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heit desselben empfing der Alderman die Deputation und erklärte ihr, er könne den Arbeitern keine Beschäftigung versprechenst dieselben sollten sich um Unterstützung an die Gemeinde wenden, wozu sie berechtigt seien; sie sollten Demonstrationen unterlassen, woran stets eine Anzahl arbeitsscheuer Taugenichtse sich beteiligten. Die Menge erklärte die Antwort des Aldermans als grausam und maßlos und setzte sich mit ihren Fahnen nach der City in Be- wegung. Einige hundert Polizisten versperrten den Weg, und es kam zu stürmischen Scenen. Die Polizei verhaftete etwa 20 Personen, mehrere Polizisten und Arbeiter wurden verwundet, es gelang schließlich jedoch, den Marsch nach der City zu verhindern und die Mengen zu zerstreuen.
Hsages-Weirigkeilen.
— Aus Tein ach wird der „Schwäb. Chron." berichtet: „In dem ersten Halbrunde an unserer bekannten „Kleinen Tour" hat Dr. Reisel, ,4robigt6r guonäsm VVirtemberKicus", 1687 einen Stein: „Lanitsti saorum" setzen lassen, und 1787 wurde abermals ein „Monumentum ssooulare" dort aufgerichtet. Nun haben am gleichen Platze die Besitzer des Bades, C. Hoff- manns Erben, den dritten Säkularstem aufstellen lassen, der die Inschrift trägt: „Hlonumentum koo tertium sseoularo 8ucoe88ore8 P 08 uer 6 Osroli Üolkmsnni, cujv8 curs koo dalneum relloruit. 1887." (Diesen dritten Säkularstem haben die Erben Karl Hoffmanns gesetzt, durch dessen Bemühungen das Bad neu aufblühte. 1887.) Es vereinigten sich hierauf am Tage des 25jährigen Ministerjubiläums des Fürsten Bismarck die in dieser Saison zuletzt anwesenden Herren, einen als Pendant hierm aufzustellenden Stein mit der Inschrift zu zieren: „Oermaniso srobiatro, viro perillu8tri88imv krinoipi Liomarok in 8ompiternam memoriam ^rsti bo8pit68 XXIII. 8spt. LlveocPXXXVH." („Deutschlands Erzarzte, dem hochberühmten Fürsten Bismarck, zum immerwährenden Andenken 23. Sept. 1887 dankbare Gäste."
? " Simmozheim, OA. Calw, 16. Okt. Eine seltene Feier fand "»!
hiesiger Gemeinde am heutigen Kirchweihfest statt, indem drei greise Ehepaare, welche im Laufe des Jahres 1837 ihre Ehe in hiesiger Kirche hatten einsegnen lassen, übereingekommen waren, gemeinschaftlich an dem genannten Tage ihre goldene Hochzeit mit Kirchgang feiern zu wollen. Die 3 Jubelpaare, welche verhältnismäßig noch rüstig sind und zum Teil einer zahlreichen Nachkommenschaft sich erfreuen, sind: der Müller Friedrich Konz, 79 Jahre alt, und seine 74 Jahre alte Ehefrau Heinrike, geb. Blaich. Ferner der Bauer Andreas Blaich und Marie Barb., geb. Maier, beide 75 Jahre alt. Endlich der Schäfer Jakob Kühnle, 83 Jahre alt, und Katharine, geb. Repphun, 72 Jahre alt. Die drei sämtlichen Jubelgreise hatten seiner Zeit ihre Militärjahre mit gutem Zeugnis abgedient, desgleichen von zweien Paaren mehrere Söhne, welche zum Teil auch 1866 und 1870 im Ausmarsch gewesen waren. Von den Majestäten dem König und der Königin wurden die drei Jubelpaare bei diesem Anlaß mit dem reichen Geschenk von 70 erfreut. Die kirchliche Feier fand im Anschluß an den Vormittagsgottesdienst unter allgemeiner herzlicher Teilnahme an demselben Altar statt, an dem sich die 3 Jubelpaare vor 50 Jahren das Wort unverletzlicher Liebe und Treue gegeben haben. Möge ihnen noch ein heiterer Lebensabend im Kreise der Ihrigen beschicken sein. (Schw. Merkur.)
Weilderstadt. Viehmarkt am 17. Oktbr. Zugetriebtzn: 274 St. Ochsen, 447 St. Kühe und Rinder, 96 Stück Läufer- und fette Schweine und 1220 St. Milchschweine. Der Ochsenmarkt war besonders mit Fettvieh stark befahren und während der Handel in dieser Viehgattung lebhaft war, war er im Zugvieh etwas flau. Es wurde per Paar bis bis zu 900 ^ bezahlt. Die Preise pro Ztr. lebend Gewicht bewegten sich von 28—32 vtL Auf dem stark befahrenen Rindviehmarkt war der Handel
ziemlich belebt, in Melk- und Fettvieh wurde besonders viel gehandelt, Schmalvieh fand nur zu niedrigen Preisen Abnehmer. Fettvieh erzielte bis zu 26 pr. Ztr. lebend Gewicht, für Melkvieh wurde von 120—300 für Schmalvieh von 70—200 pr. St. bezahlt. Auf dem Schweinemarkt, dem sehr viele Schweine zugesührt waren, wurden bei gedrückten Preisen wenig gehandelt. Bezahlt wurde: für fette Schweine 37—38 pr. Ztr. lebend Gewicht, für Läuferschweine pr. Paar 15—50 für Milchschweine pr. Paar 6—14
Leonberg, 15. Okt. Gestern nachmittag um 1 Uhr fand die Beerdigung des verstorbenen Oekonomen Essig unter sehr großer Beteiligung von Leidtragenden (hauptsächlich auch von auswärts) statt. Den Leichenzug eröffnet« die Feuerwehrmusik mit einem Trauermarsch; dann folgten mehrere Vereine mit sechs umflorten Fahnen, welchen der Verstorbene als Ehrenmitglied angehörte. Am Grabe wurden von 2 Vereinsvorständen mit kurzen Ansprachen Kränze niedergelegt. Die Leichenrede hielt Helfer Keeser von Leonberg. — Infolge der so rasch eingetretenen winterlichen Witterung fangen die bis jetzt noch schön belaubten Kastanienbäume auf der Hochebene der Solitude an, schnell ihren Blätterschmuck zu verlieren. — Wir möchten übrigens darauf aufmerksam machen, daß, abweichend von anderen K. Schlössern, Schloß Solitudedas ganze Jahr hindurch besichtigt werden kann. (St. T.)
Stuttgart, 17. Okt. Im Festsaale der Liederhalle feierte gestern abend der Gutenbergverein Stuttgart sein 25 jähriges Jubiläum. Saal und Gallerte waren überfüllt. Das Podium war mit Pflanzen, Fahnen und der lorberbegrenzten Büste Gutenbergs geschmückt. Die Schlay'sche Kapelle brachte ein gewähltes Programm zu Gehör; die Hauptaufführung war Mendelsohns Festgesang zur 4. Säkularfeier der Buchdruckerkunst gewidmet, der vom Männerchor des Vereins und einem Doppelorchester brillant wiedergegeben wurde. Die Festrede hielt der Vorstand des Vereins, Buch- drmcker Sulz. Derselbe gab eine Geschichte des Vereins und gedachte namentlich ves frühverstorbenen Musikdirektors G. Kurz, unter welchem der Chor 1877 auf dem Cannstatter, 1879 auf dem Sigmaringer, 1881 auf dem Gmünder Sängerfeste Preise davon getragen hat. Daß der Verein 1886 in Heilbronn unter dem Musikdirektor Schwab den I. Preis erhalten hat, ist noch in aller Erinnerung. Gegenwärtig zählt der Chor 95 Sänger, der Verein selbst 588 Mitglieder. Auf die Festrede folgten weitere Musik- und Chorvorträge.
Wien, 16. Okt. (Hofjagd.) In dem kaiserlichen Jagdreviere von Himberg fand gestern zu Ehren der hier weilenden fürstlichen Gäste eine große Treibjagd auf Hasen und Rebhühner statt. Es beteiligten sich König Milan von Serbien, Prinz Wilhelm von Preußen, Prinz Leopold von Bayern, Erzherzog Ferdinand d'Este; weiters die den hohen Herrschaften zur Ehrendienstleistung zugeteilten Kavaliere. Nachdem die Schützen ihre Stände bezogen hatten, begann der erste Trieb, wobei eine große Anzahl von Treibern eine unabsehbare Kette auf dem Reviere bildeten. Es fanden zwei Triebe statt, während welcher sich auf der ganzen Schützenlinie ein sehr lebhaftes Feuer entwickelte. Die Schützen nahmen die Strecke, zu der Meister Lampe das größte Kontingent gestellt hatte, in Augenschein und drückten ihre Zufriedenheit mit dem Jagdergebnisse — 1068 Hasen und 20 Rebhühner — aus. Besonders vorzüglich schoß Prinz Wilhelm, bekanntlich ein ausgezeichneter Schütze. Der Prinz brachte 188 Hasen und ein Rebhuhn zur Strecke.
Leipzig. 18. Okt. (2.20 Nachm.) Beide Direktoren der Diskonto-Gesellschaft, Dr. Jerusalem und Winkelmann, sind durchgebrannt. DasDefizit beträgt mehrere Millionen Mark. Die Gesellschaft hat ihre Zahlungen eingestellt.
„Ich muß; denn ich kann meinen Liebling nicht aufgeben."
„Und wenn ich nun einen Plan wüßte, daß Sie ihn stets um sich behalten könnten?"
Laura horchte hoch auf. „Wie wäre das möglich?"
„Ganz leicht. Eine Trennung auf kurze Zeit wäre allerdings nötig."
„Pattie, spanne mich nicht auf die Folter! Heraus mir Deinem Plan!"
„Nun denn, gnädiges Fräulein, die Sache ist sehr einfach. Wir lassen den Knaben vorerst unter der Obhut der guten Frau Lecadre, unserer Wirtin, die ihn gewiß gerne behalten und gut versorgen wird. Sobald wir wieder in England sind, sagen Sie dem Marquis, daß eine verwitwete Schwester von mir plötzlich gestorben ist und ein kleines Kind hinterlassen hat, das ich gerne in meiner Nähe hätte. Wenn Sie den Marquis bitten, wird er mir erlauben, das Kind zu holen, und unter den verheirateten Gutsbeamten von Fernholm findet sich gewiß einer, der es gegen gute Bezahlung in Pflege nimmt. Nichts würde dann natürlicher sein, als daß sie gegen den Kleinen freundlich wären, ihm kleine Geschenke machten, überhaupt sich um ihn bekümmerten. Sie könnten dann mehr für ihn thun, als wenn Sie vom Marquis verstoßen, für ihn arbeiten müßten."
Laura's Augen leuchteten. „Wie gescheidt Du bist. Pattie. Ja, es wird gehen, und Du sollst reichlich belohnt werden, wenn es Dir gelingt, den Plan auszuführen."
Vergessen waren die guten Vorsätze, vergessen das Geständnis, das sie dem Marquis hatte machen wollen, vergessen die Rückkehr zu dem Gatten. Durfte sie doch ihr Kind behalten und dennoch die reiche Erbin von Fernhohm bleiben! Und der arme Vater? An ihn dachte Lady Laura de Bourdon in diesem Augenblicke nicht, das sie durch die Findigkeit ihrer Zofe einen Ausweg aus allen Schwierigkeiten sah.
Sofort wurde Pattie zu Frau Lecadre geschickt, um mit ihr zu verhandeln, und die gute Frau, die selbst kinderlos war, zeigte sich gerne bereit, den Kleinen zu behalten, namentlich da man ihr einen für ihre Verhältnisse glänzenden Pensionspreis bot. Lady Laura war ja durch des Marquis verschwenderische Güte stets so reich mit Geld versehen, daß es ihr ein Leichtes gewesen wäre, selbst eine größere Summe monatlich zu entbehren.
So wurde denn beschlossen, am nächsten Tage nach Paris zurückzukehren, damit bei der Ankunft des Marquis dort alles seinen gewöhnlichen Gang ginge. Aber es kostete der jungen Frau noch einen schweren Kampf, von ihrem Kinde Abschied zu nehmen; wieder und wieder drückte sie das kleine Wesen an ihre Brust und bat die Wirtin unter Thränen, es ja gut zu versorgen, bis Pattie sie endlich in den Wagen hob, der sie zum Zug bringen sollte.
Auf der ganzen Fahrt nach Paris sprach sie kein Wort, aber als in ihrem eleganten Zimmer dort Pattie sie endlich allein gelassen hatte, da sagte sie mit einem tiefen Seufzer:
„O Gott, o Gott, der Preis ist zu hoch!"
Jedermann bewunderte den wohlthätigen Einfluß, den das Landleben auf Lady Laura ausgeübt, und auch der Marquis, der nach wenigen Tagen zurückkam, begrüßte sie entzückt.
„Wie wohl Du aussiehst, mein Herz! Du bist reizend wie nie. Deine Ge sundheit scheint sich durch den Landaufenthalt ganz gekräftigt zu haben."
Sie versicherte ihm, daß dies der Fall sei.
„Und ich habe meinen Prozeß gewonnen", fuhr er fort.
„Weißt Du, was ich jetzt vorhabe? Wenn es Dir recht ist, möchte ich ein Jahr lang mit Dir reisen, ehe wir nach England zurückkehren."
„Ganz wie Du willst, Onkel, Du weißt, ich bin mit Allem zufrieden."
„Wir werden durch Deutschland und die Schweiz nach Italien und vielleicht auch nach Spanien gehen, und erst im nächsten Frühjahr uns wieder nach Frankreich wenden. Dann werde ich Dich der Gesellschaft als meine Nichte und Erbin, Lady Laura de Bourdon, vorstellen. Ist es Dir so recht?"
„Gewiß lieber Onkel", entgegnete sie lächelnd, während ihr das Herz weh that, wenn sie an ihr Kind dachte. Ein ganzes Jahr lang sollte sie es nicht sehen, und gerade das erste Jahr seines Lebens, das für die Mutter so viel des Interessanten hat. Doch was war zu thun?
Sie sandte Pattie nach Colombier, beladen mit allem, was der Kleine möglicherweise während eines Jahres brauchen könnte; sie selbst durfte es nicht wagen, ihn noch einmal zu sehen."
(Fortsetzung folgt.)