Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den OderamtS-Bezirk Nagold.

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Dienstag 25. Juli

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1893.

A W r l i Lj r r.

Nagold.

Flotzsperre für die Nagold betreffend.

Durch Entschließung der K. Kreisregierung vom . d. M. ist im Einverständnis mit der K. Mini- sterial-Abteüinig für den Straßen- und Wasserbau die Floßsperre für die Nagold und zwar für deren ganzen oberen Lauf bis nach Calw vom 31. Zuli bis 19. September d. I. verfügt worden.

Die Ortsvorsteher derjenigen Gemeinden, auf deren Markungen sich Wasserstuben oder Floßein­bindestätten befinden, haben Vorstehendes sofort be­kannt zu machen.

Den 21. Juli 1893.

K. Oberamt. Vogt.

Hages-WeuigkeiLen.

Deutsches Weich

/ * Nagold, 24. Juli. Wie wir erfahren, feierte gestern Herr Oberamtsbaumeister Heinr. Schuster unbemerkt für seine vielen Freunde sein 25jähriges Amtsjubiläum ruhig und still im Familienkreise.

Stuttgart. Die Wahlanfechtung im 1. Wahlkr. ist ein sehr umfangreiches Aktenstück, enthält aber größtenteils Dinge, die, wenn auch zum Teil ord­nungswidrig, doch nicht geeignet sind, die Wahl um­zustoßen. Zwei Borwürfe sind gegen Handlungen des Herrn Siegle persönlich gerichtet und betreffen die Inaussichtstellung von Beteiligung an Unterneh­mungen (Fortsetzung der Filderlaufbahn u. s. w.); die betreffenden Erklärungen liegen jedoch lange Zeit zurück und stehen mit der Wahl auch nicht im ent­ferntesten Zusammenhang. Einzelne Vorkommnisse wä­ren, wenn sie bewiesen werden könnten (was wir aber für ganz ausgeschlossen Hallen), vielleicht geeignet, einige Stimmen ungültig zu machen; doch handelt es sich dabei um so wenige Stimmen, daß sie am Wahlergebnis nichts ändern würden und daher für eine Ungültigkeitserklärung belanglos sind.

Stuttgart, l9' Juli. Der deutschevangelische Kirchengesangs-Vereinstag, der voriges Jahr wegen der Choleragefahr verschoben wurde, wird Heuer am 26. und 27. September in Ulm abgehalten werden.

Stuttgart, 20. Juli. Infolge Genehmigung der Militärvorlage sind für Württemberg Militär­bauten vorgesehen: Magazine für Brot und Fourage in Ludwigsburg, Neubau eines Artilleriekasernements für die neu zu errichtende Abteilung mit 3 fahrenden Batterien, welche dem Feldartillerie-Regiment König Karl hinzutritt, in Ulm. Barackenkasernements für die Jnfanterie-Halbbataillone in Stuttgart, Ulm, Lud- wigSburg, Heilbronn und Weingarten. Neu anzu­kaufen sind 135 Dienstpferde für die Artillerie.

Eßlingen, 19. Juli. Das Schützenfest nahm gestern Abend mit einem Ball imWürttemberger Hof" sein Ende.

Ulm, 21. Juli. Gestern abend kam das Urteil in der Strafsache gegen den Güterhändlcr Adolf Step­pacher von Ulm wegen Kapitalsteuerhinterziehung zur Verkündigung. Derselbe wurde hienach zu der Strafe von 17,182 ^ 70 für den Staat und von 3579 ^ 60 ^ für die Korporation, zusammen 20,762 ^ 30 ^ verurteilt. Außerdem hat Steppa­cher sämtliche Kosten des Verfahrens zu tragen.

Ellwangen, 19. Juli. Der vom letzten Schwur­gericht zum Tode verurteilte Raubmörder Barth von Königsbronn wurde vom König zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt.

Das bayerische Alpenvorland ist im Allge­meinen von der Futternot verschont geblieben. Die Heuernte ist nach Güte und Menge dort zur vollen Zufriedenheit ausgefallen.

Eichstätt, 21. Juli. Die hiesige Bolkszeitung bestätigt, daß Prinz Max von Sachsen sich dem geistlichen Berufe widmet und am hiesigen Lyceum theologische Vorlesungen hört; in ein Kloster ist er dagegen nicht eingetreten.

In Mannheim ist dieser Tage im offenen Rhein ein mit 17,000 Backsteinen beladenes Schiff gesunken. Die Mannschaft konnte nur mit Mühe gerettet werden.

Friedrichsruh, 21. Juli. Fürst Bismarck hielt bei der Begrüßung der 800 Braunschweiger eine be­merkenswerte politische Rede. Der Fürst äußerte sich abfällig über den Reichstag, der nach seiner Ansicht zu nachgiebig gewesen sei, und über die Bureaukratie. Er bestritt, daß er in seiner Rede an die Lipper für den Partikularismus eingetreten sei, und gab dann ieinem Mißtrauen gegen die Polen Ausdruck. Der Fürst betonte ferner, daß Prinzreqent Albrecht von Braunschweig ihm stets in allen Lagen unverändert wohlwollend gewesen sei, und besprach das Verhalten eines Sohnes im Reichstag.

Das Bureau des Reichstags hat eine neue Auslage des Berichts über die Eröffnungssitzung Herstellen lassen, in der jene Worte enthalten sind, welche der Kaiser bei der Eröffnung der Session nach der Verlesung der Thronrede an die Abgeord­neten richtete. Sie lauten nach der amtlichen Fest­stellung:Und nun, meine Herren, gehen Sie hin; unser aller Gott sehe auf Sie herab und leihe Ihnen Seinen Segen zum Zustandebringen eines ehrlichen Werkes, zum Wohl unseres Vaterlandes!"

Das deutsche Kaiserpaar ist am Mittwoch abend, begleitet von dem schwedischen Kronprinzen­paar, das derHohenzollern" entgegengefahren war, in Tullgarn eingetroffen; am Donnerstag abend hat der König von Schweden das Kaiserpaar dort begrüßt.

DieNordd. Allg. Ztg." schreibt offiziös, es dürfte sich als richtig erweisen, daß der Schatzsekretär Maltzahn zurücktrete; die bisherigen Angaben über die Wiederbesetzunq seines Postens seien aber Kom­bination. (Außer Herrn Unterstaatssekretär v. Schraut war auch noch Herr v. Huene als Nachfolger Maltz- ahns bezeichnet worden) Eine weitere offiziöse Notiz meldet, es werde wahrscheinlich schon vor dem Herbst der preußische Kriegsminister v. Kaltenborn-Stachau sein Amt niederlegen.

Die Konferenzen zwischen Rußland und dem deutschen Reiche wegen Abschluß eines beiderseitigen Handelsvertrages sollen in Berlin demnächst be­ginnen. Zu weichem Ausgang sie führen werden, ist heute natürlich nicht abzusehen. Die Dresdener Handels- und Gcwerbekammer spricht in ihrem soeben veröffentlichten Bericht sich über einen Handelsver- trag mit Rußland dahin aus, daß dieser mehr als irgend ein anderer im Interesse Deutschlands liege, wenn das ist die Hauptsache, bisher aber nicht geschehen Rußland gleichwertige Zugeständnisse mache. Ohne Zweifel könne Rußland auf lange Zeit hinaus für deutsche Waren das größte und beste Absatzgebiet werden. Daher, so führt die Han­delskammer weiter aus, müsse sie auch den Stand­punkt eines Teils der deutschen Landwirte, der prin­zipieller Gegner des Vertrages sei, bekämpfen, da das Jahr 1892 bewiesen habe, daß ein Sinken des deutschen Getreidepreises nicht durch den Ausschluß

Rußlandsjvon der Meistbegünstigung in den Getreide­zöllen gehindert werde. Doch wünscht die Kammer eine sehr erhebliche Ermäßigung der russischen In- dustriezölle, wenn der Vertrag überhaupt Nutzen haben solle und eine solche Festlegung derselben, die Willkürlichkeiten bei der Verzollung möglichst aus- schließt.

Berlin, 20. Juli. Mehrere Blätter vermuten, daß auf der Konferenz deutscher Finanzminister auch die Projekte von Reichsstenern auf Erbschaften, auf Inserate (?) und auf Quittungen ernstlich wieder in Betracht gezogen werden würden.

Berlin, 21. Juli. DerBoss. Ztg." zufolge reichte Frhr. v. Maltzahn am Dienstag formell sein Abschiedsgesuch ein.

Daß das erste Auftreten des Grafen Herbert Bismarck im Reichstage kein glückliches war, wird allseitig anerkannt; ebenso wird aber auch der Haß gerügt, mit dem die Freisinnigen über den Träger des Namens Bismarck herfielen. DieSchles. Ztg." schreibt u. a.: Der Artikel 2 des Artikels II stand zur Diskussion. Derselbe handelt von näheren Aus­führungen der zweijährigen Dienstpflicht, gegen welche letztere Graf Bismarck das Wort ergriff. Er sprach also vollkommen zur Sache. Trotzdem hatten Herr Richter und sein Anhang es darauf abgesehen, den Präsidenten zum Einschreiten gegen den Redner förm­lich zu zwingen. Fortgesetzt stießen sie die Behauptung hervor, Gras Bismarck spreche nicht zur Sache; nament­lich Eugen Richter schrie ununterbrochen:ß 2, § 2". Man sah ganz deutlich, daß sein Zorn einzig und allein darin seinen Grund hatte, daß der Redner den Namen Bismarck trägt. Man kann sich unschwer eine Vorstellung davon machen, welchen Insulten seitens des Herrn Richter uud Genossen der ehemalige Reichs­kanzler selbst ausgesetzt gewesen wäre, wenn er sich während der vorigen Session in den Reichstag ge­wagt hätte.

Berlin. Ahlwardt polemisierte gestern in einer Antisemitenversammlung gegen Stöcker und nannte ihn einen Heuchler, der das Christentum zur Ver­folgung egoistischer Zwecke benutze, worauf stürmi­scher Beifall ertönte. Wegen Beleidigung des Finanzministers Miquel wurde gegen Ahlwardt das Strafverfahren eingeleitet. Die Beleidigung wird in einem Bortrag Ahlwardts über die dem Reichs­tag vorgelegten Akten gefunden.

Eine Verstärkung von 90 Mann wird die deutsch­südwestafrikanische Schutztruppe erhalten. Die Mann­schaften haben Berlin verlassen und werden heute Mittwoch die Reise nach Afrika antreten.

Bon den Urteilen der ausländischen Presse über die Militärvorlage sei noch ein Artikel des Stan­dard erwähnt, welcher darauf hinweist, wie die An­nahme der Vorlage zunächst dahin geführt habe, daß die Franzosen sich sagen, daß am Rhein keine Lor­beeren für sie zu holen seien, und daß daher ihr Drang nach Flairs ein anderes Feld. und zwar in Asien und wo sonst englisch-französische Interessen aneinandergrenzen, zu suchen beginne. Damit habe England zrl rechnen, und in Siam stehe jetzt eine erste Probe bevor.Die Kräftigung Deutschlands und des Dreibundes in Europa muß mit Notwendig­keit dahin führen, daß der Ehrgeiz Frankreichs und Rußlands sich auf entferntere Objekte richtet. Ist der Rhein unpassierbar geworden, so werden einer traditionell ruhelosen und agressiven Macht Menam und Mekong um so anziehender. Wir thäten gm,