Handelskammern und Errichtung von Handwerker­kammern, die Gewerbesteuer, das Submissions- und das Haufierwesen, die mancherlei Export- und Tarif­fragen und es dürften die Wahlberechtigten ihr Inte­resse dafür durch zahlreiche Abstimmung kundgeben.

Calw. Am 13. ds. Mts. hielt der Prediger Schrenk einen Abendgottesdienst in der hiesigen Kirche, welcher von etwa 1500 Personen besucht war. Nach Verfluß einer halben Stunde schrie ein betrunkener Bauer aus Nonnen­hardt so dazwischen, daß der Gottesdienst unterbrochen werden mußte. Der Bauer wurde aus der Kirche entfernt.

Tübingen, 18. Jan. In den letzten Wochen versammelten sich die hies. Handwerksmeister, je berufsweise, um zu der Frage Stellung zu nehmen, daß kleinere Arbeiten nicht mehr in Submission ge­geben, sondern die von einer Versammlung des Ge­werbevereins festgesetzte Norm des Mindestbetrags eingehalten werden solle und zwar für Tapezier- Arbeiten 50 Schieferdecker und Holzmantelbe- dachungs-Arbeiten 50 -^/Maurer- und Steinhauer­arbeiten 350^, Zimmerarbeiten 250^, Gipserarbeiten 150 Flaschner- und Glaserarbeiten je 100 Schreinerarbeiten 150-^/, Schlosser-und Malerarbeiten je 100 Die einzelnen Versammlungen der Meister haben diese Normen angenommen, aber jetzt handelt es sich um die schwierigste Frage, und das ist der allgemeine, gleiche Tarif. Bei einzelnen Gewerben sind bereits übereinstimmende Sätze angenommen, was sicher für das gewerbliche Leben ein großer Fortschritt ist und in anderen Städten nachahmens­wert sein dürfte.

Stuttgart, 18. Jan. DasMilitärverord­nungsblatt" enthält folgenden allerhöchsten Gna­denerlaß:

Ich will, um den Tag, an dem vor 25 Jahren die Neubegründung des deutschen Reiches erfolgt ist, auch hin­sichtlich meiner Truppen durch einen Akt der Gnade zu bezeichnen, denjenigen Militärpersonen, gegen welche bis zum heutigen Tage 1) Strafen im Disziplinarwege ver­hängt sind oder 2) durch ein Militärgericht auf Freiheits­strafen von nicht mehr als sechs Wochen oder Geldstrafen von nicht mehr als 150 ^ oder beide Strafen vereinigt rechts­kräftig erkannt worden ist, diese Strafen, soweit sie noch nicht vollstreckt sind und die noch rückständigen Kosten in Gnaden erlassen. Ausgeschlossen von dieser Gnadenerwei­sung bleiben: 1. die wegen Beleidigung, vorschriftswidriger Behandlung oder Mißhandlung Untergebener (HZ 121, 122 des Militärstrafgesetzbuchs) verhängten Strafen; 2. Frei­heitsstrafen, neben denen zugleich auf eine militärische Ehrenstrafe erkannt ist. Ist in einer Entscheidung die Ver­urteilung wegen mehrerer strafbarer Handlungen ausge­sprochen, so greift die Gnadenerweisung nur Platz, sofern die Strafe insgesamt das obenbezeichnete Maß nicht über­steigt. Sie haben diesen meinen Erlaß alsbald in Vollzug zu setzen.

Stuttgart, den 18. Jan. 1896. Wilhelm.

An den Kriegsminister. Schott von Schottenstein.

Stuttgart, 19. Jan. Unter jubelnder Zustim­mung der großartig verlaufenen Festversammlung zur Jubelfeier der Gründung des Reiches, welche heute abend in Anwesenheit des Königs und sämt­licher Prinzen des kgl. Hauses, der Staatminister usw. im großen Festsaale der Liederhalle stattfand und wobei Redner aller bürgerlichen Parteien, auch der demokratischen, zum Worte kamen, wurde ein von dem König selbst namens der Festversammlung unterzeichnetes Telegramm an den Fürsten Bismarck abgesandt, welches lautet:Eine zur Feier des 25- jährigen Reichsjubiläums vereinigte Festversammlung sendet dem Mitbegründer des Reiches den Ausdruck ihres unauslöschlichen Dankes und ihrer herzlichen Verehrung. Wilhelm, König von Württemberg."

Stuttgart, 20. Jan. Aus Friedrichsruh ist auf das von der gestrigen Festversammlung in der Liederhalle abgesandte Telegramm vom Fürsten Bis­marck nachstehende telegraphische Antwort eingelaufen!: Friedrichsruh, 19. Jan. Sr. Maj. dem König von Württemberg, Stuttgart. Eure Majestät bitte ich unterthänigst, für Allerhöchstderen gnädige Begrüß­ung meinen ehrfurchtsvollen Dank in Gnaden ent­gegennehmen und den Ausdruck desselben dem Fest- komite huldreichst aussprechen lassen zu wollen, v. Bismarck."

Stuttgart, 20. Jan. Der Ministerpräsident Freiherr v. Mittnacht hat ein Handschreiben des Kaisers erhalten, in welchem ihm die Verleihung der Marmorbüste Kaiser Wilhelms d. Gr. als äußeres Zeichen der allerhöchsten Anerkennung und Dank­barkeit für die treue Mitarbeit an dem segensreichen Werke der Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches huldvoll mitgeteilt wird.

Württembergische Ausstellung für Elektro­technik undKunstgewerbe, Stuttgart 1896. Für das laufende Jahr hat bekanntlich die Ausstellungskommission den Stadtgarten, welcher den Vergnügungspark der Aus­stellung bilden wird, in eigenen Betrieb übernommen. Die

bis jetzt verkauften Abonnements haben den dreifachen Be­trag der im gleichen Zeitraum des Jahres 1895 erlösten Eintrittsgelder erreicht. Dabei wird von den combinierten Abonnements mit Eintrittsberechtigung in Garten und Ausstellung, entsprechend den Vorteilen, die sie bieten, so­wohl von einzelnen als auch Familien am meisten Gebrauch gemacht, während die Abonnements auf den Stadtgarten allein in diesem Jahre begreiflicher Weise weniger zahl­reich sind. Es mag bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf hingewiesen werden, daß die in den Monaten Januar und Februar gelösten Abonnements auch am Eröffnungs­tage, welcher seiner offiziellen Feierlichkeiten wegen besondere Anziehung bieten wird, zum freien Eintritt in die Aus­stellung berechtigen.

München, 16. Jan. Dem Finanzausschuß der Kammer der Abgeordneten teilte der Justizminister heute mit, daß der Prinzregent genehmigt habe, die bedingte Verurteilung in Bayern versuchsweise ein­zuführen.

Berlin, 18. Jan. Der Kaiser teilte dem Fürsten Bismarck in dem an ihn gerichteten Handschreiben zugleich den Beschluß mit, zur bleibenden Erinnerung an sein unvergeßliches Wirken für Kaiser und Reich das Bildnis des Fürsten in ganzer Figur und Le­bensgröße malen zu lassen und demselben einen Ehrenplatz im Reichskanzler-Palais anzuweisen.

Berlin, 21. Jan. Der württembergische Ge­sandte Frhr. v. Varnbüler gab gestern zu Ehren des Minister-Präsidenten Dr. Freiherrn v. Mitt­nacht ein Essen, an welchem auch der Reichskanzler teilnahm.

Köln, 21. Jan. DieKöln. Ztg." meldet aus Berlin: Der vom auswärtigen Amt in der Angelegen­heit des Assessors Wehlau bestellte Staatsanwalt Legationsrat Rose hat nunmehr endgültig gegen das Urteil der Potsdamer Disziplinarkammer Berufung eingelegt.

Hamburg, 18. Jan. Der Hamb. Korresp. meldet aus Friedrichsruh: Vormitt, konzertierte im Schloßpark des Fürsten Bismarck die lauenbur­gische Jägerkapelle. Der Fürst dankte in einer An­sprache, bewirtete und beschenkte die Musiker. Ein von Hamburger Verehrern übersandtes Blumenar­rangement fand im Speisesaal Aufstellung. Zahl­reiche Briefe und Geschenke trafen aus allen Welt­gegenden ein.

Görlitz, 16. Jan. Der Zentralausschuß für Volks- und Jugendspiele in Deutschlad, Vorsitzen­der Abg. v. Schenkendorff, beruft zum 11. und 12. Juli einen 2. allgemeinen deutschen Kongreß nach München ein. Alle Freunde kräftiger Leibesübungen, deren Ziel die Gesundung des Volkslebens und die Hebung der nationalen Kraft bildet, sind zu dem Kongresse eingeladen. Die Geschäftsführung im Kongreßorte hat der Wirkt. Geheimrat Weber in München übernommen. Die allgemeine Geschäfts­führung des Zentralausschusses liegt in den Händen des Direktors Raydt in Hannover.

Oesterreich-Ungarn.

Budapest, 20. Jan. Das Kriegsministerium beabsichtigt, einer vorliegenden Meldung zufolge, nach der Eröffnung des eisernen Thores behufs Schutzes der obereren Donau-Länder einen befestigten Hafen bei Szent-Endre zu erbauen.

Frankreich.

Paris, 20. Jan. In hiesigen politischen Kreisen ist man über die überaus friedliche und die Gefühle des französischen Volkes in so feinfühlender Weise schonende deutsche Kaiserrede auf das Angenehmste berührt.

Bulgarien.

Vom Fürsten Ferdinand von Bulgarien, der zur Stunde in Paris ist, wird allen Ernstes behauptet, daß er sich mit Rücktrittsgedanken trage, weil es ihm nicht gelingen wolle, die inneren Schwie­rigkeiten zu überwinden, die durch die Tauffrage des Erbprinzen Boris hervorgerufen sind. Die Bulgaren fordern, daß der kleine Prinz im griechisch-katholi­schen Glauben erzogen werde, und der Fürst will dies nur zugestehen, wenn Rußland ihn anerkannt. Daran ist aber nicht zu denken.

Spanien.

Aus Madrid kommt die Kunde, daß die Regierung den bisherigen Oberbefehlshaber auf Kuba, den Marschall Martine; Campos, abberufen hat. Der Marschall hat bekanntlich weder politisch, noch militärisch gegen die kub. Aufständischen Erfolge zu erzielen vermocht, die Rebellen stehen vor dem Thore Havannah, und die politischen Parteien auf Kuba, welche noch zu Spanien stehen, sind auch mit ihm zerfallen. Zu seinem Nachfolger ist der General Polarieja ernannt worden. Ob dieser im Stande

seinLwird, das Verhängnis zu wenden, bleibt abzu­warten, die Spanier hoffen es freilich. Auch der Minister des Auswärtigen trat zurück.

Madrid, 20. Jan. Infolge der Abberufung des Marschall Martine; Campos demissionierte der Minister des Aeußern Herzog Tetnan. Als sein Nachfolger wurde Ednayen ernannt. Tetnan trat deshalb zurück, weil er ein intimer Freund Campos' ist.

England.

London, 20. Jan. Reuter meldet: Es verlautet, das fliegende Geschwader verlasse am Dienstag Spithead und passiere Cowes Roads, damit die Königin die Schiffe und das Schiffsmanöver vom Osborne-Park aus sehen kann. Der Bestimmungs­ort des Geschwaders ist noch geheim.

London, 20. Jan. DerStandard" schreibt heute betr. die ägyptische Frage: Wir müssen den Franzosen noch einmal in Erinnerung bringen, daß die englische Regierung keineswegs die Absicht hat, die Freundschaft Frankreichs gegen die Räumung Aegyptens einzutauschen. Wir wollen mit der ganzen Welt befreundet sein, aber unsere Würde, unsere Interessen sind uns lieber als die Freundschaft der ganzen Welt.

Die Königin von England hat an den Sultan ein eigenhändiges Schreiben gerichtet, das einer Meldung derTimes" zufolge, in herzlichster Form abgefaßt ist und den tief empfundenen Wunsch der Königin ausdrückt, daß die unglücklichen Ver­hältnisse im türkischen Reich, welche auf das englische Volk so betrübend wirkten, ganz beseitigt werden möchten und an deren Stelle eine innere Harmonie, und Wohlfahrt treten möge, an der alle Völker sich erfreuen könnten. Daß man in England jetzt sogar dem Sultan, für den man sonst nur Spott und Hohn gehabt hat, den Hof macht, beweist, wie unangenehm John Bull gelegentlich des Transvaal-Konfliktes seine politische Vereinsamung und den Mangel an guten Freunden empfunden haben muß.

Kleinere Mitteilungen.

Weilderstadt, 18. Jan. Vor ca. sechs Wochen ver­schwand der aus Zwerenberg bei Berneck (Schwarzwald) gebürlige 68jährige, am hiesigen Hospital bedienstete Michael Rentschler, nachdem er schon wiederholt Selbstmordge­danken geäußert hatte. Gestern früh nun wurde er am Rechen der Planmühle in der Würm tot aufgefunden.

Plochingen, 17. Jan. Die langjährige Frage in Betreff des Baues eines neuen Schulhauses ist nun er­ledigt. Heute wurde zu diesem Zweck von den bürgerlichen Kollegien das notwendige Areal mn ca. 10 000 ^ ange­kauft. Der Platz ist in freier, gesunder Lage, uuweit des seitherigen Schulhauses gewählt worden.

Stuttgart, 20. Jan. Unser württemb. Landsmann, Lehrer Christaller in Kamerun, ist von der Reichs-Regierung zum Oberlehrer ernannt worden.

Leutkirch, 13. Jan. Die Hoffnung auf Erlöschen der in einigen Orten uns eres Bezirkes grassierenden Typhus­epidemie scheint sich bedauerlicherweise nicht verwirklichen zu wollen. Die letzten Tage brachten vielmehr neue schwere Erkrankungen und neue Todesfälle. Auch in das hiesige Spital wurden neuerdings wieder mehrere Schwerkranke überführt. Nach Ausweis der standesamtlichen Leichen- register sind im verflossenen Jahre der Krankheit zum Opfer gefallen in der Gemeinde Seibranz 25, in Gospolds- hofen, Pfarrei Seibranz, 6 Personen. Mit Einrechnung der Todesfälle vom laufenden Jahre und der im hiesigen Spital mit Tod abgegangenen Typhuskranken sind in vor­genannten Orten nunmehr wenigstens 38 Personen der Epidemie erlegen.

Ravensburg, 19. Jan. Gestern nacht wurde in Weingarten in der Wirtschaft zur Sonne mittelst Einbruchs die Summe von 2000 ^ gestohlen. Der Dieb ist durch Eindrücken einer Scheibe in das Zimmer gekommen. Von. dem Thäter hat man noch keine Spur.

Von der Tauber, 19. Jan. Bei Bauarbeiten im städtischen Wildbad Rothenburg wurden dieser Tage etwa 300 Silbermünzen aus dem 14. Jahrhundert auf­gefunden.

Düren (Rheinpr.), 14. Jan. Die Witwe des bei dem Unglück des Lloyddampfer Elbe umgekommenen Groß­industriellen Walther Schüller hat, nach derFr. Z-", dem Vaterländischen Frauenverein 200,000 geschenkt.

Elberfeld, 21. Jan. Nach dem hiesigenGeneral­anzeiger" bleibt Ahlwardt in Amerika, um seinen deut­schen Gläubigern zn entgehen.

Der deutsche Dampfer Chios ist auf der Reise von Hamburg nach Antwerpen in der Nordsee gestrandet.

Gotha, 18. Jan. Die Entdeckung des Prof. Rönt­genin Würzburg findet eine Bestätigung durch Versuche, die von den Hofphotographen Zink u. Sohn Hierselbst gemacht worden sind. Diese Herren, die im Besitz der zu. diesen Versuchen nötigen Apparate sind, haben durch Ver­suche mit Kathodenlicht gefunden, daß dieses völlig unsicht­bare Licht durch dichte, undurchsichtige Körper, wie Holz, Pappe, Papier u. A. m. hindurchdrisigt und eine starke photographische Wirkung auf eine hinter ven angeführten Körpern befindliche Platte äußert. Die Herren Zink wer­den ihre Versuche demnächst öffentlich imNaturwissen­schaftlichen Verein" und imGewerbeverein" wiederholen. Die Versuche sind völlig geglückt.