in Asien ebenso vorausschauend zu sein, wie Deutsch, land sich in Europa gezeigt hat."
Mit der Roggenernte ist vielfach schon begonnen. Der Ertrag ist zum Teil recht befriedigend, mitunter aber auch mehr als dürftig. Da aus dem Osten meist gute Nachrichten kommen, ist für Deutschland aber doch im Ganzen eine befriedigende Mittelernte zu erwarten. — Die im Reichsamt des Innern in Angriff genommene Revision der Alters- und Invalidenversicherung soll sich, wie es heißt, auf untergeordnete Punkte beziehen. Das wäre Schade, denn es giebt auch Wichtigeres zu reformieren.
Besterreich-Angsrn.
Dos amtliche Blatt in Wien hat nunmehr am letzten Donnerstag, eine Ministerial-Berordnung veröffentlicht, nach der im Einvernehmen mit dem ungarischen Ministerium die Ausfuhr von Heu. frischen und getrockneten Futterkräutern aller Gattungen, Stroh und Häcksel über die gesamten Grenzen des österreichisch-ungarischen Zoll-Gebiets vom Tage der Veröffentlichung an den Zollämtern bis auf Widerruf verboten ist. Die bis zum 20. Juli aufgegebenen Bahn- und Schiffsladungen sind von dem Verbot ausgenommen.
Frankreich.
Paris. Nach Annahme der deutschen Militärvorlage wird sofort von allen Seiten und in allen Tonarten laut, daß nun auch Frankreich seine militärische Rüstung wieder verstärke und die Zahl seiner Streiter aufs Neue erhöhe. Die Frage, ob dies nach den bisher schon gemachten Anstrengungen überhaupt noch möglich sei, ist in den Kreisen derer, welche die französische Armee und die französischen Landesverteidigungsverhältnisse kennen, im wesentlichen verneinend beantwortet worden, nichtsdestoweniger wird es an Versuchen, dem Drängen der heißblütigen Chauvinisten zu genügen, gewiß nicht fehlen. Deroulöde, der Typus des Revanchard, hat für die nächsten Wochen bereits öffentliche Vorträge vom Standpunkt der Patriotenliga angekündigt und die Freunde Freycinets rühren sich, um dem großen „Organisator der französischen Armee," noch einmal den Weg ins Kriegsministerium zu ebnen. Vom jetzigen Leiter des Kriegsdepartements, dem General Loizillon, wird, wie ein in militärischen Dingen meist gut unterrichtetes Blatt, das „Echo de Paris," meldet, ein Zirkular an die die sämtlichen kommandie- renden Generale vorbereitet, in den um Vorschläge zur Verbesserung der Schlagfertigkeit des Heeres ersucht wird. General Miribel, der Chef des Stabs der Armee, soll seinerseits schon bestimmte Vorschläge in xotto haben. So wird demnächst wohl eine Flutwelle von Armee-Reorganisationsplänen auftauchen und die Presse sowie die zuständigen Behörden und Körperschaften überschwemmen.
Paris, 22. Juli. Die Kammer nahm das Budget mit 379 gegen 6 Stimmen an und bewilligte 5 Millionen für die Landwirte, welche durch die Dürre gelitten haben.
Das Ultimatum an Siam ist also richtig von der französischen Regierung gestellt. Es ist am Mittwoch dem französischen Generalkonsul in Bangkok von Paris aus telegraphisch übersandt worden, und es verlautet, die französische Regierung fordere von Siam in demselben drei Millionen Franks allgemeinen Schadenersatz, nicht eingerechnet den Schadenersatz für Privatpersonen. Falls Siam den Vorschlägen zustimme, werde die Regierung als Unterpfand seines guten Willens die Auslieferung eines Forts oder eines vorteilhaften Ankerplatzes während der Dauer der Verhandlungen über die Entschädigung und Grenz- rcgulierung von Siam verlangen. Lehne Siam ab, so würde die Regierung die Blokade über die siamesischen Küsten erklären. Falls Siam unfähig sei zur sofortigen Zahlung der Gesamtsumme der geforderten Entschädigung, so würde Frankreich die Einkünfte aus den Fischereien des großen Sees verlangen.
Belgien-Holland.
Die belgische Kammer hat mit 102 Stimmen den Berfassungsartikel angenommen, nach welchem der König beim Fehlen männlicher Nachkommen berechtigt ist, seinen Nachfolger selbst zu wählen. Diese Bestimmung ist sehr nötig, da die Thronfolge in Belgien auf den beiden Augen des jungen Prinzen Leopold von Flandern ruht.
Schweden-Norwegen. I
Christiania, 20. Juli. Der Storthing beschloß; mit 62 gegen 52 Stimmen, die Apanage des Königs von 336000 auf 256000 Kronen herabzusetzen. Die Apanage des Kronprinzen wurde mit 61 gegen 53 Stimmen um 50 000 Kronen reduziert.
England.
London. Das an Siam gestellte Ultimatum Frankreichs macht wegen der verlangten Grenzerweiterungen auf's neue böses Blut. Selbst „Daily News" protestiert dagegen und behauptet, daß einige Teile des verlangten Gebietes am oberen Mekong nie zu Siam gehört hätten und eher als Birma unter- than zu betrachten seien, so daß England in die Abtretung nicht einwilligen könne. Die „Times" droht wiederum mir dem Uebertritt Englands zur Trippelallianz. „Daily Chronicl" hebt hervor, die Abtretung des ganzen linken Ufers des Mekong ergebe 1., daß Frankreich mit England in unmittelbarer Berührung komme, 2. die Besitzergreifung des enormen Gebietes von Siam, 3. die Abschneidung der direkten Verbindung Siams mit China. Alles das dürfe England nicht erlauben, während durch die angedrohte Blokade niemand mehr geschädigt würde als die brit- tischen Kaufleute von Siam.
Rußland.
Petersburg, 20. Juli. Die Annahme der deutschen Militärvorlage beschäftigt fast alle russischen Blätter der Residenz. Dieselben weisen höhnisch auf die kleine Mehrheit für die Vorlage hin und kommen fast alle zu dem Schluffe, daß die Annahme dieses Gesetzes eine entsprechende Vergrößerung der russischen und französischen Armee notwendig zur Folge haben werde. Die „Nowoje Wremjä" meint, daß wenn in den letzten Jahre» die russischen und franz. Streitkräfte „ohne besondere Anstrengung" vermehrt worden seien, so werde man wohl auch fürderhin in Paris und St. Petersburg es für nützlich erachten, sich nicht mit den hierin schon erreichten Resultaten zu begnügen, „sonvern die so erfolgreich begonnene Entwicklung der Heeresmacht beioer Nationen weiter fortzuführen."
Die Petersburger Zeitungen bestreiten jetzt, daß Rußland eine Verstärkung seiner Truppen plane und machen allerlei schlechte Witze über die Annahme der deutschen Militärvorlage durch den Reichstag. Man wird ja bald sehen, wie die Dinge sich regieren. Die Petersburger Militärverwaltung Pflegt in der Regel nicht den Zeitungen lang und breit zu erzählen, was sie im Sinne hat.
Afrika.
Aus Kampala in Uganda meldet der Korrespondent des „Berliner Tageblatts", Eugen Wolff, daß ihm ein ägyptischer Offizier, Selim Bey, erklärt habe, Emin Pascha sei höchst wahrscheinlich nicht tot, sondern auf einem Zug nach dem Westen begriffen, wohin, das wisse auch er, Selim Bey, nicht, doch glaube er, daß Emin mit einigen ärabischen Händlern Blutsbrüderschaft getrunken habe und mit diesen wei-
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Kleinere Mitteilungen.
Horb, 22. Juli. Gestern nacht um */,9 Uhr schlug der Blitz in die zurzeit fast leerstehende Scheuer des Kronenwirts Zweig in Eutingen, und sofort stand das ganze Gebäude in Flammen. Der rasch herbeieilenden Feuerwehr gelang es, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken.
Heilbronn, 2l. Juli. Am westlichen Horizonte ist gegenwärtig ein neuer Komet zu sehen. Seine Helligkeit nimmt aber bereits wieder bedeutend ab, da er sich von der Erde, von der er gegenwärtig 10 Millionen Meilen absteht, rasch entfernt, und so wird er nicht mehr lange mit bloßem Auge sichtbar sein. Sein Laus geht in südöstlicher Richtung oder von rechts nach links vom Beobachter aus der Grenzlinie zwischen dem großen Bären und dem kleinen Löwen entlang. Gegen Ende des Monats wird er im nordwestlichen Teile des Bildes der Jungfrau stehen. Entdeckt ist der neue Komet von dem Franzosen Guessinet, dessen Namen er nun auch tragen wird.
Hechingen, 22. Juli. Ein 4jähriges Mädchen, welches ein Quantum Kirschen samt den Steinen verzehrte, ist gestern Abend nach zweitägigem schrecklichem Leiden gestorben.
Ulm, 21. Juli. Beim Leeren einer Abtrittgrube in der Ulmergasse wurden Unternehmer Daniel Bin-
^zinger und dessen Schwager der Dienstmann Georg lEberhardt, der Binzinger Hilfe bringen wollte, von «den Gasen betäubt und konnten nur als Leichen ^herausgeschafft werden. Ein Bruder des Binzinger ist vor mehreren Jahren auf gleiche Weise ums Leben gekommen.
Oehringen, 20. Juli. Der fürstliche Hofkellermeister Knoll, der älteste Mann Oehringens, der vor wenigen Wochen sein 94stes Lebensjahr angetreten hat, bis vor kurzem gesund war und sich rühmte, nie einen Tropfen Bier getrunken zu haben, ist heute Nacht sanft verschieden.
Weiden, 20. Juli. Heute nacht wurden von ruchloser Hand zwei Städel angezündet; das Feuer verbreitete sich rasch und legte 42 gefüllte Städel in Asche.
Nicht übel, Herr Professor! Professor Schwe- ninger, der in der „Zukunft" die Sucht, schablonenmäßig in Badeorten Heilung von allerlei Leiden zu suchen, geißelt, meint, „in dem Strauß einer Luxus- besteuerung sollte neben einer Korsett- und Schleiersteuer auch eine Bädersteuer nicht fehlen."
Der Färbereiarbeiter Karl Hochheim in Mühlhausen fand unter den Standesamtsnachrichten zu seinem Erstaunen bei den Geburten verzeichnet: „20. Mai: dem Färbereiarbeiter Karl Hochheim, Ziegelstraße 12, 1 Sohn." Da weder ihm noch seiner Frau von diesem Familienzuwachs etwas bekannt war, so begab Hochheim sich zum Standesamt und erfuhr dort, daß die Anmeldung und Eintragung regelrecht erfolgt war. Die angestellten Ermittelungen ergaben, daß Hochheim's Schwager, der Färbereiarbeiter Mock, auf den Einfall gekommen war, eine Finanzoperation in der Weise vorzunehmen, daß er Sie Geburt anmeldete, um auf den Geburtsschein hin von der Krankenkasse 6 Mark zu erheben. Er wird diese Fälschung schwer zu büßen haben.
In Weiden bei Bayreuth sind vorgestern nacht abermals 30 Firste abgebrannt.
In Waldkappel ist eine Frau gestorben, die volle 27 Jahre im Bett zugebracht hat. Die Unglückliche war gichtleidend und während dieser Zeit nicht im Stande, ihr Lager ohne fremde Hülfe zu verlassen.
Berliner Zustände. Dem kleinen Journal werden folgende haarsträubende Geschichten entnommen: Thatsache ist es, daß sich in jüngster Zeit diejenigen Fälle fast erschreckend mehren, daß neugeborene Kinder einfach fortgeworfen werden. Die Gerichtsärzte haben mit der Obduktion solcher toten Findlinge alle Hände voll zu thun. So wurden am Montag zwei und am Dienstag zwei solcher am Wege liegen gebliebener Kinder im Obduktionshause gerichtsärztlich obduziert, um die Todesursache festzustellen. Derartige Vorkommnisse ereignen sich in viel größerer Zahl, als in die Oeffentlichkeit dringt. Andererseits gehen viele Säuglinge an ungenügender Nahrung und Pflege zu Grunde. Eine Dienstmagd verschenkte ein zweijähriges Kind, das sich bisher in Privatpflege befand. Das hübsche Mädchen konnte sprechen, doch nicht auf den Beinen stehen. Die neuen Pflegeeltern, die das Kind vertragsmäßig als eigenes angenommen haben, ließen dasselbe von einem Arzte untersuchen, welcher seine Diagnose dahin abgab: „Das Kind ist organisch völlig gesund, aber in Folge mangelhafter Ernährung fast dem Hungertode nahe!" Rührend ist es, zu sehen, wie glücklich das arme Kind ist, wenn es Schrippe und Milch erhält. Die angestellten Recherchen haben ergeben, daß dasselbe bei der früheren Pflegerin nur mit trockenem Brot und Wasser genährt worden ist. „Die Mutter hat ja wenig genug gezahlt", äußerte die Engelmacherin. Eine andere Arbeiterin hatte vor vier Wochen in der Behausung einer Hebamme einem Knaben das. Leben gegeben und die Hebamme mit ihren letzten Sparpfennigen — nicht einmal voll — bezahlt. Seit drei Wochen lebte die Mutter von den Almosen, die sie von den früheren Arbeitgebern empfing. Die Nahrung des Kindes war daher herzlich schlecht. Am Montag bekam das Kind den Brechdurchfall. In der Schlafstelle wollte man das Wimmern des Kindes nicht mehr mit anhören, die Mutter sollte dasselbe nach dem Krankenhause bringen. Am Montag Abend trafen Mutter und Kind im städtischen Krankenhause ein. Ein Arzt untersuchte das Kind und stellte thatsächlich Brechdurch-