ein Defizit vorhanden war von 497 .42 fl, zu, dessen Deckung die Amtskorporation auf Ansuchen einen Beitrag von 250 ./<( verwilligt und geleistet hat. Dieser Punkt der Tagesordnung bildete, nach­dem den üblichen Formalitäten Genüge gethan, auch der Ausschuß zur Prüfung der Rechnung des lau­senden Jahres bestellt war, eine eingehende Erörte­rung der glücklicherweise im Laufe dieses Jahres durch außergewöhnlich günstigen Krankenstand erheblich gebesserten Kassenverhältnisse, u. es wäre gerade hiebei zu wünschen gewesen, wenn sich die 2mal in diesem Blatte bekannt gemachte Generalversammlung einer größeren Frequenz zu erfreuen gehabt hätte, namentlich von sol­cher Seite, die es vorzieht, ani Biertisch sich über vermeintliche Mißstände in meist unverantwortlicher Weise zu ergehen, anstatt am richtigen Platze seine Meinung zum Ausdruck zu bringen. - An der Hand einer vom Vorstand des Württ. Krankenkas­senverbands herausgegebenen Statistik wies der Vor­sitzende nach, daß unter den diesem Verband ange­hörenden 188 Krankenkassen mit 178159 Mitgliedern die Krankenkasse Nagold im Jahr 1892 nahezu den größten Bruchteil von durchschnittlicher Krankheits­dauer eines Mitglieds hatte, während die Verwal­tungskosten verhältnismäßig am kleinsten sind (1 -/7 40 H pro Kopf und Jahr oder 11" «>.) Ob in erst- beregter Beziehung klimatische Verhältnisse die Ur­sache sind, oder ob anderswo der Fehler zu suchen ist, dem die Kassenverwaltungs-Organe eine wirksame Abhilfe nicht zu verschaffen vermögen, ist eine Frage, die sich vielleicht nur von den Kassenärzten beurtei­len läßt. Immerhin wird eine strenge Kranken- kontrole stets vonnöten sein! Alsdann wurde als dritter und letzter Gegenstand die Ergänzungswahl des Kassenvorstands vorgenommen. Abgelaufen war die Wahlperiode des Arbeitgebervertreters Stefan Schaible, Wollwarenfabrikanten hier, und der Ar­beitervertreter Factor Steinwandel hier und Da­vid Spathelf, Tuchmacher in Ebhausen, welche durch Acclamation trotz Widerspruchs einzelner dieser Herrn einhellig auf weitere drei Jahre wiedergewählt wur­den. Damit war die Tagesordnung erschöpft, worauf der Vorsitzende die Versammlung mit geeigneter An­sprache für geschlossen erklärte. Des Berichterstatters Wunsch schließt sich demjenigen des Vorsitzenden an, es möchte künftigen Generalversammlungen vonsei- ten der Beteiligten ein größeres Interesse entgegen­gebracht werden.

s:j Nagold, 27. Dez. (Eingesendet.) Unter den Zweigen des Weihnachtsbaums, dessen Kerzen die oberen Räume des Gasthofs z. Rößle freund­lich erhellten, vereinigten sich gestern Abend eine ansehnliche Versammlung, um mit dem Liederkranz seinen Weihnachtsabend zu feiern. Der Verein in seiner ganzen Zusammensetzung, sowohl als in ein­zelnen Mitgliedern suchte die Anwesenden vom Bo­den ernster Gedanken nach und nach in eine fröh­liche Stimmung zu versetzen. Dazu trug neben dem Doppelquartett nicht am wenigsten H. Hespeler bei, der für H. Musikdirekter Fehr einsprang und an Stelle eines Pistonsolos ein scherzhaftes Baritonso­lostück zur allgem. Erheiterung vortrug. H. Semi­narlehrer Häußler wußte durch einige Violinstücke, Frl. Emma Hegele durch 2 Lieder, rein und innig vor­getragen, Abwechslung in das Programm zu schaffen, in dessen 14 Nummern auch 2 Klavierstücke zu 4 Händen ausgenommen waren, die Hr. Oberlehrer Hegele, die Seele des Ganzen, mit Hrn. Häußler und mit seinein Sohne Ernst zur Ausführung brachte. Die Gabenverlosung und Christbaumversteigerung kamen von einer andern Seite her, der Entwicklung einer- frohen Stimmung zu Hilfe. Und in der That war es schöne Harmonie, welche durch die Feier des Abends und durch die Gemüter der Versammelten floß.

** Nagold, 27. Dez. Am 21. d. M. starb in Altensteig der bekannte Kartenzeichner Schullehrer Bauser. Vor 8 Jahren trat er in den Ruhestand, nachdem er in definitiver Stellung zu Schernbach und Dürrwangen viele Jahre im Segen gewirkt hatte. Durch Herstellung von größeren und kleine­ren Oberamtskarten hat sich Bauser sehr verdient gemacht und Großes geleistet. Leider aber wurde dadurch seine Sehkraft so geschwächt, daß er in seinen letzten Lebensjahren nimmer lesen konnte. Bei seinem Schwiegersöhne, Seifensieder Steiner, verlebte er seinen Ruhestand. Er durfte sich bis vor wenigen Tagen einer guten Gesundheit erfreuen. Halsleideu machte seinem Leben im 72. Jahre ein rasches Ende. Am 24. Dez. fand unter großer Be­

teiligung von Kollegen und Freunden die Beerdigung des Entschlafenen statt. Stadtpfarrer Hetterich hielt die Grabrede, in welcher die Verdienste Bausers ihre volle Würdigung fanden. Die Trauergesänge hatten größtenteils die Lehrer übernommen.

Stuttgart, 21. Dez. Als am Mittwoch früh der von Stuttgart nach Calw fahrende Personenzug Nr. 168 die Station Weil der Stadt passiert hatte, warf eine auf dem Bahnübergang gegen Schafhau­sen stehende unbekannte Persönlichkeit mit einem Stein nach dem Lokomotivführer. Der letztere wurde glück­licherweise nicht getroffen, wohl aber durch den Stein­wurf eine Fensterscheibe an der Maschine zertrüm­mert. Mil dem Erfolg dieses Bubenstückes anscheinend nicht zufriedengestellt, schleudert das Jndividium noch einen zweiten Stein nach der Richtung, wo der Zug­führer stand. Dort wurden ebenfalls zwei Fenster­scheiben getroffen und zertrümmert. Möchte es den Behörden gelingen, des Urhebers dieses Bubenstückes habhaft zu werden, damit er die wohlverdiente Strafe erhält.

Stuttgart, 22. Dez. Zu den Ausführungen desReichsanzeigers" ergreift jetzt auch derWürt- tembergische Staatsanzeiger" das Wort: Wir sind in der Lage, die vorstehenden Ausführungen bestäti­gend, hinzufügen, daß in keinem Stadium der Ver­handlungen eine Aenderung der Militärkonvention in Frage gekommen ist. Wenn in obigem von Kom­mandierung bezw. Versetzung württemb. Offiziere nach Preußen gesprochen wird, so darf angenommen werden, daß dies nur deshalb geschehen ist, weil der einschlägige Artikel der Militärkonvention auch von Versetzungen handelt; tatsächlich ist bei den stattge­habten Verhandlungen niemals von Versetzung die Rede gewesen. Die Verhandlungen, welche den württemb. Kriegsminister in letzter Zeit nach Berlin geführt haben, waren veranlaßt durch den im Inte­resse der württemb. Offiziere erlassenen Befehl des Königs an den Kriegsminister: sich mit dem K. preu­ßischen Kriegsministerium in Verbindung zu setzen, um endgültig festzustellen, in welchem Dienstalters­verhältnis jeder württemb. Offizier zu den Offizie­ren gleicher Rangstufe der königlich preußischen Ar­mee steht. Das so festgestellte Dienstalter solle von fortan die einwandfreie Grundlage für die erforder­lichen beiderseitigen Kommandierungen gemäß Art. 8 der Militärkonvention vom 21. 25. Nov. 1870 bilden. Die in dieser Richtung gepflogenen Verhand- lnngen sind noch nicht vollständig zum Abschluß ge­langt. Die vielfachen durch die Presse gegangenen Gerüchte, wonach die Abschaffung des württ. Kriegs­ministeriums und die Errichtung eines Militärkabi­netts nach preußischem Muster beabsichtigt gewesen sein soll, massenhafte Kommandierungen württemb. Offiziere nach Preußen bevorstünden, kein württemb. Offizier mehr in die Stabsoffizierscharge vorrücken könnte, ohne nach Preußen kommandiert gewesen zu sein; alle diese Gerüchte entbehren, wie wir bestimmt hören, jeder tatsächlichen Grundlage. Damit fällt der letzte Grund von Befürchtung einer Aenderung unserer Militärkonvention fort. Es wird deshalb diese offene Erklärung nicht verfehlen, überall Be­friedigung hervorzurufen.

Straßburg i. E., 22. Dezbr. Dem Förster Reiß, welcher die zwei französischen Wilderer am Allerheiligentage in der Notwehr erschossen hat, ist von Sr. Majestät dem Kaiser das Allgemeine Eh­renzeichen verliehen worden.

Köln, 22. Dez. DerKöln. Ztg-" zufolge erreichte der Kohlenversandt im Ruhrkohlengebiet gestern 13000 Doppelwagons eine bisher nicht dagewesene Ziffer.

(Spionage-Prozeß.) Ueber denHändedruck", welchen die deutschen als Sachverständige vernom­menen Offiziere mit den Angeklagten gewechselt ha­ben, schreibt die amtlicheLeipziger Ztg.":Wäh­rend des Ausschlusses der Oeffentlichkeit schien der Angeklagte Degouy mit den militärischen Sachver­ständigen in fachmännische Auseinandersetzungen ge­raten zu sein, die einen etwas erregten Charakter angenommen haben mögen. In seiner Schlußbe­merkung bat nun Degouy die deutschen Offiziere, ihm die Wärme, mit der er seine Ansichten vertre­ten, nicht nachtragen zu wollen. Dieser öffentliche Apell an ihren Edelmut verfehlte bei den deutschen Marineoffizieren seine Wirkung nicht. Mit ritter­licher Höflichkeit traten sie, als der Gerichtshof den Saal verlassen hatte, an die französischen Kamera­den heran und reichten ihnen, wie dem Gegner nach

dem Zweikampfe, die Hand, zum Zeichen, daß keine Verstimmung in ihnen zurückgeblieben sei. Wir entsprechen einem von wohlunterrichteter Seite uns ausgedrückten Wunsche, wenn wir betonen, daß jede andere Auslegung unberechtigt sein würde."

Leiden unsere Kulturaufgaben? DieSchle­sische Zeitung" bringt unter ziemlich unwirschen Be­merkungen die Mitteilung, daß der preußische Fi- nanzminister Dr. Miquel die Weiterführung der Universitätsbauten in Breslau wegen der ungünsti­gen Finanzlage beanstandet habe. Derartige Spar­samkeit wichtigen Kulturaufgaben gegenüber macht keinen guten Eindruck!

Berlin, 22. Dez. DerLokalanzeiger" teilt aus Altona mit: Der Bankier Jean Halberstadt ist mit Hiuterlassung von 300 000 ^ Schulden nach Amerika flüchtig geworden.

Ergebnisse der Viehzählung am 1. De­zember 1892. Nach der imReichsanzeiger" ver­öffentlichten Uebersicht über die Hauptergebnisse der Viehzählung am 1. Dezember 1802 betrug im ge­samten deutschen Reiche der Bestand an Pferden 3836346 Stück (gegen 3522545 am 10. Januar 1883), an Rindvieh 17 555 818 (gegen 15 786 764), Schafen 13589759 (gegen 19189715), Schweinen 12174513 Stück (9 206195). Der Verkaufswert betrug für Pferde 1880 865 200 Mark (gegen 1678661700 am 10. Januar 1883), für Rind­vieh 3 545 555 600 (3074 264200), Schafe 217 749 300 Mark (306582200), Schweine 684653100 ^ (ge­gen 476698500 ./I.

Berlin, 23. Dez. Wie dasTageblatt" mel­det, wird der Bundesrat vor der 3. Lesung des Jesuitengesetzes keinerlei Stellung zu dem An­träge nehmen. In parlamentarischen Kreisen herrsche die Ansicht, daß sich die Mehrheit bei der 3. Lesung des Antrags bedeutend verringere.

Zwischen Kreuz und Berlin ist gestern, zwischen Berlin und Leipzig heute der Bahnpostwagen verbrannt. Dort sind 235 Packete beschädigt, 50 verbrannt, hier sind zwei Drittel der Ladung ver­brannt oder beschädigt.

Glatz, 21. Dez. Die beiden wegen Spioniererei durch das Reichsgericht verurteilten französischen Of­fiziere haben heute hier ihre Strafe angetreten.

Berlin, 23. Dez. Der hiesigeLokalanzeiger" will wissen, daß die Untersuchung über die Atten­tatsversuche gegen den Kaiser und Graf Caprivi deutscherseits zu Anfang Dezember abgeschlossen wor­den sei und daß auch ein abschließender Bescheid der französischen Regierung vorliege, wornach die Bemühungen des Kommissars Dignet, die Packetab­sender zu ermitteln, erfolglos geblieben seien.

Berlin, 23. Dez. In der französischen Spio- nenaffaire, welche vor dem Reichsgericht ihren Ab­schluß gefunden hat, weiß diePotsdamer Ztg." zu melden, daß der Kaiser aus seiner Schatulle dem Grenzaufseher Streichhahn in Tönning ein Gnaden­geschenk von 250 -x« dafür bewilligte, daß er seiner Zeit bei dienstlicher Revision der englischen Lust­yachtInsekt" den ersten Verdacht gegen die fran­zösischen Offiziere erhoben und zu ihrer schließlichen Ergreifung mitgewirkt hat.

Frankreich.

Paris, 22. Dez. Der Pariser Gemeinderat, an dem doch eigentlich kein Anarchist etwas auszu­setzen haben sollte, ist jetzt gleichfalls mit anarchisti­schen Drohbriefen bedroht worden. Darnach soll das Stadthaus noch vor Jahresschluß in die Luft gesprengt werden. Man hat die Sache für Ernst genommen und entsprechende Vorsichtsmaßregeln ge­troffen.

Paris, 22. Dez. Die Familie Rothschild ver­teilte 20000 Franken baar und für 40000 Fran­ken Bcodkarten an Arme.

Durch Schneestürme sind am Dienstag in ganz Frankreich die Telegraphenlinien vielfach zerstört worden. Die Telegramme haben dadurch meist be­deutende Verspätungen erhalten.

Kleinere Mitteilungen.

Das Jahr 1894 ist ein sehe feiertagreiches. Wie eine Durchsicht des Kalenders ergiebt, werden sämtliche Feiertage je an einem Werktage gefeiert. Ein solcher Fall wiederholt sich äußerst selten. Im kommenden Jahr beträgt die Zahl der Ruhetage unter Hinzurechnung der Sonntage 66, wovon allein 7, bei den Katholiken 8 auf den Monat Dezember entfallen.