem Vorbringen des Majors v. Schmidt, der als Vertreter seines Bruders, des Kaufmanns Schmidt in Hamburg, der hier ein Haus besitzt, erschienen war, und titulierte dabei seinen Gegner schlechtweg als „Herrn Schmidt". Nachdem sich dies mehrmals wiederholt, verbat sich Major v. Schmidt diese Bezeichnung, Rühling aber erklärte: „für mich sind Sie nichts anderes als der Herr Schmidt." Major von Schmidt erblickte hierin eine Beleidigung und reichte Klage ein. Bei der heutigen Verhandlung war der Kläger durch R.A. Scheurlen vertreten, den Beklagten vertrat R.A. Fr. Haußmann. Das Gericht (Vors. Amtrichter Kübel) erkannte auf Freisprechung, indem es annahm, daß seitens des Rühling nicht eine Beleidigung im Sinne des Gesetzes, sondern nur eine Verletzung des Taktes vorliege, mit der sich das Gericht nicht zu befassen habe.
— Die Weingärtner sind landauf landab frohgestimmt über die schönen Preise, welche sie mit dem Heurigen erzielt haben. Preise, wie sie von einigen Gesellschastsweinen erreicht wurden — Fellbach 271 für roten Lämmler, Untertürkheim 348 für roten Clevner —, sind geradezu unerhört und stechen die am Rheine für hochfeine Weinmoste erzielten Preise noch herunter. Und nun kommen erst noch die Herrschaftsweine, vor allem die Hoskammerweine, die Brusselleschen, die Helfenbergischen, die von Weiler, Schozach (Sturmfeder) u. s. w. zur Versteigerung. — Was an der Quantität gefehlt hat — überall hat das Quantum gegen die Schätzung zurück- geschlagen — das hat der Preis reichlich wieder hereingebracht. Der starke Geldumsatz in den Weinorten wirkt wohlthätig auf die Verhältnisse ein, welche allerdings einer Aufbesserung nach den vielen unbefriedigenden Weinjahren dringend bedürftig waren. Jetzt kann der Weingartner mit neuem Mut seiner schweren Arbeit nachgehen. Möge der Weinstock von den schlimmsten Feinden, die ihn bedrohen, gnädig verschont bleiben!
Crailsheim, 26. Okt. Gestern abend ereignete sich am Eisenbahnbau, an welchem dermalen auf der ganzen Strecke eifrig mit sehr großer Arbeiterzahl gearbeitet wird, ein bedauerlicher Unglücksfall. Ein Eisenbahnarbeiter von Rockhalden und eine Arbeiterin von Seelgenstadt, diess. Oberamts, wollten sich nach Hause begeben und benützten die Bahnlinie. Hier wurden sie von dem von Nürnberg kommenden Zug zwischen Ellrichshausen und Birkelbach eingeholt und der Mann durch einen Stoß der Lokomotive über den Bahnkörper geworfen, was seinen sofortigen Tod zur Folge hatte. Die Arbeiterin, 16 Jahre alt, erlitt einen Arm- und einen Schenkelbruch und wurde in das hiesige Krankenhaus verbracht. Grobe Unachtsamkeit seitens der Verunglückten scheint die Ursache des Unfalls zu sein.
Ulm, 22. Okt. Bei der letzten Serie der Ulmer Münsterbau- Lotterie, deren Ziehung dieses Frühjahr war, haben die Unternehmer, wie dem Schw. B. geschrieben wird, eine empfindliche Schlappe erlitten. Die hiesige Generalagentur berechnet ihren Verlust durch unverkaufte Lose, hohen Rabatt, außerordentlichen Vertriebsaufwand auf 40,000 und hat nun beim Münsterbaukomite, bezw. dem SliftungSrat ein Gesuch um Rückerstattung von 25,000 eingereicht. Ob diesem Ansuchen entsprochen werden wird, ist ziemlich zweifelhaft. Das Münsterbaukomite verhält sich vorerst ablehnend. Aus sämtlichen Münsterlotterien hat die hiesige Generalagentur im ganzen ?Vz Millionen Mark an den Münsterbaufonds abgeliefert. Weitere Lotterien sind bis jetzt nicht in Aussicht genommen, da der vorhandene Fonds noch 1,600,000 beträgt. Hiervon wird 1 Million zum Ausbau des Hauptturmes verwendet, der Rest wird angelegt und von den Zinsen die innere Ausstattung des Münsters bestritten. Der Hauptturm soll bekanntlich im Sommer 1889 vollendet sein.
Friedrichshafen, 25. Okt. Der Föhn ist, wie man dem
Ob. Anz. schreibt, gestern aus dem Gebirge herausgebrochen und hat auf dem See gewaltig getobt. Zwischen 5 und 6 Uhr abends entlud sich über dem See und in den Schweizer Vorbergen ein Gewitter mit Blitz und starken Donnerschlägen. Die Luft war den Tag über warm, heute aber ist es rauh und es bleibt der Schnee liegen.
Ais österreichischen Schrnerzenskinöer.
Von vr. Hieronymus Dulderich aus Sanftleben.
(Hinweis am Schlüsse.)
Vor 25 Jahren beim ersten deutschen Turnfest in Koburg wurde aufs neue im deutschen Volke der Kampf ausgenommen für die unterdrückten Deutschen in Schleswig-Holstein: heute beginnt auf dem deutschen Turnfest in Dresden das deutsche Volk einzutreten in den Kampf für seine von Magyaren, Czechen und Slovenen unterdrückten und geknechteten Stammesgenoffen in Oesterreich.
„Und mit welchem Recht?" höre ich meinen lieben Freund Jeremias Klagesanft fragen. Ich fürchte, wir sind in früheren Jahren etwas unfreundlich mit unfern dänischen Menschenbrüdern umgegangen, als wir ihnen Schleswig-Holstein kurzweg Wegnahmen und jetzt sollen wir die vieledeln Slovaken, Czechen und Magyaren erzürnen! Am Ende nehmens uns die übel und klagen es den Franzosen! Ich habe überhaupt schon gedacht, wir hätten anno 1870 wohl etwas weniger barsch und rasch sein können: einige höfliche Worte und einige Aemter der Pfalz an Napoleon abgetreten, hätten uns den Krieg und den Zorn der wackeren Franzosen erspart! So dächte ich wenigstens!"
Nun, darüber läßt sich viel oder wenig sagen, darüber läßt sich am Ende gar nichts sagen als was schon bei Schiller zu lesen ist: „Nichtswüroig ist die Nation, die nicht ihr Alles setzt an ihre Ehre!
Die Deutschen in der ungarischen Hauptstadt Ofen-Pest besaßen 1868 136 deutsche Volksschulen und 6 deutsche Realschulen. Heute sind sie ihnen alle entrissen durch die rohe Brutalität der Magyaren: die 120,000 Deutschen in Ofen-Pest besitzen keine einzige deutsche Schule mehr. In Siebenbürgen sprach das deutsche Schwurgericht zu Hermannstadt seither Recht nach des Gesetzes Spruch; es wahrte die von den Magyaren beraubten, verfolgten und mißhandelten Deutschen. Kürzlich haben die Magyaren dieses Schwurgericht unterdrückt und die Deutschen an die parteiischen magyarischen Gerichte verwiesen. Seit vielen Jahrhunderten besitzen die Deutschen Siebenbürgens, die sogenannten Sachsen, ein 2 Millionen Gulden betragendes Nationsvermögen zum Zweck der Unterhaltung deutscher Schulen; verwaltet wird dasselbe vom „Sachsengrafen"; ist dieser vom König von Ungarn bestätigt, so ist er unabsetzbar. Lange Jahre war Sachsengraf ein im ganzen Lande hochangesehener Mann, Konrad Schmidt, regelmäßig gewählt, vom ungarischen König bestätigt, untadelhaft im Amt, gesetzlich unabsetzbar. Von ihm verlangten die ungarischen Minister — wie s. Z. in der „Gartenlaube" ausführlich beuchtet — er solle einen Teil der Gelder entgegen dem Stiftungszweck zu magyarischen Beamtenbesoldungen hergeben. Der Pflicht, der Ehre, dem Gewissen und beschworenen Eide folgend, schlug der Sachsengraf es ab. Auf Verlangen der Minister setzte ihn der König von Ungarn, Franz Joseph, ab! Dieses unter tausenden von Schandthaten einige wenige! In einem bekannten ungarischen Nationallied endigen die Verse mit der edlen Strophe: „nieder mit den deutschen Hausknechten!"
In gleicher Weise werden in vielen Provinzen Oesterreichs, besonders in Böhmen, Mähren und Kram, die Deutschen ihrer Sprache, Schule und Rechtsprechung beraubt, in den Regierungsblättern als „Preußenseuchler", „Kornblumendünger" rc. beschimpft, in jeder Weise vergewaltigt.
Dazu den Hohn, welchen die czechischen Unterthanen und Beamten Franz Josephs auf unseres greisen Kaisers ehrwürdiges Haupt zu häufen bestrebt sind. Bekanntlich ist die Kornblume die Lieblingsblume des Kaisers und wird ihm oft als Zeichen der Verehrung dargeboten; in der czechischen
sich durchzuarbeiten, aber sein Mut und seine Ausdauer halfen ihm, und Tag für Tag schrieb er nieder, was er an seinen geliebten Pflanzen beobachtet, aber was er schrieb, war schlecht stylisiert und enthielt gar manchen orthographischen Fehler.
Eines Tages kain ein berühmter Botaniker zu Lord Cardin zu Besuch und dieser brachte den Gast zu Robert, uni dessen Sammlung von wilden Blumen zu sehen. Nachdem er sie gelesen, gab er sein Urteil dahin ab, Robert habe etwas ganz Außergewöhnliches geschrieben.
Ter bescheidene Mann lächelte. „Die Ausdrucksweise und die Orthographie sind doch wohl sehr schlecht, Herr Professor?"
„O dafür lassen Sie mich sorgen", entgegnete dieser, „vertrauen Sie mir das Manuskript an, ich werde es durchles. n und verbessern, und Sie werden dann finden, daß sie eines der bedeutensten Bücher der Jetztzeit geschrieben haben. Fahren Sie nur fort, sich zu bilden, dann prophezeihe ich Ihnen eine Carriere." Auf dieses Buch mußten sich wohl Lord Cardins gute Nachrichten beziehen.
„Ich habe einen Brief aus London erhalten, es handelt sich um „Blumenleben." Doch hier lesen Sie selbst.
Und Robert las. Ja, das waren allerdings gute Nachrichten. Die Verleger, denen der Professor das Buch in seiner durchgesehenen Gestalt vorgelegt, waren entzückt davon und boten Roden eine Summe, an die dieser in seinen kühnsten Träumen nicht zu denken gewagt.
Erstaunt blickte er zu Lord Cardin auf. „Die Kleinigkeiten, die ich über die Blumen niedergeschrieben, können doch nicht io viel wert sein, gnädiger Herr?"
„Wenn sie es nicht wären. Roden, würde man es Ihnen auch nicht bieten, verlassen Sie sich darauf", entgegnete Lord Cardin. „Kommen Sie mit mir nach Hause, da können wir die Sachen weiter besprechen."
Doch Robert "entschuldigte sich. Zuerst mußte Laura die frohe Botschaft hören, und nun hatte er ja die Mittel, nun konnte er eine Reise mit ihr machen, an das schöne weite Meer, das sie noch nie gesehen. Das mußte er ihr sagen, er freute sich wie ein Kind darauf, und deshalb bat er Lord Cardin, eine andere Stunde zu bestimmen.
Den ganzen Weg durch den lachenden, sommerlichen Wald sang er laut vor namenlosem Glück. Wenn er wirklich das viele Geld bekam, was wollte er alles für Laura kaufen? Wenn die wenigen Notizen, die er dem Professor gegeben, schon so viel Geld einbrachten, so sah er eine glänzende Zukunft vor sich. Er wußte ja noch so viel, so viel über seine lieben Blumen.
Was würde Laura dazu sagen? Um ihretwillen freute er sich so sehr, war sie doch würdig eine bessere Stellung einzunehmen mit ihrem Liebreiz und ihrer wunderbaren Schönheit; er wollte mit ihr nach Rosendorf gehen, und dort sollte sie kaufen, was ihr Herz begehrte, o wie er sich auf ihr Entzücken freute! Sie sollte das ganze Geld haben, er brauchte ja nichts, er konnte ja arbeiten, aber sie sollte sich ihr Loos erleichtern, sie, sein angebetenes, geliebtes Weib!
Da blüthe eine Heckenrose! Robert hatte schon die Hände voll Wald- und Wiesenblüthen, dennoch bückte er sich nach der duftenden Blume. Laura liebte ja die wilden Rosen so sehr, sie sollte sie haben.
Und dort, dort war das Häuschen, wo die Rosen zum Fenster hineinwinkten, noch einen Augenblick, und sein schönes, junges Weib würde ihm am Halse hängen, um ihn mit Küssen zu begrüßen.
„Laura", rief er, noch ehe er die Thüre öffnete, „komme Kind, ich bringe frohe Botschaft!"
Keine Antwort.
„Sie wird oben sein und mich nicht hören", dachte er. Er öffnete und trat in die kleine Küche. Sie war leer. Kein Feuer, kein Thee, kein liebendes Weib, ihn zu begrüßen, nur ein öder Raum, der ihm ein eigentümliches Gefühl der Beklemmung verursachte. Er wandte sich nach dem Wohnzimmer nebenan. Auch das war leer.
„Es ist also, wie ich vermutete", dachte er, „sie ist oben; wenn sie nur nicht unwohl ist!"
Im Nu war er oben, auch das Schlafzimmer war leer.
„Laura!" rief er wieder; aber wieder kam keine Antwort.
(Fortsetzung folgt.)