Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Samstag 22. Juli

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1893

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Amtliches.

Nagold.

Nachstehende Bekanntmachung des Großherzl. ba­dischen Bezirksamts Pforzheim wird hiemit zur öffentl. Kenntnis gebracht.

Den 20. Juli 1893.

K. Oberamt. Vogt.

Bekanntmachung,

die Flößerei aus der Enz und Nagold betreffend.

Wir bringen hiermit zur öffentlichen Kenntnis, daß nach Antrag der Gr. Wasser- und Straßenbau- Sektion dahier wegen Vornahme von wasserbaulichen Arbeiten die Flößerei auf der Enz und Nagold die­ses Jahr für die Zeit vom 6. August morgens 5 Uhr bis zum 23. September abends 8 Uhr einschließlich auf Grund des § 4 der F'oßordnung gesperrt wird.

Die Bürgermeisterämter der in Betracht kommen­den Gemeinden werden angewiesen, dies alsbald in ortsüblicher Weise öffentlich bekannt machen zu lassen und dabei die Beteiligten aiifzufordern, die denselben anläßlich der diesjährigen Wßschau auferleqten und die sonst erforderlichen ArbMen während der Floß­sperre vorzunehmen, di eine spätere Hemmung und Erschwerung des F.ößerbetriebs in Folge der Aus­führung solcher Arbeiten nicht angängig erscheint.

Den Besitzern der an der Enz, Nagold und Würm gelegenen Stauwerke ist insbesondere zu eröffnen, daß denselben während des oben bezeichneten Zeit­raumes verboten wird, aufgestautes Wasser in grö­ßerer Menge abzulassen, außer wenn Gefahr auf Verzug steht. Ueber die geschehene Bekanntmachung und Eröffnung ist spätestens binnen zwei Woche» hier her Bescheinigung vorzuleg en._

Nagold.

Die Ortsvorsteher

derjenigen Gemeinden, welche Mais durch Vermitt­lung des landwirtschaftlichen Vereins bezogen haben, werden aufgefordert, sofort zu berichten, ob ihre Ge­meinden das bestellte Quantum erhalten haben und ob sich bei dem Bezug kein Anstand ergeben hat.

Den 20. Juli 1893.

_ K. Oberamt. Vogt.

Bei der Konkursprüfung für die Aufnahme in das evang. Seminar in Maulbronn sind u. a. als Seminaristen ausge­nommen worden: Theodor Frohnmeyer, S d. Oberkonststo- rialratS in Stuttgart, Heinrick Schnürte, S. d. Bäckermeisters in Calw, Hermann Staudenmayer, S. d. Professors am Real- lyceum in Calw.

Tages-WeuigkeiLen.

Deutsches Weich.

Stuttgart, 18. Juli. An den beiden nament­lichen Abstimmungen am 13. und 15. Juli, die über die Militärvorlage im Reichstag entschieden haben, beteiligten sich 16 von den 17 württ. Reichsabgeord- neten; einer, der Abg. Hartmann (Bp.), war krank. Rur 3, die nat-lib Abg. Bantleon und Siegle, sowie v. Gültlingen (Reichsp.) stimmten für die Militär­vorlage im Einzelnen und im Ganzen; die anderen, sämtlich Ultramontane oder Demokraten, stimmten dagegen. Für den (nicht entscheidenden) Antrag Carolath, der die zweijährige Dienstzeit fester als in der Vorlage begründen wollte, stimmten am 14. Juli außer jenen drei auch Kercher und Pflüger.

Stuttgart, 18. Juli. Die Jahresversamm­lung des württ. Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stif- tung und die Jubelfeier seines 50jährigen Bestehens

in Stuttgart nahm heute Vormittag 10 Uhr durch die Festversammlung im Saale der Evangelischen Gesellschaft ihren Anfang. Gestern Abend fand eine zwanglose Bereinigung der bereits angekommenen Gäste im Herzog Christoph statt, wobei nach der Bekanntgabe des Vorstands, Hofpredigers Dr. Braun, keine Reden gehalten werden sollten. Bon hervorra­genden Anwesenden seien heute nur genannt Oberkon- sistorialrat Koch-Berlin, Kirchenrat Witz-Wien, Su­perintendent Haase-Bielitz, Pfarrer Schimik Vöckla­bruck , Pfarrer Fliedner-Madrid; ferner von hier Oberhofprediger Prälat v. Schund, Prälat v. Klai- ber, Professor Dr. Th. Schott, Oberstudienrat Oester- len und zahlreiche Geistliche aus ganz Württemberg.

Reutlingen, 20. Juli. Bei der heute vorge­nommenen Wahl eines ritterschaftlichen Abg. zur 2. Kammer für den Schwarzwaldkreis wurde der bish. Abg. Frhr. v. Gültlingen mit allen gegen eine Stimme wiedergewählt.

Heilbronn, 18. Juli. Die wiederholte Ver­handlung gegen Oberbürgermeister Hegelmaier u. Gen. wegen Urkundenfälschung findet am Donnerstag den 3. August vor der Strafkammer des hiesigen Königl. Landgerichts statt.

Schorndorf. 18. Juli. Auf Veranlassung des landwirtschaftlichen Bezirksvereins bereist gegenwär­tig Oekonomieinspektor Röhn von Buoch unfern Bezirk, um mündliche Belehrungen und Ratschläge über zweckmäßige Anpflanzung von Grünfutter für Herbst und Frühjahr zu erteilen. Derselbe hielt gestern abend im Kronensaal hier einen klaren lehr­reichen Vortrag, der von der gut besuchten Versamm­lung mit Interesse und Beifall ausgenommen wurde. Zuerst beantwortete der Redner die Frage:Was haben wir an unfern Wiesen zu thun?" Er empfahl eine Nachhilfe mit Chilisalpeter (40 bis 50 Pfund auf den Morgen), wodurch eine sichere Wirkung be­züglich des Oehmdes erzielt und ein dritter Schnitt ermöglicht werde. Dann behandelte er als 2. Punkt die Anpflanzung von Grünfutter nach der Ernte. Zuerst sei eine Düngung mit Chilisalpeter notwen­dig. Dann könne man anpflanzeu entweder inlän­dischen Mais (1 Ztr. pro Morgen in Reihen), der aber zuerst in lauwarmem Wasser aufgeweicht werden müsse, um die Keimperiode von 16 auf 8 Tage herabzumindern, oder Wicken und zwar lauter oder gemischt mit Haber, Senf und Erbsen. Auch Buchweizen könne gesät werden; doch gedeihe der­selbe nur im Thal. Um im Frühjahr bald Grün- sutter zu bekommen, empfehle es sich, schon mitte August Roggen insbesondere Johannisroggen zu säen, der im Frühjahr 3 bis 4 Wochen lang Futter liefere. Der Jncarnatklee, der auch bald ein gutes Futter liefere, sei leider Heuer zu teuer. Im dritten Punkt seines BortragS gab der Redner treffliche Vorschläge bezüglich einer guten Verwertung des spärlichen Dürrfutters. Jeder Viehbesitzer müsse sich Heuer einen Futteretat machen, und da das Stroh nun einmal verfüttert werden müsse, so seien Surro- gate (Oelkuchen, Palm- und Erdnußkuchen, Baum- wollsaatmehl) unumgänglich nötig. Zu 18 Pfund Rauhfutter, Stroh und Heu, pro Stück im Tag, seien zu mischen 4 Pfund Futtermittel, die aber nicht zu sehr mit Wasser verdünnt sein dürfen. Falls im Herbst das Grünfutter nicht zeitig aufgebraucht wer- den könne, so soll man dasselbe pressen. Zum Schluß besprach der Redner noch den Ersatz des Strohs für Streu, wobei er statt der ziemlich wert- losen Laubstreu die Torfstreu, oder, falls diese zu

teuer wäre, die Erdstreu empfahl. Er beantwortete dann noch einige Anfragen, wonach Oberamtmann Kinzelbach, der die Versammlung eröffnet hatte, dem Redner den verdienten Dank aussprach.

Maulbronn, 18. Juli. Zu der Mitteilung des MaulbronnerBürgerfreunds" schreibt demS. M." Hr. Th. v. Wächter, mit dem Ersuchen um Aufnahme, es sei nicht wahr, daß er dem Reichskanz­ler Caprivi die Aeußerung in den Mund gelegt habe: es wäre besser, wenn die Hälfte des Volks weder lesen noch schreiben könnte. Er habe gesagt: Caprivi habe in einer Reichstagsrede gesagt: lieber, als daß die Soldaten sozialdemokratische Schriften lesen, wäre es ihm. sie könnten überhaupt nicht lesen. In dem Blatte, in dem er den Bericht hievon gelesen, werde er nachsuchen und dann die Stelle veröffentlichen.

Ulm, 18. Juli. Heute ist in Neu-Ulm mit der Vergrößerung der Kaserne des 12. Bayer. Jnf.-Re- gimentsPrinz Arnulf" begonnen worden. Der Erweiterungsbau muß bis 1. Oktober d. I. fertig werden.

Vor einigen Tagen brachte, dasDresd. Journ." die Mitteilung. daß Dr. zur. Prinz Max von Sachsen, ein Neffe des Königs, seine militärische Laufbahn aufgegeben habe und seine Studien in Eich­stätt in Bayern fortzusetzen beabsichtige. Inzwischen ist, wie aus Oschatz gemeldet wird, der Prinz von dort ohne Dienerschaft und Begleitung abgereist, nach­dem er auf Nimmerwiedersehen von seiner Umgebung Abschied genommen: er ist in ein Kloster gegangen. Dazu bemerkt ein Mitarbeiter des Oschatzer Amts­blatts Folgendes:Da auch bei uns in Sachsen der Grundsatz gilt, daß Jeder nach seiner Fasson selig werde, so würde diese Thatsache an sich Niemand näher berühren; allein sie hat einen hochbedeutenden politischen Hintergrund, der jeden Vaterlandsfreund mit Sorge in die Zukunft blicken läßt. Es handelt sich hier nicht um seine Privatperson, sondern um einen Prinzen des k. Hauses, den Neffen des Königs. Man fragte sich unwillkürlich: Wie war es nur möglich, daß der jugendliche, hochbegabte Prinz, der sich die Doktorwürde erworben hat, seine Laufbahn aufgege­ben und den verhängnisvollen Schritt thun konnte? Ganz sicher nicht völlig aus sich, aus eigener Ent­schließung heraus, sondern nur unter dem Drucke eines mächtigen Einflusses. Und wo dieser zu suchen ist. darüber kann niemand im Zweifel sein. Man geht sicher nicht fehl, wenn man hier auf den Ein­fluß des Jesuitismus zurückkommt, wie er in dem Bischof Wahl zu Dresden (der Genannte hat auch dem Prinzen während seines Aufenthaltes in Oschatz zweimal einen Besuch abgestattet) vertreten wird. Man weiß, wie regelmäßig der Prinz die von diesem gehaltenen Gottesdienste rc. besuchte, und man erinnert sich, wie gerade dieser Mann es war, der gegen den Schluß des vorigen Landtags sich berufen fühlte, in der 1. Kammer auf besondere Weisung aus Rom die Aufhebung des die kath. Kirche betreffenden sächsi­schen Gesetzes vom Jahre 1876 zu verlangen. Es gelang ihm nicht, damals den Kulturkampf nach Sach- sen zu tragen, aber daß er im Sinne und Geiste RomS die Macht des Katholizismus in Sachsen mit allen Mitteln auszudehnen nicht unterlassen werde, das befürchtet Jedermann von ihm. Der Gang des Prinzen ins Kloster ist eine Wirkung dieser Bestre- bungen."

Nach den Meldungen aus Schneidemühl wurde der erste Bürgermeister Wolfs mit seinem in Berlin persönlich vorgetragenen Gesuch um Erlaubnis zur