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V. Ebhausen. 4. Juli. Da Herr Maschinen' Werkstättebesitzer Den gier hier durch Ueberleitung des Mühlbachs eine vorzügliche Krast zum Betrieb seiner Maschinen gewonnen hat, sah er sich veranlaßt, seine bisherige Werkstätte abzubrcchen und in neuem, vergrößertem Maßstab auszusühren. Nach althergebrachter, schöner christlicher Sitte wurde vor der Aufrichtung des neuen Gebäudes heute früh um 6 Uhr auf Verlangen.des Bauunternehmers in der hiesigen Kirche eine Betstunde gehalten. Da Herr Pfarrer Müller gegenwärtig zur Befestigung seiner angegriffenen Gesundheit im Bad verweilt, hielt H. Missionar Walker von Rohrdorf eine sehr zu Herzen gehende Ansprache über Psalm 127, 1 u. 2. — Von allen Seiten erntet Herr Dengler lebhaften Beifall und herzlichen Dank für eine entschlossene, mutige That, durch welche er mit eigener Lebensgefahr am letzten Samstag den 10jährigen Sohn des Herrn Killin ger hier vom Tod des Ertrinkens rettete. Der genannte Knabe badete mit einigen Kameraden hinter der Traube, wo es verschiedene sehr tiefe Stellen hat. Er ist des Schwimmens nicht kundig, geriet in eine tiefe Stelle und sank unter. Auf das Hilferufen der Kameraden eilte H. Dengler, der gerade ein Glas Bier in der Traube trank, herbei, warf sich völlig angekleidet ins Wasser und rettete mit vieler Mühe und eigener Lebensgefahr den fast ertrunkenen Knaben zur großen Freude seiner Elter und aller hiesigen Bewohner.
> Berneck, 4. Juli. Heute wurde hier der 76 Jahre alte Privatier Graf unter außerordentlich zahlreicher Leicheubegleitung von auswärts, auch von weiter Ferne, zu Grabe getragen. Der Verstorbene hatte früher den hies. Gasthof zum Waldhorn, den er vor ca. 15 Jahren seinem Sohn übergab. Den vielen Luftkurgästen, die sich alle Sommer hier einfinden und lange aufhalten, war er eine bekannte und beliebte Persönlichkeit. Er machte sich um die Landwirtschaft, auch um die Verkehrsverbindungen in unsrem Nagoldthal sehr verdient und genoß allgemeine Liebe und Achtung. Voriges Jahr feierte er noch mit seiner jetzigen Witwe im Familienkreise die goldene Hochzeit.
> Alten steig, 3. Juli. Vor 4 Tagen hatten wir hier das Schwarzwaldvereinsfest und heute das Gerberfest, d. h. den 9. Gerbertag des württ. Ger- bervereins. Die Stadt, vor allem die hies. Gerber, hatten allem aufgeboten, den vielen Gästeu einen hübschen Empfang zu bereiten. 9^ vormittags wurden diese mit Musik auf dem Bahnhof empfangen und dann durch die Stadt in Gasthof zum Stern begleitet, wo Frühschoppen war. Die Hauptversammlung daselbst dauerte von 11—2 Uhr unter dem Vorsitz des Vereinsvorstandes Ehr. Bantlin von Reutlingen. Die Versammlung wurde begrüßt im Namen der hies. Gerbermeisterschaft von Ehr. Kempf hier und in Vertretung deS abwesenden Ortsvorstehers Präzeptor Knödel'im Namen der hies. Einwohnerschaft. Der Vereinsvorstand Bantlin dankte für den überaus schönen und herzlichen Empfang, worauf die eigentlichen Verhandlungen begannen. Der Vorsitzende sprach über die gegenwärtige Notlage der Gerberei in allen ihren Details und Zweigen, auch den Rindenyandel und den Handel mit Hauten. Unsre inländische Rinde finde nur schwer Käufer, trotzdem sie sich qualitativ gut mit der ungarischen .messen könne und trotzdem die K. Forst- direktion den Käufern sehr entgegenkomme; bei dem massenhasien Nolschiachten gegenwärtig bringe man dem Gerber viel minderwertige Häme, die eigentl. Qualitatshäme fehlen fast ganz. Es sete zu hoffen und zu wünschen, daß für die Gerber bald wieder günstigere Zeiten kommen mögen. Der Vorsitzende giebl daraus einen kurzen Bericht über die seit dem letzten Gerbertag stattgehabten 8 Ausschußsitzungen. Hienach Wahl des Ausschusses: Vorstand, Vicevor- stand, Schriftführer und Kassier, werden von den Ausschußmitgliedern gewühlt. A. F. Dicht aus Pirmasens hielt einen höchst interessanten und für die vielen Fachmänner sehr lehrreichen Vortrag über die allgemeine Lage der deutschen Lederindustrie, namentlich über die Nachteile der Schnellgerberei und die Vorteile einer beschleunigenderen Gerbmethode, Fr. Ernst aus Marbach sprach an Hand einer Collcktion von inländischen und erotischen Gerbstoffen über deren Prozentgehalt, Wert und Anwendung, allein und in Verbindung unter sich. Bei den HH. Rednern sprach der Vorsitzende den Dank
der Versammlung aus. An Se. Majestät den König wurde ein Huldigungstelegramm abgesandt, auf das beim Festessen dankend Antwort einlief. Das Festessen war im Gasthof zur Traube. Toaste wurden ausgebracht auf Se. Majestät den König, auf den so thätigen Vereinsvorstand, auf die Stadt Altensteig rc. Im Löwengarten war gesell. Unterhaltung bei Musik, im Gasthof zur Linde abends Bankett. Heute machten die Festgäste. die noch hier waren einen Ausflug nach Berneck.
Stuttgart, 3. Juli. Der neu gewählte Reichstag tritt morgen zusammen und wird sofort über das Schicksal der Militärvorlage zu entscheiden haben. Es ist an der Hand der Stichwahlergebnisse bereits berechnet worden, daß an der Annahme der Vorlage durch die neue Reichsvertretung nicht mehr zu zweifeln sein wird. Wir werden voraussichtlich höchstens einen Kampf oder vielmehr eine lebhafte Debatte über die Deckungsfrage erleben, über die Vorlage selbst schwerlich mehr. Da eine lange Dauer der bevorstehenden Session auf allen Seiten förmlich perhorresziert wird, darf man überdies annehmen, daß überflüssige und langatmige Reden bei der Erörterung diesmal unterbleiben.
Braudsall: In Glatten (Freudenstadt) das Wohn- und Oekonomiegebände des Christian Wörner; Fer Bauernhof des Anton Meßinger bei Neresheim, sowie die Scheuar und das Stallgebäude des Wirts Heigler. Der Schaden beträgt ca. 12000
In der preußischen Gesandschast in Karlsruhe ist ein Einbruch begangen worden, wobei 15 000 Mark gestohlen worden sind. Von dem Thäter fehlt noch jede Spur.
Die Wahl des jungen Prinzen Hohenlohe. des Sohnes des Statthalters des Reichslanöes, im Wahlkreise Hagenau ist bezeichnend für die gegenwärtigen Verhältnisse in Elsaß-Lothringen und bildet einen erfreulichen Beweis für die Besserung der dortigen Stimmung. Die Wahl zeigt klar, daß Fürst Hohenlohe, welcher u. a. die Milderung Paßgesetze bewirkte und dem industriellen und gewerblichen Leben seine Aufmerksamkeit zuwendete, den richtigen Weg eingeschlagen hat, um in Elsaß-Lothringen den französischen Elementen den Boden zu entziehen. Man wende nicht ein, daß die Wahl Bebels tu Straßburg gegen diese Anschauung spreche. Diese Wahl ist kein Beweis französischer Gesinnung, sondern ein Zeichen, daß in Straßburg, wie in allen großen Stadien, wirtschaftliches Unbehagen die Bevölkerung der Sozialdemokratie in die Arme treibt. Dagegen muß man den Nachdruck ans die Thatsache legen, daß das „Protestlertum" in Elsaß-Lothringen in offizieller Form zu existieren fast ganz aufgehört hat.
In einem „offenen Wort" an seine Arnswalder Wähler hat der Rektor Ahlwardt erklärt: „Meine konservativen Gegner sagen, ich sei schuld an der Ausdehnung der Sozialdemokratie. Das ist unwahr. Die Junker und Juden, die das Volk ausschinden und zur Verzweiflung treiben, sind daran schuld. Die „Nordd. Allg " Ztg." meint das sei für gewisse Freunde Ahlwardts eine recht lehrreiche Sentenz.
Berlin, 3. Juli. Aus bester Quelle erfährt die K. Z., daß die Zusammenkunft des Kaisers mit dem Großfürsten-Thronfolger von Rußland in Berlin infolge bloßer Zufälligkeiten unterblieb; sie wird jedenfalls bei der Rückkehr des Thronfolgers stattfinden.' nachdem die Einzelheiten durch Schriftwechsel zwischen den betreffenden Höfen festgestellt sind. Der Besuch in London hat lediglich einen verwandtschaftlichen, freundschaftlichen Charakter ohne jede politische Färbung; die Einladung erfolgte ohne Hintergedanken und wurde als solche angenommen.
Berlin, 4. Juli. Der Kaiser hat den Reichstag mit einer Thronrede eröffnet, in welcher er am Schluffe sagte: Geehrte Herren! Unter schweren Opfern ist es gelungen, die deutschen Stämme durch ein festes Band zu einigen. Die Nation ehrt diejenigen, welche für dieses Werk Gut und Blut eingesetzt und das Vaterland einem politischen und wirtschaftlichen Aufichwung zugeführt haben, welcher, wie er den Zeitgenossen zum Stolz und zur Freude gereicht, den nachkommenden Geschlechtern, wenn sie im Geist der Väter weiter bauen, des Reiches Größe und Glück verbürgt. Die glorreichen Errungenschaften zu wahren, mit denen Gott uns in dem Kampfe um unsere Unabhängigkeit gesegnet hat, ist unsere heiligste Pflicht. Solcher Pflicht gegen das Vater
land werden wir aber nur dann genügen, wenn wir uns stark und wehrhaft genug machen, um ein zuverlässiger Bürge des europäischen Friedens bleiben zu können. Ich vertraue, daß Mir und Meinen hohen Verbündeten Ihre patrio.ische und opferbereite Unterstützung bei der Verfolgung dieses Ziels nicht fehlen wird.
Der „Goniec Wielkopolski", ein echtes Polenblatt, teilt mit, daß der Abg. v. KvScielski mit seiner Gemahlin aus eine Einladung des Kaisers nach Kiel gereist sei, und fordert d e Fraktion der Polen im Reichstag auf, die Zustimmung zur Milstärvorlage davon abhängig zu machen, daß die polnische Sprache in sämtlichen Schulen Oberschlesiens, Großpolens, Westpreußens und Ermelands gestattet werde. Wenn der Reichskanzler darauf nicht eingeht, beschwört das Blatt die Fraktion, sich auf keine Verhandlung einzulassen!
Im Wahlkreis Hamburg I hat der Abg. Bebel nun das Mandat abgelehnt, da seine dortigen Parteigenossen ihn von der Annahme des Hamburger Mandats entbunden haben, damit er in Straßburg annehmen kann.
Frankreich.
Paris, l. Just. Das „Echo" meldet, Ferdinand Lesseps liege im sterben.
Paris, 4. Juli. Gestern Abend begaben sich die Demonstranten vor das Senatsgedäude und warfen die Schilderhäuser um. Der wachthabende Offizier ließ die Mannschaft antreten. Der Zwischenfall blieb ohne weitere Folgen. Die Menge zog vor den Justizpalast und warf mehrere Fenster ein. Von der Polizeipräfektur wurde die Fahne herunter geholt und auf die Erde geworfen. Schließlich wurde die Menge durch 300 Polizeiagcnten, welche blank zogen, zerstreut.
Spanien.
Die spanische Regierung hat der Firma Ludwig Löwe u. Comp, in Berlin die Lieferung von 25 000 Mausergewehren und zehn Millionen rauchloser Patronen übertragen.
! a i i e n.
Am vorigen Sonnabend ist in der Umgegend von Casale und Mailand ein starkes Gewitter nie- dcrgegangen, wobei 4 Personen vom Blitz erschlagen worden sind.
> Engl a ii d.
London, 1. Juli. Einer Meldung der „Times" aus Malta zufolge hat Adm ral Tryon sofort nach der Kollision der beiden Schiffe erklärt, dieselbe sei seine Schuld, denn zwischen den Schiffen sei der Raum ungenügend gewesen, um das von Tryon angeordnete Manöver auszuführen. Admiral Markyam an Bord des „Camperdown" habe die Gefahr erkannt und gezögert, der Ordre Folge zu leisten. Als jedoch Tryon signalisierte: „Was macht Jyr?" habe Markham den „Camperdown" vorwärts gehen lassen, was zu der bekannten Katastrophe führie. In einem anderen Telegramm heißt es: „Ware der . Befehl ganz ausgeführt worden, so hätten alle Schiffe des Geschwaders miteinander kollidiert."
Amerika.
New-Aork, 30. Juni. Nach einer Meldung der „Times" beschlossen die Besitzer von Minen und Schmelzöfen m Colorado in gemeinsamer Versammlung einstimmig, alle Minen zu schließen. Etwa 30000 Arbeiter verlieren dadurch ihre Beschäftigung.
Kleinere Mitteilungen.
Crailsheim, 2. Juli. Ein billiges Pferd kaufte ein hiesiger Bierbrauer von einem auswärtigen Bauern; der Preis wurde nach dem Gewicht des Pferdes festgesetzt, der Zentner zu 50 Das Pferd wog netto 8 Zentner und mußte zu 4 ^ abgegeben werden.
Ravensburg, 1. Juli. Ein junger Mensch aus Weingarten, welcher anfangs April im „Oberschwäb. Anz." eine gefälschte Verlobungs-Anzeige einrücken ließ, wurde heute von der Strafkammer zu 5 Tagen Gefängnis verurteilt.
Der Manöverkaffee. Es war vor einer Reihe von Jahren in einem der ärmsten Nester der bayerischen „Steinpfalz". Der Hauptmann Brummer, dem das Mißgeschick gelegentlich der Manöver auf ein paar Tage in jenem Neste Quartier angewiesen hatte, war in übelster Laune. Er war ein großer Verehrer einer wirklich guten und starken Tasse Kaffee, und die arme Hausfrau hatte ihm außer