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der Wunsch wurde immer lauter, ihn auf dem 1818 gegründeten, aber seitdem leerstehenden Lehrstuhl der deutschen Litteratur zu sehen.
Endlich im Dezember 1829 wurde er zum außerordentlichen Professor an der Universität seiner Vaterstadt ernannt und begann im Mai folgenden Jahres seine Vorlesungen über das Nibelungenlied, alldeutsche Poesie und Sagengeschichte der germanischen und romanischen Völker. Aber schon zwei Jahre nachher legte er seine Professur nieder, da ihm die Regierung den Urlaub zum Eintritt in die Ständekammer mit dem Bemerken verweigerte, er sei in seinem Amte unentbehrlich, einem Amte, das beinahe 10 Jahre unbesetzt geblieben war. Er konnte nun ganz seiner politischen Berufung und seiner Wissenschaft leben, da er ja vor äußeren Lebenssorgen seit seiner sehr glücklichen Ehe mit Emilie Bischer aus Calw (1820) ziemlich gesichert war.
So floß sein Leben in ruhiger Thätigkeit fort bis ihn die Stürme des Jahres 1818 aus seinem stillen Heim am Neckar in die erste Nationalversammlung nach Frankfurt rissen. Erst 1850 kehrte er von Stuttgart, wohin er mit dem Rumpfparlament gekommen war, nach Tübingen zurück, das er nicht mehr bis zu seinem am 14. November 1862 erfolgten Tods verließ. Der ausgebreitete Ruhm, um den ihn bloß die Heroen der deutschen Dichtung nicht beneiden, gebührt wohl in erster Linie dem Dichter, aber auch nicht zum wenigsten seinem Charakter und seiner Gesinnung. Herzensgüte, treue Freundesliebe, starke Männlichkeit sind hervocstechenoe Charakterzüge Uhlands. Und wie seine Gedichte die innigste Tiefe des Gemütes, die reichhaltigste Phantasie in der anspruchslosesten einfachsten Form bieten so war er selbst. In seinem Aeußeren unscheinbar, wortkarg und bescheiden barg er die seltensten Tugenden eines Mannes in sich. Trotz seiner romantisch angelegten Natur fern von jeder Schwärmerei und Empfindsamkeit, ein bitterer Feind alles Unehrenhaften.
Scrges-Weuigkeiten.
Stuttgart. (Uhlandsfeier.) Der große Festausschuß hielt gestern (Mittwoch) Abend seine letzte Sitzung vor dem Feste. Das ge- sammte Programm wurde nochmals durchgesprochen. Das Fest wird nun ganz einheitlich in den Tagen des 24., 25., 26. vor sich gehen, am Sonntag Abend eröffnet durch Herzog Ernst und das Festspiel Fr. Wischers im k. Hof- teater; am Montag Festkonzert in der bereits bekannten Weise; am Dienstag Festgesang auf dem Marktplatz, abends Bankett und Wiederholung des Herzogs Ernst. Beim Bankett wird, wie wir hören, Prälat Gerok einen poetischen Festgruß sprechen und zu den drei in Aussicht genommenen Reden auch der Vortrag des Gedichts Bertrand de Born durch vr. Basiermann hinzutreten. Die lebenden Biloer sind wohl vorbereitet. Eine eingehende Erörterung rief noch die Stellung der Sängerbühne auf dem Marktplatz hervor, wobei besonders von den Musiksachverständigen die akustischen Verhältnisse des Platzes dargelegt wurden, welche für die Aufstellung maßgebend sein müssen. Der Ertrag der Sammlung für die Kosten der Feier ist etwa 2200 — Wie man hört, steht die Teilnahme des königl. Hofs an den Festlichkeiten in Aussicht. — Es ist bereits die Sage verbreitet, die Eintrittskarten für die beiden Abende, Montag und Dienstag in der Liederhalle, seien vergriffen. Dies ist nun nicht der Fall; wohl aber wird es geraten sein, bei Zeiten sich die Karten zu sichern. — Am 26., wird morgens um 7 an dem Geburtshaus Uhlands rn Tübingen eine Gedenktafel enthüllt werden. Die Enthüllung wird durch einen Verwandten Uhlands vorgenommen werden unter einer kleinen Feierlichkeit, welche der Tübinger Festausschuß angeordnet hat.
Stuttgart, 20. April. Das Ergebnis des heurigen Pferdemarktes ist gegen die Vorjahre ein wenig zufriedenstellendes. Die Frequenz war eine ziemlich geringere als früher. Während fernd circa 1500 Pferde zugeführt wurden, waren es Heuer nur ca. 1000. Dies mag seinen Grund darin haben, daß diesmal die Schweizer Händler, die sonst großes Leben auf den Markt brachten, wegen des Pferdeausfuhrverbots ausblieben, und
zum andern ließen sich viele Landwirte, die sonst wohl hierhergekommen wären, durch das schöne Wetter zu Hause zurückhalten, um ihre Saaten zu bestellen. die ohnehin schon weit hinausgeschoben werden mußten. — Die Preise blieben im allgemeinen gedrückte. Von den zugeführten Pferden mag etwa die Hälfte abgesetzt worden sein. — Weitaus bessere Geschäfte machte der heurige Hundemarkt, der sich gegen sonst ganz bedeutend gehoben hat. — Wie jedes Jahr war in den letzten Tagen vor der Ziehung die Nachfrage nach Pferdemarktlosen eine gesteigerte. In den offenen Geschäften der Stadt waren sie gestern schon zumeist vergriffen, und manche Händler erzielten bis zu 2 50 L für das Los. Die Ziehung der
Lotterie erfolgt morgen vormittag auf dem hiesigen Rathaus.
Aalen, 19. April. Heute früh gegen 8 Uhr brach in der unteren Mühle in Essingen auf eine bis jetzt unaufgeklärte Weise Feuer aus, das sich so schnell über das Wohn- und Mühlgebäude verbreitete, daß sich die sofort mit ihren Spritzen und Geräten herbeigeeilte Feuerwehr auf das Halten der Sägmühle und Feuer beschränken mußte; der Schwiegervater des Besitzers konnte nur mit Mühe aus dem brennenden Gebäude gerettet werden. Der Gebäude- und Fahrnisschaden ist nicht unbedeutend. — Auch von hier aus wird eine Eingabe der Gewerbetreibenden gegen die in Aussicht genommene Erhöhung der Gewerbesteuer abgehen. Stadtschultheiß Bausch wies in einem Vortrag über die Steuerfrage im hiesigen Gewerbeverein die mißlichen Folgen, welches die Verwirklichung des Planes für den Gewerbestand unserer, mit dem mehrfachen Betrag der Staatssteuer wie Gemeindesteuern gesegneten Stadt habe, so überzeugend nach, daß sich die Eingabe sofort mit zahlreichen Unterschriften bedeckte.
Aus Baden, 20. April. Auf einer sozialdemokratischen Wahlversammlung in Malsch bei Ettlingen hatte Apotheker Lutz aus Stuttgart behauptet, Graf Moltke sei nicht mehr fähig, sein Amt zu bekleiden. Lutz wurde deshalb unter Anklage gestellt und vom Schöffengericht zu 2 Wochen Haft verurteilt.
Mainz, 20. April. Die gestern im Laufe des Tages in Haft behaltenen Sozialdemokraten — 9 an der Zahl — sind, wie man vernimmt, wegen Beteiligung an einer geheimen Verbindung von der Staatsanwaltschaft in Anklagezustand versetzt worden. Um einer CollissionS- gefahr der Gefangenen unter sich vorzubeugen, weil dadurch das Ergebnis der Untersuchung wesentlich beeinträchtigt, letztere möglicher Weise sogar vereitelt werden kann, wurden noch gestern abend sämtliche Gefangenen durch Gendarmerie und Polizei zum Teil nach Osthosen und Pfeddersheim und zum Teil nach Bingen gebracht, um in den dortigen Haftlokalitäten interniert zu werden, die eingeleitete Untersuchung und die Verhöre werden ebenfalls, wenn nicht zwingende Gründe eine ansere Anordnung veranlassen, in den oben bezeichneten Gemeinden weiter geführt werden. Die bis jetzt entlassenen Sozialdemokraten sind nicht außer Verfolgung gesetzt, auch gegen einige derselben wird die Untersuchung weiter geführt werden, doch sind dieselben nicht derart belastet, daß eine Verhaftung notwendig erschien. Unter den Verhafteten befinden sich Leute, welche verheiratet sind und viele Kinder besitzen, so daß diese Familien durch die eigene Schuld ihrer Ernährer in Elend versetzt sind.
Wiesbaden. 19. April. Gestern ist hier Graf Alfred Adelmann zu Adelmannsfelden, K. württembergischer Rittmeister a. D., im 39. Lebensjahre gestorben. Er hat durch eine Reihe patriotischer und belletristischer Schriften, deren wir im „Staatsanz." mehrfach gedacht haben, sich einen Namen gemacht. Der Verstorbene, der einen liberalen Katholizismus vertrat, war ein Vetter des Reichstagsabgeordneten Grafen Heinrich Adelmann.
Frankfurt a. M., 20. April. Nauke, der „Kolossalme n s ch" , wie er sich selbst auf seinen Vrstlkarten nennt, erregt seit gestern in Frankfurt durch seine Vorstellungen ein Aufsehen, das ganz in Proportion zu den riesigen Formen dieser „schwerwiegenden" Persönlichkeit steht. Im
Von Holger kam nur eine Nachricht. Er schrieb aus Kopenhagen in aller Eile an seine Mutter, daß er glücklich angelangt sei, einen Tag bei dem Oheim rasten und sogleich mit Herrn Rosenkrands zur See nach London gehen werde. Er hätte auch zwei gleichaltrige Genossen, die Grafen Erik vcn Rantzow und Kanu von Reventlow.
Frau Wind sandte das Schreiben ihres Sohnes durch einen reitenden Boten nach Gieddesborg, damit die Frau Kammerherrin und Ebba unverweilt in den Besitz der „vieltausend schönen Grüße" kämen, die Holger für sie beigeschlossen hatte.
Sonnige Festesstimmung zog in dem Schloß mit der Botschaft ein, doch sie hielt nicht lange an.
„Nach London gehen Sie", meinte Frau Giedde besorgt. *
„Warum sollen sie nicht", entgegnete Ebba, „der Vater sagte doch immer, London habe ihm am besten von allen Hauptstädten gefallen."
„Damals war das auch anders. Da herrschte noch König Jakob auf den dre Inseln, jetzt aber wütet allgemeiner Krieg in England und Schottland. Prinz Karl sucht seines Vaters Ermordung zu rächen und die ihm geraubte Krone wieder zu erringen. Der Protektor Cromwell aber erscheint mir trotz seiner Frömmigkeit ein gar schlimmer Geselle, und ich halte es nicht gut und besonnen von Herrn Rosenkrgnds, daß er die stürmischen jungen Herren in derartig unruhige Verhältnisse führt."
Früher war Ebba oft am Nachmittag allein nach Harrested geritten, weil Holger es sich nie nehmen ließ, sie dann glücklich wieder nach Gieddesborg zurückzubringen. Jetzt kam sie gar nicht mehr, und wenn die beiden Fräulein Wind sie darüber zur Rede schien, so entschuldigte sie sich mit allerhand Ausflüchten — Holgers Schwestern dachten sich dann ihr Teil, sahen sich an und lachten.
Im Christmonat wurde Frau Giedde's Leiden plötzlich sehr schlimm; der anhaltende Frost bekam ihr schlecht, sie hustete viel und litt an häufigen Ohnmächten. Dabei wurde sie immer bleicher und schwächer, so daß sie bald nicht mehr ohne Stütze stehen oder gehen konnte. Deshalb sandte sie zehn Tage vor Weinachten einen Eilboten an ihren Gemahl und ließ ihn^ inständig bitten, unversäumt nach Gieddesborg zu kommen und nicht bis zum Fest zu warten, well ihre Sehnsucht nach ihm so groß wäre.
Am andern Nachmittag kam Frau Wind allein herüber und war sehr erschreckt, die Freundin so schwach zu finden. Sie hatte einen langen, lustigen Brief von Holger aus London erhalten; in demselben war für Ebba ein kleines Papiertäschchen enthalten gewesen, das sie sich eilte, dem jungen Mädchen zu überreichen.
Ein goldenes Ringlein mü einem blitzenden Demant war darin. Ebba ergriff es errötend und steckte es an den Finger; ein bleicher Sonnenstrahl stahl sich durch das Fenster in den Edelstein und brach sich darin, so daß er in allen Farben aufsprühte. Ebba aber siel der Mutter des Geliebten um den Hals und verbarg ihre glühenden Wangen an ihrer Brust. Dann riß sie sich los und sank an dem Lager der kranken Mutter auf die Knie; ihre Augen leuchteten auf in strahlendem Licht, und dieses schien in den Augen der Kammerherrin einen Hellen Wiederschein zu finden; die Kranke legte die eine Hand wie segnend auf den blonden Scheitel des Kindes, die andere reichte sie der Freundin — der Himmel hatte ihr heißes Gebet erhört, ihr sehnlichster Wunsch sollte in Erfüllung gehen, nun konnte sie ruhig sterben, denn auf Holger hätte sie den heiligsten Eid geleistet.
In der Nacht kam Herr Giedde an und gerade noch zur rechten Zeit, um von einer Sterbenden deren letzte Wünsche in Bezug auf Ebba und Holger entgegen zu nehmen und ihr dann die Augen zuzudrücken.
Von dem Wartturm von Gieddesborg wehten die schweren, flatternden Fallen der Trauerfahne und dumpfe Glockentöne verkündeten der Umgegend, daß die Kammerherrin ausgelitten hatte.
Das war ein trauriges Weinachtsfest für die Schloßherrschaft — am Helligen Abend saßen Vater und Tochter zusammen am Kamin im Gemach der Verstorbenen, und Thränen rannen dem greisen Forstmann in den grauen Bart. Ebba's Gedanken jedoch waren nicht allein in der wappengeschmückten Ahnengruft in der Gieddesborg- Kapelle, sie weilten manches Mal. auch fern, fern über dem Meere bei ihm, dm sie als ihren Verlobten erachtete. Dachte er wohl an sie unter den dornigen Christmeh- Sträußen in London?
(Fortsetzung folgt.) ,
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