und erwirkte durch eine Eingabe an die Vorgesetzte Behörde der Gefängnisverwaltung, daß er seine eigenen mitgebrachten Kleider tragen durfte. Als aber die Temperatur sehr heiß wurde, verlangte er wieder Zwilchkleider, diesmal aber ohne Erfolg. Inzwischen hat er bei Schabelitz (Zürich) schon wie­der eine Broschüre (die dritte) erscheinen lassen, wo­rin er alle Behauptungen seiner beiden ersten Bro­schüren wiederholt und überdies die Richter der Stuttgarter Strafkammer, welche ihn verurteilten (die Herren Landgerichtsrar Jetzt Direktor) Herrmanu, Landgerichtsrat (jetzt erster Staatsanwalt) Nestle und Landrichter Oesterleu (sitzt Finanzrat und Ju­stitiar bei der Eisenbahndiretnon) aufs schwerste wie­derholt beleidigt. Das gerichtliche Verfahren hier­über ist gegen Freiherrn v. Münch bereits eingeleitet. In: Laufe desselben wurde der Antrag gestellt, den Frhrn. v. Münch auf 6 Wochen behufs Untersu­chung seines Geisteszustandes in eine Irrenanstalt einzuweisen, wogegen letzterer beim Kgl. Oberlandes­gericht aus Grund des 81 der Strafprozeßord­nung Beschwerde erhob, welcher gutem Vernehmen zufolge, stattgegeben wurde. Das gerichtliche Ver­fahren gegen ihn nimmt deshalb seinen Fortgang.

Preise bei dem landwirtschaftlichen Hauptfest in Cannstatt erhielten u. a.: Für Farren einen 2. Preis mit 120 Magnus Binder, Kuppingen; für Limburger Vieh (Kühe) einen 6. Preis mit 100 Mark Ernst Luz, Schwarzwaldhotel, Freudenstadt; (Kalbeln) einen 2. Preis mit 140 Karl Rueff, Spielberg; für Schweine einen 6. Preis mit 20 Gottlieb Schäfer, Herrenberg.

Cannstatt, 2. Okt. Die Bezirksgewerbeaus­stellung wird am 9. d. Mts. geschlossen. In finan­zieller Beziehung kann berichtet werden, daß die Garantiezeichner nicht in Anspruch genommen werden dürften.

Eßlingen, 30. Sept. Der Monat hat insei­nen letzten Stunden sich schauerlich ernst von un­serer Stadt verabschiedet. Um halb 7 Uhr wollten 5 Arbeiter vor der Wirtschaft zum Falken Wein­fässer, von denen jedes etwa 7 Zentner wog, von einem Pritschenwagen abladen. Eines derselben ent­schlüpfte den vier rechts und links am Fasse anhal­tenden Männern und es rollte dem fünften, einem zum Mostbereitungsgeschäft zugereisten fremden jun­gen Mann, diesen niederwerfend, über die Beine und auf den Unterleib. Die Beine find geradezu zerschmettert; die inneren Verletzungen werden wohl den Tod des Bedauernswerten zur Folge haben. Zu derselben Stunde erschoß sich der verheiratete Uhrmacher und Mechaniker U., ein in zweiter Ehe lebender Mann und Vater von 2 Kindern. In der letzten Zeit zeigte sich bei demselben allgemeine nervöse Erregtheit. Die Vermögensverhältnisse wa­ren scheints auch im Rückgänge. Und heute vor­mittag fiel um halb 10 Uhr von dem Dache eines dreistöckigen Wohnhauses in dermittleren Beutau" ein fremder Schieferdecker fo auf das Pflaster nieder, daß derselbe in bewußtlosem Zustande und mit in­neren Verletzungen weggetragen und ins Kranken­haus verbracht werden mußte.

Heilbronn, 2. Okt. Wie aus Stuttgart mit­geteilt wird, wurde oie prächtige Kalebstraube, welche der Heilbronner Güterbefitzer-Verein bei der Huldi­gung vor dem König in Cannstatt mit sich führte, I. Maj. der Königin zum Geschenk gemacht. Die niit Bändern in den Schaumburg Lippe'schen Farben geschmückte Traube wog 120 Pfund.

Brandfall: In Sindelfingen die frühere Zehntscheuer in der oberen Vorstadt.

Kissingen, 30. Sept. Ueber das Befinden des Fürsten wird derN. F. Pr." von sehr vertrauens­würdiger Seite unterm 28. v. Mts. geschrieben: Aus dem düsteren Oekonomiegebäude, ehemals fürst­bischöflichen Schlöffe auf der Oberen Saline, das der Fürst bewohnt, dringen keine Nachrichten in die Außenwelt, seitdem der Altreichskanzler krank ge­worden ist. Sowohl Dr. Chrysander wie Prof. Schweninger bewahren unbedingte Verschlossenheit und Schweigsamkeit. Das steht aber außer allem Zweifel, daß der Fürst eilt schweres Krankenlager hinter sich hat; er sieht sehr eingefallen aus und ist ein hinfälliger Greis geworden. Am Dienstag unter­nahm er eine Spazierfahrt. Zwei Diener geleiteten ihn die Treppe herunter; beim Einsteigen in die Equipage bleibt das Hausthor geschlossen, damit das Publikum nicht sieht, mit welcher Anstrengung der ,vürü die Viktoria-Chaise besteigt. Er grüßt mit

der linken Hand, die rechte kann er nicht erheben; er ist momentan sogar außerstande, seinen Namen zu schreiben, woraus man schließt, daß die Gerüchte von einem Schlaganfalle, der ihn betroffen haben soll, doch auf Wahrheit beruhen. Der Appetit ist gleich Null; er, der sonst ein kolossaler Esser war, aßt die meisten Speisen unberührt. Wie soll der gewaltige Körper unter solchen Umständen zu Kräften kommen? Ueber die Abreise ^verlautet gar nichts; ie kann sehr rasch erfolgen, sich aber noch wochen- ang hinausziehen.

DieHamburger Nachr." schreiben:Unsere treu­liche Mitteilung über die bevorstehende Rückkehr des Fürsten Bismarck haben wir heute dahin zu ergän­zen, daß der Fürst nach seiner Erkrankung noch immer nicht die Körperkräfte wieder gewonnen hat, die zu einer so langen Reise wie von Kissingen nach Friedrichsruh notwendig sind. Sobald die Reise irgendwie thunlich ist, wird sie erfolgen. Der Fürst dürfte voraussichtlich denselben Weg nehmen wie auf der Hinreise. Es wird aus ärztlichen Gründen dringend gebeten, von Ovationen und privaten Be­grüßungen auf den Stationen sowie am Ankunfts-, orte abzusehen."

DieKreuzztg." erklärt sich jetzt gegen die ge­plante Tabakfabrikatssteuer, weil sie die blühende Tabakindustrie in Preußen, besonders in Westfalen, lahmlegen würde und den armen Mann belaste. Das Blatt verlangt ein Zurückgehen auf die Biersteuer.

Berlin, 28. Sept. Die Zusammenkunft des Zaren mit dem Grafen von Paris in Kopenhagen verstimmt lautKreuzz." die Republikaner in Frank­reich allgemein.

Trakehnen, 2. Okt. Kaiser Wilhelm ist gestern früh hier aus Schweden eingetroffen; zum Empfange hatten sich der Landstallmeister v. Frankenberg und Graf Dohna eingefunden.

Oesterreich-Ungarn.

Die in Wien vorgenommenen Verhaftungen von Anarchisten haben noch nicht hingereicht, die Verschwörer unschädlich zu machen. Die Verbreitung anarchistischer Flugschriften wird fortgesetzt und zu­meist sind es solche in tschechischer Sprache, die nicht gedruckt, sondern lithographisch oder hektographisch hergestellt sind. Die Flugschriften trugen die Auf­schrift: Die Rache ruft! Die verhafteten Anarchisten sind meistens Tschechen.

Frankreich.

ImMatin" schreibt der Royalist Cornely: So werden also der Graf von Paris und der Zar mehrere Tage unter dem gleichen Dache zubringen, und während wir die Matrosen des Zaren als Brüder begrüßen, wird der Zar selbst den Ersten der Franzosen als Freund begrüßen. Das ist vor­trefflich. Rußland kann sich unmöglich republikanisch machen, dagegen ist Frankreich, wie seine ganze Ge­schichte beweist, ein wesentlich monarchisches Land. Da Rußland nicht französisch werden kann, so muß Frankreich russisch werden. Und damit ist der An­fang schon gemacht. Es bekehrt sich allmählich zu den Grundsätzen der Autorität und des Gehorsams.

Charleroi, 2. Okt. Die Zahl der Ausständi­gen im Bassin von Charleroi ist auf 16,000 ge­stiegen. In Marchienne, Chatelinau, Charleroi und Dampremy ist der Strike ein vollständiger. An allen übrigen Orten nahm ein Teil der Bergleute die Arbeit wieder auf. Die Ruhe wurde nirgends gestört.

Italien.

Rom, 30. Sept. Der König stürzte heute früh auf einem Spazierritt in Monza mit dem Pferde und kam dabei mit einem Bein unter das Pferd zu liegen, verletzte sich aber nicht, sodaß er den Ritt fortsetzen konnte.

Schweden-Norwegen.

Stockholm, 29. Sept. S. M. der Kaiser ist gestern abend um sechs Uhr in Gothenburg einge­troffen.

Griechenland.

Athen, 28. Sept. In Chorikos bei Laurion wurde eine verschüttete Stadt mit wohlerhaltenen Häusern, Mauern und Straßen aufgefunden. Die Entdeckung erregt Aufsehen.

Rußland.

Die Lage der russischen Waldbesitzer und Holzhändler wird in Folge des Zollkriegs immer kritischer. Die deutschen Händler bleiben aus, ein anderer Absatz läßt sich nicht schaffen, sodaß die riesigen Holzmengen daliegen. Die Besitzer fallen

Wucherern in die Hände. Tausende Flößern, Wald­arbeitern und Aufsehern sind, wie von der russischen Grenze berichtet wird, brotlos geworden und gefähr­den in Folge ihrer Not die öffentliche Sicherheit. Eine Masseneingabe der Holzintereffenten an das Ministerium fordert deshalb die baldige Beendigung des Zollkrieges, weil sonst ein völliger Ruin unaus­bleiblich sei.

Amerika.

New-Aork, 30. Sept. In der Mansfieldgrube in der Nähe des Krystallfalls (Michigan) stürmte am 28. d. M. ein Felsen herab; die Grube war sofort mit Wasser gefüllt. 37 Leute, größtenteils Italiener und Schweden, sind tot, nur drei entkamen.

Die Geschäfrskrisis in den Vereinigten Staaten dauert an und die Folge davon ist, daß weitere Herabsetzungen der Löhne eintreten, die von den Arbeitern angesichts der allgemeinen Notlage ruhig hingenommen werden. Nach einer Meldung derTimes" aus Philadelphia vom 26. d. M. ha­ben sich neuerdings die Hüttenarbeiter in Pittsburg mit einer Herabsetzung des Lohnes um 10 Prozent einverstanden erklärt.

Die Stadt St. Joseph in Missouri ist nach einer Meldung aus New-Dort von einem verhee­renden Brande heimgesucht worden. Das Feuer war in dem Warenlager der Herren Townsend und Wyatt ausgebrochen. Die schönsten Geschäftshäuser sind zerstört und der Schaden wird Auf 1.000,000 Dollars geschätzt.

Aus Buenos-Ayres vorliegende Nachrichten melden: Die Revolution ist als beendigt anzusehen, die Nationalgarde ist entlassen.

Nach den neuesten Meldungen aus Buenos Aires hat sich Rosario den Regierungstruppen ergeben, die Anführer der Aufständischen sind gefangen ge­nommen worden.

Kleinere Mitteilungen.

Oberndorf, 30. Sept. Unter dem TitelOberndor­fer Stadt- und Landbote" erscheint von morgen ab neben demSchwarzwälder Boten" dahier eine zweite Zeitung in drei Wochennummern. Als verantwortlicher Redakteur zeichnet Buchdruckereibesitzer I. Müller dahier.

Stuttgart, 28. Sept. (Er bremst.) Folgendes hüb­sche Scherzwort eines Stuttgarter Großindustriellen wird uns berichtet. Derselbe erhielt dieser Tage Besuch von einem Jugendfreund, dem er sein flottgehendes Fabrikatons- anwesen und seine elegante Wohnung zeigte.Na, Na," meinte der Gast,du scheinst in dem besten Zug zu sein, ein reicher Mann zu werden. Was macht denn dein Filius, der Bruder Studio in Tübingen?"Gewiß bin ich," meinte lächelnd unser Großindustrieller,im besten Zuge, ein reicher Mann zu werden, aber mein Sohn, von dem du eben sprachst, lieber Freund, derbremst" bei dem Zug.

In Cannstatt wurden über die Volksfesttäge auf dem Festplatze einem Mädchen SO Mk. aus der Jacke heraus­gestohlen; ebenso wnrden daselbst einer Frauensperson ISO Mk. gestohlen, während sie dem Kasperltheater zusah.

Ebersberg, 27. Sept. (Nette Ehe!) ImEbersber­ger Anzeiger" war in einer der letzten Nummern wörtlich nachstehende Annonce enthalten:Verloren! Am Freitag, den 22. September, Vormittags, habe ich meine Frau Anna verloren. Der redliche Finder möge sie behalten und er­hält außerdem noch eine gute Belohnung. Kirchseon, den 22. September 1892, Georg Weber, Hausbesitzer." Nicht uninteressant ist, daß das Ehepaar nunmehr 33 Jahre verheiratet ist.

Der Redakteur der sozialdemokratischenSächsischen Arbeiterztg." Dr. Gradnauer, der vor kurzem als Un­teroffizier der Reserve zu einer mehrwöchigen Uebung ein­gezogen war und während des Manövers bei einem Koh­lenhändler in Roßwein i. S. hatte einquartiert werden sol­len, ist von diesem mit der Bemerkung zurückgewiesen wor­den, daß er einkönigstreuer Grenadier" gewesen sei und keinem Sozialdemokraten Quartier geben wolle.

Dem Prinzen Ludwig von Bayern war, wie bekannt, während der Kaisermanöver in Elsaß aus seinem Quartier im Bazaine-Schlößchen in Straßburg eine Geldkasette mit über 3000 Mk. Barinhalt gestohlen worden. Der Dieb ist nunmehr in dem Dreijährig-Freiwilligen Späth des 1. Feldartillerie-Regiments, der als Ordonnanz eines Offiziers kommandiert war, ermittelt und zur Haft gebracht worden.

In vielen südpsälzischen Weinörten ist wegen des am Freitag voriger Woche niedergegangenen Hagelwetters die sofortige Weinlese angeordnet worden.

Der Stadt Ellrich i. Harz ist wiederum eine bedeu­tende Erbschaft zugesallen, indem ein in Berlin verstorbe­ner Herr Kramer derselben 200000 Mk. vermacht hat.

In Hammerstein bei Neustettin brach in der Nacht zum 26. ds. M. Feuer aus, das 26 Gebäude, darunter 11 Wohnhäuser, vollständig einäscherte.

Ein neuer Heizkörper. Ein Berliner Bürger hat seine Erfindung, welche er beim kaiserlichen Patentamt zum Patentschutz angemeldet hat, und die Herstellung von Heizkörpern aus Hausmüll- und Küchenabsällen bezweckt, dem dortigen Magistrat zur Prüfung und Ankauf qngebo- ten. Ueber die Art der Gewinnung des neuen Heizmate­rials schreibt der Erfinder: Sämtliche Hausmüll- und Küchenabfallstoffe werden auf Darren stark ausgetrocknet darauf auf geeigneten Mühlen gemahler. Aus dem so