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allgemeinen und des Herrenberger Liederkranzes spe- ziell redete. Er hob dabei die allgemein bildende, die sittlich erhebende und ideale Einwirkung des Gesangs aufs menschliche Gefühl hervor. Darauf wurde nach einem poetischen Gruß seitens einer Festdame die neu renovierte Vereinsfahne enthüllt, die ein Prachtstück unserer, einheimischen Industrie genannt zu werden verdient. Herr Musikoberlehrer Hegele aus Nagold beglückwünschte die Herrenberger Sänger Namens des Ausschusses des schwäb. Sängerbundes und würdigte in markigen Zügen die hohe Bedeutung des edlen Volksgesangs. Nun begann das durchs Los bestimmte Einzelsingen der anwesenden Vereine, nämlich Affstätt, Bondorf, Böblingen, Deckenpfronn, Ehningen, Gärtringen, Gültstein, Kayh, Mötzingen, Nagold, Oberjesingen, Oberjettingen, Oeschelbronn, Sindelfingen, Unterjettingen, Herrenberg. Mit einem gelungenen Sängerball in der Turnhalle wurde dieses schöne Sängerfest u. Jubiläum beschlossen. (Calw. H.)
Teinach, 25. Juli. Dank einer Stiftung der verewigten Königin Katharina feierte auch heute Teinach wieder sein „Jakobifest." Dasselbe gestaltete sich zu einem wahren Volksfeste und lockte ein außergewöhnlich zahlreiches Publikum an. Auch Se. Ex- cellenz der Oberjägermeister v. Plato ist mit Fami lie von der Rehmühle aus hier eingetroffen.
Stuttgart, 26. Juli. Anläßlich des bevorstehenden russisch-deutschen Zollkriegs wird man sich auf ein Steigen der Getreidepreise gefaßt machen müssen, doch dürften die kleineren Märkte wesentlich davon nicht betroffen werden, da der Ausfall der Ernte bei uns und in Oesterreich parallelisierend wirkt. — Dagegen werden in Anbetracht der niedrigen Fleischpreise , die sich nicht sobald wieder auf ihre frühere Höhe schwingen dürften, (?) ein Sinken der Käspreise zu erwarten sein.
Stuttgart, 27. Juli. Dem Vernehmen nach werden der bayerische, badische und württembergische Finanzminister in nächster Zeit zu einer Vorbesprechung der neuen Reichssteuerpläne in Stuttgart Zusammenkommen.
Stuttgart, 29. Juli. Gestern abend 10*/4 Uhr ist Herr Stadtpfarrer Joses Knapp, zweiter Stadtpfarrer an der Stiftskirche, ein Sohn des geistlichen Dichters Albert Knapp, nach mehrtägigem schwerem Leiden im Alter von 54 Jahren gestorben.
Der voraussichtliche Obstertrag in Württemberg im Herbst 1893. Der württembergische Landesobstbauverein (dessen Borstandschaft seit dem Tode des Kommerzienrats Kohlhammer Gemeinderat Fischer von Stuttgart führt) hat eine Uebersicht über die Heuer zu erwartende Obsternte veranstaltet, der der „St.-A." folgendes entnimmt. Im 1. Gauverband (des Landesobstbauvereins hat für seine Zwecke das Land in 12 Gauverbände mit Vertrauensmännern eingeteilt), der die Oberämter Crailsheim, Gaildorf, Gerabronn, Hall, Künzelsau, Mergentheim, Oehringen umfaßt, stehen Tafeläpfel mittelmäßig bis gering, Wirtschastsäpfel noch geringer, Tafelbirnen etwas besser, ebenso Wirtschaftsbirnen, Zwetschgen gut, Zwergbäume gering. Im allgemeinen war die Höhenlage wieder weit mehr begünstigt als die Niederungen. Infolge der Trockenheit fiel sehr viel Obst ab. Blattläuse und Honigthau brachten den Bäumen sehr viel Schaden. Aehnlich steht es im 2. Gauverband (Oberämter Aalen, Ellwangen, Gmünd, Heidenheim. Neres- heim, Welzheim). In der Gegend von Ellwangen geben in höheren Lagen folgende Sorten gute Erträge: Französische Gold-, Graue französische, Große Kasseler, Luxemburger Reinette und Goldparmäne. Aehnlich im 3. Gauverband (Oberämter Blaubeuren, Geislingen, Laupheim, Ulm). Luiken gut, fallen aber infolge der Trockenheit sehr viel ab. Im 4. Gauverband (Besigheim, Brackenheim, Heilbronu, Neckarsulm, Weinsberg) ist die Ernte durchschnittlich mittelmäßig; der Frost zerstörte viele Blüten und die Trockenheit brachte viele Früchte zum Abfallen. Gut lauten die Nachrichten aus den Oberämtern Backnang, Ludwigsburg, Marbach, Maulbronn, Baihingen, wiewohl auch hier über die Folgen von Frost und Trok- kenheit geklagt wird. Die Oberämter Cannstatt, Leonberg, Schorndorf, Stuttgart Stadt und Amt, Waiblingen haben fast überall eine gute Obsternte zu erwarten. Der 7. Gauverband (Oberämter Eßlingen, Göppingen, Kirchheim, Nürtingen) ist als mittelgut zu bezeichnen; Zwetschgen gut; auch hier Höhenlage besser als Niederung. Gute Aussichten hat wieder der 8. Gauverband (Oberämter Böblingen, Herrenberg,
Münsingen, Reutlingen, Rottenburg, Tübingen, Urach). In allen übrigen Gauverbänden bezw. Landesteilen, soweit sie hier nicht genannt sind, wird der Ertrag durchschnittlich als mittelmäßig geschätzt, alle Obstsorten zusammen genommen. Mittelmäßig bis gut dürfte für das ganze Land zutreffen (nach den für die Statistik vorgeschriebenen 3 Rubriken: gut, mittelmäßig, gering).
Heilbronn, 26. Juli. Die Angelegenheit des Oberbürgermeisters Hegelmaier ist in ein weiteres Stadium getreten. Von Seiten des k. Medizinalkollegiums" ist nämlich ein zweites Gutachten hier ein gelangt, in welchem daraus beharrt wird, daß H. un heilbar geisteskrank ist, während bekanntlich Geh.-Rat Dr. Schäle in Jllenau sich nach Einsicht der Akten und auf Grund längerer persönlicher Beobachtung für die völlige geistige Gesundheit des Oberbürger Meisters H. in ganz bestimmter Weise ausgesprochen hat. Es gewinnt immer mehr den Anschein, daß man gerne um eine öffentliche Verhandlung vor dem Disziplinarhof herumkommen würde, wenn dies auf gesetzlichem Wege möglich ist. Denn wie bestimmt versichert wird, wurde dem H. bis jetzt weder eine Anklageschrift zugestellt, noch ihm der Inhalt der gegen ihn erhobenen Beweismittel mitgeteilt, was nach Artikel 90 des Beamtengesetzes sofort nach geschlossener Voruntersuchung hätte geschehen sollen. Deshalb sieht man auch der hier bevorstehenden Gerichtsverhandlung allgemein mit begreiflicher Spannung entgegen, da ohne Zweifel diese über manche noch dunkle Punkte Licht bringen wird. Als Sachverständige sind nämlich auf der einen Seite einige Mitglieder des Medizinalkollegiums, auf der anderen Seite Geh.-Rat Dr. Schäle geladen; es handelt sich somit darum, daß das Medizinalkollegium öffentlich den Beweis für die unheilbare Geisteskrankheit des H. führt, was sehr erhebliche Hacken haben dürfte. Bekanntlich behauptet u. a. die Regierung, daß in der letzten Gerichtsverhandlung vom 19. Mai v. I. die bei H. vorhandene Geistesstörung ganz evident hervorgetreten sei; es wurden deshalb über diesen Punkt einige Gerichtsmitglieder als Zeugen geladen. Es heißt, die Verhandlung werde deshalb bis nach den Gerichtsferien vertagt. Doch ist hierüber Bestimmtes noch nicht bekannt. Keinenfalls kann jedoch der Fortgang des Disziplinarverfahrens von der Erledigung des anhängigen Strafverfahrens abhängig gemacht werden; denn sonst ist die Sache geradezu endlos und leiden die Interessen der Stadt Heilbronn immer mehr Not. Die Stimmung der hiesigen Bürgerschaft, welche das eingehaltene Verfahren nicht mehr versteht, wird deshalb auch immer mißmutiger.
Untertürkheim, 26. Juli. Heute wurde der auch in weiten Kreisen bekannte 53 I. alte Metzger Canz unter großer Begleitung von nah und fern zu Grabe getragen. Derselbe hat durch Blutvergiftung, welche er sich beim Schlachten einer am Milzbrand erkrankten Kuh zugezogen hatte, unerwartet rasch seinen Tod gefunden. Sein Neffe, welcher ihm beim Schlachten geholfen hat, liegt ebenfalls krank im Spital in Cannstatt. Der Nachbar, in dessen Scheuer die Kuh geschlachtet wurde, mußte gestern eine neumelkige Kuh vergraben, die andere zeigt auch Spuren von der entsetzlichen Krankheit und wird ohne Zweifel auch verenden. Gestern und heute waren infolge dessen gerichtliche Kommissionen hier thätig.
Brandfall: In Dietenhetm das Haus des Schuhmachers H. und ein zweites Gebäude, von zwei Familien bewohnt.
Vom Zustand des Königs Otto von Bayern verlautet wieder einmal, daß sich derselbe wesentlich verschlimmert habe. Die bestehende Paralysis erschwere die normale Ernährung des Königs. Wenn nicht bald eine Besserung eintrete, sei eine Katastrophe unvermeidlich. Bisher sind alle derartigen Nach- richten alsbald wieder für falsch erklärt worden.
In Nürnberg soll von privater Seite ein Mäd- chenghmnasium errichtet werden zur Vorbildung junger Mädchen zum Universitätsstudium.
Mannheim, 28. Juli. Die Kaisermanöver zwischen dem 13. (württembergischen) und 14. (badischen) Armeekorps finden nunmehr definitiv statt. Nach dem veröffentlichten Manöverplan wird der Kaiser am 10. September in Karlsruhe eintreffen. Die Verpflegung der Truppen findet, falls die mit Einquartierung zu versehenden Orte dies wünschen, aus den Militärmagazinen statt, andernfalls wird den Bewohnern die Verpflegung der Truppen über
lassen. Bezüglich der Pferde wird bei einer Anzahl von über 25 die Fouragierung unter allen Umständen durch die Militärmagazine besorgt, bei Trupps von unter 25 Pferden nur dann, wenn die betreffenden Gemeinden dies verlangen.
Durch die jüngste Veröffentlichung des Petersburger „Regierungsboten" wird eine weitere Erhöhung des russischen Höchsttarifs für den Fall angekündigt, daß Deutschland am l. August die Einführung des Höchsttarifs mit der 50°/oigen Erhöhung der deutschen Zollsätze auf die wichtigsten russischen Einfuhrwaren beantworten werde. Diese den Charakter einer offenen Drohung tragende Ankündigung wirft ein weiteres Licht auf die kleinliche Art des Fellschens und Marktens, die dem jetzigen russischen Finanzminister Witte eigen ist.
Die Antisemiten und die Anarchisten halten jetzt allabendlich in Berlin Versammlungen ab, in denen es zumeist recht lebhaft hergeht. In einer am Montag Abend stattgehabten antisemitischen Versammlung hat drr Abg. Werner auf das heftigste Herrn Stöcker angegriffen und ihn der Unwahrheit gegen den „ehrlichen und ritterlichen Ahlwardt" geziehen. Die Versammlung war mit dem Referenten vollstän- dig einverstanden und erklärte, von Stöcker und den Konservativen nichts mehr wisseu zu wollen.
Berlin, 25. Juli. Begnadigt wurde der frühere Gefreite, der Landwirt Rudolph Schramm aus Eichstädt bei Stendal, welcher im Juni d. I. von der Potsdamer Strafkammer wegen schwerer Körperverletzung zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt war. Schramm hatte den Rekruten Körber im Dienst derartig geschlagen, daß derselbe Sprache und Gehör verlor und zeitweise in einer Irrenanstalt untergebracht werden mußte.
Berlin, 27. Juli. Aus Schneidemühl wird der „Post" gemeldet: Der Kriegsminister genehmigte die Verlegung eines Jnfanteriebataillons hierher, so daß die Stadt nach 23jähriger Unterbrechung wieder eine Garnison erhält. Die geschädigten Bürger richten ein Immediatgesuch an den Kaiser um Genehmigung einer Brunnenlotterie; Magistrat und Stadtverordnete schließen sich dem Gesuch an.
Fürst Bismarck wird, wie nunmehr aus Friedrichsruh bestimmt verlautet, die Reise nach Kissingen am Sonnabend Vormittag antreten und am Spätabend desselben Tages dort eintreffen. Die Fahrt geht diesmal über Hannover, Eisenach und Meiningen. Begleitet ist Fürst Bismarck von seiner Gemahlin, von Dr. Schweninger und Dr. Chrysander. Der Aufenthalt in Kissingen soll fünf Wochen dauern, in Eisenach wird eine größere Empfangsfeierlichkeit stattfinden.
Berlin, 29. Juli. Die „Bossische Ztg> schreibt, die russische Regierung beabsichtigt, eine Ausfuhr von Heu und Klee nach Deutschland nicht mehr zu gestatten.
Schwei).
Bern, 26. Juli. Die Berner Regierung hat das Tragen der roten Fahne an öffentlichen Orten und bei Umzügen bei Konfiskation und 100 bis 500 Fr. Buße oder 8 bis 40 Tagen Gefängnis im ganzen Kantonsgebiet untersagt.
Frankreich.
Paris, 26. Juli. Das „Reutersche Bureau" meldet aus Tientsin vom 25. Juli: Die chinesische Regierung erhebe keinen Einspruch auf die Forderung Frankreichs bezüglich des Gebietes am linken Ufer des Mekong bis zum 23. Grade nördlicher Breite, halte aber aufrecht, daß die beiden Ufer des Flusses bis zu einem Punkte unterhalb dieses Parallelkreises China gehören und daher von den Siamesen nicht abgetreten werden können. Den Franzosen feindliche Mandarinen suchten die Regierung zu unterstützen, um bei dem Konflikte einzugreifen.
Paris, 27. Juli. Aus Madagaskar sind wieder sehr schlechte Nachrichten eingelaufen. Nach einer Drahtmeldung aus London errichten die Hovas überall Forts und kaufen Waffen von englischen und angeblich auch von den deutschen Häusern.
Die Verstimmung zwischen England und Frankreich wegen der siamesischen Angelegenheiten ist augenscheinlich im Wachsen. Die „Daily News" schreibt, die Lage sei kritisch und erheische große Zurückhaltung. Das Ende der Unterhandlungen zwischen England und Frankreich wird aber wohl nicht eine kriegerische Verwicklung, sondern ein Teilungsabkommen sein. Der König von Siam wird