bei Nacht eingetreten ist, sonst wären sicherlich auch Menschenleben zu beklagen.

Augsburg, 23. Juni. DieAugsb. Postztg." meldet aus München: Die deutschen Mühlen­besitzer wollen an den Reichstag eine Petition richten, welche die Einführung einer progres­siven Produktionssteuer für die größeren Betriebe bezweckt. Die Petenten sind Besitzer von kleineren Mühlen und wollen sich der erdrückenden Konkurrenz durch die Großbetriebe erwehren.

Nürnberg, 20. Juni. Der König von Würt­temberg, welcher hier eintraf, besuchte den früheren Gouverneur von Ostafrika Freiherrn v. Soden in Vorra. Heute kam der König nochmals nach Nürn­berg und besuchte nachmittags die hiesige Landes- Ausstellung.

Würzburg, 22. Juni. Professor Röntgen erhielt von dem König Humbert von Italien das Komthurkreuz der italienischen Krone.

Kiel, 22. Juni. Li Hung Tschang stattete heute früh gegen 9 Uhr S. K. H. dem Prinzen Heinrich von Preußen im Schlosse einen Besuch ab und un­ternahm dann eine Rundfahrt durch den Hafen, während der er an Bord derHohenzollern" anlegte, um sich bei den Majestäten in das Buch, das ihm heruntergebracht wurde, einzuschreiben. Er fuhr so­dann weiter nach dem PanzerschiffKurfürst Friedrich Wilhelm" und besichtigte dann dasselbe. Nach der Besichtigung machte derKurfürst Friedrich Wilhelm" klar Schiff", um sich dem Vicekönig in Gefechts­bereitschaft zu zeigen. Hierauf wurde die Kaiserliche Werst und die Germaniawerft auf der das Früh­stück eingenommen wurde, besichtigt.

Hamburg, 20. Juni. Wie dieHamburgische Börsenhalle" meldet, bestätigt sich die von New-Aork aus verbreitete Nachricht über den Ausbruch einer Revolution in Guatemala nicht. Auf mehrere von hiesigen großen Firmen nach Guatemala gerich­tete Anfragen sei die Antwort eingegangen, daß in Guatemala alles ruhig sei.

Der Kaiser hat auf das Huldigungstelegramm der deutschen Landwirte bei Gelegenheit der Wan­derausstellung zu Stuttgart-Cannstatt folgende Er­widerung an den Vicepräsidenten der Gesellschaft für den 11. Gau (Königreich Württemberg), den Grafen v. Rechberg, richten lassen: Der Kaiser ist durch das Huldigungstelegramm der dort versammel­ten Landwirte Deutschlands und Mitglieder der Land­wirtschaftsgesellschaft aufs angenehmste berührt wor­den und läßt für die Versicherung unwandelbarer Treue herzlich danken. Se. Majestät wünscht, daß auch von der diesjährigen Wanderversammlung und der damit verbundenen Ausstellung reicher Seegen für die deutsche Landwirtschaft ausgehen möge. Kabinetsrat v. Lucanus.

Den mit absoluter Sicherheit wiederkeh­renden Refrain der Reichstagssitzungen bildet seit einigen Tagen die Konstatierung der Beschlußunfä­higkeit. Das ist sehr schlimm angesichts der zweiten Lesung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die am Freitag begonnen hat. Findet auch jetzt nicht die zur Be­schlußfähigkeit erforderliche Anzahl von Abgeordneten sich ein, so hat die Obstruktion gewonnenes Spiel, und der Versuch, das Gesetzbuch ohne Vertagung fertigzustellen, wird unter den beschämendsten Ver­hältnissen aufgegeben werden müssen. Sind die Fraktionen kläglicher- und unwürdigerweise nicht imstand, die Beschlußfähigkeit herbeizuführen, so ist es besser, auf den Versuch der sofortigen Durchbe­ratung ganz zu verzichten; er könnte dann nur zu einer großen Beschämung vor dem Ausland führen.

Deutschland richtete eine Protestnote an die Kongoregierung, weil kongostaatliche Agenten eine Manvema durchziehende Karawane deutscher Unterthanen ausgeplündert und niedergemetzelt hatten. Deutschland fordert Entschädigung und Rückgabe des geraubten Elfenbeins und droht nach der Voss. Ztg. im Falle weiterer Konflikte mit Kündigung der Berliner Kongoakte.

Einst und jetzt. Nur kaum zwei Menschenalter zurückgerechnet, 1830, also zu einer Zeit, die viele Aeltere von uns noch selbst miterlebt haben, gab es in ganz Europa überhaupt bloß 114 Städte, welche mehr als 30000 Einwohner hatten. Davon kamen auf das Deutsche Reich (einschließlich Straßburg und Metz) 18. Die erste Stelle nahm schon damals Berlin ein. Es war der Größe nach die 10. Stadt Europas und zählte 222000 Einwohner. Dann folgte Hamburg (an 23. Stelle mit 114 OVO Einw.)

Breslau (39. Stelle, 83000 Einw.), Dresden (43; 72000), München (51; 68000), Königsberg (53; 65 000), Köln 59; 63000), Danzig (60; 62 500), Straßburg (73; 52000), Frankfurt am M. (74; 52 000), Metz 79; 47 900), Magdeburg (92:42 000), Bremen (94; 41000), Leipzig (95; 41000), Nürn­berg (101; 40000), Braunschweig (106; 38000), Aachen (107; 37 000), zuletzt Augsburg (114; 34000). Das sind auf die 18 Städte 1133000 Menschen. Und heute? Nach der Volkszählung von 1895 weist das Deutsche Reich allein nicht weniger als 102 Städte mit mehr als 30 000 Einwohner auf. Von diesen Städten kommen auf Preußen 62, Bayern 9, Kgr. Sachsen und Baden je 5, Rerchslande 4, Würt­temberg und Hessen je 3, Mecklenburg-Schwerin und Anhalt fl Braunschweig, Sachsen-Koburg-Gotha, Sachsen-?"-'nburg, Reuß j. L. je 1. Sie bergen in ihren Mauern 10810291 Menschen. 28 Städte haben sogar über 100000 Einwohner, 68 schwanken zwischen 20000 bis 30000, 180 zwischen 10 000 bis 20000 Einw. Welche Fülle von Reflexionen können Pessimisten und Optimisten nicht allein schon an dies gewaltige Anwachsen der größeren Städte knüpfen! Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.

Ausland.

DasVaterland" meldet, Erzherzog Otto werde nach Wien übersiedeln, der Kaiser habe behufs Schonung des Gesundheitszustandes des Erzherzogs Franz Ferdinand Este bestimmt, den Erzherzog Otto zu den bisher von dem Erzherzog Karl Ludwig ver­sehenen Geschäften, sowie für einen Teil der ehe­maligen Repräsentationspflichten des Kronprinzen Rudolf heranzuziehen. Diese Nachricht erregt in Oesterreich großes Aufsehen, da man sie mit der Thronfolgerfrage in Verbindung bringt.

Paris, 22. Juni. Die Schuld an der Kata­strophe desDrummond Castle" wird in fachmänni­schen Kreisen lediglich dem Kapitän dieses Schiffes zugeschrieben. Es scheint, daß der Kapitän sich in dem geradezu unfaßbaren Irrtum befand, er habe die Insel Quessant bereits umschifft, während er sich noch südöstlich von der Insel Molösse befand, und daß er nun die Richtung änderte, um in den Aermelkanal einzufahren. Nur durch dieses verhäng­nisvolle Verfahren ist es zu erklären, daß der Drum­mond Castle auf die Pierres vertes genannten Felsen­riffe geriet. In Brest sind Vertreter der Besitzer des gesunkenen Dampfers eingetroffen, um die Ber­gungsarbeiten zu überwachen, dieselben haben den Fischern für jede ans Land gebrachte Leiche eine Belohnung von 15 Fr. zugesichert.

London. Das Oberhaus nahm mit 142 gegen 113 Stimmen in 2. Lesung die Bill an, wonach die Ehe mit der Schwester der verstorbenen Frau gestattet wird. Der Prinz von Wales und die Her­zoge von Jork und Fife stimmten dafür.

Petersburg, 23. Juni. Sicherstem Vernehmen nach ist die Untersuchung wegen der Katastrophe auf dem Chodynskifelde bei Moskau infolge kaiserl. Befehls eingestellt worden, weil hochgestellte Persön­lichkeiten Mitschuldige sind. Die Katastrophe wird deshalb als Gottesfügung bezeichnet werden.

Kletnerr Mit1etl«rrge«.

Zwerenberg bei Calw, 21. Juni. Am letzten Mon­tag wurde in vem benachbarten Martinsmoos einer älteren ledigen Frauensperson aus dem verschlossenen Kasten der Betrag von 73 ^ gestohlen. Am Abend desselben Tages wurde hier eine größere Summe in erschwerter Weise ent­wendet. Der Thäter fand hier wie in Martinsmoos den Weg zur Stube durch die Scheuer und erbrach, solange der Hauseigentümer einen Spaziergang in den nahen Wald machte, die Kommode mit einer Reuthaue. ISO ^ in Gold und SO ^ in Silber ließ der Dieb, von dem man noch keine Spur hat, mitlausen, während er Sparkassenscheine vorsichtigerweise verschmähte.

Reutlingen, 21. Juni. Die Kreisturnfahrt auf die Wann am 28. Juni, verbunden mit Volksfest, verspricht großartig zu werden, da bereits ca. 2100 Turner zu der­selben angemeldet sind. Behörden und Publikum stehen oer Sache sehr sympathisch gegenüber, so daß ein guter Verlauf, ein gedeihliches Gelingen wohl zu hoffen ist. Die volkstümlichen Wettübungen, in denen die Turner Württem­bergs (ca. 300) sich messen werden, sind bereits allgemein bekannt; Spiele der Vereine sind zahlreich angemeldet. Das Volksfest auf der Wann, Nebelhöhle, Olgahöhle mit ermäßigten Eintrittspreisen, werden bedeutende Anziehungs­kraft ausüben. Die Gastfreundschaft von Reutlingen und Umgebung hat sich wieder einmal wohl bewährt. Ueber 900 Freiquartiere sind angemeldet und es ist zu hoffen, daß dieses freundliche Anerbieten unseres gastlichen Völk­chens möglichst ausgenützt werde. Festbänder für Nicht­turner (freier Eintritt in Nebelhöhle und Tanzplatz) können von den Vereinen an den Meldestellen noch am Festtage

zu 30 Pf. bezogen werden, während für andere Nichtturner beim Verkauf auf der Wann 40 Pf. angerechnet werden. Auf ein frohes Wiedersehen aus einem der schönsten Punkte der Schwabenalb!

Schramberg, 21. Juni. In der hiesigen Uhrfeder­fabrik, vormals Karl Weber, ereignete sich gestern nachm, um 4 Uhr ein schwerer Unglücksfall. Ein jugendlicher Ar­beiter im Alter von 18 Jahren kam unvorsichtigerweise mit dem Treibriemen in Berührung, würge gefaßt und übel zugerichtet. Nicht weniger als selchs Knochenbrüche an beiden Armen und einem Bein mußten im Spital, wo­hin der Unglückliche alsbald verbracht wurde, eingerichtet werden. Der Bedauernswerte soll vom Heuberg sein; an­fangs hieß es, er sei aus Lauterbach. Immer wieder kann man.nicht genug zur Vorsicht mahnen beim Umgehen mit Transmissionsriemen.

Nürtingen, 18. Juni. Auf der Markung Neckar­tenzlingen wurde gestern früh in der Nähe der Gminder- schen Fabrik ein mit Uhr und Ring versehener männlicher Leichnahm gesunden. Man vermutet in demselben den seit einiger Zeit vermißten Kaufmann Auer von Metzingen. Es herrscht die Ansicht, daß derselbe freiwillig den Tod gesucht und gefunden hat.

Nürnberg, 18. Juni. Eine harte Strafe wurde vom Schwurgerichte gegen einen Mann ausgesprochen, der, unr eine bereits verfallene Eisenbahnrückfahrkarte im Werte von 20 Pf. noch benützen zu können, das Datum fälschte. Er wurde nach bayerischen Blättern zu einem Jahr Zucht­haus verurteilt.

Pforzheim, 20. Juni. Ein ebenso interessanter als wertvoller Fund wurde von einem Arbeiter unter einer Eiche am Rande des sogenannten Schulerwaldes gemacht- Beim Ausheben eines Zufahrtssteges stieß derselbe in der Tiefe von etwa SO cm auf eine größere Schachtel, die ein Stück unverarbeitetes Golo in der Länge von ca. 40 und in der Breite von 7 cm enthielt, außerdem eine größere Menge Golddraht, über 20 goldene Medaillons und viele andere Bijouteriewaren. Der Fund, welcher ohne Zweifel von einem Fabrikdiebstahle herrührt, ist gestern abend der Kriminalpolizei ausgehändigt worden.

Der Küchenchef des Fürsten Bismarck ist am letz­ten Dienstag im Schlosse zu Friedrichsruh verhaftet, und am Mittwoch in das Untersuchungsgefängnis von. Altona eingeliefert worden. Er ist der Untreue, des Dieb­stahls und eines Sittlichkeitsvergehens beschuldigt. Der. Verhaftete nannte sich beim Antritt des Dienstes in Fried­richsruh und seither Hugo Leischau, während er in Wirk­lichkeit einen andern Namen hat. Bei einer Durchsuchung, in der Wohnung seiner angeblichen Mutter wurde eine Menge Gegenstände vorgefunden, die aus dem Schlosse stammen.

Aus London, 18. Juni, wird gemeldet: Gestern nacht um 1 Uhr geriet der der Firma Dawies und Evans ge­hörige Oelladen in Mare Street in Hackney (London) iw Brand. Im dritten Stock wohnte der Geschäftsführer Vaughan mit seiner Familie. Frau und Kinder waren, schon zu Bette gegangen, als Vuughan, mit einem Nach­bar aus der Straße plaudernd, Rauch aus seinem Hause kommen sah. Als er die Hausthüre öffnete, strömte ihm ein solcher Qualm entgegen, daß er nicht hinein konnte.. Mittlerweile erschien seine Frau mit ihrem Säugling im Arme am Fenster des zweiten Stockes. Mittels herbeige­holter Leiter gelang es, sie zu retten. Der 17jährige Sohn sprang auf die Straße und erlitt lebensgefährliche Ver­letzungen. Die drei übrigen im Alter von 4^/z-IS Jahren, stehenden Kinder aber, welche im Hinterhause schliefen,, sind trotz aller heldenhaften Bemühungen des Vaters, sie zu retten, in den Flammen umgekommen. Als die Feuer­wehr erschien, bildete das ganze Haus schon eine Feuer­masse.

Landwirtschaft, Handel L Berkehr.

t. Altensteig, 23. Juni. Gegenwärtig ist die Zufuhr an Gerberrinden auf den hiesigen Markt ein äußerst leb­hafter. An den 4SSO 000 Ztr. eichenen Rinden, welche die hiesigen Gerber jährlich zusammen für ihre Geschäfte be­dürfen, liefert unsere Gegend nur einen kleinen Teil, weit­aus das größte Quantum muß vom Ausland, namentlich von Baden, Elsaß, Frankreich und Ungarn bezogen werden. Dagegen kann unser Wald einen großen Teil des jährlichen Bedarfs an Fichtenrinden decken; derselbe beträgt etwa 8900 Klafter (56000 Ztr). Was den Preis für ein­heimische Gerberrinden anbelangt, so wird der Zentner schöner eichener Schälrinden mit S6 ^ bezahlt, während ein Klafter Fichtenrinden IS16 gilt.

Calw, 20. Juni. (Schranne.) Gerste ^ 8.50,. 8.42, 8.30, Dinkel 7., Haber 8., 7.7S, 7.70.

Tübingen, 19. Juni. Dinkel ^ 7.30, 7.19, 7.05, Haber 7.80, 7.68, 7.S6, Weizen 9, Gerste 9. -,6.81, 8.S0,. Mischling 9.-.

Tübingen, 22. Juni. Die Heuernte nimmt mit dem heutigen Tage ihren Anfang. Die Quantität ist sehr reich­lich und wenn die Witterung ein wenig Nachsicht übt, wird- dieselbe auch qualitativ ein vorzügliches Ergebnis liefern.

Rottweil, 20. Juni. Dem heutigen Schweinemarkt wurden 413 Stück Milchschweine und 8 Stück Läufer zuge- sührt. Der Handel war kein besonders lebhafter und ging, schleppend, für erstere Gattung wurde 1424 ^ und für letztere, wobei nur 1 Paar verkauft wurde, 40 ^ bezahlt.

Stuttgart, 22. Juni. (Landesproduktenbörse.> Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen, Laplata ^ 16.25,. rumän. 16.20, Ulka 16.50, Kernen Oberl. la. 18.75, Hafer russ. 15., Mais Laplata 10..

Stuttgart, 22. Juni. (Mehlpreise.) Wir notieren, per 100 Kilogr. incl. Sack bei Wagenladung: Mehl Nr. 0 :,

27.50 28.50, Nr. 1: 25.5026.50, Nr. 2: 2425, Nr. 3

22.50 23., Nr. 4: 20., Suppengries 28.50, Kleie mit- Sack 8.25.

Reutlingen, 20. Juni. Unter!. Dinkel ^ 7.50,7.20, Alber Dinkel 7.-, 6.70, Gerste 3.70, 8.45, Haber 3.-» 7.30, Mischling 9.50, 8., Kernen 10.20, 9.90.