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Brüssel, 10.Juli. Vizekönig Li-Hung-Tschangs Sekretär erklärte gegenüber den Vertretern der Presse, der wichtigste Erfolg der Europareise des Vizekönigs werde nicht bloß die Öffnung aller chinesischen Hä­fen, sondern auch des chinesischen Binnenlandes sein. China werde mit den nötigen Modifikationen der Cultur Europas Eingang verschaffen. Der Vize­könig unterhandelt hier wegen eines chinesisch-belgi­schen Handelsvertrages.

Paris, 9. Juli. DasEcho de Paris" ver­sichertohne Furcht dementiert zu werden", daß die Verlobung des Herzogs Philipp von Orleans, des französischen Kronprätendenten, mit der Prinzessin Marie Dorothea Amalie, Tochter des 1833 gebore­nen Erzherzogs Joseph Karl Ludwig von Oesterreich, nahe bevorsteht. (Diese Verbindung soll in Karls­bad zu Stande gekommen sein. Die Braut ist 2 Jahre älter, als der Bräutigam.)

Paris, 10. Juli. Die Verhängung des Be­lagerungszustandes auf Madagaskar ist veranlaßt durch einen von einem Hovasprinzen im Arsenal von Tananarivo verübten Waffendiebstahl und durch die Entdeckung eines Komplottes in Manantari an der Ostküste von Madagaskar, wonach die Hooas den Truppenabmarsch abwarten wollten, um alle Fremden zu ermorden. Der zweite Hovasgouver- neur und mehrere Hovasoffiziere wurden verhaftet und nach Tananarivo gebracht.

Rom, 11. Juli. Die Agenzia Stefani veröffent­licht nunmehr folgende Note: Nachdem der Minister­rat beschlossen, die Beratung der Vorlage über die militärischen Maßnahmen auf November zu vertagen, gab der Kriegsminister seine Demission. Infolgedessen überreichte di Rudini dem Könige die Demission des gesammelten Kabinetts. Der König beauftragte di Rudini mit der Neubildung des Kabinetts.

Stockholm, 10. Juli. Eine Begegnung zwischen Kaiser Wilhelm und König Oskar findet am 23. d. M. in Norwegen statt.

Stockholm, 10. Juli. Aftonbladet erhielt fol­gende Depesche des Ingenieurs Andröe: Die Polar­expedition hat seit dem 22. Juni in Pikes Haus, dem nördlichen Teil der dänischen Insel gegenüber, Station genommen. Ein großer Teil der Ladung ist bereits gelöscht, der Platz ist sehr günstig, die Arbeit nimmt ihren normalen Fortgang, das Wetter ist schön. Die Eisverhältnisse sind in diesem Jahre ausnahmsweise günstig; alles ist wohl.

In Dänemark ist eine entsetzliche Geschichte passiert! König Christian befindet sich nämlich auf Reisen in Deutschland und während seiner Abwe­senheit ist nach der Verfassung der Kronprinz Regent, darf aber als solcher das Land nicht verlassen. Nun fiel es dem Kronprinzen von Schweden und Nor­wegen ein, den dänischen Kronprinzen zum Besuch der südschwedischen Landesausstellung nach Malmö einzuladen, welcher Einladung auch Folge geleistet wurde. Höflinge entdeckten in Malmö zu ihrem Entsetzen den Verstoß gegen die Verfassung und veranlaßten, daß auf dem dänischen Schiff wenig­stens die kronprinzliche Flagge den ganzen Tag ge­hißt blieb, wodurch die Anwesenheit des Regenten an Bord und somit auch auf dänischem Boden fin­giert wurde. Das Vaterland war so gerettet.

Die Anzeichen des Verfalls innerhalb des türkischen Reichs mehren sich fortwährend. In Dscheddah an der arabischen Küste zeigt sich gegen­wärtig die Garnison meuterisch, wahrscheinlich weil sie schon lange keinen Sold mehr erhalten hat. Nach den Erfahrungen, welche der russische, französische und holländische Konsul vor nicht langer Zeit bezüg­lich der im Bereich der Stadt herrschenden Unsicher­heit machen mußten, kann es nicht Wunder nehmen, wenn, von Seite der europäischen Vertreter daselbst der neue Uebelstand sehr ernst genommen wird und eine der Regierungen, deren Konsuln bei Dscheddah im vorigen Jahr Gegenstand eines mörderischen Anfalls waren, in Konstantinopel Vorstellungen er­hoben hat. Freilich wird es auch hier wie in so vielen anderen Dingen bei Versprechungen und schönen Redensarten seitens der Pforte bleiben; die Regie­rung besitzt eben nicht mehr die Energie, sich zu kräftigem Handel aufzuraffen.

London, 10. Juli. Eingetroffene Drahtnach­richten aus Rhodesien schildern die dortige Lage als überaus kläglich. Oberst Plumer ziehe sich trotz eines angeblich glänzenden Sieges am Sonntag nach Buluwayo zurück. Der Aufstand greife überall um

sich, die Lebensmittel seien knapp und teuer; in Fort Salisbury herrsche nicht nur Unzufriedenheit unter den Kolonisten im Lager, sondern auch die Offiziere mißbilligten die Verteidigungsmethoden ihrer Vor­gesetzten. Die Ersatzkolonne aus Buluwayo lasse auf sich warten. Die Matabele zeigen sich kriegs­geübter als früher; sie werfen sich nicht nur mit Todesverachtung auf die Maximkanonen, sondern suchen Deckung hinter Hügeln oder im hohen Grase. Der Prophet Mlimo sei nicht tot, sondern befehle vielmehr eine Kriegerschar. Die Meldung über den Aufstand der Gazas vereitelte die ursprüglichen Pläne für den Angriff auf Matoppos. Starke Rebellen­haufen durchstreifen die Nachbarschaft von Buluwayo zwischen Mangwe und Jnyati. Allgemein werde geglaubt, zur gründlichen Niederwerfung des Auf­standes seien mindestens 5000 berittene Truppen erforderlich, sonst dürfte er noch Jahre dauern.

London, 11. Juli. Das Oberhaus nahm mit 142 gegen 104 Stimmen die Bill an, welche die Ehe eines Wittwers mit der Schwester seiner ver­storbenen Frau gestattet.

Petersburg, 9. Juli. Die Witwe des Baron Hirsch spendete zur Förderung der Auswanderung der Juden nach Argentinien 100 Millionen Franks.

Petersburg, 10. Juli. Bei dem gestrigen Bot­schaftsdiner toastete der deutsche Botschafter, Fürst Radolin, auf den Kaiser von Rußland, der russische Marinestabschef Kremer auf den deutschen Kaiser und ein gutes Einvernehmen zwischen der russischen und deutschen Marine für alle Zeiten.

Zwei russische Grenzsoldaten, welche einen bei Russisch - Knottingen die Grenze passierenden Schmuggler verfolgten, wurden, da sie bei Bajohren preußisches Gebiet betreten hatten, von Steuerbe­amten und einem Gendarmen verhaftet und in das Gerichtsgefängnis von Memel eingeliefert. Auf die Anzeige bei den russischen Behörden traf sofort ein russischer Oberst zu Verhandlungen in Memel ein. Dieser kleine Grenzzwischenfall hat natürlich nichts weiter zu besagen.

Chicago, 10. Juli. Im ersten Wahlgang für die Aufstellung des Präsidentschaftskandidaten erhiel­ten Bland 233, Bryan 105, Pattison 95, Boies 86, Blackburn 83 Stimmen. Außerdem erhielten Tillman 17, Teller 8, Hill 1 . 185 Delegierte ent­hielten sich der Abstimmung. Beim zweiten Wahl­gang erhielt Bland 281, Bryan 197, Pattison 100, beim dritten Bland 291, Bryan 219 Pattison 97, beim vierten Bryan 280, Bland 241, Pattison 96; beim fünften wurde Bryan (der Silbermann aus Nebraska) zum Kandidaten aufgestellt.

Kapstadt, 10. Juli. Der Verstärkungstransport der deutschen Schutztruppe für Südostafrika ist am 25. vor. Monats an der Swakopmündung glücklich gelandet.

Kleinere Mitteilungen.

Altensteig, 10. Jnli. Heute nachmittag ging auf den Markungen Oberweiler und Simmersfeld ein sehr- schweres Gewitter nieder, verbunden mit großem Hagel­schlag.

Eutingen, 10. Juli. In Mühringen bei Jmnau hat Lehrer Nehr eine Kammer; am Hause, an dem kein einziger fingerslanger Zweig vorhanden ist, an dem nicht 36 Trauben hänge», und an großen zählt man 10IS Stück. Der weiße Elmling und der schwarze Riesling hängen sich bis in 10 Tagen schon. Auch Pfarrer Eiberger in Eutingen hat eine solche Kammerz am Hause, trotzdem sie voriges Jahr nahezu erfroren ist. (Schw. B.)

Herrenberg, 10. Juli. Beim Aufschlagen eines Neu­baus von Waldhornwirt Baumann hier verunglückte laut !G.-B." der 34jährige verheiratete Zimmermann Schwarz ivon Haslach. Ein Sturz von dem obersten Gebälkwerk und ein mitstürzender Balken verursachte ihm eine innere j Verletzung. Zunächst wurde er in das Bezirkskrankenhaus verbracht.

Waldmöss-ngen, 10. Juni. Soeben, 1^/j Uhr, schlug der Blitz in das Wohnhaus des Jos. Weber und tötete ein Pfzrv und eine Ziege. Der Bruder des Besitzers wurde ebenfalls vom Blitze getroffen. Sein Zustand ist besorg­niserregend. Das Feuer konnte, dank der rasch hsrbeige- eilten Hilfe gelöscht werden.

Neuenbürg, 10. Juli. Nach der so tropischen Hitze der letzten Tage entlud sich heute mittag 2 Uhr ein schweres, wolkenbruchartiges Gewitter, verbunden mit starken Hagel, über die Waldorte, besonders stark aber über der Höhe von Langenbrand. Das Gewitter zog, wie die meisten in den letzten Wochen, von Südosten auf und kam ganz unerwartet rasch zum Ausbruch. Die Hagelstücke erreichten teilweise die Größe einer Faust. Ueber den entstandenen Schaden ist noch kein Bericht eingelaufen. In hiesiger Gegend regnete es wenig; die plötzlich in der Enz daher­kommenden schmutziggelben Wassermassen ließen aber aus ganz erhebliche Niederschläge schließen.

Stuttgart, 9. Juli. Am gestrigen Spätnachmittag verunglückte der erst vor einigen Wochen aufgezogene Güter­

beförderer auf dem Westbahnhof (Hasenberg) Namens Pfizer dadurch, daß er beim Heieinführen an einer etwas abhängi­gen Stelle unter den vollbeladsnen Heuwagen geriet. Ein Bein wurde ihm abgedrückt und auch das andere schwer zerquetscht, so daß heute ihm wahrscheinlich beide Beine abgenommen werden müssen. Der wackere Mann findet allseitiges Bedauern.

Stuttgart, 9. Juli. Ueber den Zustand der bei der gestrigen Benzinexplosion verunglückten Personen erfahren wir aus dem Katharinen-Hospital, daß Frau Staiger und ihr Dienstmädchen noch heftige Schmerzen haben; bei beiden ist es noch ungewiß, ob sie am Leben erhalten werden können. Der in der Olgaheilanstalt liegende Sohn der Staiger'schen Eheleute hatte vor Mitternacht gleichfalls heftige Schmerzen, nach Mitternacht wurde derselbe ruhiger. Auch bei ihm ist es noch ungewiß, ob er mit dem Leben davon kommen wird.T. Ehr."

Stuttgart, 11. Juli. Ueber das Befinden der bei der Benzinexplosion in der Calwerstraße verunglückten beiden Frauen erfahren wir, daß Frau Staiger eine etwas ruhigere Nacht hatte, wogegen das Dienstmädchen Christiane Jlg wieder von stärkerem Fieber heimgesucht war. In dem Zustand des Knaben ist eine erfreuliche Besserung ein­getreten.

Stuttgart, 9. Juli. Daß ein Bienenschwarm sich mitten in der Landeshauptstadt, an einem Hause in der bekannten traubenförmigen Gestalt ansetzt, dürfte zu den Seltenheiten gehören. Heute vormittag war dies der Fall an einem Hause, Ecke der Lange- und Hospital-Straße. Da viele Residenzlcr wohl in ihrem Leben keinen Bienenschwarm ge­sehen haben, sammelte sich eine große Menschenmenge an, um der Manipullation des Schwarmfassens zuzuschauen.

Berkheim, OA. Eßlingen, 11. Juli. Bei dem heuti­gen Gewitter, welches gestern abend über unsere Gegend hinzog, schlug der Blitz in das Wohnhaus des Jakob Betzler. Haus und Scheuer sind bis auf die Grundmauern abge­brannt.

Plieningen, 11. Juli. Heute nacht schlug der Blitz in das Haus des Gerbers Stoll und zündete. Der Dachstock ist weggebrannt. Fremde Feuerwehr mußte nicht hinzu­gezogen werden.

Schramberg,8. Juli. Heute drohte der Schramberger Zugfedernfabrik wieder ein Unfall. Vermutlich durch einen hinunterfallenden Deckel wurde das Sicherheitsventil am, Dampfkessel weggeschlagen, was auf eine Kesselexplosion rechnen ließ. Das ganze Arbeiterpersonal mußte sich schnell-- stens aus der Fabrik flüchten. Glücklicherweise löschte das Wasser und der Dampf das unter dem Kessel brennende Feuer aus und wurde dadurch das schlimmste verhütet. Der Heizer trug sehr bedeutende Brandwunden am ganzen Leibe davon.

Die unterbrochene Festrede. Aus Mosbach wird vom 6. Juli geschrieben: Im Amt Boxberg fand gestern Fahnenweihe statt. Auf der Tribüne hatten die weißge­kleideten Jungfrauen, sowie der Festredner Platz genommen. Einige tausend Personen hörten diesem zu, als plötzlich dieser samt allen auf der Tribüne Anwesenden verschwand.. Der Boden der Tribüne war zusammengebrochen und die Fsstjungfrauen samt Redner versanken in die Tiefe. Völlig unversehrt, aber mit etwas derangierten Kleidern fanden sich später die Gestürzten wieder zusammen, um den Schluß der Rede sind aber die Zuhörer gekommen. Einen ähn- Fall berichtet derBöbl. Bote" von der Fahnenweihe des Turnvereins in Sindelfingen in folgender gelungener Weise: Der Festredner schloß eben. Auf's engste hängt das Turnen

zusammen mit der patriotischen Erhebung-Da,.

ein Krach und Festredner, Festausschuß und Festdamen versanken hinter Tannengrün in die Tiefe.

Brach auch das Podium hinunter.

Blieb Alles doch gesund und munter.

Festausschuß und Festdamen begaben sich nach kurzer Erholung von dem Schrecken auf die andere für Musik und Liederkranz reservierte Tribüne. Doch Mit des Geschickes Mächten Ist kein ewger Bund zu flechten.

Und dasUnheil" schreitet schnell.

Kaum dort angelangt und sich geordnet ein zweiter Krach. Wohl bei manchem liebenden Turnerherzen mag. es geheißen haben:

Mein Liebchen ist verschwunden.

Das dort gethronet hat.

Frankfurt a. M., 10. Juli. Beim Einsteigen in einen Kanalschacht in der Schützenstraße wurden vier Ar­beiter durch Stickgase betäubt. Ein ihnen zu Hllfe eilender Klempner wurde ebenfalls bewußtlos. Indessen gelang es, sämtliche Arbeiter zu retten. Dieselben fanden Aufnahme im Heiliggeisthospital. Zwei der Verunglückten konnten, nach kurzer Zeir aus dem Hospital entlassen werden. Für die übrigen liegt weitere Gefahr nicht vor.

Hamburg, 10. Juli. DerHamb. Korresp." meldet aus Harburg: Der Nachmittags 4 Uhr 22 Min. fällige hannoversche Zug entgleiste auf der Strecke bei Winsen infolge Radbruches. Bisher sind 7 Tode sestgestellt.

Hamburg, 10. Juli. Zu dem gestrigen Eisenbahn­unglück bei Winsen meldet derHamb. Corresp." ferner, das bisher Niemand tot, aber 7 Personen schwer verletzt seien. Die Zahl der überhaupt Verletzten beträgt etwa 20. Der Verkehr ist vollständig gesperrt.

Eine aufregende Ballonfart. Man meldet aus Paris vom 7. Juli: Der FesselballonFormidable", der gestern abend mit S Personen, darunter zwei Dämmen, in Montpellier aufgelassen wurde, hatte ein recht aufregendes und unangenehmes Abenteuer zu bestehen. Der Ballon wurde nämlich durch den starken von Nordwesten wehenden Wind fortgerissen und dabei rollte sich sein Kabel um den Schornstein der in der Nähe liegenden Eiswerke. Eine halbe Stunde hindurch wurden die halsbrecherichsten Ver­suche gemacht, um den Ballon loszubekommen; ungefähr 20000 herbeigeströmte Personen schauten angstvoll zu. Um 7 Uhr endlich, als sich alle Bemühungen als vergeblich er­wiesen hatten, gab der Schornstein nach und, während seine.