Uages-Merrigkeiten.
Destsches Leich.
—t. Altensteig, 27. Okt. Gestern wurde unter zahlreicher Beteiligung der hies. Bewohner Zimmermeister Metz zu Grabe getragen. Er hatte das 88. Lebensjahr bereits überschritten und war der Zweitälteste Bürger hiesiger Stadt. Der älteste Mann hier, Schlossermeister Glemser, steht schon im 90. Lebensjahr und befindet sich verhältnismäßig noch ganz wohl; drei weitere hiesige Männer haben ebenfalls das 85. Lebensjahr bereits hinter sich; von 80 bis 84 Jahre zählen noch verschiedene hiesige Bewohner, die sich mehrfach noch merkwürdig rüstig fühlen.
—t. Altensteig, 27. Okt. Bei einem am vergangenen Freitag in dem der hiesigen Stadtgemeinde gehörigen „Enzwald" veranstalteten Treibjagen hatten die Jäger das Glück, unter anderem Jagdwild zwei fchöne Hirsche und neun Rehe zu erlegen.
Vollmaringen, 26. Okt. Heute nachmittag 3—4 Uhr schwebte gegen Süden in majestätischer Ruhe ein Luftballon durch den blauen Aether dahin, auf den Fittichen eines leisen Windes von Südosten gegen Nordwesten getragen. Deutlich konnte man den Ballon und die Gondel mit bloßem Auge unterscheiden und nahezu eine Stunde lang verfolgen, bis er unter den blendenden Abendsonnenstrahlen am westlichen Horizont verschwand.
Freudenstadt, 26. Okt. Der Abgeordnete unseres Bezirks zur Landessynode, Dir. v. Zeller aus Stuttgart, nahm gestern an einer Versammlung von Geistlichen und einigen Laien teil, die ihn eingeladeu hatten, zu einer Besprechung über die gegenwärtig die Landessynode beschäftigenden Fragen. Die eingehenden Mitteilungen derselben wurden mit großem Interesse ausgenommen, und es fand während mehrerer Stunden ein lebhafter und mannigfach anregender Gedankenaustausch über die gegenwärtige kirchliche Lage und ihre brennenden Fragen statt.
Tübingen, 25. Okt. Die Stelle eines OrtS- vorstands wird nunmehr vom Gemeinderat öffentlich ausgeschrieben. Mit der Stelle ist ein pensionssähiger Gehalt von 6000 ^ verbunden; die gesetzlichen Gebühren des Ortsvorstehers fallen in die Stadtkasse. Die Bewerbungsfrist geht bis zum 5. Nov.
Tübingen, 26. Okt. (Korresp.) In unserem ehrwürdigen Gymnasialgebäude Unterricht zu erteilen, oder unterrichtet zu werden, dürfte nachgerade ungemütlich sein, da die nordwestliche Ecke des Gebäudes sich bedenklich senkt und starker Stützen bedarf. Die Folgen dieser Senkung sind breite Risse in den Decken der Lehrzimmer und zeitweise ein unheimliches Krachen. Eine von der Bürgerschaft zahlreich unterschriebene Eingabe der Gymnasiallehrer an die bürgerl. Kollegien bezüglich eines Neubaues wurde im vorigen Jahre zwar beraten, aber die Bedürfnisfrage wurde verneint. Die Frage ist nun aber wieder in den Vordergrund getreten und dürfte aufs neue ventiliert werden.
Böblingen, 26. Okt. (Korresp.) Wie verlautet, wird Herr Gerichtsnotar Mayer in Stuttgart als Landtagskandidat seitens der deutschen Partei für den hiesigen Bezirk aufgestellt. Der Genannte ist nicht nur eine sehr bedeutende politische Kapazität, namentlich in Fragen der inneren Landesverwaltung der freiwilligen Gerichtsbarkeit rc., sondern auch ein sehr gewandter Redner, der es versteht, zum Volke populär zu sprechen. Man hofft hier, Herrn Mayer mindestens in die Stichwahl zu bringen, wenn es etwa nicht gelingen sollte, ihn schon bei der ersten Wahl durchzubringen. Ferner hofft man, daß der von konservativer Seite aufgestellte Kandidat, Herr Schäfer, seine Kandidatur wieder zu Gunsten des Herrn Mayer zurückziehen werde.
Wie's auf dem Stuttgarter Rathaus zuge- gangeu ist, als am letzten Donnerstag dieRathaus- neubaufragewiedereinmaldenGemeinderat beschäftigte, schildert die „Württ. Volksztg." folgendermaßen: Um den Gang der Verhandlungen auch nur auszugsweise wiederzugeben, müßte man viele Rollen „endloses" Papier zur Verfügung haben. Wir können daher unfern Lesern nur einen kurzen Ueberblick über die Beratung geben, die teilweise so erregt war, daß einzelne Stadtväter mit geröteter Zornader von ihren Sitzen aufsprangen, andere energisch auf den Tisch klopften, wieder andere vom Stadtvorstand Ordnungsrufe für ihre Gegner verlangten und dergleichen mehr. Zum Glück war auch „etwas Publikum" (4 bis 5 Mann) vorhanden; dies mag Scenen L 1a. Wiener Parlament verhütet haben, indes wird das Publikum einen eigentümlichen Begriff von dem sonst sprichwörtlich gewordenen Rathausfrieden nach Hause genommen haben.
Stuttgart, 25. Okt. Ueber die Handwerkerversammlung in der Liederhalle geht der „T. Ehr." vom Vorstand des Verbands der Gewerbevereine ein Bericht zu, dem wir folgendes entnehmen: „Die am Sonntag in der Liederhalle zu Stuttgart veranstaltete Handwerkerversammlung, welche sich mit der Stellungnahme zu dem neuen Gesetz vom 26. Juli ds. Js. betr. Organisation des Handwerks zu befassen hatte, hat den Beweis geliefert, daß die bisher
als Gegner betrachteten Vertretungskörper des Handwerkerstandes, Gewerbevereine, Handwerkerverband, freie Innungen sehr wohl in der Lage sind, in gemeinsamer Arbeit zum Besten des Handwerks sich zu finden, wenn sie in dem in der Versammlung erfreulicher Weise kund gewordenen Bestreben nach gegenseitiger Verständigung fortfahren, sich in Zukunft vertrauensvoll die Hand reichen und ihre beiderseitigen Kräfte der guten Sache zur Verfügung stellen. Die Versammlung, an welcher als Vertreter der K. Re- gierungOberreg.-RatMofthaf.Oberreg.-Ratv. Mayer, Reg.-Rat Wendel, sowie auch Oberreg.-Rat Klaiber sich beteiligten, war von Handwerkern aller Berufs- schichtew aus dem ganzen Lande besucht, nicht zum Wenigsten von Vertretern der Gewerbeoereine. Die K. Regierung hat unter großem Beifall betont, wie sehr sie allen denjenigen Bestrebungen sy mystisch gegenübersteht, welche die Förderung des Handwerks und die Erleichterung der Durchführung des neuen Handwerkergesetzes im Auge haben. Oberreg.-Rat Mosthaf forderte zu gemeinsamem Vorgehen aller Handwerksvereinigungen auf und Oberreg.-Rat v. Mayer erinnerte daran, daß die Zentralstelle für Gew. und Handel den Handwerkern, so oft sie sich an sie wenden werden, mir Rat und That an die Hand gehen werde. Flaschnermeister Bader leitete die Versammlung mit maßvollem Takt und Geschick, Malermeister Ruß eröffnete dieselbe mit einer Ansprache, welche bedeutend wirkungsvoller gewesen wäre, wenn sie ebenso maßvoll gewesen wäre, wie die Leitung Baders. Ueber die einzelnen Punkte des schon früher veröffentlichten Programmes, das an sich nichts neue- bot, sprachen die Referenten Beck, Häußermann und Mangold. Einwände dagegen wurden von keiner Seite erhoben, da sich das Programm nach aller Meinung in dem Rahmen der Aufgaben bewegt, welche den künftigen Handwerkskammern überhaupt durch das Gesetz vorgeschrieben sind und welche zu fördern sich alle Vereinigungen gleichmäßig auf die Fahne geschrieben haben. Schreinermeister Bauer-Stuttgart begrüßte die Versammlung Namens des Stuttgarter Gewerbevereins und präzisierte die Stellung der Gewerbevereine zum neuen Gesetz und zu anderen Vereinigungen. In warmen Worten forderte auch er, gleichwie der Leiter der Versammlung, zu frischer und friedlicher gemeinsamer Arbeit aller Verbände auf. Energisch widersprach er als Handwerksmann den häusig gehörten Behauptungen, die Gewerbevereine seien nicht die richtigen Vertreter des Handwerkerstandes. Unter lebhaftem Beifall sprachen sich in gleichem Sinne eine ganze Reihe von Handwerkern aus, welche Gewerbevereinen angehören. Gegen die Gewerbevereine sprachen außer Ruß die Herren Häußermann, Kälberer, beide von Stuttgart, und Kraft-Pfullingen. Für die Gewerbe- vereine traten noch eine Anzahl Redner ein. Nachdem sich die Versammlung ohne Widerspruch für 4 oder 6 Handwerkerkammern ausgesprochen hat, vereinigte sich alles friedlich auf die Resolution, „daß die Versammlung die Organisation der einzelnen Handwerke für durchaus notwendig halte und die K. Regierung bitte, dieses Streben durchaus zu unterstützen." Ein Komite, bestehend aus Vertretern des Handwerkerbundes, der Innungen und Gewerbevereine, wurde mit der weiteren Verhandlung der Sache betraut, und so schloß denn diese Handwerkeroersammlunz mit dem Resultate einer Vereinigung, die jeder Freund des Handwerks freudig begrüßen wird."
Hall, 26. Okt. Die unter Leitung von Baurat Dolmetsch in Stuttgart stehenden Arbeiten an der alten Katharinenkirche werden in absehbarer Zeit vollendet sein. In der Hauptsache hat es sich um den Umbau und die Erhöhung des Turmes und die Verlegung der Orgel gehandelt. Bei den Arbeiten war man bemüht, dem Stilcharakter des ehrwürdigen Bauwerks Rechnung zu tragen und demselben zu erhöhter Wirkung zu verhelfen.
Karlsruhe, 25. Okt. Prämierlieutenant Knoll vom Infanterieregiment „Markgraf Ludwig Wilhelm" (3. bad.) Nr. 111 in Rastatt, der im „Karpfen" dahier den Exzeß gegen seine Kameraden beging, ist nach der „Landesztg." aus dem Heer mit Pension ausgeschieden. Demnach muß der Offizier als geisteskrank erklärt sein, sonst wäre eine strafgerichtliche Verfolgung unvermeidlich gewesen.
Darmstadt, 26. Okt. Die an den Hofbericht der „Karlsr. Ztg." geknüpften Vermutungen sind sämtlich unbegründet, die besten Quellen versichern, daß keinerlei Trübung des Verhältnisses vorliegt. — Prinz und Prinzessin Adolf von Schaumburg-Lippe sind heute Vormittag nach Baden-Baden abgereist; Der Großherzog und die Großherzogin begleiteten sie zum Bahnhof. — Die Prinzessin von Schaum- burg-Lippe ist bekanntlich die Schwester des deutschen Kaisers, woraus sich unschwer weitere Schlüffe über den Zweck der Badener Reise ziehen lassen.
Dresden, 25. Okt. Die Dresd. Nachr. schreiben: Viel besprochen wird in den Kreisen der hiesigen Staatsbahnbeamten ein Zwischenfall, der sich dieser Tage auf dem hiesigen Hauptbahnhof zugetragen hat. Mit der Begründung, daß sie dienstlich überbürdet seien, weigerten sich mehrere Beamte des Zugpersonals, den Dienst anzutreten. Die Weigerung wurde von ihnen zu Protokoll erklärt. Von anderer
Seite wird angegeben, die betreffenden Beamten hätten nur gebeten, von dem Dienst entbunden zu werden. Die Untersuchung ist im Gange.
Friedrichsruh, 26.Okt. Die „Augsb. Abdztg.", die bekanntlich namentlich über den Gesundheitszustand des Fürsten Bismarck mit direkten Nachrichten aus Friedrichsruh versorgt wird, läßt sich Ende voriger Woche schreiben: „Das letzte Unwohlsein des Fürsten Bismarck, das bei seinem hohen Alter als nicht unbedenklich angesehen werden konnte, ist auch diesmal wieder glücklich vorübergegangen und es kann von irgend welchem bleibenden Nachteil für das Allgemeinbefinden keine Rede sein, obwohl die größte Schonung bei der rauheren Jahreszeit selbstverständlich geboten ist. Wie der Geist des Fürsten, so ist auch dessen Körper von größter Zähigkeit und Ausdauer.
Berlin, 25. Okt. Zu der Absage des Zaren, den Großherzog und die Großherzogin von Baden zu empfangen, bemerkt die „Nationalztg.," daß eine amtliche Veröffentlichung über einen so ungewöhnlichen Vorgang auf schwere Zerwürfnisse persönlicher Art schließen lasse. Die „Deutsche Tagesztg." meint, die Erregung, welche die Ablehnung in Karlsruhe Hervorrufe, werde wohl nicht auf Karlsruhe beschränkt bleiben, sondern allgemein werden. Und sie werde um so tiefer und berechtigter sei«, als dem Zaren auch bei seinem diesjährigen Aufenthalt in Deutschland Aufmerksamkeiten erwiesen worden seien, die allem Anscheine nach über das Maaß des Notwendigen und Gebotenen hinausgehen. Die „Voss. Ztg." ist der Ansicht, daß sich der Großherzog von Baden durch die Ablehnung seines Besucher gewiß schwer verletzt fühle. Die Post glaubt, die Antwort nach Karlsruhe auf die Ungeschicklichkeit eines Hofbeamten zurückführen zu müssen, der dem Befehl des Zaren vielleicht nicht den richtigen Ausdruck gegeben habe. Das „Bert. Tagebl." erfährt noch zu der Angelegenheit, daß der Telegraphenbeamte an der hies. Börse die Beförderung von Telegrammen ablehnte, welche auf jene auffällige That- sache Bezug nahmen.
Berlin, 25. Okt. Der Reichskanzler wird erst morgen hierher zurückerwartet. Seine plötzliche Reise nach Karlsruhe und Baden-Baden hängt wahrscheinlich mit dem befremdenden Vorgänge zwischen dem russischen Kaiserpaar und der großherzoglichen Familie zusammen. In Darmstadt ist der russische Minister des Aeußern, Graf Murawiew, eingetroffen.
Berlin, 26. Okt. Der Kaiser empfing gestern Abend den Großfürsten Michael, der mit Gefolge zur Abendtafel geladen war. Heute Vormittag empfing der Kaiser den Botschafter Freiherrn Marschall von Bieberstein und begab sich alsdann mit dem Großfürsten Michael in die Kaserne des 1. Garde-Feld- Artillerie-Regiments, L 1s, suite dessen der Großfürst steht. Daselbst fand ein Vorexerzieren der reitenden Batterie statt.
Berlin, 27. Okt. An die Uebungen, die vor dem Kaiser und dem Großfürsten Michael auf dem Kasernenhof des 1. Garde-Feldartillerreregiments abgehalten wurden, schloß sich ein Frühstück im Offizierskasino des Regiments, bei dem der Kaiser einen Trinkspruch auf den Großfürsten, dieser einen auf das Regiment ausbrachte.
Ein Gewinn von 300000 Mark fiel in der Nachmittagsziehung am 24. ds. Ms. der preußischen Klassenlotterie auf die Nummer 218,959.
Aus Breslau, 25. Okt. meldet man der K. Z.r Lieutenant Graf Pückler vom hiesigen 51. Regiment hat sich heute erschossen.
Militärstrafprozeßreform. In der Dienstag- Sitzung der bayr. Kammer der Abgeordneten wurde die Beratung des Militäretats fortgesetzt, wobei u. a. Abg. v. Vollmar eine längere Rede hielt, in welcher die Uebereinstimmüng mit den gestrigen Centrumsreden das bayr. Reservatrecht des Obersten Militärgerichtshofes verteidigte. Der Kriegsminister erklärte, daß die Interpretation, welche man seiner im Finanzausschüsse abgegebenen Erklärung gegeben habe, zutreffe, insofern als die bayerische Regierung die Aufrechterhaltung des Obersten Militärgerichtshofes für ein auf Verträge gegründetes Reservatrecht ansieht. (Beifall.) Wer mitten in der Frage stehe, gewinne ein Urteil darüber, wie unzutreffend die Auslassungen der Presse über den Stand der Militärstrafprozeßreform größtenteils seien.
Zur Gewehrfrage wird dem „Hannov. Kur." geschrieben: „Dieser Tage ging eine für offiziös gehaltene Mitteilung des „Hamb. Korr." durch die Blätter, wonach die Militärverwaltung die Einführung eines neuen Infanterie-Gewehrs angeordnet habe, derart, daß die Rekruten schon damit ausgerüstet werden würden. Die ganze Fassung dieser Aufsehen erregenden Meldung mußte zu der Ansicht führen, daß die Armee ein ganz neues Gewehr erhalten und das alte daher verworfen werden sollte. Die Nachricht ist inzwischen auf den richtigen Sachverhalt zurückgeführt worden. Dieser besteht darin, daß jetzt alle Jnfanterietruppen neue Gewehre des alten Modells 88, die schon längst vorrätig in den Depots lagern, erhalten; die sämtlichen alten, nunmehr seit verschiedenen Jahren im Gebrauch befindlichen Gewehre werden eingezogen und in den Ge-