deutung des Tages in trefflichen Warten zu schildern ^ verstanden; auch die persönliche Beteiligung des kathol. Geistlichen Seysriz, welcher in seiner wür­digen Rede die Veteranen beglückwünschte und damit schloß, dieselben möchten in 25 Jahren eben so glück­lich und gesund diesen Tag feiern, hatte die Anwe­senden sehr erfreut. In Reden und Toasten wurde auch des Altreichskanzlers, Bismarcks, gedacht, und einige vorgetragene Gedichte trugen noch viel zur Verherrlichung des Festes bei. Großer Beifall fanden auch die von unserem so gerne gehörten De­klamator Buck vorgetragenen aus dem Leben ge­griffene Schilderungen und Erzählungen. Die An­wesenden gingen mit dem Bewußtsein nach Hause, einen sehr schönen Tag in würdiger Weise erlebt und gefeiert zu haben, welcher noch lange einem jeden in Erinnerung bleiben wird. D'rum ehrt und liebt den Soldatenstand, er schützet und schirmet das Vater­land.

(Privattelegramm desGesellschafter".) Leonberg, 8. Sept. Heute Sonntag Alach­mittag 3*/ Uhr brach zwischen dem Rathaus und der Kirche ein furchtbares Großfener ans, das die ganze Nacht hindurch fortwütete. Es sind gegen 70 Firste, worunter 41 Wohn­häuser eingeäschert. 77 Familien sind ob­dachlos geworden. Menschenverlust ist keiner zu beklagen. Zahlreiche leichte Verletzungen sind vorgekommen. Das Rathaus ist gerettet.

Ministerpräsident Dr. Frhr. v. Mittnacht hat am Sonntag die Bezirksgewerbe-Ausstellung in Mergentheim eröffnet und dabei über die Selbst­hilfe in Gewerbe und Landwirtschaft eine Rede gehalten, aus der mehrere Stellen von allge­meinem Interesse sind, da sie wichtige wirtschaftliche Fragen betreffen, v. Mittnacht führte u. a. aus: In gegenwärtiger Zeit ist der Mittelstand und der kleine bürgerliche Gewerbebetrieb gefährdet und bedroht. Es gilt jetzt allenthalben, sich zu rühren und zu regen und um die Existenz zu kämpfen, nicht durch Rück­kehr zu veralteten Einrichtungen, die nicht die Ursache früher bestandener günstigerer Verhältnisse gewesen sind, sondern durch zeitgemäße Vereinigung und Or­ganisation, durch Reorganisation auch der Gewerbe­vereine des Landes auf gemeinsamer Grundlage, durch Vertretung des Handwerks in den Handels­und Gewerbekammern oder durch Errichtung eigener Handwerkerkammern, durch Selbstthätigkeit, durch soliden Geschäftsbetrieb, durch Hebung der Kenntnisse, der Ideen, der beruflichen Bildung, namentlich auch der Jugendbildung durch Fachschulen u. dergl., durch Erweiterung des Horizonts der Gewerbetreibenden. Alles unter verständiger, unterstützender und fördern­der Mitwirkung der Gesetzgebung im Reich und im Einzelstaat und der Verwaltung. Dabei sollen Land­wirtschaft und Gewerbe nicht etwa in eifersüchtigen Gegensatz sich setzen, sie sollen Zusammengehen, sie gehören zu einander, sie sind auf einander angewiesen, sie würden ihre Vorteile schlecht verstehen, wenn jeder nur für sich allein sorgen würde. Deswegen ist es ein günstiges Zusammentreffen, daß während der Dauer unserer Gewerbe-Ausstellung auch das landwirtschaftliche Bezirksfest hier gefeiert werden wird. Die beiden Zweige der Erwerbsthätigkeit der Produktion in Landwirtschaft und Gewerbe haben allerdings eine schwere Zeit; aber diese wird über­wunden werden, wenn man den Mut nicht verliert, und bei allseitigem Zusammenwirken, mit Gottes Hilfe. Vor allem aber müssen die beiden Zweige der Er­werbsthätigkeit als erste Grundlage sich vor Augen halten, selbst sich zu helfen und nicht etwa zuzu­warten, bis die Hilfe von Außen kommt.

Am Schlüsse einer Sedan-Betrachtung sagt die amtliche Karlsruher Zeitung:Die zügellosen Ausschreitungen der sozialistischen Presse, die fortge­setzte Aufwiegelung weiter Volkskreise in Wort und Schrift gegen Staat, Gesetz und Recht, die Verhöh­nung alles dessen, was den vaterländisch gesinnten Bürgern teuer ist, fordert zu entschiedener Anwen­dung der Gesetze heraus. Hier nichts zu versäumen, nichts zu unterlassen, was zum Ziel führen konnte, dazu ermahnt das Sedansfest."

Einige Blätter raten an, man solle unver- weilt den Reichstag zusammenberufen, der unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse, der sozialdemokra­tischen Spottartikel der Sedanfeier und der markigen

^ Rede des Kaisers ein ihm vorgelegtes Umsturzgesetz jetzt jedenfalls annehmen würde.

* Besitzer alter Briefschaften weisen wir auf die Annonce des Kgl. Schauspielers St ei necke in Hannover hin. Mancher besitzt in alten Briefen u. s. w. ein hübsches Sümmchen, da für alte Postwert­zeichen. je nach Seltenheit, hohe Preise bezahlt wer­den; da nicht das Alter den Preis bedingt, giebt Herr St. gratis Ankaufslisten aus, es kann sich jeder selbst vom Werte seiner Objekte überzeugen. In Ar­chiven, alten Geschäftsbriefen u. s. w. sind reiche Funde, da früher meist die Marke aus die Adreßseite des Briefes geklebt wurde. Förderer von Wohlthätig- keits-Anstalten können auf diese Weise mehr als mit Kollekten erreichen.

Straßburg i. E. In der Maschinenhalle der Industrie- u. Gewerbe-Ausstellung sind einige Firmen vertreten, die sich ausschließlich mit der Fabrikation von Werkzeugen und Geräten für Tischlerei oder dieser nah verwandte Gewerbe der Holzbearbeitung beschäftigen, auf diesem Gebiet aber Hervorragendes leisten. Da sind Jakob u. Schick und F. K. Lacha- pelle, beide in Straßburg. In ihren Auslagen findet man alle denkbaren Werkzeuge, die in der Tischlerei Verwendung finden, bei Lachapelle auch solche für Küferei. Einzelnes der nach Hunderten von Stücken zählenden Kollektionen läßt sich natürlich nicht her­vorheben, jedes Werkzeug ist eben aus bestem Ma­terial und auf das exakteste hergestellt. Weiter hat in gleichen Artikeln, worunter besonders auch gut ge­arbeitete Hobelbänke, Sebald Erforth in Steinbach, Baden, sehr hübsch ausgestellt.

Sondershausen, ö. Sept. Der Fürst von Schwarz- burg-Sondershausen hat verfügt, daß alle in staatlichen Betrieben beschäftigten Kombattanten des Feldzugs 1870, 71 und der früheren Feldzüge einen Ehrensold von 10 ausgezahlt erhalten.

Berlin, 4. Sept. Die überseeische Auswan­derung aus dem Deutschen Reich über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam belief sich nacb den Zusammenstellungen des kaiserl. Statist. Amts in den Monaten Januar bis Juni 1895 auf 16474 Personen. An der Beförderung dieser Aus­wanderer sind die deutschen Häfen mit 13 570 Per­sonen beteiligt, und zwar gingen über Bremen 7510, Hamburg 6 060. Von Antwerpen reisten 2427, von Rotterdam und Amsterdam 447. lieber deutsche Häfen wurden außer den 13 570 Deutschen noch 40 581 Auswanderer aus fremden Staaten, und zwar über Bremen 24 676, Hamburg 15 905 befördert.

Berlin, 6. Sept. Wie ein Provinzblatt erfährt, ist auch dem Fürsten Bismarck eine Einladung zu dem Festessen in Stettin zugegangen, welches der Kaiser den Vertretern der Provinz Pommern am 9. Sept. giebt. Der Fürst hat indes mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand abgelehnt.

Berlin, 6. Sept. DasB. T." erfährt aus Sofia: DerMowodni Prave" zufolge reiste Oberst Paprikow nach Rußland ab, um dort Unterhand­lungen wegen Lieferung russischer Pferde für das bulgarische Militär anzuknüpfen. Die Pferde wurden bisher aus Ungarn bezogen. Rußland wollte früher die Lieferung von Pferden nicht zulassen.

Berlin, 6. Septbr. Der Kaiser hat mittels Kabinettsordre vom 2. Sept. verfügt, daß ausnahms­weise auch den Kombattanten von Weißenburg und denjenigen, welche an der Cernierung von Metz teil­genommen haben, das Recht der Anlegung von Spangen mit den betreffenden Bezeichnungen zustehen soll.

Kiel, 6. Sepl. Während des Flottenmanövers auf hoher See erlitt das ArtillerieschulschiffKarola" Maschi­nenhavarie, das Schiff konnte aber noch den Hafen erreichen.

Swinemünde, 6. Sept. Der Kaiser traf um 9.10 vorm, mit dem Hofzuge am Bollwerke vor dem Schiffahrtsamte ein. Sofort nach der Ankunft des Kaisers auf dem Ostfort begann ein Stunden dauerndes Scharfschießen des Fußartillerie-Regiments von Hindersin Pommer'sches Nro. 2. Es wurde vom Westfort und Ostfort nach Scheiben und nach zwei als Kriegsschiffe aufgetakelten Wraks, die in einer Entfernung von 4000 bis 6000 Metern fest­gelegt waren, geschossen. Nach der Schießübung nahm der Kaiser ein vom Regiments angebotenes Frühstück im Zelte ein, an dem auch das Gefolge und der Kriegsminister teilnahmen. Die Weiterfahrt nach Stettin wird an Bord derGrille" erfolgen.

Oesterreich-Ungarn.

Budapest, 6. Sept. Erzherzog Ladislaus ist heute Vormittag gestorbea.

Budapest, 7. Sept. Die Leiche des Erzherzogs Ladislaus wird auf Wunsch der Eltern nicht ein­

balsamiert, nur die Kugel wird gehoben. Es ist ein sog. Explosivstoff, das im Körper explodierte. Der Kaiser telegraphierte:Ich weine mit Euch, Gott tröste Euch und gebe Euch Kraft, diesen Schmerz zu tragen."

Frankreich.

Paris, 4. Sept. Kein Mensch weiß, wo der in einem Waschkorb durchgebrannte Senator hinge­kommen ist, aber das weiß man nachgerade allgemein, daß die Behörden ihn haben entwischen lassen. Figaro" behauptet von den Polizeiagsnten, welche das Haus Magniers umstanden, habe im kritischen Moment der eine in einer Bierkneipe einenBock" getrunken, während der andere in einer Schnapsbude sich einenBitteren" genehmigt und der dritte in einer Zigarettenbude sich an einervon den bil­ligsten" ergötzt habe. Die Behörden haben Angst vor Magnier, weil er vieles wisse, was die Be­stechlichkeit der französischen Bureaukratie beweise. Figaro", geistreich wie immer, widmet der Regierung zur Illustration dieser Verhältnisse unter der UeberschriftNette Länder" folgendes ergötzliche Bild auf seiner Vorderseite. Zwei Gendarmen führen einen Verhafteten vor den Richter. Die Gendarmen: Diesen Menschen haben wir in einem Hohlweg an der Grenze abgefangen; er sagt, er heiße Magnier; wir glauben, daß es der Senator Magnier ist." Der Richter:Mag sein, mag auch nicht sein; auf jeden Fall läßt man ihn laufen."

Paris, 6. Sept. Gestern nachmittag um 3 Uhr wurde ein dürftig gekleidetes Individuum an der Einfahrt des Bankhauses Rothschild, in der Rue Lasitte überrascht, als es versuchte, die Zündschnur einer Bombe anzuzünden. Das Individuum warf die Bombe, die nicht explodierte, nieder und wurde nach heftigem Widerstand von Polizisten festgenommen. Der Verhaftete, der über 24 Jahre alt ist, verweigerte seine Namensnennung. Die Präfektur vermutet ein anarchistisches Attentat.

Paris, 6. Sept. Die gegen das Palais Rothschild gerichtete Bombe bestand aus einer Kakaobüchse, mit Spreng­stoff gefüllt. Als auf dem Kommissariat die Bombe unter­sucht wurde, sagte der Attentäter:Ich habe das Ding nicht für Euch bestimmt, nehmt Euch in acht." Dieser Rat wurde gefolgt und die Bombe in Wasser gelegt. Auch auf der Präfektur verweigerte der Attentäter die Nennung seines Namens, stieß aber dabei die Drohung aus:Was mir mißlungen, werden andere nachholen."

Paris, 6. Sept. Ein Telegramm des Generals Duchesne aus Andriba vom 30. Aug. läßt die Ein­nahme von Tananarivo als nahe bevorstehend er­scheinen. Eine fliegende Kolonne ist im schleunigen Vormarsch begriffen, ohne sich mit der Wegverbeffe- rung aufzuhalten.

Paris, 6. Sept. Die Blätter veröffentlichen ein Telegramm aus Petersburg, wonach auf Befehl des Zaren Einladungen zur Moskauer Krönungsfeierlich­keit an die mit dem Petersburger Hof verwandten Herrscherhäuser und ausnahmsweise auch an Präsident Faure als politischen Verbündeten Rußlands ergehen sollen. Das Zarenpaar würde den Eingeladenen Gegenbesuche machen und somit auch nach Paris kommen.

Paris, 7. Sept. Die Polizei glaubt jetzt auch bezüglich des Attentats auf Rothschild an ein Komplott. Man erwartet stündlich Depeschen aus Algier zur Feststellung der Person des Attentäters.

Marseille, 6. Sept. Die gestern aus Tongking eingegangene Post meldet, daß die französischen Trup­pen einen Zusammenstoß mit den Chinesen gehabt haben. Es gelang nicht, den Feind aus seiner Po­sition zu verdrängen. Die Franzosen verloren 60 Mann, darunter den Kommandanten Monee und den Kapitän Colin. Sechs Artilleristen wurden getötet. Oberst Chaumont nahm den Schwarzflaggen zwei kleine Forts ab. Die Schwarzflaggen erlitten be­deutende Verluste.

Lyon, 5. Sept. DieKath. Missionen" mel­den, daß Anfang Juni in Woyney in China Ge- waltthätigkeiten gegen die Christen vorgekommen seien. Ein Waisenhaus wurde in Brand gesteckt; mehrere Christen seien getötet worden. Nach den letzten Meldungen aus Hucheng schreitet die Untersuchung über die dort stattgehabten Metzeleien in einer den englischen und amerikanischen Konsul befriedigenden Weise fort. Mehrere weiter wichtige Ueberführungen haben stattgefunden. Unter den Verurteilten befinden sich einige Rädelsführer.

Italien.

Rom, 5. Sept. Die Lage auf Sizilien wird mit jedem Tage schlimmer. Die Nachricht, daß die Soziali­sten Defalice, Barbato und Bosco nicht in die Amnestie