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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Overamts-BeziÄk Nagold.
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Samstag 1. Juli
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1893
Amtliches.
Die Schrrltheitzenämter j
werden auf den Erlaß des K. Verwaltungsrates der, Gebäudebrancvcrsichcrungsanstalt v. 26. Mai d, I., betreffend die Schätznngsprolokolle für die Gebäude- brandvcrsichernng (s. Minist.-Amtsblatt S. 180), aufmerksam gemacht.
Nagold, 28. Juni 1893.
K. Oberamt. Vogt.
"Die erlcdigie Kollaboraiorsstclle an der Lateinschule in
Altensleig wurde dem Kollaboraturskandldaten Bolay, Amtsverwcscr auf der Stelle, über tragen. _
Aatschlage zur Verminderung der Jutternot.
Die durch die ungewöhnliche, in manchen Bezirken gcknz außerordentliche, Dürre hervorgerufene Futternot hat bereits Vwle zu einer starken, die Meisten zu einer tei weisen Verminderung ihres Viehstandes genötigt, und ist der Vermögcnsstand Vieler durch den gewaltigen Preissturz des Viehs stark erschüttert worden. Um dieser Verminderung unseres Vieh- stanves, der wesentlichen Grundlage des Gedeihens unserer Landwirtschaft. Einhalt zu thun, hat, wie bekannt, d-e Regierung energische Maßregeln ergriffen, und ist die ernannte Notstandskommission am Werk, um Futter-, Streu, Düngmittel und Sämereien den Beteiligten znzuführen.
Die Heu- und Kleeernte ist größtenteils sehr gering ausgefallen, der Ausfall gegen sonst beträgt in der Regel mehr als die Hälfte des Ertrages, und ist vielfach auf llg, ^4 und noch tiefer hcrab- gesunken. Solange die Dürre anhiclt, mußte das Vieh vielfach auf der Wiefenweide ernährt werden, und wo auch Heu geerntet werden konnte, ist dasselbe vielfach zur zeitweiligen Ernährung des Bieh- standes in Ermangelung von Grünfutter zu verwenden. Die zur Wmterfütternng sonst dienenden Wiesen- und Kleeheuerträge sind deshalb vielfach für diesen Zweck nicht in die Scheunen gekommen.
Auch die Stroherträge für Winter- und Som- mcrfrüchten werden infolge der Dürre größtenteils unter Mittel ausfallen. Unter diesen Verhältnissen wäre für die Zukunft die Fntternot noch eine drohendere als jetzt, wenn nicht in der höchsten Not Gott kräftige Regen, die allen Landesteilen zu teil wurden, herabgesenkt hätte. Diese Durchfeuchtung des Bodens ermöglicht jetzt eine Beackerung der freien Felder und gestattet auf solchen den Anbau von Futterpflanzen, sie wird ferner ihre wohlthätige Wirkung aus Getreide-, Rüben-, Kartoffel- und Kleefelder ausüben, sodaß die Erträge von Getreide, Stroh rc. besser, als bisher befürchtet wurde, ausfallen werden, und auch die Wiesen werden nun aufs Neue Kraft gewinnen und wohl einen höheren Oehmdertrag gewähren, als der Heuertrag war.
Bei dieser Sachlage handelt es sich nun darum, daß jeder Landwirt soviel als möglich bestrebt ist, Futterpflanzen aus dem Äcker zu bauen und den Ertrag seiner bestehenden Futterfelder (Wiesen und Kleefelder) durch geeignete Mittel zu steigern.
Unter den auf den freien Feldern sofort und auf den Getreidefeldern nach deren Aberntung anzubauenden Futterpflanzen steht der Mais (Welschkorn, Kukuruz) wegen seiner großen Futtermasse, die er liefern kann, in erster Linie. Des Klimas wegen kann er auch in unseren höhcrgelegenen Gegenden, z. B. Alb, Schwarzwald, Welzheimer Wald, Oberschwaben
rc. noch angebaut werden, wenn er etwa bis Mitte Juli gesäet wird. Es giebt zwei Hanptsorten, den virginischen Pferdezahnmais, der die größte Masse liefert, aber langsamer sich entwickelt, und den ungarischen oder auch deutschen Mais, der zwar weniger Masse liefert, dessen Futterwert aber größer ist, und der sich viel rascher ent» wickelt. Dieses Vorzugs wegen kommt derselbe hauptsächlich für höher gelegene Gegenden und bei späterer Saatzeit in Betracht.
Voraussetzung eines lohnenden Futtermaisbaues ist starke Düngung. Dieselbe kann aber auch als Kopfdüngung nach der Saat gegeben werden. Gülle oder Latrine, oder Chilsalpeter mit Superphosphat, noch besser Kalisuperphosphat, sind dazu zu empfehlen. Die Ansaat kann breitwürfig oder in Reihen geschehen. Letztere (Entfernung der Reihen 20—30 om) ist deshalb vorzuziehen, weil Bearbeitung und Nachhilfe durch Düngung besser möglich ist. An Saatgut sind pro lla ca. 140 erforderlich. Man kann den Ertrag noch dadurch steigern, daß man die stärksten Stengel wegnimmt, wodurch die schwächeren sich besser entwickeln. Bei stärkerem Anbau ist es rötlich, den Mais in Abteilungen zu säen, damit man ihn stets zu richtiger Zeit, ehe die untern Teile verholzen, verfüttern kann. Droht im Herbst Frost, so schneidet man ihn und stellt ihn gebunden ans dem Felde auf. Im geschnittenen Zustand leidet er nicht unter dem Frost.
Sorgho. Znckermoorhirse, eine Pflanze, welche an Fitttermasse dem Mais ähnlich ist, gedeiht nur in milden Gegenden
Von dem Moha r, der auch hie und da von Samenhandlungen empfohlen wird, ist abzusehen, da es für seinen Anbau jedenfalls zu spät wäre.
Außer Mais verdienen die Futterwicken, bekanntlich eine Mischung von Hafer, Wicken, Erbsen, Ackerbohnen, die größte Beachtung. Um den Ertrag derselben zu steigern, ist Superphosphat, auf sandigen oder moorigen Feldern auch Kainit, ersteres 6 Ztr. pro da, letzterer 9—10 Ztr. pro da zu empfehlen.
Wenn es- sich darum handelt, rasch Grünfntter zu bekommen, ist besondes der Senf ins Auge zu fassen. Auf gut gedüngten Feldern liefert er schon nach 4 Wochen einen reichlichen Schnitt. Pro lla braucht man 20—25 llA Samen. Der Schnitt hat mit Eintritt der Blüte zu erfolgen.
Auf sandigeren Böden ist auch der Buchweizen (bei Reinsaat Samenbedarf 75—90 tiA pro lla) rein oder in Mischung mit Senf eine passende Futterpflanze.
Inden milderen GegendenverdienendieStoppel- rüben, namentlich die englischen Sorten (zu beziehen von der Firma Wissinger-Berlin und Metz-Steg- litz) alle Beachtung, da sie bei genügender Feuchtigkeit und bei Düngung mit Gülle oder Chilisalpeter noch große Erträge liefern.
Zur Beschaffung von möglichst frühem Grün- fnttec im kommenden Frühjahr sollte möglichst allgemein Futterroggen,wenn und soweit Winterwicken oder Wintererbsen beschafft werden können, mit letzteren gemischt, gebaut werden. Für solche, welche lnsher noch keinen gebaut haben, sei bemerkt, daß die Saat möglichst frühzeitig erfolgen sollte, damit er sich vor Winter stark bestocken kann, doch ist der Acker, wenn er gepflügt, etwa 14 Tage zum Sich- setzen, liegen zu lassen, ehe gesäet wird. Die Saat hat sehr leicht zu geschehen.
Der Anbau von Futterroggen zur Gewinnung des ersten Frühjahrsfutters empfiehlt sich auch deshalb, weil er das Land früh räumt und darauf gepflanzte Runkeln, Futtermais rc. gebaut werden können.
Johannisroggen als Herbstsutter ist jetzt nicht mehr anzusäen, dagegen bietet er den Vorzug, daß er, wenn der gewöhnliche Fntterroggen verholzt ist, an die Stelle des letzteren treten, die Roggenfütterung daher länger fortgesetzt werden kann.
Zur Gewinnung eines frühen, wertvollen Fcüh- jahrsfutters eignet sich auch, wenigstens für mlldere Gegenden, der Inkarnatklee. Der Same desselben wird aber heute sehr teuer werden, und gutes Saatgut schwer zu erhalten sein. Pro kn rechnet man 30 Irx Samen.
Von großer Bedeutung für die Steigerung des Futterertrages dürfte die Düngung der Wiesen, soweit nicht Gülle oder Latrine zn Gebote steht, mit Chilisalpeter (IV, Ztr. pro lla) und mit Superphosphat (4—6 Ztr. pro ka) sein; dir Kleefelder könnten ebenfalls in ihrer Erzengnngskraft durch Düngung mit Superphosphat, auf sandigeren oder moorigen Böden, unter Zugabe von Kainit, gesteigert werden.
Außer der Ansaat von Futterpflanzen zur Gewinnung von Grünfutter für den Sommer und Herbst, Preßfutter für den Winter und frühes Frühjahrsfutter und Steigerung der Erträge der bestehenden Futterfelder haben die Landwirte mit aller Energie darauf hinzuwirken, daß das zu gewinnende Stroh womöglich zu F ntt e rz w e ck e n verwendbar bleibt. Es ist deshalb auf Ersatz des Streustrohs Bedacht zn nehmen. Außer der Waldstreu ist mög- lichst viel Torfstreu beizuschaffen und jedenfalls für Pferde ausschließlich zu verwenden.
Für Schafstallungen wäre trockene Erde und Torfstreu vorzusehen. In der Nähe von Nadelwaldungen sollte soviel als möglich Schneitelstreu (kurz gehackte Tannenzweige) beigeschafft werden, welche einen sehr wertvollen Stalldünger giebt. Für Rindviehstallungen empfiehlt sich, auf den Pflasterboden einen Bretterboden aufzulegen, woruntervornen unter den Tieren etwa noch Streu, z. B. Torfstreu, angebracht wird. die Exkremente aber möglichst oft in die Rinne gezogen werden, und in der Schweiz und dem Allgäu zur Bereitung von Gülle dienen.
Taugt auch für Rinder lehmiger Boden weniger als Einstreu, so ist doch, wo solche zu haben. Humuserde sehr am Platze. Wo Stroh zum Streuen disponibel, sollte dasselbe jedenfalls geschnitten werden. Auch empfiehlt sich Heuer das Borwiegen von Heu und Stroh in größeren Wirtschaften.
^ ^ Uuges-Neuigkeiten.
^ Deutsches Weich.
^ Nagold, 27. Juni. Am vergangenen Donnerstag abend wurde das Elektrizitätswerk der Stadt Nagold in Betrieb gesetzt. Das von Herrn Klingler von der unteren Nagoldwasserkraft aus betriebene Elektrizitätswerk ist vor kaum 2^/, Monaten begonnen morden und heute sind sämtliche Hauptleitungen gezogen und in 70 Häusern über 400 Lampen und 7 Elektromotoren von 1—5 Pfst. angeschlossen. In der nächsten Zeit ist noch eine größere Anzahl Glühlampen anzuschließen. Ausgeführt wurde daS Elektrizitätswerk durch die -elektrotechnische Abteilung der Maschinenfabrik Eßlingen.