ruhig und versöhnlich gehaltenen Gegenrede ausführte, uns bekannt ist nicht bloß als ein Ehrenmann, wie auch die Gegner zugeben müssen, sondern als ein Mann, der die Nöten des Mittelstands kennt, ein Herz für dieselben besitzt und durch die Thal bewiesen hat, daß er ohne Rücksicht gegen links oder rechts und ohne Furcht gegen oben seine Ueberzeugungen vertritt.
-j-j- Nagold, II.Nov. Am gestrigen Sonntag wurden, wie ein Ausschreiben des Gewerbevereins in Nr. 133 des „Gesellschafter" ankündigte, die Lehrlingsabende im Zeichensaal des Mädchenschulhauses wieder eröffnet, und es wurde gleich diese erste Gelegenheit von mehr als 50 jungen Leuten benützt, um dem Regen zu entfliehen und im behaglich erwärmten Saal, der bei Eintritt der Dunkelheit elektrisch beleuchtet wird, sich mit Lesen oder Spielen die Zeit zu vertreiben. Diese für unsere Heranwachsende männliche Jugend sehr nützliche Einrichtung wird teils durch Geldopser des Gewerbevereins teils durch Opfer an Zeit ermöglicht, die sich hiesige Lehrer und Mitglieder des Gewerbevereins im Interesse der Sache auferlegen, indem sie sich an der Aufsicht beteiligen. Ob es wohl nicht angezeigt wäre, daß die hiesigen Frauen für ihre Dienstmädchen eine ähnliche Einrichtung schaffen würden?
-ß-j- Nagold, 13. Nov. Das Dekanatamt Nagold ist sicherem Vernehmen nach dem Stadtpfarrer Römer in Tübingen übertragen.
-j- Haiterbach, 12. Nov. Welch bedauerliche Folgen manchmal entstehen, wenn Kinder, sei es auch nur vorübergehend, ohne Aufsicht gelassen werden, mußte heute ein hiesiges Elternpaar zu seinem großen Schmerz erfahren. Der Lehrling und der Gehilfe des Küvlermeisters G. M. waren zum Vespern gegangen und ließen die Thüre der Werkstatt unoor- sichtigerweise offen. Da schlichen sich zwei 4—5jäh- rige Knaben von nahen Verwandten in die Werkstatt. Einer bemächtigte sich des Beiles und zerhackte auf dem Hauklotz Späne; der andere, ein Söhnlein des Sattlers und Fuhrmanns I. G. brachte unglücklicherweise seine Hand aus den Hauklotz. Er wurde durch einen Hieb seines kleinen Vetters getroffen, der ihm 2 Knochen der rechten Mittelhand zerschlug. Ob die entsprechenden Finger erhalten bleiben oder amputiert werden müssen, ist noch unentschieden.
Calw, 11. Nov. In der gestrigen Wählerversammlung bei Dreiß hat der volksparteiliche Kandidat Herr Schuster die Höhe der Militärpensionen auf rund 70 Millionen Mark und der polks- parteiliche Redner Hr. Konrad Haußmanndie Höhe der Ofsizierspensionen allein auf 55 Millionen angegeben, Von gegnerischer Seite wurde an der Hand des Reichshaushaltetats pro 1895/96 nachgewiesen, daß die angegebenen Zahlen viel zu hoch gegriffen seien und zwar erstere Summe um rund 20 Millionen Mark, letztere Summe um beiläufig das Doppelte. Der Beweis für die Richtigkeit ihrer Angaben konnte von volksparteilicher Seite nicht erbracht werden.
Reutlingen, 11. Nov. Vor Mitgliedern des demokr. Volksvereins sprach sich gestern hier Land- tagspräs. Payer über die Lage der Volkspartei im Reichstag und Landtag aus. Vom Reichstag möge hier nur erwähnt werden, daß Payer, nach dem demokr. Gen.-Anz., meinte, die (12) volkspart. Abgeordneten haben „wesentlich" zum Abschluß der Handelsverträge beigetrage». Als nach Bismarcks Geburtstag die nationalen Parteien die Leitung der Reichstagsgeschäfte niederlegten, haben die freisinnigen Elemente (das Zentrum?!) die Leitung ergriffen und es sei auch gegangen. Ein erfreulicheres Bild als der Reichstag gebe der Landtag. Man werfe jetzt der Demokratie vor: bei den Wahlen sei sie Feuer und Flamme gewesen, jetzt aber raufe sie nicht mehr! Payer sagt dagegen: „Wenn uns die Regierung entgegenkommr, und sie kommt uns entgegen, so ist es doch nur eine Pflicht des einfachsten Anstandes, mit derselben ruhig zu verkehren." — Man sieht, auch Payer hält es für nötig, zu beschwichtigen. Anderen Parteien hat die Volkspartei früher das „ruhige Verkehren" mit der Regierung als rückgratlose Nachgiebigkeit und Komprommißsucht ausgelegt. Jetzt ist es „die Pflicht des einfachsten Anstandes"!
Stuttgart, 8. Nov. Die Reichstagsnachwahl im 15. würtlemb. Wahlkreis (Blaubeucen, Ehingen, Laupheim, Münsingen) (bisher Gröber) findet am 13. Dezember statt.
Stuttgart, 9. Okl. Eine Korrespondenz des „D.-Volksbl." meint. Gröber werde wohl in seinem
Wahlkreis für den Landtag keine, bezw. nur aus Wunsch Wahlreisen machen. Dagegen werde er in seinem Reichstagswahlkreis, namentlich auf der Alb, viel in Anspruch genommen.
Stuttgart, 8. Nov. Der Vorsitzende des Ortsausschusses der Deutschen Partei drückte in der gestrigen Sitzung dem Redakteur Stockmayer den Dank des Ortsausschusses für dessen verdienstvolle Thätig- keit im Dienste der Partei aus. Für den Winter sind alle 14 Tage Parteierörterungsabende geplant.
Vom Fränkischen, 9. Nov. Wohl noch nie ging es im 12. Wahlkreis so ruhig zu, wie bei der diesmaligen Ersatzwahl. Da die deutsche Partei einen Kandidaten nicht aufstellt, hat die Volkspartei leichtes Spiel. Der Kandidat derselben, Kupferschmied Augst in Gerabronn, beschränkt sich daher nur auf wenige Wahlversammlungen, die natürlich ruhig verlausen werden. Das Wahlkomite für Augst befürchtet eine flaue Wahlbeteiligung und erläßt daher einen ernsten Aufruf um rege Beteiligung, weil möglicherweise das Zentrum mit ihrem Zählkandidaten in die Stichwahl kommen könnte. (Schw. B.)
Crailsheim, 10. Nov. Anläßlich der Reichstagswahl fand heute eine von der Sozialdemokratie einberufene öffentliche Volksversammlung statt. Referent ist Landtagsabgeordneter Kloß von Stuttgart, welcher auch von seiner Partei als Kandidat aufgestellt ist; Tagesordnung: „Die bevorstehende Reichstagswahl und die Sozialdemokratie". In einigen Ortschaften des Bezirks sind ebenfalls Versammlungen ausgeschrieben mit gleicher Tagesordnung wie hier. Morgen ist Wählerversammlung der Volkspartei, wo Herr Augst-Gerabronn sein Programm entwickeln wird. Im allgemeinen geht diesmal die Wahl mit seltener Ruhe vor sich.
In dem Gesetzentwurf gegen unlauteren Wettbewerb, der dem Reichstage sobald als möglich zugshen soll, wird der auf die Unterdrückung des! Vorrats von Betrieos- und Geschäftsgeheimnissen gerichtete Teil im großen Ganzen in der Form wieder erscheinen, die er nach den Beratungen der 17 im Reichsamt des Innern versammlt gewesenen Sach- verständigen-Kommission erhalten hat.
Oesterreich-Ungarn.
Budapest, 9. Nov. Die äußerste Linke interpellierte die Regierung wegen einer Verordnung des Kriegsministers, welche dem aktiven Militär die kirchliche Eheschließung zur Pflicht macht, wodurch eine von der Kirche nicht eingesegnete Ehe unmöglich wird.
Bulgarien.
Sofia, 11. Nov. Prinz Ferdinand empfing die Abordnung, die ihm die Adresse überreichte uud äußerte dabei, er begreife die nationalen Wünsche, er verspreche den Prinzen Boris orthodox taufen zu lassen und hoffe, bald die gegenwärtigen Schwierigkeiten beseitigen zu können.
Frankreich.
Paris, 11. Nov. Die seit Samstag ausgebrochene Finanzkrisis hat die Aufmerksamkeit des Finanzminister und der großen Finanzinstitute sehr in Anspruch genommen. In einer heute stattfindenden Versammlung der Direktoren der großen Finanzinstitute unter dem Vorsitz Rothschilds beschlossen werden, den an der Börse akkreditierten Wechselagenten eine Summe von 100 Mill. Frks. zu übergeben, womit man die Krisis beizulegen hofft. Zu dieser Summe sollen die Finanzinstitute 50 Mill. und Rothschild 50 Mill. geben.
Türkei.
Konstantinopel, 9. Nov. Kiamil Pascha hatte in den letzten Tagen zweimal seine Entlassung erbeten. Zu seiner Absetzung trugen die Ereignisse in Kleinasien bei, sowie die jüngsten Schritte der Botschafter, dre Anstrengungen Kiamil Paschas nach Ausdehnung seines Einflusses, sowie andere Reibungen unü seine zunehmende Unbeliebtheit bei der türk. Bevölkerung.
Kloirrere Mrttettnrrgerr.
(Alpacca.) Der weltbekannten Firma H. A. Jürst u. Cie. ist es gelungen auf ihren Walzwerken ein Metall (Alpacca) herzustellen, das eine durch und durch silberweise Farbe hat. Dieses Metall findet hauptsächlich Verwendung, als Unterlage für versilberte Bestecke. Bestecke mit der Jürst-Alpacca Unterlage sind geeignet ächt silberne Bestecke zu ersetzen; dabei ist der Preis niedriger als der, der seither im Handel befindlichen Marken. Wie wir ' erfahren hat die Firma R. Wernle in Stuttgart
(Königsstr. 13 beim Schloßplatz) den Alleinverkauf dieser Bestecke für Stuttgart. Erwähnt mag noch werden, daß dieses Metall durch seine außerordentliche Härte eine sehr große Widerstandsfähigkeit hat.
Nagold, ll. Nov. Mit der deutschen landwirtschaftlichen Ausstellung zu Stuttgart-Cannstatt im Juni nächsten Jahres wird eine große Geslügelausstellung gleichzeitig verbunden sein. Seitens des württ. Landesverbandes der Geflügelzucht- und Vogelzucht-Vereine ist bezüglich der Prämierung bei der deutschen landwirtschaftlichen Gesellschaft um besondere Berücksichrigung der Prämierung von Krenzungsprodukten gebeten worden.
Freudenstadt, 11. Nov. In dem benachbarten Wittlensweiler fand gestern abend zwischen verheirateten und ledigen Männern, jedenfalls infolge Genusses des heurigen Weines, eine Schlägerei statt, wobei das Messer eine große Rolle spielte. Ein junger braver Arbeiter erhielt solch bedeutende Verletzungen, daß dessen Leben in Gefahr ist. Vom Arzte mußte ihm das Gesicht zusammengenäht werden. Bis jetzt sitzen vier Attentäter hinter Schloß und Riegel.
Neuenbürg, 9. Nov. Der im Sägwerk zu Rothenbach beschäftigte Arbeiter Jäck von Arnbach verletzte sich vor einigen Tagen ganz unbedeutend an der rechten Hand. Ohne auf die kleine Wunde zu achten, ging er wieder an die Arbeit, bis sich plötzlich Blutvergiftung zeigte, die dem Manne gestern den Tod brachte.
Neuenbürg, 10. Nov. Die seit 14 Tagen vermißte Ehefrau des Taglöhners G. B. in Calmbach, Mutter von sechs Kindern, wurde nach langem Suchen im Walde erhängt aufgesunden. Sie hinterließ damals ihrem Manne einen Zettel mit den Worten: „Sorge für die Kinder!" Häusliches Elend scheint der Anlaß zu diesem Selbstmord gewesen zu sein.
Leonberg, 11. Nov. Wegen veruntreuter Pflegschaftsgelder wurde Schreinermeister I. aus Rutesheim aus dem dortigen Rathaus durch das K. Amtsgericht ins Verhör genommen. Vom Wartezimmer aus sprang er durch das Fenster, wobei er die Füße derart verstauchte, daß er vorerst in ärzliche Behandlung genommen werden mußte. Es soll sich um 500 ^ handeln.
Rottweil, 11. Nov. Den 20 Jahre alten, ledigen Bauernsohn Franz Xaver Stritt von Stetten, hiesigen Overamts, fand man am gestrigen Sonntag morgen tot vor seinem Bette liegend. Der Verstorbene litt an Epilepsie, scheint in einem solchen Anfalle aus dem Bette gefallen zu sem und in seiner Bettdecke, in die der Leichnam gehüllt war, den Erstickungstod gefunden zu haben.
Rottweil, 12. Nov. In W. rächte sich der 18jährige Sohn des dortigen Kronenwirts wegen stattgehabter Streitigkeiten mit seinem Vater dadurch, daß er in den Keller ging und die gefüllten Fässer ihrer Spunden und Zapfen entledigte, so daß der „sprudelnde Geist" im Keller umherlief und dem Vater ein nicht unbedeutender Schaden entstanden ist.
Tuttlingen, 9. Nov. Wie der „Gr.-B." hört, ist es dem Polizeiwachtmeister Martin gelungen, gestern abend einen Mann zur Haft und Untersuchung zu bringen, der in begründetem Verdacht stehen soll, ein schweres Sitllich- keitsverbrechen an seinem eigenen Kinde begangen zu haben.
Reutlingen, 9. Nov. Der30 Jahre alte ledige Eugen Walz, Sohn des Famulus Walz an der Mädchenschule, war am 6. ds. Mts., abends mit Reinigung der Schulräume beschäftigt, wobei er eine offene Eroöllampe benützte. Auf bisher nicht aufgeklärte Weise gerieten die Kleider des Walz in Brand, er rannte brennend im Hause umher und wurde schließlich mit vollkommen abgebrannten Kleidern nackt ausgefunden. Die erlittenen Verletzungen waren so schwer, daß er denselben am 7. d. M. erlegen ist. Eine drille Person scheint keine Verschuldung zu treffen.
Stuttgart, 10. Nov. In tue Würselauwmatenange- legenheir ist durch die Beantwortung der an üaS kgl. würr- tembergiche Ministerium seitens der Aulomatensabrikanten gerichreten Anfrage Klärung gekommen. Der Bescheid besagt, daß „zur Aufstellung von Würfelautomaten" im allgemeinen Erlaubnis seitens des kgl. Ministeriums zwar nicht gegeben werden könne, es vielmehr jedem Wirt überlassen bleibe, hierzu nach Maßgabe der Ministerialverfügung vom 23. Nov. 1872, betreffend Lotterie und Glücksspiele, die erforderliche Erlaubnis des zuständigen Oberamts einzuholen." Es wird sich nun darum handeln, oo dce Oberamis- beyörden diese Erlaubnis erteilen werden, ohne eine Gebühr oder ob eine kleine Steuer auf die Aufstellung der Automaten gelegt werden wird. (Sch. B.)
Stuttgart, 10. Nov. Ueber den geheimnisvollen Diebstahl eingeschriebener Briefe im hiesigen Hauptpostamt teilt man dem „Schw. B." von unterrichteter Seite folgendes mit: Die Zahl der entwendeten eingeschriebenen Briese beträgt 16. Sieben davon enthielten Wertpapiere, welche der Dieb jedoch ausbegreiflichen Gründen nicht an sich nahm. Aus den übrigen neun Briefen dagegen fiel dem Dieb, wie nunmehr festgestellt ist, Geld zu und sogar aus einem derselben die Summe von SOO Die Post hat die neun eingeschriebenen Briese als solche mit je 42 ^ zu bezahlen, erleidet aber keinen Verlust, da die Unkosten von 2 Beamten, welche bis zu einer gewissen Beziehung die passive Schuld trifft, zu tragen sind. Vom Dieb hat man bis jetzt auch nicht die mindeste spur.
Eßlingen, 10. Nov. In Meltingen legte sich in der Nacht vom letzten Samstag auf Sonntag em Ibjähriges Mädchen, welches zuvor noch in einer Wirtschaft lu;iig getanzt hat, auf die Schienen. Der heranbrausende Zug riß der Unglücklichen den Kops ab.
Kannst all, 10. Nov. Gestern vormittag erhängte sich die Frau des hiesigen Bahnhofportiers D. in ihrer Wohnung. Der Mann hatte keine Ahnung von dem Vorgang und erhielt erst Kenntnis davon, als er sich zum Mittagessen nach der Wohnung begab. Ueber die Beweggründe zu der Tyat ist noch nichts bekannt, doch vermutet man momentane Geistesstörung. Dem Ehemann, einem