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dieser Gelegenheit sei angeführt, daß der bekannte Landesausstellungspavillons von C. Leins u. Co., der mehrere Jahre auf dem Vorplatze des Etablisse­ments stand, nach Cannstatt verkauft wurde, wo soeben die Aufstellung in einem Garten erfolgt. Am 17. d. Mts. abends wurde der Hausknecht eines hiesigen Gasthofs durch einen Kutscher, welcher als Gast daselbst an­wesend war, bei einer Begegnung im Hausgang aus geringfügiger Ver­anlassung mittels eines Messers in den Arm geschnitten und hiedurch be­deutend, jedoch nicht lebensgefährlich verletzt.

Winnenden, 20. Aug. Gestern abend kurz vor 9 Uhr brach in der mit Ernte« und Futtervorräten überfüllten Scheune des Gasthauses zur Schwane Feuer aus, welches bald auch den Dachstuhl des anstoßenden Gasthauses ergriff. Der rasch herbeigeeilten Feuerwehr und den Löschmann­schaften der benachbarten Orte gelang es, nach einstündiger angestrengter Thätigkeit das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Die Scheune ist bis auf den Grund abgebrannt; vom Hauptgebäude stehen die zwei unteren Stock­werke noch, doch sind dieselben durch die eingeworfenen Wassermassen schwer beschädigt. Ueber die Entstehungsursache ist noch nichts Näheres bekannt.

Marbach, 18. August. In der Nacht von gestern auf heute ver­unglückte der 20jährige Weingärtner Christian Bürkle von hier auf klägliche Weise. Derselbe wollte wahrscheinlich des heftigen Regens wegen den Laden an der offenen Lichtöffnung seiner Schlafkammer schließen. Hiebei stürzte er hinaus, fiel zunächst auf ein Vordach und dann auf eine steinerne Staffel. Er erhielt dadurch eine Kopfverletzung und verlor offenbar das Bewußtsein; denn gleich darauf fiel er kopfüber in ein in der Nähe auf einer Miste befindliches Güllenfaß, in welchem er ertrank. Bis Hilfe da war, war er schon tot.

Göppingen, 18. August. Heute nachmittag sahen Kinder vom Schulzimmer aus, welches in nächster Nähe der katholischen Kirche steht, einen Handwerksburschen in dieselbe gehen. Nach der Schule gingen einige von ihnen auch in die Kirche und fanden den Opfer stock erbrochen und geleert. Auf die sofortige Anzeige seitens des Lehrers gelang es der Polizei bald, den Thäter zu erwischen.

Heilbronn, 18. August. Gestern nachmittag verübte ein aus Amerika zurückgekehrter Strolch aus dem benachbarten Bückingen ein rechtes Gaunerstückchen. Derselbe schlich in die Stallungen des Eisenbahn­hotels ein und stahl daselbst ein Pferd, das er in der Frankfurterstraße stehen ließ. Während er ein zweites Pferd holen wollte, wurde der durch das Gewieher und die Unruhe aufmerksam gewordene Hausknecht des Diebes gewahr, welcher sodann festgenommen und zur Haft abgeliefert wurde. Das erste Pferd kehrte von selbst wieder in den Stall zurück. In nächster Zeit wird unsere Stadt zahlreiche Einquartierung erhalten: am 29. und 30. Aug. 600 Mann, vom 9. bis 12. Sept. gegen 2400 Mann.

Möckmühl, 19. Aug. In Zütlingen brachte gestern vormittag ein Mädchen seine Hand in die Dreschmaschine, wodurch die Hand samt 4 Fingern gänzlich zerquetscht wurde. Die 4 Finger wurden sofort von dem Arzt abgenommen. Vielleicht muß noch die ganze Hand abgenommen werden.

Heidenheim, 19. Aug. In Sontheim a. d. Brenz wurde im Walde ein entkleideter männlicher Leichnam aufgefunden. Ein Raub­mord ist wahrscheinlich.

Vom Bezirk Waldsee. In der Nacht vom letzten Mittwoch auf Donnerstag wurde dem Bierbrauer Stützte in Gaisbeuren in dessen Bier­keller eingebrochen und 5000 Liter Bier laufen lassen. Das im Keller auf­bewahrte Fleisch wurde morgens auf der Straße zerstreut wieder gefunden. Man vermutet, daß diese bübische That von durchreisenden Handwerksburschen ausgesührt wurde; ein Verdächtiger soll bereits hinter Schloß und Riegel sitzen.

Baden-Baden, 17. Aug. Eine großartige Schwindelei im Betrag von über 100,000 wurde zum Nachteil eines alten und an­gesehenen hiesigen Bankhauses verübt. Ein angeblicherOberingenieur"

einer Dampfpflugfabrik, der in den ersten Kreisen der hiesigen Bürgerschaft sich einzudrängen verstanden hatte, hat mit großer Umsicht und Geduld ver­mittelst gefälschter Kreditbriefe und Cheks den Streich zu Stande gebracht. DerOberingenier", der seit l'/e Jahren hier mit seiner Familie auf großem Fuß, aber ohne Aufsehen zu erregen, lebte, ist verschwunden, seine Frau und sein Sohn (Polytechniker in Zürich) dagegen in sicherem Gewahrsam, weil der Beihilfe und der Hehlerei dringend verdächtig. Der Fall erregt hier großes Aergernis und erinnert an denBaron Derschau"-Reinfall.

Bern, 17. Aug. Die Sammlungen für die unglücklichen Zuger werden in der ganzen Schweiz eifrig fortgesetzt und ergeben erfreu­liche Resultate. In Zug selbst hat sich eine Fachkommission an die Arbeit gemacht, durch Bohrungen den Grund, auf welchem die westlichen Teile der Stadt stehen, zu untersuchen. Die Ergebnisse derselben sollen durchwegs sehr beruhigend sein. Etwa 3 Meter über dem Wasserspiegel trifft man fast überall viel Grundwasser und eine viele Meter tiefe breiige Masse, die See­kreide, deren Rutschung Veranlassung zum Einsturz am 7. Juli gab. Eines der gefährdetsten Häuser in der Vorstadt wird abgetragen. Andere werden dasselbe Schicksal noch zu teilen haben.

WevrnifchLes.

Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Aus dem gegenwärtig zur Versendung kommenden Jahresbericht geht hervor, daß im letzten Jahre durch die Stationen der Gesellschaft 31 Personen ge­rettet wurden und ist damit die Gesamtzahl der seit Begründung der Gesellschaft Geretteten auf 1609 gestiegen. Die verhältnismäßig geringe Zahl der im Berichtsjahre Geretteten erklärt sich daraus, daß die deutschen Küsten von schweren Stürmen fast gänzlich verschont wurden, während insbesondere die Küsten von Großbritannien und Frankreich von furchtbaren Stürmen, welche unter der an der Schiffahrt beteiligten Bevölkerung namenloses Unglück hervorgerufen haben, heimgesucht worden sind. Die Gesellschaft unterhält an der Nord- und Ostsee 101 Rettungsstationen, für deren Begründung, Ausrüstung und Unterhaltung rund 100,000 im letzten Jahr verausgabt wurden. Die Zahl der Mitglieder hat sich auf 46,456 erhöht, auch die Summe der außerordentlichen Beiträge war eine wesentlich höhere als im Vorjahre. Die Reichspost- und Telegraphenbeamten veranstalteten eine Sammlung zum Zweck der Anschaffung dreier Rettungsböte; so dringt das Verständnis für die humanen und edlen Bestrebungen der Gesellschaft in immer weitere Kreise. Unter den bestehenden 57 Bezirksvereinen nimmt der Bezirksverein für Schwaben eine der ersten Stellen ein und es kann auch innerhalb dieses Bezirksvereins sowohl ein Wachsen der Mitgliederzahl auf 2003 wie eine Vermehrung der Beiträge mit Freuden konstatiert werden. Die im letzten Jahre begonnene Sammlung zur Stiftung eines Rettungs­bootes Schwaben hat unter den Mitgliedern großen Beifall gefunden, es wurden für diesen bestimmten Zweck allein 1800 gespendet. Es fehlen jetzt noch ca. 800, um die Stiftung zur Ausführung bringen zu können, und es ist zu wünschen, daß im Laufe dieses Jahres die Mittel zur Verwirk­lichung dieses edlen Gedankens vollends zusammen kommen. (Anmeldungen zum Beitritt zur Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, sowie Beiträge für das RettungsbootSchwabe n" nimmt entgegen Hr. Fabri­kant E. Zöppritz in Calw.)

Von der Sonnenfinsternis. An nur sehr wenigen Orten Deutschlands konnte dieselbe beobachtet werden; fast überall war der Himmel mit Wolken bedeckt oder es regnete in Strömen. Nur in Eisleben scheint man Glück gehabt zu haben. Em Telegramm der Hess. M.-Ztg. von dort meldet:Hellster Sonnenschein. Sonnenfinsternis schön beobachtet. In Frankfurt war ebenfalls nichts zu sehen, ebensowenig vom Feldberg aus. Aus Hanau berichtet der dortige Anz.: Nachdem um 4Vz Uhr das Morgen­grauen sich bemerklich gemacht und eine gewisse Helligkeit verbreitet hatte,

müht gewesen, die Spur seiner verschollenen Schwester ausfindig zu machen, allein I ohne Erfolg. Das Einzige, was er in Erfahrung bringen konnte, war, daß sie sich I mit einem Schreiblehrer namens Knoivles in London verheiratet hatte. Er erfuhr auch, daß ihr Gatte in London gestorben und die Witwe mit einem kleinen Kinde von dort weggezogen war, aber erst mir gelang es nach drei Jahren des beschwer­lichsten Suchens ihr Grab zu finden. Und nun habe ich endlich auch in Ihnen ihr Kind entdeckt. Der Familienname Ihrer Mutter war Augusta de Bourdon; Sie sind ihre Tochter und mithin die Nichte des Marquis de Bourdon!"

Wußte meine Mutter um ihre vornehme Geburt?"

Ich möchte es bezweifeln! Als sie ein Kind war, konnte man nicht die ge­ringste Hoffnung hegen, daß die de Bourdon'schen Familiengüter jemals wieder an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückfallen würden. Man nannte sie daher schlicht- weg Fräulein Bourdon, und es kann für sicher gelten, daß der Schreiblehrer John Knowles auch nicht mehr von ihr wußte, als alle Uebrigen, ja es ist sogar sehr wahr­scheinlich, daß sie selbst keine Ahnung von ihrer Abstammung hatte!"

Ich kann mich auch nicht erinnern, sie jemals von Frankreich oder den de Bourdons sprechen gehört zu haben. Ich muß Ihnen Recht geben, meine Mutter wußte nichts davon!"

Der jetzige Marquis de Bourdon", nahm Herr Rodway seinen Bericht wieder aus,war mit der Tochter eines der ältesten englischen Adelsgeschlechter verheiratet. Doch schon nach wenigen Jahren einer glücklichen Ehe erntriß ihm der Tod seine Gemahlin, die ihm zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, geschenkt hatte. Wie aber Schicksalsschläge selten allein kommen, so verlor der Marquis auch bald darauf rasch hintereinander seine beiden vielversprechenden Kinder und er stand allein da in der Welt mit seinem immensen Reichtum, seinen ausgedehnten Güten: und seinem alten Adel, ohne Erbe für dies Alles. Er that sein Möglichstes, um den Aufent­haltsort seiner Schwester ausfindig zu machen und zu erfahren, ob dieselbe Kinder hinterlassen habe, aber während mehreren Jahren blieben seine Bemühungm bis auf das Ihnen vorhin Mitgeteilte resultatlos, bis er endlich vor nun 3 Jahren die An­gelegenheit in meine Hände legte.

Ich will ganz offen gegen Sie sein und Ihnen mitteilen, was zwischen uns abgemacht wurde: Der Marquis de Bourdon versprach, mir die Summe von fünf­tausend Pfund Sterling auszuzahlen, für den Fall, daß es mir gelingen würde, die Tochter seiner Schwester Augusta de Bourdon zu finden und ihm zuzuführen! Aber er machte Bedingungen:

Der Abgesandte des edlen Marquis unterbrach sich und betrachtete sein schönes Gegenüber mit etwas unsicheren Blicken; trotz seiner scheinbaren Ruhe verriet ein ner­vöses Zucken seiner Hände seine innere Aufregung. Laura Roden jedoch zeigte nicht die leiseste Spur von Unruhe und wie sie so vor ihm stand, regungslos, die Augen fest auf das Gesicht des Sprechers gerichtet, glich sie fast einer schönen Statute. Ebenso ruhig, ohne jede Bewegung, ja fast ohne jede Betonung war jetzt ihre Stimme, als sie sagte:

Ich weiß wohl, daß Nichts auf der Welt uns bedingungslos geschenkt wird- Nennen Sie mir diese Bedingungen!"

Aber erst nach einer langen drückenden Pause, während welcher er seine un­ruhigen Augen überall hin, nur nicht auf das Gesicht der vor ihm Stehenden schweifen ließ, antwortete der Advokat, nachdem er sich genugsam hatte überzeugen können, daß Sie das Schweigen nicht brechen, ihm seine Mitteilungen nicht erleichtern würde. Er sprach mit hastiger, nicht ganz sicherer Stimme, die trockenen Lippen öfters mit der Zunge anfeuchtend und die Worte gleichsam überstürzend:

Diese Bedingungen sind einfach genug!" Der Marquis ist sehr stolz; er be­dauert nichts tiefer, als die Vermischung seines edlen Blutes mit nicht ebenbürtigen Elementen, wie dies seit der Verbannung seiner Familie geschehen. Er sagte mir ausdrücklich, daß, wenn ich das Kind seiner Schwester fände und es verheiratet sei, ich es in seiner Verborgenheit lassen sollte; er wolle alsdann seine Reichtümer Fremden hinterlassen. Wenn aber deren Kind noch ledig sei, dann solle ich es ihm zuführen; er wollte es adoptieren und zu seinem Universalerben einsetzen. Aber nur, wenn es noch ledig sei. Das ist der Grund warum ich nicht damach fragte, ob Sie verheiratet sind!"

(Fortsetzung folgt.)