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Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.
Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn SO im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks 1 ^ 20 .
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er GklelllWer
Amts- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
73. Jahrgang.
JnsertionS-Sebühr f. d. einspaltige Zeile aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung S bei mehrmalig, je S
Gratisbeilagen: DaS Plauderstübchr» und
Schwäb. Landwirt.
^ 146.
Uagot-, Montag den 19. September
1898.
Am 16. Sept. ist von der Evang. Obrrschulbehörde die zweite Schulstelle in Egenhausen dem Schulamtsverweser Wilhelm Waldenmaier in Neuenbürg, die dritte Schulstelle in Nagold dem Schullehrer Arnold in Ebhausen, die Schulstelle in Jsels- hausen dem Schullehrer Schmid in Nehweiler (Elsaß), die in Maitis, Bez. Albershausen (Göppingen), dem Schulamtsverweser Gotthold Conzelmann in Holzbronn, die in Rohrdorf, Bez. Nagold, dem Schullehrer Heinz, m Bernloch, Bez. Münsingen übertragen worden.
Gestorben: A. Blumhardt, Kaufm., Stuttgart-Schorndorf.
Die Lage des Getreidemarktes.
1- Die gute Versorgung der Kulturvölker mit Brotfrüchten bei genügenden Preisen für die Landwirtschaft ist die wichtigste Bedingung eines gedeihlichen Wirtschaftslebens für alle Berufsklaffen. Teuerungspreise führen zu Notständen und Verarmungen für zwei Drittel der Bevölkerung und übermäßig billige Preise schädigen die Landwirtschaft. Die Frage, wie sich für die kommende Zeit bis zur neuen Ernte die Getreidepreise gestalten werden, ist daher von großer Wichtigkeit. Man muß nun zunächst sagen, daß der Getreidehandel der ganzen Welt sich immer noch in einer unaufgeklärten Lage gegenüber der Frage befindet, ob die Gesamtvorräte an Getreide auf der ganzen Erde ab- oder zugenommen haben, denn diese Frage allein ist entscheidend für die künftige Preisbildung. Sehr wahrscheinlich ist zunächst, daß die Thatsache, daß dieses Jahr in vielen Ländern die Ernte 3—4 Wochen später stattfand, die Meinung, daß die alten Vorräte sehr knapp geworden sind, übermäßig verstärkt hat. Auch wird in Amerika immer noch an der Behauptung festgehalten, daß die diesjährige amerikanische Ernte um 10 bis 15 Prozent gegen der vorjährigen zurückbleibe. Ausfallend ist aber, daß angesichts oer geringen alten Bestände und kleinen Zufuhren der Export Nordamerikas immer noch ein ziemlich ansehnlicher war, und daß besonders nach Deutschland, in der Hauptsache wohl nach West- und Süddeutschland, noch verhältnismäßig viel expediert worden ist. Es kommt hier zweifellos der Umstand mit zur Geltung, daß die Abladungen der atlantischen Häfen in sehr kurzer Zeit an ihrem Bestimmungsorts eintrrffeu, und daß sie daher für die Deckung baldigen Bedarfes, wie er durch die mäßigen Jnlandszufuhren und kleinen Bestände auch in den Coni umdistrikten unseres Landes noch besteht, den Vorzug verdienen. In Deutschland ist übrigens in Bezug aus die gute Qualität der neuen Ernte gar kein so großer Bedarf an fremdem Getreide zu MlschungS- zwecken bei dem Mahle» vorhanden. Hinzu tritt, daß die übrigen großen Exportländer überhaupt nur wenig Getreide gegenwärtig verkaufen. Argentiniens Versandt schläft vollständig, ebenso derjenige Australiens, und ob du in letzterem Erdteil infolge guter Ernteaussichten auskommende Hoffnung auf endliche Wiederaufnahme des Exports vom Dezember ob nicht ebenso trügerisch' sein wird, wie seit einer Reihe von Jahren, muß abgewartel werde». Von den europäischen Ausfuhrländern haben die Donauländer auch nach den consularischen Mitteilungen deS amtlichen ungarischen Berichts jene guten Erträge gewonnen, auf die wir schon früher hingewiesen haben. Um so auffallender ist eS, daß sich der Export der Donaugebiete nur außerordentlich langsam entwickelt. Offenbar hat man dort wenig Steigung, die diesjährigen schönen Qualitäten zu gegenwärtigen billigen Preisen hinzugeben. Rußland behält feste Tendenz, denn dn Nachrichten über die Mißerträge größerer Distrikte des Landes, besonders im Wolgagebiete, üben zunächst ihren Einfluß, zumal die russische Regierung zur Versorgung der notleidenden Gouvernements Kasan, Simbirsk und Samara den Ankauf von ca. 35000 Tonnen Roggen und 35 000 Tonnen Hafer ausführen läßt. Da die Zufuhren aus neuer Ernte erst allmählich größer werden, so ist die vorläufige Festigkeit der russischen Preise leicht erklärlich.
Landwirtschastl. Bezirksfest.
x>. Nagold, 17. Sept.
Mit Tagwache wurde der heutige Festtagsmorgen angetreten. Mancher Spätling fuhr wohl aus schönen Träumen auf, um in die rauhe Wirklichkeit versetzt zu werden, doch verklärten sich seine Züge zu einem glücklichen Lächeln bei dem frohen Gedanken, daß ja heute Festtag sei. Also schnell heraus, Toilette gemacht und hinaus auf den Stadtacker, wo sich schon ein schönes Bild landwirtschaftlichen Lebens und Treibens entwickelt hat. Die Preisgerichte traten in ihre wichtige Thätigkeit ein und war es eine besondere Genugthuung für die Zuschauer, daß eine so große Zahl Preisbewerber mit schöne», ja prächtigen Tieren zugegen waren; eS gilt dies für Pferde, Rindvieh, Geflügel und Fische. Es konnten viele Preise zuerkannt werden. (Siehe im Anzeigenteil. D. Red.) Inzwischen ist eS Zeit geworden, sich zum Festzug zu sammeln; alles eilt mit freudiger Hast in die Stadt, bald haben sich dichte Spaliere
erwartungsvoller Menschen gebildet, die Fenster beleben sich, für manch' holdes Wesen, die guirlondengeschmückte Rahme bildend. Es ist 11 Uhr; die Menge wird lebhafter; man h ört schallende Musik und ein fernes Rauschen; es ist daS freudige Murmeln der Tausende von Zuschauern, die jetzt beim Anblick des goldschimmernden Herolds hoch zu Roß in lauten Jubel ausbrechen. Und immer mehr steigert sich die Freude an dem immer neue Bilder zeigenden, schönen Zug. Drei bäuerliche Vorreiter find gefolgt von einer Abteilung Feuerwehr, blank und stramm wie immer, dann Musik und als 1. der prächtige Erntewagen mit der holden Festkönigin, der zu seiner äußeren noch eine innere Dekoration in Gestalt von hübschen Baurrnburschen und Bauernmädchen trägt. Es folgt die Vereinsfahne, dann das Festkomite mit Herrn Oberamtmann Ritter und die Ehrengäste, Mitglieder des landwirtschastl. Vereins, der Krieger-u. Militärverein mit Fahne, darunter die braven Veteranen, welchen das Herz wohl höher schlug bei der Erinnerung an den seinerzeitigen Siegeseinzug; dann kommt ein Prachtstück von sinnreichem Ausbau, der Wagen des Gewerbe-Vereins, auf welchem von handfesten Handwerkern tüchtig geschmiedet und gehämmert wurde, daß es den Rauch in dichten Wolken gen Himmel wirbelte, dann Mitglieder des Gew.- Vereins, der sangesfrohe Liederkravz mit Fahne, der stramme Turnverein mit Fahne; mit majestätischer Würde, in königlicher Pracht sitzt die liebliche Bienenkönigin umgeben von zwei reizenden Pagen auf dem nun vorbeikommenden mit großem Geschick und dekorativem Talente ausgeschmückten Wagen der Bienenzüchtervereine Nagold und Altensteig, die Mitglieder dieser Vereine, dann aus dem mit den Emblemen der Fischerei und Anglerei geschmackvoll und schön dekorierten Wagen des Fischereivereins zwei reizende Fischerinnen in sarbenglühenden hübschen Kostümen, an der Seite zweier netten Fischersjungen in schönen Kostümen; umgeben sind diese zwei Paare auf allen Flanken von angelnden Fischern, die aber ihre Beute noch nicht so sicher haben, wie die beiden Fischerjungen; dann folgen die Mitglieder des Fischereivereines und der Geflügelzuchtvereine von Nagold und Alten- steig, dann kommt der herrliche Festwagen des Obstbauvereins, eine aus Obst kunstvoll errichtete Säule tragend, nach demselben die Mitglieder dieses Vereins, dann folgt der Wagen des Wanderkochkurses mit 10—15 lieblichen Küchenseen in Hausmütlerchenstracht; sie machen mit Eifer und Fleiß einen duftenden Kaffee und mancher alleinstehende Kaffeefreund mag im Stillen seine Wahl getroffen haben, dann sehen wir noch einen hübschen Hopfeuwagen und einen frischgrünen Waldwagen; den Schluß machten die prämierten Dienstboten und eine Abteilung Feuerwehr. Der Festzug war im Ganzen ein glänzenderzunennen u. zeugte in seinen einzelnen Teilen, sowohl von dem ausgebildeten Kunstsinn der Herren Dekorateure, als von der Freude und Opserwilligkeit, die sich bei der hies. Einwohnerschaft zeigt, wenn es gilt, einer guten oder patriotischen Sache, einem frohen oder nutzbringenden Fest zu dienen. Nach der Ankunft des Festzugs auf dem Festplatz, sammelten sich die Teilnehmer an der Tribüne, auf welcher sich Herr Oberamtmann Ritter mit den Ehrengästen und Ausschußmitgliedern des Landw. Bez.-Vereins aufgestellt hatte. Herr Oberamtmann Ritter hielt sodann eine Begrüßungsansprache, in welcher er zunächst namens der festgebenden Vereine den Ehrengästen und den vielen Besuchern des Festes ein herzliches Willkommen zurief und dankte denselben für ihr so ehrendes und zahlreiches Erscheinen, führte sodann aus, wie der Nährstand in den landw. Festen sich zusammen schare, um zu zeigen, was er leisten kann, wie schöne Produkte der Landwirtschaft gefördert werden können und sollen und welche Verwertung die Produkte finden können. Wie der Bauernstand, die Kraft und der Halt des Volkes, in solchen Festen beweist, daß er nicht nur in den Tabellen des Statistikers und in den Stammrollen der Rekrutierung eine beachtenswerte Ziffer bilde, sondern daß er im Staate zum volkswirtschaftlichen Wohlbefinden des Ganzen eine wichtige Stelle einnehme. Dank der hohen Unterstützung der kgl. Staatsregierung, der kräftigen Beihilfe der Amtskorporation, dank insbesondere der reichen Freigebigkeit der Stadlgemeinde Nagold, welche auch ihr höchstes Gut, ihre schönen Waldungen zur Verherrlichung des Festes nicht geschont habe und dank dem schönen und harmonischen Zusammenwirken der festgebenden Vereine unter sich und mit den Gewerbetreibenden von Stadt und Land, begünstigt durch des Himmels freundliches Blau, sei eS möglich, wiederum nach vielen Jahren, gerade im 20. Jubeljahr der Einweihung der Fahne des landwirtschastl. Vereins, ein schönes Fest zu feiern. Froher als je, bewußt seiner Kraft und seines Könnens, stehe der Landmann treu auf dem ihm zugewiesenen Platz im Arbeitsfeld zum Wohls deS Volkes dankerfüllten Herzens gegen die diesjährigen reichen Segnungen des Himmels und vertrauend auf die
stets wohlwollende Unterstützung der kgl. Staatsregierung blicke er ruhig in die Zukunft. Eine mächtige Bewegung mache sich in ganz Deutschland, insbesondere infolge der Bestrebungen der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft zu Gunsten der, der ausländischen Konkurrenz bisher s» wehrlos preisgegebenen Landwirtschaft geltend. Man fühle die bittere Thatsache, daß daS Ausland nicht nur unsere Landwirtschaft vernichten, sondern auch durch entsprechend- Zollgesetze unsere Industrie zurückdrängen wolle. Mehr und mehr werde unsere Industrie auf daS eigene Land verwiesen und friedfertig müffe Bauer und Handwerker miteinander leben. Schutz der Landwirtschaft zum Vorteil dieses wichtigen Zweigs der Volks Wirtschaft und zum Segen und Nutzen des Gewerbe- und Handelsstandes sei der Ruf der Neuzeit. Der alte Spruch „Hat der Bauer Geld, so hat es alle Welt" gelte immer noch. Ein leuchtendes Vorbild der ausgleichenden Gerechtigkeit und der gleichen Förderung aller heimischen Produktionsstände gebe unsere hohe Staatsregierung und unser erhabener Herrscher. Handel und Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft werden mit dieser Kraft als ebenbürtige Geschwister gleichmäßig gehegt und gepflegt und in gleicher Blüte sehen wir in goldenen Frieden zur Zeit alle Kräfte sich zum Wohle deS Ganzen entfalten. Diesem weisen Walten, dieser hohen Klugheit der kgl. Staatsregierung gelte daher auch unser vornehmster Dank. Begeistert stimmte die großartige Festversammlung dem zur Bekundung des Dankes des glücklichen Volkes auf den in Ehrfurcht geliebten König ausgebrachten donnernden Hoch zu. Es folgt dann die Verteilung der Preise an die Dienstboten und die Besitzer der prämierten Nutztiere seitens des Vereinsvorstands. — Inzwischen ist es nach kurzer Besichtigung der Ausstellung, die wir in nächster Nr. d. Blts. eingehender beschreiben werden, Zeit zum Essen geworden. Um 1'/- beginnen die Festesten im Sasthof z. „Post" und Gasthof z. „Hirsch". In der „Post" hatten sich der Bereinsoor- stand Oberamtmann Ritter, sowie die Ehrengäste von denen wir bemerken: Professor Dr. Sieglin von der landw. Akademie Hohenheim, Oekonomierat Fecht von der Zentralstelle für Lindwirtschaft, Oberamtmann Völter von Calw, Gemeinderat Fischer, Vorstand des Württ. Obstbauvereins, von Stuttgart, Landwirtschaftsinspektor Dr. Wacker von Hohenheim; ferner Hr. Stadtschultheiß Brodbeck und die Herren vom Festkomite, sowie ca. lOO weitere Personen eingefunden. Das ausgezeichnet zubereitete Essen wurde durch verschiedene Toaste gewürzt und ergriff Hr. Oberamtmann Ritter zunächst das Wort, um nach gutwürttemb. alter Sitte den Toast auf S. M. den König auszubringen; das Hoch auf S. M. fand begeisterten Widerhall. Zugleich wurde dem Antrag des Hrn. Oberamtmann Ritter auf Absendung eines Huldigungstelegramms mit Freuden beigestimmt. Auf dasselbe lief noch am Abend aus dem Königlichen Kabinett folgende Antwort ein: „Seine Majestät der König lassen für die dargebrachte Huldigung allergnädigst danken." Flügeladjutant vom Dienst. Sodann verlas H. Oberamtmann Ritter ein von Frhr. v. Ow eingetroffenrs Telegramm, welches mit großer Freude ausgenommen und beantwortet wurde. Ferner wurde ein Glückwunschschreiben von der K. Kreisregierung in Reutlingen verlesen. Glückwunschschreiben liefen noch ein von den Herren Regierungsräten Gugel in Ucm und Vogt in Reutlingen. Hier ist noch einzufügen, daß am Sonntag Vormittag auch ein Glückwunschschreiben von Sr. Exz. dem Staatsminister deS Innern v. Pischek bei H. Oberamtm. Ritter einlief, das in herzl. Worten dem Bedauern Sr. Exz. Ausdruck giebt, in Folge dringender Abhaltung nicht möglich sei, auch einmal der wackern und tüchtigen Bevölkerung des Bezirks Nagold persönlich näher zu treten und sich an Ort und Stelle von ihren Anschauungen, Bedürfnissen und Wünschen zu überzeugen. Sr. Exz. hofft den persönlichen Besuch des Bezirks und der Oberamtsstadt bei der Einweihung der Schwarzwald-Wafferversorgung nachholen zu können. — Gleichzeitig traf auch ein Schreiben von Herrn Landwirtschastsinspektor Hornberger in Rottweil ein, worin auch er herzliche Glückwünsche zum Feste sendet und bedauert wegen dienstl. Hindernisse, oem Feste nicht anwohnen zu können. Es ergriff nun H. Stadtsch. Brodbeck das Wort um die Gäste des Landw. Vereins auch im Namen der Stadt Nagold herzlich willkommen zu heißen. Redner versicherte die Verslg., daß die Stadt Nagold ein reges Interesse für die Landwirtschaft hege und freut sich, daß die heutige Verslg. und daS Fest überhaupt so groß» artige Beteiligung gefunden haben. Er hoff:, daß eS den auswärtigen Gästen recht gefallen möge und erwähnt die groß n Verdienste, die sich der verehrte Vereinsvorstand H. Oberamtmann Ritter um daS Gelingen des Festes erworben habe. Er bringt sein Hoch aus auf den Landw. Verein und dessen Vorstand Oberamtmann Ritter, in daS die Verslg.