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82. Jahrgang

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Erscheint Stensta-, Z»a»«er»1ag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt S H p. Zeile im Bezirk, sonst 12

§am8tag, äen 23. Äprik 1887.

! Abonnementspreis halbjährlich 1 ^ 80 H, durch I die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

! ganz Württemberg 2 70

Amtliche ZZekanntmachungerr.

Calw.

Die Ortsvorsteher

werden hiemit beauftragt, die denselben mit der Post zugesertigten Loosungs. scheine den betreffenden Militärpflichtigen geftklk Empfangsbescheinigung unter Hinweisung auf die jedem Loosungsschem beigedruckte Belehrung aus. zufolgen.

Vor der Ausfolgung der Loosungsscheine an die Militärpflichtigen des jüngsten Jahrgangs (1887) sind zuvor die in den Loosungsscheinen ein« geschriebenen Loosnummern in die Stammrolle 1887 einzutragen.

Die Empfangsbescheinigungen find bei den Gemeiudeakten anf- zubewahreu. Wenn der eine oder andere der Militärpflichtigen inzwischen in eine andere Gemeinde verzogen ist, so ist die Zustellung durch Vermittelung des betreffenden Schultheißenamls zu bewirken.

Den 22. April 1887. K. Oberamt.

F l a x l n n d.

Ludwig Man-.

Ein Gedenkblatt von Ferdinand Runkel.

Wohl selten hat ein Dichter eine solche Popularität erlangt, wie der, dessen hundertjährigen Geburtstag wir heute begehen, und zwar nicht sowohl durch seine unvergleichlich schönen Lieder, die. wie selten. Eigentum des deutschen Volkes geworden sind; als auch besonders durch seinen Charakter.Er war ein Mann, nehmt Alles nur in Allem."

Ludwig Uhland wurde am 26. April 1787 zu Tübingen, als dritter Sohn des nachmaligen Universilätssekretärs, Johann Friedrich Uhland, geboren. Aus seiner frühesten Jugend berichtet man von ihm, er sei ein wilder, auf­geweckter Knabe gewesen, der gerne vorübergehende Kinder erschreckt und geneckt habe. Schon sehr zeitig verriet er eine besondere Neigung für Ritter­spiele , Waffen und bezinnte Türme, trotzdem aber zeichnete sich der junge Romantiker in der Schule rühmlichst aus und besonders in der Anfertigung lateinischer Hexameter. Doch finden wir auch deutsche Gedichte schon im elften, zwölften Jahre, die aber trotz aller Glätte der Form unbedeutend sind, dagegen haben wir aus seinem vierzehnten Jahre ein Gedicht, das schon ziemlich reich an poetischen Gedanken und Bildern ist. Es ist betitelt:Im Tannenhain" und beginnt:

Unter der Tannen Umschattung, im Heiligthume der Schwermuth Sitz ich, verschlungenen ArmS über bemoostem Gestein,

Matt durchflammet der Tag die Trauerbehängung der Neste

Wie die Gewölle der Mond donnernden Strahles durchblickt, (?) u. s. w.

Schon in dieser frühen Produktion kennzeichnet sich sein Hinneigen zur Romantik, die ihn nie ganz verlassen, vor deren schlechten Seiten aber sich die frische, gesunde Natur Uhlands bewahrt hat.

Verhältnismäßig früh, im Jahre 1801 wurde unser Dichter auf der Hochschule seiner Vaterstadt für die Jurisprudenz inskribiert, aber erst im. Jahre 1805 begann er sein eigentliches Fachstudium, das er mit großem Fleiße zu Ende führte, sodaß er mit den besten Zeugnissen entlasten werden konnte. Nebenbei fand er immer noch Muße genug zu poetischen Produktionen und dem Studium der mittelalterlichen Litteratur, des Nibelungenliedes, des Waltharis und anderer; aus dieser Zeit stammen schon einige seiner besten Lieder, z. B. die Kapelle.

Im Jahre 1812 und 1813, nachdem er von Paris, wo er mehrere Monate dem Studium des französischen Rechts obgelegen hatte, arbeitete er als Accessist in der Kanzlei des Justizministers von der Luhe, schied aber bald aus, um sich in Stuttgart als Rechtsanwalt zu etablieren. In diese Zeit fallen seine Wanderlieder, Märchen, das Thal, Ge ist er­leben, des Dichters Abendgang, der Wirtin Töchter­lein, Harald u. a. m.

Endlich 1815 erschien die erste Auflage seiner Gedichte, die er schon mehrfach vergeblich zum Verlage angeboren hatte und auch jetzt soll Cotta noch sehr gezögert haben, sie anzunehmen. Das beste Urteil über diese Sammlung giebt Chamifso, besten Bekanntschaft er in Paris gemacht:Während viele gar vortreffliche Gedichte verfertigen, schreibt er, von der Art, wie Alle sie machen und keiner sie liest, schreibt dieser welche, wie keiner sie macht und jeder sie liest."

Drei Jahre darnach trat Uhland mit seinemErnst Herzog von Schwaben" der Dramatiker hervor, aber mit bedeutend weniger Glück; wenn sich auch seine Dramen, das Genannte und das 1819 erschieneneLudwig der Baier" , durch Reinheit der Form, Adel der Sprache und echt drama­tischen Stoff auszeichnen, so fehlt ihnen doch vor allem, die für das Drama unerläßliche Lebensfülle und die rastlos vorwärts drängende Handlung, es sind epische Dichtungen in Form des Schauspiels.

Nach diesem brach für Uhland eine Zeit an, in der er fast nichts schuf, seine politische Thätigkeit in der Ständekammer und seine wissenschaftlichen Forschungen zogen ihn ganz von seiner Muse ab. Die erste Frucht dieser Zeit war seine Schrift überWalther von der Vogelweide" 1822, durch die er sich als feiner Kenner der mittelhochdeutschen Litteratur legitimierte. Und

JeuitteLon. «Nachdruck

Irr sKIZ'is.

Novelle von Wokfgang Arachvogek.

(Fortsetzung.)

Wenn Ebba erwachsen ist, wird sie sich vermählen", dachte die Kammerherrin ich muß sie mithin verlieren; wenn sie aber den Holger Wind heiratet, so gewinne ich für das Kind, das ich von mir sende, eine holdselige Freundin und Nachbarin."

Heute nun waren ihr die verstohlenen Blicke, die die Beiden gewechselt, nicht entgangen; auch die blasse Rose, die Holger in seiner Degenschleife befestigt, hatte sie nicht übersehen sollten ihre Träume in Erfüllung gehen? Jetzt, wo sie die ersten sicheren Zeichen dafür hatte, begann sie sich Sorge darum zu machen, ob sie auch etwas Segenbringendes gefördert habe.

Endlich seufzte sie tief auf und sagte halblaut:

Wer doch in die Zukunft blicken könnte!"

Als sie am anderen Morgen an dasselbe Fenster trat, erschrak sie sehr, der ganze Garten und Park schimmerte im Glanz der eben durch dichte Wolken brechenden Sonnenstrahlen wie beschneit; es hatte gereift. Dem ersten Frost waren auch die Georginen zum Opfer gefallen, die in den letzten Tagen noch so steif und hochmütig aus den herbstlich wüsten und verwilderten Blumenbeeten herausgeragt; die bunten Blüten hingen wie abgeknickt herab, und die Blätter waren schwarz geworden. Die Rosen aber am Rosenbusch blühten ungeschreckt weiter und die Astern hatten noch tausend kleine Knospen, die sie alle zum Schmuck der absterbenden Natur entfalten wollten.

In dem ahnungsvollen Gemüt der Kammerherrin fand auch das seinen Wieder­hall; sie wandte sich zu Ebba, die neben ihr stand, um, preßte sie mit Ungestümm an sich und sah ihr dann mit Zärtlichkeit und Sorge in die Augen.

Von Holger aber sprachen sie nicht.

Der Junker schwamm indessen auf hoher See; das Schiff, das ihn trug, eilte mit geblähten Segeln seinem Ziele, der Insel Seeland zu.

Frau Giedde war so an den häufigen Besuch des Junkers gewöhnt, daß sie Gieddesborg zum ersten Mal in den zwanzig Jahren, die sie schon darauf hauste, ein­sam und öde zu finden begann. Immer meinte sie, wenn sie bei einigermaßen leid­lichem Wetter über den Schloßhof schritt, von jenseits der Brücke müßte ihr das lustige:

Grüß Gott, Frau Pate!"

entgegentönen, aber es blieb still, nur die Bäume schüttelten im Herbstwinde ihre Wipfel, und ein braungelber Teppich von welken Blättern bedeckte das Moos des Waldgrundes.

Der Winter kam. Die Bäume waren völlig kahl und der Anblick, den man von den Fenstern aus hatte, trostlos. Endlich veränderte sich das Bild, es fiel Schnee, der See fror zu und die langen Abende begannen.

Wenn die Kammerherrin mit ihrem Töchterchen allein in dem gewölbten Ge­mach am Kamin saß, starrte sie oft lange in die lodernden Flammen des Feuers und sah den Funken nach, die von der Zugluft in den Rauchfang emporgetrieben wurden.

Von ferne her tönte der Gesang der im unteren Geschoß spinnenden Mägde, zuweilen unterbrochen durch den Sturm, der um die Fenster heulte und in den Kronen der Waldbäume ächzte.

Auch Ebba spann; wenn ihr Spinnrad aber einmal schwieg, fuhr Frau Giedde aus ihren Träumereien auf, griff nach der ihren Händen entsunkenen Näharbeit und sah ihr blondes Kind an. Sie sprachen nichts der eine Blick genügte und sie ver­standen sich, ohne ein Wort zu wechseln; sie dachten Beide an den fernen Holger. Dann nickte Frau Giedde mit wehmütigem Lächeln, und Ebba spann so emsig weiter, als wollte sie mit dem Schnurren des Rades das laute Pochen ihres Herzens übertönen.

So verging ein Abend nach dem anderen.

Herr Giedde leitete indessen die großen Jagden des Königs in den entfernteren Teilen des Reiches.